Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] dem andern/ auch folgbarlich/ das Volle über dem Vollen/ und das Leere ober dem Leeren/ zu stehen komme. Die Zierligkeit nun wird sich hervor thun an der schönen Form/ und wenn das gantze Werck mit den Theilen/ ja/ die Theile unter sich selbst/ und diese mit dem ganzen Werk schiklich übereinstimmen/ zumal die Gebäue ein gantzer und wolgemachter Leib scheinen sollen/ an welchem ein Glied auf das ander folge/ und da alle Glieder zu dem/ was man thun wil/ von nöthen seyn. Wann nun diese Stucke so wol in der Zeichnung/ als dem Model recht erwogen worden; mus man auf das fleißigste die Unkosten/ so darauf gehen möchten/ überschlagen/ zu rechter Zeit Geld schaffen/ und die erforderende Materialien in Bereitschafft halten/ damit bey Fortsetzung des Baues nichts abgehen/ und vielleicht des Werckes Vollständigkeit verhindert werden möge/ sintemal dem Bau-Herrn es nicht zu geringem Lob/ und des Baues ungemeinem Nutzen gereichet/ wann es mit schuldiger Beschleinigung zu Ende gebracht wird/ und alle Mauren fein gleich und gerad aufgeführet/ mit einander sich setzen/ und keine solche Ritzen/ wie an denen Gebäuen/ so zu verschiedenen Zeiten/ und gantz ungleich aufgeführet worden/ zu geschehen pfleget/ bekommen mögen. Dahero wann nun die erfahrenste Baumeister/ so man haben kan/ bestellet/ damit das Werck auf das Beste/ nach ihrem Rath und Gutachten geleitet und angeordnet werde; muß man sich mit Holtz/ Steinen/ Sand/ Kalch und allerhand Metall versehen: Mit deren Herbeyschaffung auch ein und anders wird zu beobachten seyn/ als das Tramwerck auf dem Boden eines Saals/ oder Stuben zu machen/ müssen so viel Balcken geschafft werden/ damit/ wann solche aufgelegt/ immer einer von dem andern anderthalb Balcken breit stehen möge:[Spaltenumbruch] Gleichmässiges ist auch bey den Steinen zu mercken/ daß die/ so zu den Thür- und Fenster-Schwellen gebraucht werden/ nicht dicker/ als den fünfften/ auch nicht weniger/ als den sechsten Theil seyn sollen/ als die Breite des Liechts mit sich bringet.

Dafern bey dem Bau einige Zieraden an den Seulen oder Pfeilern sollen gemacht werden/ kan man den Fuß/ den Krantz und den Haupt-Balcken von harten/ das übrige aber von gebachenen Steinen verfertigen. Bey dem Gemäuer hat man gleichfalls zu betrachten/ daß solches gleichsam im Aufführen sich verliere: Welche Anmerckungen zu einer richtigen Rechnung dienen/ und die Unkosten grossen theils abschneiden. Und weil wir an seinem Ort von allen diesen Theilen auch das geringste melden wollen/ so mag vor diesesmal gnug seyn/ daß wir diese allgemeine Erkändtnüs und Wissenschafft hervorgegeben/ und gleichsam den Haupt-grund alles Gebäues geleget haben.

Dieweil aber/ nebenst der Anzahl/ auch die Eigenschafft und Güte der Materi zubeobachten/ damit man das Beste erwehlen möge; so ist sehr dienlich hierzu die Erfahrung/ und wie andere gebauet haben/ nach deren Bericht wir gar leichlich dasjenige/ so uns anständig und notwendig seyn möchte/ werden abnehmen können. Und ob wol unterschiedliche berühmte Scribenten diejenigen Anmerckungen/ welche bey Erwehlung der Materialien zu beobachten/ an Tag gegeben/ so wollen wir nichts destoweniger/ damit in diesen Buch nicht einiger Mangel erscheinen möge/ von etlichen/ und zwar den Notwendigsten einige Meldung mit beyfügen.

Das II. Capittel.
Vom Holtzwerck.
[Spaltenumbruch]

DAs Holtzwerck (wie Vitruvius in seinem 2. Buch am 9. Cap. setzet) soll spat im Herbst/ und den gantzen Winter durch/ wann der Mond am aller schwächsten/ gefället werden/ dann zur selben Zeit/ bekommen die Bäume aus ihren Wurtzeln den Safft und die Dicke wieder/ welche im Frühling und Sommer/ durch das Laub und Früchte/ ihnen entzogen werden. Es soll auch solches Fällen verstandener massen geschehen/ im Abnehmen des Monds; dieweil diejenige Feuchtigkeit/ so das Holtz verderbet/ als dann schon vergangen ist/ und dahero nachgehends von den Holtzwürmern und Schaben nicht versehret werden kan; Mann soll es allein auch hauen/ bis auf die Mitte des Marcks/ und also stehen lassen/ bis es trucken werde damit/ wann es tropfe/ alsdann die Feuchtigkeit/ welche der Faulung verursachet/ heraus komme. Wann es gehauen/ soll man solches an Ort und Ende hin thun/ wo weder die Sonne gar zu starck hin scheine/ noch die[Spaltenumbruch] rauhen Winde und der Regen darzu kommen mögen: absonderlich aber zum Dachstuhl aufheben und gebrauchen dasjenige Holtz/ so von sich selbsten wächst/ und nicht gepflantzet wird. Und damit solches nicht zerlechze/ sondern fein gleich dürr werde/ soll man es mit Küh-oder Ochsen-Koht überschmieren. Mann soll es auch nicht fällen früh bey dem Thau/ sondern/ Nachmittag/ weniger daran arbeiten/ wann es vom Thau benätzet/ oder gar zu dürr wäre: Dann solche Höltzer werden gar bald verderbt/ und keine gute Arbeit aus ihnen gemacht. Und unter drey Jahren werden sie auch nicht dürr gnug/ das sie zu Balcken/ Thüren und Fenstern mögen gebraucht werden. Diejenige Herren/ welche wollen bauen lassen/ müssen vorhero von den Erfahrnen guten Bericht einziehen/ was jedes Holtz für eine Art und Eigenschafft habe/ und zu was dieses oder jenes gut und nicht gut sey. Vitruvius giebt/ an gemeldtem Ort/ gute Anleitung; ingleichen auch andere gelehrte Leute/ so hiervon überflüssig geschrieben.

[Spaltenumbruch] dem andern/ auch folgbarlich/ das Volle über dem Vollen/ und das Leere ober dem Leeren/ zu stehen komme. Die Zierligkeit nun wird sich hervor thun an der schönen Form/ und wenn das gantze Werck mit den Theilen/ ja/ die Theile unter sich selbst/ und diese mit dem ganzen Werk schiklich übereinstimmen/ zumal die Gebäue ein gantzer und wolgemachter Leib scheinen sollen/ an welchem ein Glied auf das ander folge/ und da alle Glieder zu dem/ was man thun wil/ von nöthen seyn. Wann nun diese Stucke so wol in der Zeichnung/ als dem Model recht erwogen worden; mus man auf das fleißigste die Unkosten/ so darauf gehen möchten/ überschlagen/ zu rechter Zeit Geld schaffen/ und die erforderende Materialien in Bereitschafft halten/ damit bey Fortsetzung des Baues nichts abgehen/ und vielleicht des Werckes Vollständigkeit verhindert werden möge/ sintemal dem Bau-Herrn es nicht zu geringem Lob/ und des Baues ungemeinem Nutzen gereichet/ wann es mit schuldiger Beschleinigung zu Ende gebracht wird/ und alle Mauren fein gleich und gerad aufgeführet/ mit einander sich setzen/ und keine solche Ritzen/ wie an denen Gebäuen/ so zu verschiedenen Zeiten/ und gantz ungleich aufgeführet worden/ zu geschehen pfleget/ bekommen mögen. Dahero wann nun die erfahrenste Baumeister/ so man haben kan/ bestellet/ damit das Werck auf das Beste/ nach ihrem Rath und Gutachten geleitet und angeordnet werde; muß man sich mit Holtz/ Steinen/ Sand/ Kalch und allerhand Metall versehen: Mit deren Herbeyschaffung auch ein und anders wird zu beobachten seyn/ als das Tramwerck auf dem Boden eines Saals/ oder Stuben zu machen/ müssen so viel Balcken geschafft werden/ damit/ wann solche aufgelegt/ immer einer von dem andern anderthalb Balcken breit stehen möge:[Spaltenumbruch] Gleichmässiges ist auch bey den Steinen zu mercken/ daß die/ so zu den Thür- und Fenster-Schwellen gebraucht werden/ nicht dicker/ als den fünfften/ auch nicht weniger/ als den sechsten Theil seyn sollen/ als die Breite des Liechts mit sich bringet.

Dafern bey dem Bau einige Zieraden an den Seulen oder Pfeilern sollen gemacht werden/ kan man den Fuß/ den Krantz und den Haupt-Balcken von harten/ das übrige aber von gebachenen Steinen verfertigen. Bey dem Gemäuer hat man gleichfalls zu betrachten/ daß solches gleichsam im Aufführen sich verliere: Welche Anmerckungen zu einer richtigen Rechnung dienen/ und die Unkosten grossen theils abschneiden. Und weil wir an seinem Ort von allen diesen Theilen auch das geringste melden wollen/ so mag vor diesesmal gnug seyn/ daß wir diese allgemeine Erkändtnüs und Wissenschafft hervorgegeben/ und gleichsam den Haupt-grund alles Gebäues geleget haben.

Dieweil aber/ nebenst der Anzahl/ auch die Eigenschafft und Güte der Materi zubeobachten/ damit man das Beste erwehlen möge; so ist sehr dienlich hierzu die Erfahrung/ und wie andere gebauet haben/ nach deren Bericht wir gar leichlich dasjenige/ so uns anständig und notwendig seyn möchte/ werden abnehmen können. Und ob wol unterschiedliche berühmte Scribenten diejenigen Anmerckungen/ welche bey Erwehlung der Materialien zu beobachten/ an Tag gegeben/ so wollen wir nichts destoweniger/ damit in diesen Buch nicht einiger Mangel erscheinen möge/ von etlichen/ und zwar den Notwendigsten einige Meldung mit beyfügen.

Das II. Capittel.
Vom Holtzwerck.
[Spaltenumbruch]

DAs Holtzwerck (wie Vitruvius in seinem 2. Buch am 9. Cap. setzet) soll spat im Herbst/ und den gantzen Winter durch/ wann der Mond am aller schwächsten/ gefället werden/ dann zur selben Zeit/ bekommen die Bäume aus ihren Wurtzeln den Safft und die Dicke wieder/ welche im Frühling und Sommer/ durch das Laub und Früchte/ ihnen entzogen werden. Es soll auch solches Fällen verstandener massen geschehen/ im Abnehmen des Monds; dieweil diejenige Feuchtigkeit/ so das Holtz verderbet/ als dann schon vergangen ist/ und dahero nachgehends von den Holtzwürmern und Schaben nicht versehret werden kan; Mann soll es allein auch hauen/ bis auf die Mitte des Marcks/ und also stehen lassen/ bis es trucken werde damit/ wann es tropfe/ alsdann die Feuchtigkeit/ welche der Faulung verursachet/ heraus komme. Wann es gehauen/ soll man solches an Ort und Ende hin thun/ wo weder die Sonne gar zu starck hin scheine/ noch die[Spaltenumbruch] rauhen Winde und der Regen darzu kommen mögen: absonderlich aber zum Dachstuhl aufheben und gebrauchen dasjenige Holtz/ so von sich selbsten wächst/ und nicht gepflantzet wird. Und damit solches nicht zerlechze/ sondern fein gleich dürr werde/ soll man es mit Küh-oder Ochsen-Koht überschmieren. Mann soll es auch nicht fällen früh bey dem Thau/ sondern/ Nachmittag/ weniger daran arbeiten/ wann es vom Thau benätzet/ oder gar zu dürr wäre: Dann solche Höltzer werden gar bald verderbt/ und keine gute Arbeit aus ihnen gemacht. Und unter drey Jahren werden sie auch nicht dürr gnug/ das sie zu Balcken/ Thüren und Fenstern mögen gebraucht werden. Diejenige Herren/ welche wollen bauen lassen/ müssen vorhero von den Erfahrnen guten Bericht einziehen/ was jedes Holtz für eine Art und Eigenschafft habe/ und zu was dieses oder jenes gut und nicht gut sey. Vitruvius giebt/ an gemeldtem Ort/ gute Anleitung; ingleichen auch andere gelehrte Leute/ so hiervon überflüssig geschrieben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0201" xml:id="pb-736" n="[I (Architektur), S. 4]"/><cb/>
dem andern/ auch folgbarlich/ das Volle über dem Vollen/ und das Leere ober dem Leeren/ zu stehen komme. Die Zierligkeit nun wird sich hervor thun an der schönen Form/ und wenn das gantze Werck mit den Theilen/ ja/ die Theile unter sich selbst/ und diese mit dem ganzen Werk schiklich übereinstimmen/ zumal die Gebäue ein gantzer und wolgemachter Leib scheinen sollen/ an welchem ein Glied auf das ander folge/ und da alle Glieder zu dem/ was man thun wil/ von nöthen seyn. Wann nun diese Stucke so wol in der Zeichnung/ als dem <hi rendition="#aq">Model</hi> recht erwogen worden; mus man auf das fleißigste die Unkosten/ so darauf gehen möchten/ überschlagen/ zu rechter Zeit Geld schaffen/ und die erforderende <hi rendition="#aq">Materialien</hi> in Bereitschafft halten/ damit bey Fortsetzung des Baues nichts abgehen/ und vielleicht des Werckes Vollständigkeit verhindert werden möge/ sintemal dem Bau-Herrn es nicht zu geringem Lob/ und des Baues ungemeinem Nutzen gereichet/ wann es mit schuldiger Beschleinigung zu Ende gebracht wird/ und alle Mauren fein gleich und gerad aufgeführet/ mit einander sich setzen/ und keine solche Ritzen/ wie an denen Gebäuen/ so zu verschiedenen Zeiten/ und gantz ungleich aufgeführet worden/ zu geschehen pfleget/ bekommen mögen. Dahero wann nun die erfahrenste Baumeister/ so man haben kan/ bestellet/ damit das Werck auf das Beste/ nach ihrem Rath und Gutachten geleitet und angeordnet werde; muß man sich mit Holtz/ Steinen/ Sand/ Kalch und allerhand Metall versehen: Mit deren Herbeyschaffung auch ein und anders wird zu beobachten seyn/ als das Tramwerck auf dem Boden eines Saals/ oder Stuben zu machen/ müssen so viel Balcken geschafft werden/ damit/ wann solche aufgelegt/ immer einer von dem andern anderthalb Balcken breit stehen möge:<cb/>
Gleichmässiges ist auch bey den Steinen zu mercken/ daß die/ so zu den Thür- und Fenster-Schwellen gebraucht werden/ nicht dicker/ als den fünfften/ auch nicht weniger/ als den sechsten Theil seyn sollen/ als die Breite des Liechts mit sich bringet.</p>
          <p>Dafern bey dem Bau einige Zieraden an den Seulen oder Pfeilern sollen gemacht werden/ kan man den Fuß/ den Krantz und den Haupt-Balcken von harten/ das übrige aber von gebachenen Steinen verfertigen. Bey dem Gemäuer hat man gleichfalls zu betrachten/ daß solches gleichsam im Aufführen sich verliere: Welche Anmerckungen zu einer richtigen Rechnung dienen/ und die Unkosten grossen theils abschneiden. Und weil wir an seinem Ort von allen diesen Theilen auch das geringste melden wollen/ so mag vor diesesmal gnug seyn/ daß wir diese allgemeine Erkändtnüs und Wissenschafft hervorgegeben/ und gleichsam den Haupt-grund alles Gebäues geleget haben.</p>
          <p>Dieweil aber/ nebenst der Anzahl/ auch die Eigenschafft und Güte der Materi zubeobachten/ damit man das Beste erwehlen möge; so ist sehr dienlich hierzu die Erfahrung/ und wie andere gebauet haben/ nach deren Bericht wir gar leichlich dasjenige/ so uns anständig und notwendig seyn möchte/ werden abnehmen können. Und ob wol unterschiedliche berühmte <hi rendition="#aq">Scribenten</hi> diejenigen Anmerckungen/ welche bey Erwehlung der <hi rendition="#aq">Materialien</hi> zu beobachten/ an Tag gegeben/ so wollen wir nichts destoweniger/ damit in diesen Buch nicht einiger Mangel erscheinen möge/ von etlichen/ und zwar den Notwendigsten einige Meldung mit beyfügen.</p>
          <div xml:id="div736.1">
            <head>  Das <hi rendition="#aq">II.</hi> Capittel.<lb/>
Vom Holtzwerck. </head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>As Holtzwerck (wie <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-317 http://d-nb.info/gnd/118627252 http://viaf.org/viaf/46768430">Vitruvius</persName></hi> in seinem 2. Buch am 9. Cap. setzet) soll spat im Herbst/ und den gantzen Winter durch/ wann der Mond am aller schwächsten/ gefället werden/ dann zur selben Zeit/ bekommen die Bäume aus ihren Wurtzeln den Safft und die Dicke wieder/ welche im Frühling und Sommer/ durch das Laub und Früchte/ ihnen entzogen werden. Es soll auch solches Fällen verstandener massen geschehen/ im Abnehmen des Monds; dieweil diejenige Feuchtigkeit/ so das Holtz verderbet/ als dann schon vergangen ist/ und dahero nachgehends von den Holtzwürmern und Schaben nicht versehret werden kan; Mann soll es allein auch hauen/ bis auf die Mitte des Marcks/ und also stehen lassen/ bis es trucken werde damit/ wann es tropfe/ alsdann die Feuchtigkeit/ welche der Faulung verursachet/ heraus komme. Wann es gehauen/ soll man solches an Ort und Ende hin thun/ wo weder die Sonne gar zu starck hin scheine/ noch die<cb/>
rauhen Winde und der Regen darzu kommen mögen: absonderlich aber zum Dachstuhl aufheben und gebrauchen dasjenige Holtz/ so von sich selbsten wächst/ und nicht gepflantzet wird. Und damit solches nicht zerlechze/ sondern fein gleich dürr werde/ soll man es mit Küh-oder Ochsen-Koht überschmieren. Mann soll es auch nicht fällen früh bey dem Thau/ sondern/ Nachmittag/ weniger daran arbeiten/ wann es vom Thau benätzet/ oder gar zu dürr wäre: Dann solche Höltzer werden gar bald verderbt/ und keine gute Arbeit aus ihnen gemacht. Und unter drey Jahren werden sie auch nicht dürr gnug/ das sie zu Balcken/ Thüren und Fenstern mögen gebraucht werden. Diejenige Herren/ welche wollen bauen lassen/ müssen vorhero von den Erfahrnen guten Bericht einziehen/ was jedes Holtz für eine Art und Eigenschafft habe/ und zu was dieses oder jenes gut und nicht gut sey. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-317 http://d-nb.info/gnd/118627252 http://viaf.org/viaf/46768430">Vitruvius</persName></hi> giebt/ an gemeldtem Ort/ gute Anleitung; ingleichen auch andere gelehrte Leute/ so hiervon überflüssig geschrieben.</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[I (Architektur), S. 4]/0201] dem andern/ auch folgbarlich/ das Volle über dem Vollen/ und das Leere ober dem Leeren/ zu stehen komme. Die Zierligkeit nun wird sich hervor thun an der schönen Form/ und wenn das gantze Werck mit den Theilen/ ja/ die Theile unter sich selbst/ und diese mit dem ganzen Werk schiklich übereinstimmen/ zumal die Gebäue ein gantzer und wolgemachter Leib scheinen sollen/ an welchem ein Glied auf das ander folge/ und da alle Glieder zu dem/ was man thun wil/ von nöthen seyn. Wann nun diese Stucke so wol in der Zeichnung/ als dem Model recht erwogen worden; mus man auf das fleißigste die Unkosten/ so darauf gehen möchten/ überschlagen/ zu rechter Zeit Geld schaffen/ und die erforderende Materialien in Bereitschafft halten/ damit bey Fortsetzung des Baues nichts abgehen/ und vielleicht des Werckes Vollständigkeit verhindert werden möge/ sintemal dem Bau-Herrn es nicht zu geringem Lob/ und des Baues ungemeinem Nutzen gereichet/ wann es mit schuldiger Beschleinigung zu Ende gebracht wird/ und alle Mauren fein gleich und gerad aufgeführet/ mit einander sich setzen/ und keine solche Ritzen/ wie an denen Gebäuen/ so zu verschiedenen Zeiten/ und gantz ungleich aufgeführet worden/ zu geschehen pfleget/ bekommen mögen. Dahero wann nun die erfahrenste Baumeister/ so man haben kan/ bestellet/ damit das Werck auf das Beste/ nach ihrem Rath und Gutachten geleitet und angeordnet werde; muß man sich mit Holtz/ Steinen/ Sand/ Kalch und allerhand Metall versehen: Mit deren Herbeyschaffung auch ein und anders wird zu beobachten seyn/ als das Tramwerck auf dem Boden eines Saals/ oder Stuben zu machen/ müssen so viel Balcken geschafft werden/ damit/ wann solche aufgelegt/ immer einer von dem andern anderthalb Balcken breit stehen möge: Gleichmässiges ist auch bey den Steinen zu mercken/ daß die/ so zu den Thür- und Fenster-Schwellen gebraucht werden/ nicht dicker/ als den fünfften/ auch nicht weniger/ als den sechsten Theil seyn sollen/ als die Breite des Liechts mit sich bringet. Dafern bey dem Bau einige Zieraden an den Seulen oder Pfeilern sollen gemacht werden/ kan man den Fuß/ den Krantz und den Haupt-Balcken von harten/ das übrige aber von gebachenen Steinen verfertigen. Bey dem Gemäuer hat man gleichfalls zu betrachten/ daß solches gleichsam im Aufführen sich verliere: Welche Anmerckungen zu einer richtigen Rechnung dienen/ und die Unkosten grossen theils abschneiden. Und weil wir an seinem Ort von allen diesen Theilen auch das geringste melden wollen/ so mag vor diesesmal gnug seyn/ daß wir diese allgemeine Erkändtnüs und Wissenschafft hervorgegeben/ und gleichsam den Haupt-grund alles Gebäues geleget haben. Dieweil aber/ nebenst der Anzahl/ auch die Eigenschafft und Güte der Materi zubeobachten/ damit man das Beste erwehlen möge; so ist sehr dienlich hierzu die Erfahrung/ und wie andere gebauet haben/ nach deren Bericht wir gar leichlich dasjenige/ so uns anständig und notwendig seyn möchte/ werden abnehmen können. Und ob wol unterschiedliche berühmte Scribenten diejenigen Anmerckungen/ welche bey Erwehlung der Materialien zu beobachten/ an Tag gegeben/ so wollen wir nichts destoweniger/ damit in diesen Buch nicht einiger Mangel erscheinen möge/ von etlichen/ und zwar den Notwendigsten einige Meldung mit beyfügen. Das II. Capittel. Vom Holtzwerck. DAs Holtzwerck (wie Vitruvius in seinem 2. Buch am 9. Cap. setzet) soll spat im Herbst/ und den gantzen Winter durch/ wann der Mond am aller schwächsten/ gefället werden/ dann zur selben Zeit/ bekommen die Bäume aus ihren Wurtzeln den Safft und die Dicke wieder/ welche im Frühling und Sommer/ durch das Laub und Früchte/ ihnen entzogen werden. Es soll auch solches Fällen verstandener massen geschehen/ im Abnehmen des Monds; dieweil diejenige Feuchtigkeit/ so das Holtz verderbet/ als dann schon vergangen ist/ und dahero nachgehends von den Holtzwürmern und Schaben nicht versehret werden kan; Mann soll es allein auch hauen/ bis auf die Mitte des Marcks/ und also stehen lassen/ bis es trucken werde damit/ wann es tropfe/ alsdann die Feuchtigkeit/ welche der Faulung verursachet/ heraus komme. Wann es gehauen/ soll man solches an Ort und Ende hin thun/ wo weder die Sonne gar zu starck hin scheine/ noch die rauhen Winde und der Regen darzu kommen mögen: absonderlich aber zum Dachstuhl aufheben und gebrauchen dasjenige Holtz/ so von sich selbsten wächst/ und nicht gepflantzet wird. Und damit solches nicht zerlechze/ sondern fein gleich dürr werde/ soll man es mit Küh-oder Ochsen-Koht überschmieren. Mann soll es auch nicht fällen früh bey dem Thau/ sondern/ Nachmittag/ weniger daran arbeiten/ wann es vom Thau benätzet/ oder gar zu dürr wäre: Dann solche Höltzer werden gar bald verderbt/ und keine gute Arbeit aus ihnen gemacht. Und unter drey Jahren werden sie auch nicht dürr gnug/ das sie zu Balcken/ Thüren und Fenstern mögen gebraucht werden. Diejenige Herren/ welche wollen bauen lassen/ müssen vorhero von den Erfahrnen guten Bericht einziehen/ was jedes Holtz für eine Art und Eigenschafft habe/ und zu was dieses oder jenes gut und nicht gut sey. Vitruvius giebt/ an gemeldtem Ort/ gute Anleitung; ingleichen auch andere gelehrte Leute/ so hiervon überflüssig geschrieben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2013-05-21T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-05-21T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0201_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0201_1679/201
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679, S. [I (Architektur), S. 4]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0201_1679/201>, abgerufen am 09.11.2024.