Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch] Büchlein De non temere credendo calumniae, oder daß man nicht leicht einer falschen Anklag glauben solle/ ein solch Exempel: Als Antiphilus/ einer von deß Apelles mißgünstigen Neidern/ denselben beym Ptolemaeus verleumdet hatte/ als ob er es mit dem Theodorus/ der wider den König sich empöret hatte/ gehalten hätte/ der König aber von einem Mitgesellen der zusammen-Verschwohrenen/ der anjetzo hingerichtet werden sollte/ versichert ward/ daß Apelles dieser Sachen gantz keine Wissenschafft hätte/ und unbillig angegeben worden: hat Ptolemaeus/ nach abgelegten Zorn/ das Urtheil geändert/ dem Apelles hundert Talent geschenckt/ und seinen falschen Ankläger Antiphilum ihme zum Leibeigenen Verleumdung vom Apelles vorgestellet. übergeben; worauf Apelles/ zum Angedencken dieser seiner ausgestandnen Gefahr/ die Verleumdung in folgendem Gemähl vorgestellet: Zur Rechten sitzet ein Mann/ mit sehr grossen Ohren/ dergleichen Midas solle gehabt haben/ dieser langet der zu ihm kommenden Verleumdung die Hand: neben ihm stehen zwey Weibsbilder/ nemlich die Unwissenheit/ und der Argwohn ; gegen über die Verleumdung/ als ein aufgeputzt und schön Weib/ aber von einem glühendem Angesicht/ so aus Zorn und Boßheit rasend zu seyn scheinet; in der lincken Hand trägt sie vor sich eine angezündete Fackel/ mit der Rechten ziehet sie einen Jünglig bey den Haaren herum/ welcher beyde Hände gegen den Himmel aufhebet/ und die Götter um Hülff anruffet; vorher gehet ein blasser schmutziger Mann/ mit tieffeingefallenen Augen/ denen jenigen nicht viel unähnlich/ welche durch langwierige Kranckheit sehr ausgemagert sind; und dieser ware der Neid oder Mißgunst. Hinten stunden zwey andere Weibsbilder/ so die Verleumdung regierten und ausschmückten/ deren eine die Hinterlist / die andere der Betrug war. Hinten nach folget die Reu/ so mit erdfärbigen und zerrissenen Kleidern angethan war/ das Haupt hinter sich bog/ weinte/ und voll Betrübnus und Schaam die ankommende Warheit zu empfangen schiene. Auf solche Weise hat Lucianus die Verleumdung beschrieben/ welche vorher Apelles abgebildet hatte. Woraus er schliesset/ es sey die Verleumdung anders nichts/ als eines Menschen falsche Anklage/ dero der Richter Glauben beymisst/ wie sie von dem erdichtet worden/ der abwesend ist/ und also sich nicht verantworten kan: und dieses kommt ins gemein Neid oder Mißgunst. von der Mißgunst oder dem Neid her. Der Neid/ oder die Mißgunst/ aber ist unter allen Gemüts-Lastern das allerärgste/ dann es nicht allein dem/ welcher geneidet wird/ schadet/ sondern auch denjenigen selbst/ die andere neiden. Dahero Silius Italicus im XIII Buch denselben unter die Ungeheuer/ so in der Hölle sind/ zehlet/ indem er ihn kürtzlich also beschreibet: [Spaltenumbruch]Hinc angens utraque manu sua gut- tura Livor. Der Neidhard quält an allen Enden selbst seinen Schlund mit beyden Händen. Und Horatius in seinem I Buch/ und zwar im Sendbrieff an den Lollium/ sagt von ihm also: Invidia Siculi non invenere tyranni Majus tormentum. Hat der Tyrannen Marter-Schlacht auch jemals grössre Pein erdacht/ als da/ wo Neid und Mißgunst wacht? Welches jenes Gedicht gar schön vor Augen stellet/ so unter deß Virgilius Wercklein gezehlt wird/ und ist folgendes Innhalts: Livor tabificum malis venenum, Intactis vorat ossibus medullas, Et totum bibit artubus cruorem. Quid quisquis furit,inviditque sorti, Ut debet, sibi poena semper ipse est. Testatur gemitu graves dolores, Suspirat, gemit, incutitque dentes, Sudat frigidus intuens quod odit: Effundit mala lingua virus atrum: Pallor terribilis genas colorat: Infelix macies renudat ossa: Non lux, non cibus est suavis illi, Nec potus juvat,aut sapor Lyaei: Nec, si pocula Juppiter propinet, Atque haec porrigat, & ministret Hebe, Aut tradat Ganymedes ipse nectar. Non somnum capit, aut quescit unquam, Torquet viscera carnifex cruen- tus: Vesanos tacite movet furores, Intentas animo faces Erinnys, Letalis Tityique vultur intus. Qui semper lacerat, comestque men- tem: Vivit pectore sub dolente vulnus, Quod Chironia nec manus levaret, Nec Phoebus, sobolesve cara Phoebi. Der Neid ist eine Seuch und Gifft/ das alles Marck zerfrisst und trifft/ und aus den Adern das Geblüt wie eine Schlange saugend zieht. Entdeckt durch Seufftzen seine Schmertzen/ [Spaltenumbruch] Büchlein De non temerè credendo calumniae, oder daß man nicht leicht einer falschen Anklag glauben solle/ ein solch Exempel: Als Antiphilus/ einer von deß Apelles mißgünstigen Neidern/ denselben beym Ptolemaeus verleumdet hatte/ als ob er es mit dem Theodorus/ der wider den König sich empöret hatte/ gehalten hätte/ der König aber von einem Mitgesellen der zusammen-Verschwohrenen/ der anjetzo hingerichtet werden sollte/ versichert ward/ daß Apelles dieser Sachen gantz keine Wissenschafft hätte/ und unbillig angegeben worden: hat Ptolemaeus/ nach abgelegten Zorn/ das Urtheil geändert/ dem Apelles hundert Talent geschenckt/ und seinen falschen Ankläger Antiphilum ihme zum Leibeigenen Verleumdung vom Apelles vorgestellet. übergeben; worauf Apelles/ zum Angedencken dieser seiner ausgestandnen Gefahr/ die Verleumdung in folgendem Gemähl vorgestellet: Zur Rechten sitzet ein Mann/ mit sehr grossen Ohren/ dergleichen Midas solle gehabt haben/ dieser langet der zu ihm kommenden Verleumdung die Hand: neben ihm stehen zwey Weibsbilder/ nemlich die Unwissenheit/ und der Argwohn ; gegen über die Verleumdung/ als ein aufgeputzt und schön Weib/ aber von einem glühendem Angesicht/ so aus Zorn und Boßheit rasend zu seyn scheinet; in der lincken Hand trägt sie vor sich eine angezündete Fackel/ mit der Rechten ziehet sie einen Jünglig bey den Haaren herum/ welcher beyde Hände gegen den Himmel aufhebet/ und die Götter um Hülff anruffet; vorher gehet ein blasser schmutziger Mann/ mit tieffeingefallenen Augen/ denen jenigen nicht viel unähnlich/ welche durch langwierige Kranckheit sehr ausgemagert sind; und dieser ware der Neid oder Mißgunst. Hinten stunden zwey andere Weibsbilder/ so die Verleumdung regierten und ausschmückten/ deren eine die Hinterlist / die andere der Betrug war. Hinten nach folget die Reu/ so mit erdfärbigen und zerrissenen Kleidern angethan war/ das Haupt hinter sich bog/ weinte/ und voll Betrübnus und Schaam die ankommende Warheit zu empfangen schiene. Auf solche Weise hat Lucianus die Verleumdung beschrieben/ welche vorher Apelles abgebildet hatte. Woraus er schliesset/ es sey die Verleumdung anders nichts/ als eines Menschen falsche Anklage/ dero der Richter Glauben beymisst/ wie sie von dem erdichtet worden/ der abwesend ist/ und also sich nicht verantworten kan: und dieses kommt ins gemein Neid oder Mißgunst. von der Mißgunst oder dem Neid her. Der Neid/ oder die Mißgunst/ aber ist unter allen Gemüts-Lastern das allerärgste/ dann es nicht allein dem/ welcher geneidet wird/ schadet/ sondern auch denjenigen selbst/ die andere neiden. Dahero Silius Italicus im XIII Buch denselben unter die Ungeheuer/ so in der Hölle sind/ zehlet/ indem er ihn kürtzlich also beschreibet: [Spaltenumbruch]Hinc angens utraque manu sua gut- tura Livor. Der Neidhard quält an allen Enden selbst seinen Schlund mit beyden Händen. Und Horatius in seinem I Buch/ und zwar im Sendbrieff an den Lollium/ sagt von ihm also: Invidia Siculi non invenêre tyranni Majus tormentum. Hat der Tyrannen Marter-Schlacht auch jemals grössre Pein erdacht/ als da/ wo Neid und Mißgunst wacht? Welches jenes Gedicht gar schön vor Augen stellet/ so unter deß Virgilius Wercklein gezehlt wird/ und ist folgendes Innhalts: Livor tabificum malis venenum, Intactis vorat ossibus medullas, Et totum bibit artubus cruorem. Quid quisquis furit,inviditque sorti, Ut debet, sibi poena semper ipse est. 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Dahero <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1928 http://d-nb.info/gnd/118614347 http://viaf.org/viaf/27071645">Silius Italicus</persName> im <hi rendition="#aq">XIII</hi> Buch denselben unter die Ungeheuer/ so in der Hölle sind/ zehlet/ indem er ihn kürtzlich also beschreibet:</p> <cb/> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Hinc angens utraque manu sua gut-<lb/> tura Livor.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Der Neidhard quält an allen Enden</l><lb/> <l>selbst seinen Schlund mit beyden Händen.</l><lb/> </lg> <p>Und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1275 http://d-nb.info/gnd/118553569 http://viaf.org/viaf/100227522">Horatius</persName> in seinem <hi rendition="#aq">I</hi> Buch/ und zwar im <bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-1998">Sendbrieff an den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3674">Lollium</persName></ref></bibl>/ sagt von ihm also:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Invidia Siculi non invenêre tyranni</l><lb/> <l>Majus tormentum.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Hat der Tyrannen Marter-Schlacht</l><lb/> <l>auch jemals grössre Pein erdacht/</l><lb/> <l>als da/ wo <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3693">Neid</persName> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3693">Mißgunst</persName> wacht?</l><lb/> </lg> <p>Welches jenes Gedicht gar schön vor Augen stellet/ so unter deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-410 http://d-nb.info/gnd/118626574 http://viaf.org/viaf/8194433">Virgilius</persName> Wercklein gezehlt wird/ und ist folgendes Innhalts:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Livor tabificum malis venenum,</l><lb/> <l>Intactis vorat ossibus medullas,</l><lb/> <l>Et totum bibit artubus cruorem.</l><lb/> <l>Quid quisquis furit,<reg>inviditque</reg> sorti,</l><lb/> <l>Ut debet, sibi poena semper ipse est.</l><lb/> <l>Testatur gemitu graves dolores,</l><lb/> <l>Suspirat, gemit, <reg>incutitque</reg> dentes,</l><lb/> <l>Sudat frigidus intuens quod odit:</l><lb/> <l>Effundit mala lingua virus atrum:</l><lb/> <l>Pallor terribilis genas colorat:</l><lb/> <l>Infelix macies renudat ossa:</l><lb/> <l>Non lux, non cibus est suavis illi,</l><lb/> <l>Nec potus juvat,aut sapor Lyaei:</l><lb/> <l>Nec, si pocula <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Juppiter</persName> propinet,</l><lb/> <l>Atque haec porrigat, & ministret<lb/><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-216 http://d-nb.info/gnd/119353008 http://viaf.org/viaf/77123599">Hebe</persName>,</l><lb/> <l>Aut tradat <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1478 http://d-nb.info/gnd/118537520 http://viaf.org/viaf/3262256">Ganymedes</persName> ipse nectar.</l><lb/> <l>Non somnum capit, aut quescit<lb/> unquam,</l><lb/> <l>Torquet viscera carnifex cruen-<lb/> tus:</l><lb/> <l>Vesanos tacitè movet furores,</l><lb/> <l>Intentas animo faces <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2846 http://d-nb.info/gnd/118685163 http://viaf.org/viaf/35250656">Erinnys</persName>,</l><lb/> <l>Letalis <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2482 http://d-nb.info/gnd/12971268X http://viaf.org/viaf/77401349">Tityique</persName> vultur intus.</l><lb/> <l>Qui semper lacerat, <reg>comestque</reg> men-<lb/> tem:</l><lb/> <l>Vivit pectore sub dolente vulnus,</l><lb/> <l>Quod <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-903 http://d-nb.info/gnd/11903588X http://viaf.org/viaf/54949175">Chironia</persName> nec manus levaret,</l><lb/> <l>Nec <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-59 http://d-nb.info/gnd/118503642 http://viaf.org/viaf/3261638">Phoebus</persName>, sobolesve cara <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-59 http://d-nb.info/gnd/118503642 http://viaf.org/viaf/3261638">Phoebi</persName>.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3693">Neid</persName> ist eine Seuch und Gifft/</l><lb/> <l>das alles Marck zerfrisst und trifft/</l><lb/> <l>und aus den Adern das Geblüt</l><lb/> <l>wie eine Schlange saugend zieht.</l><lb/> <l>Entdeckt durch Seufftzen seine Schmertzen/</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [TA 1680, Iconologia Deorum, S. 165/0253]
Büchlein De non temerè credendo calumniae, oder daß man nicht leicht einer falschen Anklag glauben solle/ ein solch Exempel: Als Antiphilus/ einer von deß Apelles mißgünstigen Neidern/ denselben beym Ptolemaeus verleumdet hatte/ als ob er es mit dem Theodorus/ der wider den König sich empöret hatte/ gehalten hätte/ der König aber von einem Mitgesellen der zusammen-Verschwohrenen/ der anjetzo hingerichtet werden sollte/ versichert ward/ daß Apelles dieser Sachen gantz keine Wissenschafft hätte/ und unbillig angegeben worden: hat Ptolemaeus/ nach abgelegten Zorn/ das Urtheil geändert/ dem Apelles hundert Talent geschenckt/ und seinen falschen Ankläger Antiphilum ihme zum Leibeigenen übergeben; worauf Apelles/ zum Angedencken dieser seiner ausgestandnen Gefahr/ die Verleumdung in folgendem Gemähl vorgestellet: Zur Rechten sitzet ein Mann/ mit sehr grossen Ohren/ dergleichen Midas solle gehabt haben/ dieser langet der zu ihm kommenden Verleumdung die Hand: neben ihm stehen zwey Weibsbilder/ nemlich die Unwissenheit/ und der Argwohn ; gegen über die Verleumdung/ als ein aufgeputzt und schön Weib/ aber von einem glühendem Angesicht/ so aus Zorn und Boßheit rasend zu seyn scheinet; in der lincken Hand trägt sie vor sich eine angezündete Fackel/ mit der Rechten ziehet sie einen Jünglig bey den Haaren herum/ welcher beyde Hände gegen den Himmel aufhebet/ und die Götter um Hülff anruffet; vorher gehet ein blasser schmutziger Mann/ mit tieffeingefallenen Augen/ denen jenigen nicht viel unähnlich/ welche durch langwierige Kranckheit sehr ausgemagert sind; und dieser ware der Neid oder Mißgunst. Hinten stunden zwey andere Weibsbilder/ so die Verleumdung regierten und ausschmückten/ deren eine die Hinterlist / die andere der Betrug war. Hinten nach folget die Reu/ so mit erdfärbigen und zerrissenen Kleidern angethan war/ das Haupt hinter sich bog/ weinte/ und voll Betrübnus und Schaam die ankommende Warheit zu empfangen schiene.
Verleumdung vom Apelles vorgestellet.Auf solche Weise hat Lucianus die Verleumdung beschrieben/ welche vorher Apelles abgebildet hatte. Woraus er schliesset/ es sey die Verleumdung anders nichts/ als eines Menschen falsche Anklage/ dero der Richter Glauben beymisst/ wie sie von dem erdichtet worden/ der abwesend ist/ und also sich nicht verantworten kan: und dieses kommt ins gemein von der Mißgunst oder dem Neid her. Der Neid/ oder die Mißgunst/ aber ist unter allen Gemüts-Lastern das allerärgste/ dann es nicht allein dem/ welcher geneidet wird/ schadet/ sondern auch denjenigen selbst/ die andere neiden. Dahero Silius Italicus im XIII Buch denselben unter die Ungeheuer/ so in der Hölle sind/ zehlet/ indem er ihn kürtzlich also beschreibet:
Neid oder Mißgunst.
Hinc angens utraque manu sua gut-
tura Livor.
Der Neidhard quält an allen Enden
selbst seinen Schlund mit beyden Händen.
Und Horatius in seinem I Buch/ und zwar im Sendbrieff an den Lollium/ sagt von ihm also:
Invidia Siculi non invenêre tyranni
Majus tormentum.
Hat der Tyrannen Marter-Schlacht
auch jemals grössre Pein erdacht/
als da/ wo Neid und Mißgunst wacht?
Welches jenes Gedicht gar schön vor Augen stellet/ so unter deß Virgilius Wercklein gezehlt wird/ und ist folgendes Innhalts:
Livor tabificum malis venenum,
Intactis vorat ossibus medullas,
Et totum bibit artubus cruorem.
Quid quisquis furit,inviditque sorti,
Ut debet, sibi poena semper ipse est.
Testatur gemitu graves dolores,
Suspirat, gemit, incutitque dentes,
Sudat frigidus intuens quod odit:
Effundit mala lingua virus atrum:
Pallor terribilis genas colorat:
Infelix macies renudat ossa:
Non lux, non cibus est suavis illi,
Nec potus juvat,aut sapor Lyaei:
Nec, si pocula Juppiter propinet,
Atque haec porrigat, & ministret
Hebe,
Aut tradat Ganymedes ipse nectar.
Non somnum capit, aut quescit
unquam,
Torquet viscera carnifex cruen-
tus:
Vesanos tacitè movet furores,
Intentas animo faces Erinnys,
Letalis Tityique vultur intus.
Qui semper lacerat, comestque men-
tem:
Vivit pectore sub dolente vulnus,
Quod Chironia nec manus levaret,
Nec Phoebus, sobolesve cara Phoebi.
Der Neid ist eine Seuch und Gifft/
das alles Marck zerfrisst und trifft/
und aus den Adern das Geblüt
wie eine Schlange saugend zieht.
Entdeckt durch Seufftzen seine Schmertzen/
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