Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch] den andern Fischen abgesondert lebet/ und niemals von ihnen begleitet wird. Betrug. Den Betrug/ welchen Apelles der Verleumdung zum Gefehrten zueignet/ mahlet Dantes Algerius in seiner Hölle also ab: Tum fraus Cocyti tantum caput extulit undis, Caetera membra latent, fluvio de- mersa sub imo. Est illi vultus mollis, faciesque be- nigna; Justitiam redolet, sanctos venera- bere mores; Sed partes, quas illa negat profere sub auras; Horrendae visu, setis, squamisque re- fertae: Serpentis formam referebant; om- nia tetra. Tot nodis corpus conjungitur, at- que colores Tot sparsim fusos oculis monstrat, quot Arachne Ipsa suas telas minime variaverat unquam. Betrug erhebt sein Haupt vom Jammer- bach der Höllen/ die andern Glieder sind im tieffen Fluß versteckt. Er hat ein weich Gesicht/ und kan sich gü- tig stellen/ riecht nach Gerechtigkeit/ als ob er nicht befleckt. Doch sind die andern Theil/ die er nicht vor darff weisen/ abscheulich anzusehn/ und Borst- und Schuppen-voll. Es pfleget die Gestalt wie eine Schlang zu gleisen. Kurtz: Scheußlich ist/ was man an ihm beschreiben soll. Von so viel Knoten ist der Leib zusamm- gesetzet/ und so viel Farben hat er hin und wie- der an/ daß eine Spinne/ die am Aendern sich er- götzet/ ihr zartes Kunst-Geweb nicht so ver- wechseln kan. Art der Betrüger. Dieses wird dahin gedeutet/ daß wir daraus erkennen/ wie die listige Betrüger zwar nach dem äusserlichen Ansehen/ und in ihren Reden eine fast unglaubliche Gelindigkeit und Bescheidenheit spühren lassen/ in der That und denen Wercken aber sich gantz anders zu seyn[Spaltenumbruch] erweisen/ und also sich selbst in ihren Wercken Der Betrug wird durch den Fichtenbaum angedeutet. verachten. Dannenhero die Alten den Betrug bisweilen durch den Fichtenbaum angedeutet; weil dieser Baum/ in Ansehung der Höhe/ Geradigkeit und grüner Farbe überaus schön anzuschauen/ so bald man aber sich unter seinen Schatten zu ruhen niederleget/ empfindet man an seiner Gesundheit einen mercklichen Abbruch und Schaden; ja wird/ wann man sich demselben nahet/ indem ihm die Früchte abfallen/ öffters getroffen/ und entweder gar ertödtet/ oder sonst übel verletzet. Fernere Abbildungen der Fortun. Wir kehren aber endlich wiederum zur Fortun/ welche Apelles sitzend abbildet/ und als er deswegen befragt wurde/ warum er solches gethan habe/ hat er geantwortet/ dieweil sie niemals gestanden sey: da er sich deß zweydeutigen Worts stare gebrauchet/ welches so wol bey den Griechen/ als Lateinern/ nicht allein stehen/ sondern auch beständig verbleiben andeutet. In Warheit eine scharffsinnige Arbeit und Antwort: dann das Glück wird billig und mit recht wanckelmütig und unbeständig genennet. Wann die Alten diese ihre Unbeständigkeit und Veränderung vorbilden wollen/ haben sie dieselbe/ wie Eusebius in den Büchern von der Evangelischen Vorbereitung bezeuget/ auf einer runden Kugel sitzend gebildet/ ihr auch Flügel angefügt/ wormit sie aufs schnellste hin und wieder fliegen könne. Horatius im III Buch/ Oda XXIX singet also von ihr: Fortuna saevo laeta negotio,& Ludum insolentem ludere pertinax, Transmutat incertos honores; Nunc mihi, nunc alii benigna. Laudo manentem: si celeres quatit Pennas, resigno quae dedit: & mea Virtute me involvo, Probamque Pauperiem sine dote quaero. Das Glück ist Freuden-voll in Leid-erfüll- ten Sachen. Es ist gewohnt ein Spiel aus Hochmut aufzuführn. Versetzt die Ehrenstell; und weiset hell von Lachen bald mir/ bald anderen/ die wandelbare Stirn. Ich lob es/ so es bleibt. Doch wann es seine Flügel erhebt/ so schlag ich mich in meine Tu- gend ein/ und wähl die Dürfftigkeit ohn' Adels- Brief und Siegel/ wann nur/ was mir beliebt/ getreu und fromm mag seyn. Cebes von Theben bildet in seiner Tafel die Fortun als ein blindes unbesonnenes [Spaltenumbruch] den andern Fischen abgesondert lebet/ und niemals von ihnen begleitet wird. Betrug. Den Betrug/ welchen Apelles der Verleumdung zum Gefehrten zueignet/ mahlet Dantes Algerius in seiner Hölle also ab: Tum fraus Cocyti tantum caput extulit undis, Caetera membra latent, fluvio de- mersa sub imo. Est illi vultus mollis, faciesque be- nigna; Justitiam redolet, sanctos venera- bere mores; Sed partes, quas illa negat profere sub auras; Horrendae visu, setis, squamisque re- fertae: Serpentis formam referebant; om- nia tetra. Tot nodis corpus conjungitur, at- que colores Tot sparsim fusos oculis monstrat, quot Arachne Ipsa suas telas minimè variaverat unquam. Betrug erhebt sein Haupt vom Jammer- bach der Höllen/ die andern Glieder sind im tieffen Fluß versteckt. Er hat ein weich Gesicht/ und kan sich gü- tig stellen/ riecht nach Gerechtigkeit/ als ob er nicht befleckt. Doch sind die andern Theil/ die er nicht vor darff weisen/ abscheulich anzusehn/ und Borst- und Schuppen-voll. Es pfleget die Gestalt wie eine Schlang zu gleisen. Kurtz: Scheußlich ist/ was man an ihm beschreiben soll. Von so viel Knoten ist der Leib zusamm- gesetzet/ und so viel Farben hat er hin und wie- der an/ daß eine Spinne/ die am Aendern sich er- götzet/ ihr zartes Kunst-Geweb nicht so ver- wechseln kan. Art der Betrüger. Dieses wird dahin gedeutet/ daß wir daraus erkennen/ wie die listige Betrüger zwar nach dem äusserlichen Ansehen/ und in ihren Reden eine fast unglaubliche Gelindigkeit und Bescheidenheit spühren lassen/ in der That und denen Wercken aber sich gantz anders zu seyn[Spaltenumbruch] erweisen/ und also sich selbst in ihren Wercken Der Betrug wird durch den Fichtenbaum angedeutet. verachten. Dannenhero die Alten den Betrug bisweilen durch den Fichtenbaum angedeutet; weil dieser Baum/ in Ansehung der Höhe/ Geradigkeit und grüner Farbe überaus schön anzuschauen/ so bald man aber sich unter seinen Schatten zu ruhen niederleget/ empfindet man an seiner Gesundheit einen mercklichen Abbruch und Schaden; ja wird/ wann man sich demselben nahet/ indem ihm die Früchte abfallen/ öffters getroffen/ und entweder gar ertödtet/ oder sonst übel verletzet. Fernere Abbildungen der Fortun. Wir kehren aber endlich wiederum zur Fortun/ welche Apelles sitzend abbildet/ und als er deswegen befragt wurde/ warum er solches gethan habe/ hat er geantwortet/ dieweil sie niemals gestanden sey: da er sich deß zweydeutigen Worts stare gebrauchet/ welches so wol bey den Griechen/ als Lateinern/ nicht allein stehen/ sondern auch beständig verbleiben andeutet. In Warheit eine scharffsinnige Arbeit und Antwort: dann das Glück wird billig und mit recht wanckelmütig und unbeständig genennet. Wann die Alten diese ihre Unbeständigkeit und Veränderung vorbilden wollen/ haben sie dieselbe/ wie Eusebius in den Büchern von der Evangelischen Vorbereitung bezeuget/ auf einer runden Kugel sitzend gebildet/ ihr auch Flügel angefügt/ wormit sie aufs schnellste hin und wieder fliegen könne. Horatius im III Buch/ Oda XXIX singet also von ihr: Fortuna saevo laeta negotio,& Ludum insolentem ludere pertinax, Transmutat incertos honores; Nunc mihi, nunc alii benigna. Laudo manentem: si celeres quatit Pennas, resigno quae dedit: & mea Virtute me involvo, Probamque Pauperiem sine dote quaero. Das Glück ist Freuden-voll in Leid-erfüll- ten Sachen. Es ist gewohnt ein Spiel aus Hochmut aufzuführn. Versetzt die Ehrenstell; und weiset hell von Lachen bald mir/ bald anderen/ die wandelbare Stirn. Ich lob es/ so es bleibt. Doch wann es seine Flügel erhebt/ so schlag ich mich in meine Tu- gend ein/ und wähl die Dürfftigkeit ohn’ Adels- Brief und Siegel/ wann nur/ was mir beliebt/ getreu und fromm mag seyn. Cebes von Theben bildet in seiner Tafel die Fortun als ein blindes unbesonnenes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="d1522.1"> <p><pb facs="#f0255" xml:id="pb-1530" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 167"/><cb/> den andern Fischen abgesondert lebet/ und niemals von ihnen begleitet wird.</p> <p xml:id="p1530.1"><note place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3934">Betrug</persName>.</note> Den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3934">Betrug</persName>/ welchen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-117 http://d-nb.info/gnd/118649787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500021288">Apelles</persName> der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3692">Verleumdung</persName> zum Gefehrten zueignet/ mahlet <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1038 http://d-nb.info/gnd/118523708 http://viaf.org/viaf/97105654">Dantes Algerius</persName> in seiner Hölle also ab:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Tum fraus Cocyti tantum caput<lb/> extulit undis,</l><lb/> <l>Caetera membra latent, fluvio de-<lb/> mersa sub imo.</l><lb/> <l>Est illi vultus mollis, <reg>faciesque</reg> be-<lb/> nigna;</l><lb/> <l>Justitiam redolet, sanctos venera-<lb/> bere mores;</l><lb/> <l>Sed partes, quas illa negat profere<lb/> sub auras;</l><lb/> <l>Horrendae visu, setis, <reg>squamisque</reg> re-<lb/> fertae:</l><lb/> <l>Serpentis formam referebant; om-<lb/> nia tetra.</l><lb/> <l>Tot nodis corpus conjungitur, at-<lb/> que colores</l><lb/> <l>Tot sparsim fusos oculis monstrat,<lb/> quot Arachne</l><lb/> <l>Ipsa suas telas minimè variaverat<lb/> unquam.</l><lb/> </lg> <lg> <l><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3934">Betrug</persName> erhebt sein Haupt vom Jammer-<lb/> bach der Höllen/</l><lb/> <l>die andern Glieder sind im tieffen Fluß<lb/> versteckt.</l><lb/> <l>Er hat ein weich Gesicht/ und kan sich gü-<lb/> tig stellen/</l><lb/> <l>riecht nach Gerechtigkeit/ als ob er nicht<lb/> befleckt.</l><lb/> <l>Doch sind die andern Theil/ die er nicht<lb/> vor darff weisen/</l><lb/> <l>abscheulich anzusehn/ und Borst- und<lb/> Schuppen-voll.</l><lb/> <l>Es pfleget die Gestalt wie eine Schlang<lb/> zu gleisen.</l><lb/> <l>Kurtz: Scheußlich ist/ was man an<lb/> ihm beschreiben soll.</l><lb/> <l>Von so viel Knoten ist der Leib zusamm-<lb/> gesetzet/</l><lb/> <l>und so viel Farben hat er hin und wie-<lb/> der an/</l><lb/> <l>daß eine Spinne/ die am Aendern sich er-<lb/> götzet/</l><lb/> <l>ihr zartes Kunst-Geweb nicht so ver-<lb/> wechseln kan.</l><lb/> </lg> <p xml:id="p1530.2"><note place="right">Art der Betrüger.</note> Dieses wird dahin gedeutet/ daß wir daraus erkennen/ wie die listige Betrüger zwar nach dem äusserlichen Ansehen/ und in ihren Reden eine fast unglaubliche Gelindigkeit und Bescheidenheit spühren lassen/ in der That und denen Wercken aber sich gantz anders zu seyn<cb/> erweisen/ und also sich selbst in ihren Wercken <note xml:id="n1530.1" place="right">Der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3934">Betrug</persName> wird durch den Fichtenbaum angedeutet.</note> verachten. 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Wann die Alten diese ihre Unbeständigkeit und Veränderung vorbilden wollen/ haben sie dieselbe/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-477 http://d-nb.info/gnd/118531425 http://viaf.org/viaf/88876431">Eusebius</persName> in den Büchern von der Evangelischen Vorbereitung bezeuget/ auf einer runden Kugel sitzend gebildet/ ihr auch Flügel angefügt/ wormit sie aufs schnellste hin und wieder fliegen könne. <bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-2439"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1275 http://d-nb.info/gnd/118553569 http://viaf.org/viaf/100227522">Horatius</persName> im III Buch/ <hi rendition="#aq">Oda XXIX</hi></ref></bibl> singet also von ihr:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortuna</persName> saevo laeta negotio,&</l><lb/> <l>Ludum insolentem ludere pertinax,</l><lb/> <l>Transmutat incertos honores;</l><lb/> <l>Nunc mihi, nunc alii benigna.</l><lb/> <l>Laudo manentem: si celeres quatit</l><lb/> <l>Pennas, resigno quae dedit: & mea</l><lb/> <l>Virtute me involvo, <reg>Probamque</reg></l><lb/> <l>Pauperiem sine dote quaero.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Das <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Glück</persName> ist Freuden-voll in Leid-erfüll-<lb/> ten Sachen.</l><lb/> <l>Es ist gewohnt ein Spiel aus Hochmut<lb/> aufzuführn.</l><lb/> <l>Versetzt die Ehrenstell; und weiset hell<lb/> von Lachen</l><lb/> <l>bald mir/ bald anderen/ die wandelbare<lb/> Stirn.</l><lb/> <l>Ich lob es/ so es bleibt. 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den andern Fischen abgesondert lebet/ und niemals von ihnen begleitet wird.
Den Betrug/ welchen Apelles der Verleumdung zum Gefehrten zueignet/ mahlet Dantes Algerius in seiner Hölle also ab:
Betrug.Tum fraus Cocyti tantum caput
extulit undis,
Caetera membra latent, fluvio de-
mersa sub imo.
Est illi vultus mollis, faciesque be-
nigna;
Justitiam redolet, sanctos venera-
bere mores;
Sed partes, quas illa negat profere
sub auras;
Horrendae visu, setis, squamisque re-
fertae:
Serpentis formam referebant; om-
nia tetra.
Tot nodis corpus conjungitur, at-
que colores
Tot sparsim fusos oculis monstrat,
quot Arachne
Ipsa suas telas minimè variaverat
unquam.
Betrug erhebt sein Haupt vom Jammer-
bach der Höllen/
die andern Glieder sind im tieffen Fluß
versteckt.
Er hat ein weich Gesicht/ und kan sich gü-
tig stellen/
riecht nach Gerechtigkeit/ als ob er nicht
befleckt.
Doch sind die andern Theil/ die er nicht
vor darff weisen/
abscheulich anzusehn/ und Borst- und
Schuppen-voll.
Es pfleget die Gestalt wie eine Schlang
zu gleisen.
Kurtz: Scheußlich ist/ was man an
ihm beschreiben soll.
Von so viel Knoten ist der Leib zusamm-
gesetzet/
und so viel Farben hat er hin und wie-
der an/
daß eine Spinne/ die am Aendern sich er-
götzet/
ihr zartes Kunst-Geweb nicht so ver-
wechseln kan.
Dieses wird dahin gedeutet/ daß wir daraus erkennen/ wie die listige Betrüger zwar nach dem äusserlichen Ansehen/ und in ihren Reden eine fast unglaubliche Gelindigkeit und Bescheidenheit spühren lassen/ in der That und denen Wercken aber sich gantz anders zu seyn
erweisen/ und also sich selbst in ihren Wercken verachten. Dannenhero die Alten den Betrug bisweilen durch den Fichtenbaum angedeutet; weil dieser Baum/ in Ansehung der Höhe/ Geradigkeit und grüner Farbe überaus schön anzuschauen/ so bald man aber sich unter seinen Schatten zu ruhen niederleget/ empfindet man an seiner Gesundheit einen mercklichen Abbruch und Schaden; ja wird/ wann man sich demselben nahet/ indem ihm die Früchte abfallen/ öffters getroffen/ und entweder gar ertödtet/ oder sonst übel verletzet.
Art der Betrüger.
Der Betrug wird durch den Fichtenbaum angedeutet. Wir kehren aber endlich wiederum zur Fortun/ welche Apelles sitzend abbildet/ und als er deswegen befragt wurde/ warum er solches gethan habe/ hat er geantwortet/ dieweil sie niemals gestanden sey: da er sich deß zweydeutigen Worts stare gebrauchet/ welches so wol bey den Griechen/ als Lateinern/ nicht allein stehen/ sondern auch beständig verbleiben andeutet. In Warheit eine scharffsinnige Arbeit und Antwort: dann das Glück wird billig und mit recht wanckelmütig und unbeständig genennet. Wann die Alten diese ihre Unbeständigkeit und Veränderung vorbilden wollen/ haben sie dieselbe/ wie Eusebius in den Büchern von der Evangelischen Vorbereitung bezeuget/ auf einer runden Kugel sitzend gebildet/ ihr auch Flügel angefügt/ wormit sie aufs schnellste hin und wieder fliegen könne. Horatius im III Buch/ Oda XXIX singet also von ihr:
Fernere Abbildungen der Fortun.Fortuna saevo laeta negotio,&
Ludum insolentem ludere pertinax,
Transmutat incertos honores;
Nunc mihi, nunc alii benigna.
Laudo manentem: si celeres quatit
Pennas, resigno quae dedit: & mea
Virtute me involvo, Probamque
Pauperiem sine dote quaero.
Das Glück ist Freuden-voll in Leid-erfüll-
ten Sachen.
Es ist gewohnt ein Spiel aus Hochmut
aufzuführn.
Versetzt die Ehrenstell; und weiset hell
von Lachen
bald mir/ bald anderen/ die wandelbare
Stirn.
Ich lob es/ so es bleibt. Doch wann es
seine Flügel
erhebt/ so schlag ich mich in meine Tu-
gend ein/
und wähl die Dürfftigkeit ohn’ Adels-
Brief und Siegel/
wann nur/ was mir beliebt/ getreu und
fromm mag seyn.
Cebes von Theben bildet in seiner Tafel die Fortun als ein blindes unbesonnenes
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