Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] Grausamkeit/ zum Tode brachte: dannenhero denn gesagt wurde/ daß diese Atheniensische Jugend vom Minotaurus verschlungen worden. Als nun die Atheiniensische Kinder also zwey Jahr in Creta gesandt worden/ und ihr junges Leben/ in schwerster Dienstbarkeit und Armut/ enden musten: auch nunmehro das dritte Jahr herbey kommen/ da Minos seinen Tribut wiederum begehrte/ und man die Bürger befehligte/ ihre unverheyrahtete Kinder herzubringen/ und dieselben/ durch das Loß/ auszulesen; begunte/ wider den König Aegeus/ ein überaus grosses Murren zu entstehen/ daß er nemlich diese Last (ein Kind herzugeben) nicht mit trüge/ daß er (seinem Bastarte nur das Reich zu bestätigen) ihms wenig zu Hertzen gehen liesse/ ob sie gleich noch so viel ehlicher Kinder einbüsseten. Hierdurch ward Theseus bewegt/ sich willig zuübergeben/ und allda mit hin zu ziehen/ wo das Loß hinfallen würde. Ein ander schreibet/ die in der Stadt hätten/ wegen ihrer Kinder/ kein Loß gezogen: sondern Minos sey alle Jahr kommen/ und habe/ unter dem Hauffen/ die heraus genommen/ so ihme gefallen/ in diesem dritten Jahr aber habe er erstlich heraus genommen den Theseus/ mit dem Bedinge/ daß die Athenienser Schiffe herbey schaffen/ und ihre Kinder ohne Stock und Gewehr mit ihm fahren solten: Und setzet noch hinzu/ daß/ nach des Minotaurus tode/ dieser Tribut oder Schatzung aufgehört. Indem nun die Atheinienser ihre Kinder/ zum andernmal/ übersandten/ in Meinung/ sie nimmermehr wieder zu sehen/ gebrauchten sie auf das Schiff ein schwartzes Segel/ zum Zeugnus ihrer Traurigkeit. Als aber Theseus seinen Vatter tröstlich zuredte/ und/ seiner Wiederkunfft halber/ ihn versicherte/ indem er den Minotaurus zu überwinden getraute: gab Aegeus dem Schiffer ein weisses Segel mit: zu dem Ende/ daß er solches/ wann es seinem Sohne glücken solte/ sich frey zu machen/ im Ruckwege gebrauchen/ dafern er aber blieben wäre/ sich des schwartzen/ wie vorhin/ bedienen solte. Theseus kam/ durch Hülffe des Minos Tochter/ die in ihn verliebte Ariadne/ vermittelst des Daedalischen Kneuls/ aus dem Irrgarten/ tödtete den Minotaurus/ nahm die Ariadne/ zusamt der Atheniensischen Jugend/ zu sich/ und kehrte wieder gen Athen; Unterschiedene Meinungen vom Theseus/ und dem Minotaurus. nachdem er zuvor den Cretensischen Schiffen die Kiele abgebrochen/ damit sie ihn nicht verfolgen konten. Andere/ die nicht so Fabelhafft hievon schreiben/ geben vor/ der Hauptmann Taurus sey vom Theseus/ auf dem Strande/ im Gefechte/ vor seinem Abfahren/ erschlagen worden. Warscheinlicher aber erzehlt einander/ daß/ nachdem Taurus also zwey Jahr nach einander den Preiß gewonnen/ er sehr hochmühtig worden sey/ und man befunden hätte/ daß er mit der Königin buhlte/ sie auch ein Kind mit ihm getragen/ indem Minos/ im Atheniensischen Kriege gewest: dannenhero/ als Theseus Ansuchung gethan/ mit ihm zu fechten/ habe es der König willig zugelassen. Es war diese Gewonheit in Creta/ daß/ in denen gemeinen Schau-spielen/ auch die Weiber zusahen/ bey welcher Gelegenheit des Königs Tochter Ariadne sich hefftig in den Theseus verliebte/ als sie ihn so schön/ starck/ männlich und geschwind im Ringen/ auch allen obsiegen sahe/ die [Spaltenumbruch] sich ihn unterstunden zum Ringen auszufordern; wie auch so gar den hochmühtigen Taurus selbsten: worüber sich Minos selbst sehr erfreuete/ daß demselben seine Ehre und Trutz endlich einmal benommen worden: worauf er den Theseus loß gelassen/ und alle die Atheniensische Gefangene/ um seinet willen/ auf freien Fuß gestellt/ auch/ aus Liebe zu ihm/ die Stadt Athen ihres beschwerlichen Tributs erlassen. Dis wird aber auch noch auf eine andre Art erzehlt/ nemlich/ daß Theseus/ nach des Minos Tode/ Krieg gehabt mit dem Sohne Deucalions/ um des Daedalus willen: da er/ mit einer Kriegsflotte/ kommen/ den Hafen eingenommen/ die Atheniensische Gefangene zu Gleitsleuten und Mitgehülffen gehabt/ die Stadt Cnossus erobert/ und vor dem Thor des Irrgartens/ in einem Streit/ den Deucalion erschlagen/ also das Ariadne seine Schwester sich selbsten des Lands/ oder der Reichssachen annehmen müssen: darauf sich Theseus mit ihr verglichen/ die Atheniensische Gefangene loß bekommen/ und Creta mit den Atheniensern in gutem Friede gelebt/ auch sich verbunden/ daß er hinfüro keinen Krieg mehr mit den Atheniensern anfangen wolte. So gar vielerley Erzehlungen sind von diesen alten Dingen. Damit wirs aber eins endigen/ so fügen etliche noch dis dabey/ daß Theseus/ nach vorbesagten des Minotaurus Tode/ die Ariadne mit sich geführt; weil sie die Ursächerinn seiner Erlösung gewest; und sey mit ihr in die Insul Naxos/ sonsten von wegen der Menge daselbst befindlicher Weinberge/ Dia/ oder Dionysias genannt/ kommen: allda dem Theseus im Traum von Bachus befohlen worden/ die Ariadne/ ihme zu Dienst/ daselbsten zulassen. Welchem Befehl er gehorsamet/ dieselbe/ da sie/ in einem sanften Schlafe/ gelegen/ verlassen und heimlich darvon gefahren; worauf sie auch Bachus geehliget habe. Einige melden/ Theseus habe sie in Cypern Seekranck/ und hoch schwangers Leibs/ zu Lande gebracht/ und weil ein grosser Sturm sich ereignet/ wo er sie ausgesetzt/ sey er wiederum ins Schiff getretten/ solches retten zu helffen/ da er von dem Sturm und Wellen/ wider seinen Willen/ wäre in die See hinein getrieben worden; und als er wiederum ans Land kommen/ habe er sie bereits begraben funden/ nachdem sie/ in der Geburts-Arbeit/ mit samt dem Kinde geblieben: Hierauf habe Theseus eine Summa Gelds hingeben/ daß man ihr zu Ehren jährlich daselbst Dienste erzeigen solte. Noch wird weiter erzehlt/ daß/ als Theseus/ mit denen andern Atheniensischen Gefangenen/ nach Creta kommen/ habe Minos ihm vorgehalten/ daß er kein Sohn Neptunus wäre; dann wann ich ein Kleinod (sagte er) in die See würffe/ soltest du mir selbiges nicht wiederbringen können. Wormit er zugleich seinen Ring in das Meer geworffen: deme Theseus stracks nachgesprungen; da er von etlichen Delphinen getragen/ und zu den Nereiden gebracht worden: durch deren Durch die Amphitrite wird verstanden das Wasser. Hülffe er den Ring/ und von der Amphitrite eine Krone bekommen/ dero Neptunus/ zum Gedächtnus dessen/ unter denen Sternen einen Platz gemacht habe. Nachdem nun/ kurtz zu sagen/ Theseus aus Creta wieder zurucke kehrte/ und nach Delos kommen/ woselbsten er in des Apollo Tempel opfferte/ fieng er mit seinen Gesellen einen Tantz

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[[Metamorphosis, S. 99]/0275] Grausamkeit/ zum Tode brachte: dannenhero denn gesagt wurde/ daß diese Atheniensische Jugend vom Minotaurus verschlungen worden. Als nun die Atheiniensische Kinder also zwey Jahr in Creta gesandt worden/ und ihr junges Leben/ in schwerster Dienstbarkeit und Armut/ enden musten: auch nunmehro das dritte Jahr herbey kommen/ da Minos seinen Tribut wiederum begehrte/ und man die Bürger befehligte/ ihre unverheyrahtete Kinder herzubringen/ und dieselben/ durch das Loß/ auszulesen; begunte/ wider den König Aegeus/ ein überaus grosses Murren zu entstehen/ daß er nemlich diese Last (ein Kind herzugeben) nicht mit trüge/ daß er (seinem Bastarte nur das Reich zu bestätigen) ihms wenig zu Hertzen gehen liesse/ ob sie gleich noch so viel ehlicher Kinder einbüsseten. Hierdurch ward Theseus bewegt/ sich willig zuübergeben/ und allda mit hin zu ziehen/ wo das Loß hinfallen würde. 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Warscheinlicher aber erzehlt einander/ daß/ nachdem Taurus also zwey Jahr nach einander den Preiß gewonnen/ er sehr hochmühtig worden sey/ und man befunden hätte/ daß er mit der Königin buhlte/ sie auch ein Kind mit ihm getragen/ indem Minos/ im Atheniensischen Kriege gewest: dannenhero/ als Theseus Ansuchung gethan/ mit ihm zu fechten/ habe es der König willig zugelassen. Es war diese Gewonheit in Creta/ daß/ in denen gemeinen Schau-spielen/ auch die Weiber zusahen/ bey welcher Gelegenheit des Königs Tochter Ariadne sich hefftig in den Theseus verliebte/ als sie ihn so schön/ starck/ männlich und geschwind im Ringen/ auch allen obsiegen sahe/ die sich ihn unterstunden zum Ringen auszufordern; wie auch so gar den hochmühtigen Taurus selbsten: worüber sich Minos selbst sehr erfreuete/ daß demselben seine Ehre und Trutz endlich einmal benommen worden: worauf er den Theseus loß gelassen/ und alle die Atheniensische Gefangene/ um seinet willen/ auf freien Fuß gestellt/ auch/ aus Liebe zu ihm/ die Stadt Athen ihres beschwerlichen Tributs erlassen. Dis wird aber auch noch auf eine andre Art erzehlt/ nemlich/ daß Theseus/ nach des Minos Tode/ Krieg gehabt mit dem Sohne Deucalions/ um des Daedalus willen: da er/ mit einer Kriegsflotte/ kommen/ den Hafen eingenommen/ die Atheniensische Gefangene zu Gleitsleuten und Mitgehülffen gehabt/ die Stadt Cnossus erobert/ und vor dem Thor des Irrgartens/ in einem Streit/ den Deucalion erschlagen/ also das Ariadne seine Schwester sich selbsten des Lands/ oder der Reichssachen annehmen müssen: darauf sich Theseus mit ihr verglichen/ die Atheniensische Gefangene loß bekommen/ und Creta mit den Atheniensern in gutem Friede gelebt/ auch sich verbunden/ daß er hinfüro keinen Krieg mehr mit den Atheniensern anfangen wolte. So gar vielerley Erzehlungen sind von diesen alten Dingen. Damit wirs aber eins endigen/ so fügen etliche noch dis dabey/ daß Theseus/ nach vorbesagten des Minotaurus Tode/ die Ariadne mit sich geführt; weil sie die Ursächerinn seiner Erlösung gewest; und sey mit ihr in die Insul Naxos/ sonsten von wegen der Menge daselbst befindlicher Weinberge/ Dia/ oder Dionysias genannt/ kommen: allda dem Theseus im Traum von Bachus befohlen worden/ die Ariadne/ ihme zu Dienst/ daselbsten zulassen. Welchem Befehl er gehorsamet/ dieselbe/ da sie/ in einem sanften Schlafe/ gelegen/ verlassen und heimlich darvon gefahren; worauf sie auch Bachus geehliget habe. Einige melden/ Theseus habe sie in Cypern Seekranck/ und hoch schwangers Leibs/ zu Lande gebracht/ und weil ein grosser Sturm sich ereignet/ wo er sie ausgesetzt/ sey er wiederum ins Schiff getretten/ solches retten zu helffen/ da er von dem Sturm und Wellen/ wider seinen Willen/ wäre in die See hinein getrieben worden; und als er wiederum ans Land kommen/ habe er sie bereits begraben funden/ nachdem sie/ in der Geburts-Arbeit/ mit samt dem Kinde geblieben: Hierauf habe Theseus eine Summa Gelds hingeben/ daß man ihr zu Ehren jährlich daselbst Dienste erzeigen solte. Noch wird weiter erzehlt/ daß/ als Theseus/ mit denen andern Atheniensischen Gefangenen/ nach Creta kommen/ habe Minos ihm vorgehalten/ daß er kein Sohn Neptunus wäre; dann wann ich ein Kleinod (sagte er) in die See würffe/ soltest du mir selbiges nicht wiederbringen können. Wormit er zugleich seinen Ring in das Meer geworffen: deme Theseus stracks nachgesprungen; da er von etlichen Delphinen getragen/ und zu den Nereiden gebracht worden: durch deren Hülffe er den Ring/ und von der Amphitrite eine Krone bekommen/ dero Neptunus/ zum Gedächtnus dessen/ unter denen Sternen einen Platz gemacht habe. Nachdem nun/ kurtz zu sagen/ Theseus aus Creta wieder zurucke kehrte/ und nach Delos kommen/ woselbsten er in des Apollo Tempel opfferte/ fieng er mit seinen Gesellen einen Tantz Unterschiedene Meinungen vom Theseus/ und dem Minotaurus. Durch die Amphitrite wird verstanden das Wasser.

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Zitationshilfe:	Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 99]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/275>, abgerufen am 08.05.2024.

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