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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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Ein Vogel Amor soll/ nach Menschen Dich-
ten/ heissen/

Ein Gott voll grausam seyn. Man waff-
net seine Hand

mit schnellen Pfeilen aus/ es muß sein Bo-
gen weisen/

was vieler Hertzen brennt/ ein gantzes
Fackel-Band;

Vulcan hab ihn gezeugt/ und Venus gar
geboren.

Dieß ist der Amor nicht; jetzt höret
was er sey:

Er ist die grosse Macht/ so Sinnen kan
durchbohren.

Er ist die Seelen-Hitz/ so voller Schmei-
cheley.

Durch Jugend-Jahr erzeugt; durch
Schwelgen/ Müssiggehen;

bey Gütern deß Gelücks und aller Lust
ernährt.

Nimmst du die Nahrung ihm/ so kan er
nicht bestehen/

und wird in kurtzer Zeit all seine Krafft
zerstört.

Zween Cupidines. XEs sind dannenhero zween Cupidines/ weil wir auf zweyerley Weis lieben/ und zwar auf eine löbliche Art/ wann wir gegen die jenige Dinge/ so erbar sind/ entflammet werden; auf schändliche Manier aber/ wann wir solche Dinge verlangen/ die der Erbarkeit zuwider sind/ welche Liebe vor schändlich und unerbar/ hingegen die andere vor erbar und löblich gehalten wird. Einige wollen/ daß einer unter den zweyen Söhnen der Venus sey und genennet werde Amor/ der uns gegen etwas in Liebe entzündet/ der andere aber heisse Anteros/ das ist/ ein Liebes-Kind/ weil wir durch solchen von einem Dinge mercklich abgeschreckt werden.

Es irren aber diejenige gröblich/ welche in dieser Meinung sind/ dann deß Anteros Kräffte bestehen nicht darinnen/ daß er uns der Liebe gar beraube/ sondern daß er die jenigen gebührend abstraffe/ die/ wann sie geliebt werden/ nicht Gegen-Liebe erweisen. Welches sowol aus dem Pausanias als Suidas erhellet/ die eine schändliche Ursach beyfügen/ warum Statue deß Anteros. die Athenienser dem Anteros eine Statue und Altar aufgerichtet. Die Statue war diese: Man sahe einen nackenden und schönen Knaben/ der auf seinen Armen zween muntere und einander sich um die Köpffe beissende Hahnen hielte. Ware daher Anteros nicht ein Lieb-Verderber/ sondern vielmehr die Gegenliebe: welches Porphyrius bekräfftiget/ wann er an einem Orte also saget: Als Cupido noch ein Kind war/ und so gar nicht wachsen wollte/ habe Venus/ seine Mutter/ die Göttin Themis hierinn um Raht gefraget/ welche der Venus zur Antwort gegeben/ es mangle dem Cupido an einem Gegenpart (Anteros) der ihm eine gleiche Liebe wieder vergelten/ und sie also einander um die Wette lieben möchten. Welchem[Spaltenumbruch] Raht die Venus gefolgt/ und den Anteros geboren; darauf habe Cupido anfangen zu wachsen/ auch die Flügel und Federn auszubreiten; ja/ so offt Anteros zugegen gewesen/ habe Cupido sich schöner und ansehnlicher gezeiget/ in seinem Abwesen aber sey das Widerspiel an ihm zu sehen gewesen. Wird derohalben die Liebe (Amor) alsdann rechtschaffen vermehret/ wann eine Gegenliebe vorhanden ist.

Bey den Eleern wurden zwey Bildnussen zweyer Knaben gezeiget/ deren einer war Cupido/ der einen Palmzweig in den Händen hatte/ der andere Anteros/ welcher ihm diesen Zweig mit Gewalt aus den Händen zu drehen sich bemühete/ aber nichts ausrichtete. Wordurch besagte Alten (so der wahren Religion unwissend waren) bedeuten und zu verstehen geben wollen/ daß der Wiederliebende sich höchsten Fleisses bearbeiten solle/ den jenigen/ so ihn zur Liebe gereitzet/ entweder in Liebe zu übertreffen/ oder ihme zum wenigsten gleiche Liebe zu erweisen. Cicero saget/ (wie Lactantius libr. I. erzehlet) es habe Griechenland sich einer grossen und kühnen That unterwunden/ daß es den Cupido und andere Liebes-Bilder in ihren Gymnasiis aufgestellet: wormit er nemlich dem Attico geheuchelt/ und diesen seinen Freund verlacht hat/ dann es ist diß keine grosse That oder Raht/ sondern vielmehr eine gottlose und betaurende Boßheit unverschämter Leute gewesen/ als welche ihre Kinder/ die sie zur Erbarkeit unterweisen sollen/ zur Geilheit hierdurch angewöhnet: Welchem Ubel vielleicht zu begegnen/ die Römer Cupido zwischen dem Mercurius und Hercules stehend. in ihren Gymnasiis nicht nur allein den Cupido/ sondern auch den Mercurius und Hercules gestellet/ und zwar solcher Gestalt/ daß Cupido in der Mitte zwischen den andern beyden gestanden; darmit anzudeuten/ daß selbiger mit Tugend und Vernunfft verbunden seyn müsse.

Athenaeus schreibet/ die alten Philosophi hätten den Liebes-Gott für einen sehr ernstlichen Gott/ und von aller Schande weit entfernet gehalten/ wie auch hieraus zu ersehen/ daß sie ihn mit dem Hercules und Mercurius vereiniget/ deren jener vor einen Vorsteher der Wolredenheit/ dieser aber der Tapfferkeit gehalten wurde/ als aus derer Tugenden Vergesellschafftung/ die Freundschafft und Liebe Amor Lethaeus. nothwendig entspringen muß. Bey den Alten war auch Amor Lethaeus benamset/ durch welchen die alte Liebe weggelegt/ und der Vergessung übergeben ward/ dessen Bildnus in dem Tempel der Erycinischen Venus stunde/ und zwar also gebildet ware/ daß er die brennende Fackeln in einen vorbey streichenden Strom stiesse/ und sie darinnen auslöschte. Von demselben meldet Ovidius und erzehlet/ daß selbigem Tempel alle Verliebte zugeeilet/ die der Geliebten Dinge Gedächtnus verlieren

[Spaltenumbruch]
Ein Vogel Amor soll/ nach Menschen Dich-
ten/ heissen/

Ein Gott voll grausam seyn. Man waff-
net seine Hand

mit schnellen Pfeilen aus/ es muß sein Bo-
gen weisen/

was vieler Hertzen brennt/ ein gantzes
Fackel-Band;

Vulcan hab ihn gezeugt/ und Venus gar
geboren.

Dieß ist der Amor nicht; jetzt höret
was er sey:

Er ist die grosse Macht/ so Sinnen kan
durchbohren.

Er ist die Seelen-Hitz/ so voller Schmei-
cheley.

Durch Jugend-Jahr erzeugt; durch
Schwelgen/ Müssiggehen;

bey Gütern deß Gelücks und aller Lust
ernährt.

Nimmst du die Nahrung ihm/ so kan er
nicht bestehen/

und wird in kurtzer Zeit all seine Krafft
zerstört.

Zween Cupidines. XEs sind dannenhero zween Cupidines/ weil wir auf zweyerley Weis lieben/ und zwar auf eine löbliche Art/ wann wir gegen die jenige Dinge/ so erbar sind/ entflammet werden; auf schändliche Manier aber/ wann wir solche Dinge verlangen/ die der Erbarkeit zuwider sind/ welche Liebe vor schändlich und unerbar/ hingegen die andere vor erbar und löblich gehalten wird. Einige wollen/ daß einer unter den zweyen Söhnen der Venus sey und genennet werde Amor/ der uns gegen etwas in Liebe entzündet/ der andere aber heisse Anteros/ das ist/ ein Liebes-Kind/ weil wir durch solchen von einem Dinge mercklich abgeschreckt werden.

Es irren aber diejenige gröblich/ welche in dieser Meinung sind/ dann deß Anteros Kräffte bestehen nicht darinnen/ daß er uns der Liebe gar beraube/ sondern daß er die jenigen gebührend abstraffe/ die/ wann sie geliebt werden/ nicht Gegen-Liebe erweisen. Welches sowol aus dem Pausanias als Suidas erhellet/ die eine schändliche Ursach beyfügen/ warum Statue deß Anteros. die Athenienser dem Anteros eine Statue und Altar aufgerichtet. Die Statue war diese: Man sahe einen nackenden und schönen Knaben/ der auf seinen Armen zween muntere und einander sich um die Köpffe beissende Hahnen hielte. Ware daher Anteros nicht ein Lieb-Verderber/ sondern vielmehr die Gegenliebe: welches Porphyrius bekräfftiget/ wann er an einem Orte also saget: Als Cupido noch ein Kind war/ und so gar nicht wachsen wollte/ habe Venus/ seine Mutter/ die Göttin Themis hierinn um Raht gefraget/ welche der Venus zur Antwort gegeben/ es mangle dem Cupido an einem Gegenpart (Anteros) der ihm eine gleiche Liebe wieder vergelten/ und sie also einander um die Wette lieben möchten. Welchem[Spaltenumbruch] Raht die Venus gefolgt/ und den Anteros geboren; darauf habe Cupido anfangen zu wachsen/ auch die Flügel und Federn auszubreiten; ja/ so offt Anteros zugegen gewesen/ habe Cupido sich schöner und ansehnlicher gezeiget/ in seinem Abwesen aber sey das Widerspiel an ihm zu sehen gewesen. Wird derohalben die Liebe (Amor) alsdann rechtschaffen vermehret/ wann eine Gegenliebe vorhanden ist.

Bey den Eleern wurden zwey Bildnussen zweyer Knaben gezeiget/ deren einer war Cupido/ der einen Palmzweig in den Händen hatte/ der andere Anteros/ welcher ihm diesen Zweig mit Gewalt aus den Händen zu drehen sich bemühete/ aber nichts ausrichtete. Wordurch besagte Alten (so der wahren Religion unwissend waren) bedeuten und zu verstehen geben wollen/ daß der Wiederliebende sich höchsten Fleisses bearbeiten solle/ den jenigen/ so ihn zur Liebe gereitzet/ entweder in Liebe zu übertreffen/ oder ihme zum wenigsten gleiche Liebe zu erweisen. Cicero saget/ (wie Lactantius libr. I. erzehlet) es habe Griechenland sich einer grossen und kühnen That unterwunden/ daß es den Cupido und andere Liebes-Bilder in ihren Gymnasiis aufgestellet: wormit er nemlich dem Attico geheuchelt/ und diesen seinen Freund verlacht hat/ dann es ist diß keine grosse That oder Raht/ sondern vielmehr eine gottlose und betaurende Boßheit unverschämter Leute gewesen/ als welche ihre Kinder/ die sie zur Erbarkeit unterweisen sollen/ zur Geilheit hierdurch angewöhnet: Welchem Ubel vielleicht zu begegnen/ die Römer Cupido zwischen dem Mercurius und Hercules stehend. in ihren Gymnasiis nicht nur allein den Cupido/ sondern auch den Mercurius und Hercules gestellet/ und zwar solcher Gestalt/ daß Cupido in der Mitte zwischen den andern beyden gestanden; darmit anzudeuten/ daß selbiger mit Tugend und Vernunfft verbunden seyn müsse.

Athenaeus schreibet/ die alten Philosophi hätten den Liebes-Gott für einen sehr ernstlichen Gott/ und von aller Schande weit entfernet gehalten/ wie auch hieraus zu ersehen/ daß sie ihn mit dem Hercules und Mercurius vereiniget/ deren jener vor einen Vorsteher der Wolredenheit/ dieser aber der Tapfferkeit gehalten wurde/ als aus derer Tugenden Vergesellschafftung/ die Freundschafft und Liebe Amor Lethaeus. nothwendig entspringen muß. Bey den Alten war auch Amor Lethaeus benamset/ durch welchen die alte Liebe weggelegt/ und der Vergessung übergeben ward/ dessen Bildnus in dem Tempel der Erycinischen Venus stunde/ und zwar also gebildet ware/ daß er die brennende Fackeln in einen vorbey streichenden Strom stiesse/ und sie darinnen auslöschte. Von demselben meldet Ovidius und erzehlet/ daß selbigem Tempel alle Verliebte zugeeilet/ die der Geliebten Dinge Gedächtnus verlieren

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 173/0263] Ein Vogel Amor soll/ nach Menschen Dich- ten/ heissen/ Ein Gott voll grausam seyn. Man waff- net seine Hand mit schnellen Pfeilen aus/ es muß sein Bo- gen weisen/ was vieler Hertzen brennt/ ein gantzes Fackel-Band; Vulcan hab ihn gezeugt/ und Venus gar geboren. Dieß ist der Amor nicht; jetzt höret was er sey: Er ist die grosse Macht/ so Sinnen kan durchbohren. Er ist die Seelen-Hitz/ so voller Schmei- cheley. Durch Jugend-Jahr erzeugt; durch Schwelgen/ Müssiggehen; bey Gütern deß Gelücks und aller Lust ernährt. Nimmst du die Nahrung ihm/ so kan er nicht bestehen/ und wird in kurtzer Zeit all seine Krafft zerstört. Es sind dannenhero zween Cupidines/ weil wir auf zweyerley Weis lieben/ und zwar auf eine löbliche Art/ wann wir gegen die jenige Dinge/ so erbar sind/ entflammet werden; auf schändliche Manier aber/ wann wir solche Dinge verlangen/ die der Erbarkeit zuwider sind/ welche Liebe vor schändlich und unerbar/ hingegen die andere vor erbar und löblich gehalten wird. Einige wollen/ daß einer unter den zweyen Söhnen der Venus sey und genennet werde Amor/ der uns gegen etwas in Liebe entzündet/ der andere aber heisse Anteros/ das ist/ ein Liebes-Kind/ weil wir durch solchen von einem Dinge mercklich abgeschreckt werden. Zween Cupidines. XEs irren aber diejenige gröblich/ welche in dieser Meinung sind/ dann deß Anteros Kräffte bestehen nicht darinnen/ daß er uns der Liebe gar beraube/ sondern daß er die jenigen gebührend abstraffe/ die/ wann sie geliebt werden/ nicht Gegen-Liebe erweisen. Welches sowol aus dem Pausanias als Suidas erhellet/ die eine schändliche Ursach beyfügen/ warum die Athenienser dem Anteros eine Statue und Altar aufgerichtet. Die Statue war diese: Man sahe einen nackenden und schönen Knaben/ der auf seinen Armen zween muntere und einander sich um die Köpffe beissende Hahnen hielte. Ware daher Anteros nicht ein Lieb-Verderber/ sondern vielmehr die Gegenliebe: welches Porphyrius bekräfftiget/ wann er an einem Orte also saget: Als Cupido noch ein Kind war/ und so gar nicht wachsen wollte/ habe Venus/ seine Mutter/ die Göttin Themis hierinn um Raht gefraget/ welche der Venus zur Antwort gegeben/ es mangle dem Cupido an einem Gegenpart (Anteros) der ihm eine gleiche Liebe wieder vergelten/ und sie also einander um die Wette lieben möchten. Welchem Raht die Venus gefolgt/ und den Anteros geboren; darauf habe Cupido anfangen zu wachsen/ auch die Flügel und Federn auszubreiten; ja/ so offt Anteros zugegen gewesen/ habe Cupido sich schöner und ansehnlicher gezeiget/ in seinem Abwesen aber sey das Widerspiel an ihm zu sehen gewesen. Wird derohalben die Liebe (Amor) alsdann rechtschaffen vermehret/ wann eine Gegenliebe vorhanden ist. Statue deß Anteros.Bey den Eleern wurden zwey Bildnussen zweyer Knaben gezeiget/ deren einer war Cupido/ der einen Palmzweig in den Händen hatte/ der andere Anteros/ welcher ihm diesen Zweig mit Gewalt aus den Händen zu drehen sich bemühete/ aber nichts ausrichtete. Wordurch besagte Alten (so der wahren Religion unwissend waren) bedeuten und zu verstehen geben wollen/ daß der Wiederliebende sich höchsten Fleisses bearbeiten solle/ den jenigen/ so ihn zur Liebe gereitzet/ entweder in Liebe zu übertreffen/ oder ihme zum wenigsten gleiche Liebe zu erweisen. Cicero saget/ (wie Lactantius libr. I. erzehlet) es habe Griechenland sich einer grossen und kühnen That unterwunden/ daß es den Cupido und andere Liebes-Bilder in ihren Gymnasiis aufgestellet: wormit er nemlich dem Attico geheuchelt/ und diesen seinen Freund verlacht hat/ dann es ist diß keine grosse That oder Raht/ sondern vielmehr eine gottlose und betaurende Boßheit unverschämter Leute gewesen/ als welche ihre Kinder/ die sie zur Erbarkeit unterweisen sollen/ zur Geilheit hierdurch angewöhnet: Welchem Ubel vielleicht zu begegnen/ die Römer in ihren Gymnasiis nicht nur allein den Cupido/ sondern auch den Mercurius und Hercules gestellet/ und zwar solcher Gestalt/ daß Cupido in der Mitte zwischen den andern beyden gestanden; darmit anzudeuten/ daß selbiger mit Tugend und Vernunfft verbunden seyn müsse. Cupido zwischen dem Mercurius und Hercules stehend.Athenaeus schreibet/ die alten Philosophi hätten den Liebes-Gott für einen sehr ernstlichen Gott/ und von aller Schande weit entfernet gehalten/ wie auch hieraus zu ersehen/ daß sie ihn mit dem Hercules und Mercurius vereiniget/ deren jener vor einen Vorsteher der Wolredenheit/ dieser aber der Tapfferkeit gehalten wurde/ als aus derer Tugenden Vergesellschafftung/ die Freundschafft und Liebe nothwendig entspringen muß. Bey den Alten war auch Amor Lethaeus benamset/ durch welchen die alte Liebe weggelegt/ und der Vergessung übergeben ward/ dessen Bildnus in dem Tempel der Erycinischen Venus stunde/ und zwar also gebildet ware/ daß er die brennende Fackeln in einen vorbey streichenden Strom stiesse/ und sie darinnen auslöschte. Von demselben meldet Ovidius und erzehlet/ daß selbigem Tempel alle Verliebte zugeeilet/ die der Geliebten Dinge Gedächtnus verlieren Amor Lethaeus.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/263>, abgerufen am 23.11.2024.