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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] unterschiedenen Bildnussen der Venus zu sehen seyn wird.

Ursprung der Venus. Man schreibet in den Fabeln/ sie sey aus dem Meerschaum entsprungen/ nachdem Saturnus seines Vatters Coeli männliches Glied/ das er ihm abgeschnitten/ hinein geworffen: welches so wol von vielen andern/ als auch von Leone Hebraeosehr schön in den Gesprächen von der Liebe erkläret wird. Wann nun die Alten Sie aus dem Meer entsprungen zu seyn ausdrucken und zu verstehen geben wollten/ pflegten sie dieselbe als ein sehr schön nackendes Jungfräulein/ in einer Muschel stehend/ und aus dem Meer hervor kommend abzubilden/ auch wol unterweilen im Meer schwimmend vorzustellen. Hierauf hat Virgilius im V Buch Aeneidos sein Absehen/ wann er den Neptunus einführet/ wie er der Venus ihre Rede beantwortet/ mit dergleichen Worten:

Fas omne est, Cytherea,meis te fide-
re regnis,

Unde genus ducis.
Cythere du thust recht/ daß du pflegst zu
vertrauen

dich meiner Macht und Reich/ daher du
bürtig bist;

Ich hab es auch verdient/ gestalt es
billig ist.

Dahero auch die Griechen sie 'Aphroditen vom Schaume nennen. In deß Jupiters Olympius Tempel war/ wie Pausanias in Eliacis prioribuserzehlet/ gleichfalls ein Venus-Bild zu sehen/ das aus dem Meer empor steigend vom Cupido empfangen wurde. Bisweilen ward sie gebildet mit einer Muschel in der Hand/ und mit einem Rosenkrantze gezieret; dann die Rosen ihr gewiedmet waren/ wie wir weiter unten melden wollen: Die Muschel aber deutet an/ daß sie aus dem Meer entsprungen sey. Man sagt/ daß sie aus dem Meer strackes Weges nach Paphos kommen/ vielleicht weil die Cyprier/ entweder weil sie ein sothanig Himmels-Clima hatten/ oder aus einer andern Ursach/ denen fleischlichen Wollüsten gewaltig ergeben sind; derohalben sie dieselbe vor allen andern geehret/ wie dann auch ein Tempel für sie daselbst war/ in welchem ihr Bildnus/ nicht in Menschen-Gestalt/ sondern auf einem Grund-Gestelle/ als etwas breites und rundes/ das sich doch spitzig endigte/ zu sehen/ davon man aber/ wie Cornelius Tacitus schreibet/ keine Ursach geben Warum der Nabel der Venus gewidmet. konnte. Jedoch sind etliche der Meinung/ es stelle diese Figur den Nabel am menschlichen Leibe vor: derselbe wurde der Venus zugeeignet/ weil bey den Weibsbildern die Geilheit an diesem Orte zu sitzen/ und von daraus anzufangen pflege.

[Spaltenumbruch]

Was sollen wir aber vom Jupiter Ammonius sagen/ der/ wie wir droben erinnert/ auch also gebildet war. Ich bin dieser Meinung/ es müsse etwas Geheimes unter dieser Figur verborgen stecken/ das dessen Urhebere nicht wollen gemein machen/ damit sie den Nachkömmlingen etwas daran nachzudencken hinterliessen: Oder weil die Alten allzeit in der Meinung gestanden/ es müssten die Religions-Sachen verborgen/ oder doch so dunckel vorgestellt werden/ daß sie von Niemand zu verstehen wären/ ausser von denjenigen/ welche dieselbige zu erforschen grossen Fleiß angewendet hätten; Und dieses thaten sie darum/ daß man dieselbe mit desto grösserer Ehrerbietung und Furcht ins künfftige verehren möchte.

Wagen der Venus. Ferner ist der Venus/ gleichwie auch andern Göttern/ ein Wagen zu geeignet worden; darauf sie durch die Lufft fähret/ über Meer/ oder wo sie sonsten zu fahren Lust hat. Aber wann sie Claudianus bey der Vermählung Honorius und Maria einführet/ so dichtet er/ es habe Triton dieselbe auf dem Rücken getragen/ und mit seinem aufgehabenen Schwantz/ Tauben sind der Venus Vögel. gleich als mit einem Schirm/ bedeckt. Man sagt/ ihr Wagen werde von schneeweissen Tauben gezogen: Dann es scheinet/ dergleichen Vögel schicken sich am besten zu ihr; und deßwegen nennet man sie auch die Venus-Vögel; sintemal sie sich zu paaren sehr begierig sind/ und es ist keine Zeit im Jahr/ da sie sich dieses Wercks sollten enthalten. Es dichten auch die Poeten/ es seyen die Tauben der Venus der Ursach halben lieb/ dieweil Peristera Nympha/ welche von jener sehr geliebet worden/ in diesen Vogel verwandelt worden. Uberdas/ daß die Tauben der Venus seyen zugeeignet worden/ beweiset Aelianus daher/ weil man in Sicilien auf dem Berg Eryx etliche Feyertäge/ der Venus zu Ehren/ gehalten/ welche sie Durchgängs-Täge nenneten; denn sie gaben vor/ Venus wäre zur selbigen Zeit da durch in Libyen gegangen; und um dieser Ursach willen ließ sich um dieselbe Zeit in derselben Landschafft keine Taube sehen/ gleich als wären sie alle/ ihre Frau zu begleiten/ weggezogen. Den neunten Tag hernach sahe man eine/ so die schönste unter allen war/ aus dem Libyschen Meer fliegen/ den andern nicht gleich/ sondern roth/ wie Anacreon schreibet/ dieselbe hielt man für die Venus/ welche er die Purpurfarbe nennet: Dieser folgten fast unzehlig viel nach; dannenhero hielten die/ so nahe an dem Berg Eryx wohneten/ die Tage der Wiederkunfft/ und die Reichen stelleten herrliche Gastungen an/ wie Athenaeus erzehlet.

Schwanen der Venus geheiligt. Es zogen auch Schwanen an dem Venus-Wagen/ nach deß Horatius/ Ovidius/ und Statius Meynung; entweder weil dieser Vogel an sich selbst gar fromm ist/ dann er

[Spaltenumbruch] unterschiedenen Bildnussen der Venus zu sehen seyn wird.

Ursprung der Venus. Man schreibet in den Fabeln/ sie sey aus dem Meerschaum entsprungen/ nachdem Saturnus seines Vatters Coeli männliches Glied/ das er ihm abgeschnitten/ hinein geworffen: welches so wol von vielen andern/ als auch von Leone Hebraeosehr schön in den Gesprächen von der Liebe erkläret wird. Wann nun die Alten Sie aus dem Meer entsprungen zu seyn ausdrucken und zu verstehen geben wollten/ pflegten sie dieselbe als ein sehr schön nackendes Jungfräulein/ in einer Muschel stehend/ und aus dem Meer hervor kommend abzubilden/ auch wol unterweilen im Meer schwimmend vorzustellen. Hierauf hat Virgilius im V Buch Aeneidos sein Absehen/ wann er den Neptunus einführet/ wie er der Venus ihre Rede beantwortet/ mit dergleichen Worten:

Fas omne est, Cytherea,meis te fide-
re regnis,

Unde genus ducis.
Cythere du thust recht/ daß du pflegst zu
vertrauen

dich meiner Macht und Reich/ daher du
bürtig bist;

Ich hab es auch verdient/ gestalt es
billig ist.

Dahero auch die Griechen sie ’Αφροδίτην vom Schaume nennen. In deß Jupiters Olympius Tempel war/ wie Pausanias in Eliacis prioribuserzehlet/ gleichfalls ein Venus-Bild zu sehen/ das aus dem Meer empor steigend vom Cupido empfangen wurde. Bisweilen ward sie gebildet mit einer Muschel in der Hand/ und mit einem Rosenkrantze gezieret; dann die Rosen ihr gewiedmet waren/ wie wir weiter unten melden wollen: Die Muschel aber deutet an/ daß sie aus dem Meer entsprungen sey. Man sagt/ daß sie aus dem Meer strackes Weges nach Paphos kommen/ vielleicht weil die Cyprier/ entweder weil sie ein sothanig Himmels-Clima hatten/ oder aus einer andern Ursach/ denen fleischlichen Wollüsten gewaltig ergeben sind; derohalben sie dieselbe vor allen andern geehret/ wie dann auch ein Tempel für sie daselbst war/ in welchem ihr Bildnus/ nicht in Menschen-Gestalt/ sondern auf einem Grund-Gestelle/ als etwas breites und rundes/ das sich doch spitzig endigte/ zu sehen/ davon man aber/ wie Cornelius Tacitus schreibet/ keine Ursach geben Warum der Nabel der Venus gewidmet. konnte. Jedoch sind etliche der Meinung/ es stelle diese Figur den Nabel am menschlichen Leibe vor: derselbe wurde der Venus zugeeignet/ weil bey den Weibsbildern die Geilheit an diesem Orte zu sitzen/ und von daraus anzufangen pflege.

[Spaltenumbruch]

Was sollen wir aber vom Jupiter Ammonius sagen/ der/ wie wir droben erinnert/ auch also gebildet war. Ich bin dieser Meinung/ es müsse etwas Geheimes unter dieser Figur verborgen stecken/ das dessen Urhebere nicht wollen gemein machen/ damit sie den Nachkömmlingen etwas daran nachzudencken hinterliessen: Oder weil die Alten allzeit in der Meinung gestanden/ es müssten die Religions-Sachen verborgen/ oder doch so dunckel vorgestellt werden/ daß sie von Niemand zu verstehen wären/ ausser von denjenigen/ welche dieselbige zu erforschen grossen Fleiß angewendet hätten; Und dieses thaten sie darum/ daß man dieselbe mit desto grösserer Ehrerbietung und Furcht ins künfftige verehren möchte.

Wagen der Venus. Ferner ist der Venus/ gleichwie auch andern Göttern/ ein Wagen zu geeignet worden; darauf sie durch die Lufft fähret/ über Meer/ oder wo sie sonsten zu fahren Lust hat. Aber wann sie Claudianus bey der Vermählung Honorius und Maria einführet/ so dichtet er/ es habe Triton dieselbe auf dem Rücken getragen/ und mit seinem aufgehabenen Schwantz/ Tauben sind der Venus Vögel. gleich als mit einem Schirm/ bedeckt. Man sagt/ ihr Wagen werde von schneeweissen Tauben gezogen: Dann es scheinet/ dergleichen Vögel schicken sich am besten zu ihr; und deßwegen nennet man sie auch die Venus-Vögel; sintemal sie sich zu paaren sehr begierig sind/ und es ist keine Zeit im Jahr/ da sie sich dieses Wercks sollten enthalten. Es dichten auch die Poeten/ es seyen die Tauben der Venus der Ursach halben lieb/ dieweil Peristera Nympha/ welche von jener sehr geliebet worden/ in diesen Vogel verwandelt worden. Uberdas/ daß die Tauben der Venus seyen zugeeignet worden/ beweiset Aelianus daher/ weil man in Sicilien auf dem Berg Eryx etliche Feyertäge/ der Venus zu Ehren/ gehalten/ welche sie Durchgängs-Täge nenneten; denn sie gaben vor/ Venus wäre zur selbigen Zeit da durch in Libyen gegangen; und um dieser Ursach willen ließ sich um dieselbe Zeit in derselben Landschafft keine Taube sehen/ gleich als wären sie alle/ ihre Frau zu begleiten/ weggezogen. Den neunten Tag hernach sahe man eine/ so die schönste unter allen war/ aus dem Libyschen Meer fliegen/ den andern nicht gleich/ sondern roth/ wie Anacreon schreibet/ dieselbe hielt man für die Venus/ welche er die Purpurfarbe nennet: Dieser folgten fast unzehlig viel nach; dannenhero hielten die/ so nahe an dem Berg Eryx wohneten/ die Tage der Wiederkunfft/ und die Reichen stelleten herrliche Gastungen an/ wie Athenaeus erzehlet.

Schwanen der Venus geheiligt. Es zogen auch Schwanen an dem Venus-Wagen/ nach deß Horatius/ Ovidius/ und Statius Meynung; entweder weil dieser Vogel an sich selbst gar fromm ist/ dann er

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Cythere du thust recht/ daß du pflegst zu vertrauen dich meiner Macht und Reich/ daher du bürtig bist; Ich hab es auch verdient/ gestalt es billig ist. Dahero auch die Griechen sie ’Αφροδίτην vom Schaume nennen. In deß Jupiters Olympius Tempel war/ wie Pausanias in Eliacis prioribuserzehlet/ gleichfalls ein Venus-Bild zu sehen/ das aus dem Meer empor steigend vom Cupido empfangen wurde. Bisweilen ward sie gebildet mit einer Muschel in der Hand/ und mit einem Rosenkrantze gezieret; dann die Rosen ihr gewiedmet waren/ wie wir weiter unten melden wollen: Die Muschel aber deutet an/ daß sie aus dem Meer entsprungen sey. Man sagt/ daß sie aus dem Meer strackes Weges nach Paphos kommen/ vielleicht weil die Cyprier/ entweder weil sie ein sothanig Himmels-Clima hatten/ oder aus einer andern Ursach/ denen fleischlichen Wollüsten gewaltig ergeben sind; derohalben sie dieselbe vor allen andern geehret/ wie dann auch ein Tempel für sie daselbst war/ in welchem ihr Bildnus/ nicht in Menschen-Gestalt/ sondern auf einem Grund-Gestelle/ als etwas breites und rundes/ das sich doch spitzig endigte/ zu sehen/ davon man aber/ wie Cornelius Tacitus schreibet/ keine Ursach geben konnte. Jedoch sind etliche der Meinung/ es stelle diese Figur den Nabel am menschlichen Leibe vor: derselbe wurde der Venus zugeeignet/ weil bey den Weibsbildern die Geilheit an diesem Orte zu sitzen/ und von daraus anzufangen pflege. Warum der Nabel der Venus gewidmet. Was sollen wir aber vom Jupiter Ammonius sagen/ der/ wie wir droben erinnert/ auch also gebildet war. Ich bin dieser Meinung/ es müsse etwas Geheimes unter dieser Figur verborgen stecken/ das dessen Urhebere nicht wollen gemein machen/ damit sie den Nachkömmlingen etwas daran nachzudencken hinterliessen: Oder weil die Alten allzeit in der Meinung gestanden/ es müssten die Religions-Sachen verborgen/ oder doch so dunckel vorgestellt werden/ daß sie von Niemand zu verstehen wären/ ausser von denjenigen/ welche dieselbige zu erforschen grossen Fleiß angewendet hätten; Und dieses thaten sie darum/ daß man dieselbe mit desto grösserer Ehrerbietung und Furcht ins künfftige verehren möchte. Ferner ist der Venus/ gleichwie auch andern Göttern/ ein Wagen zu geeignet worden; darauf sie durch die Lufft fähret/ über Meer/ oder wo sie sonsten zu fahren Lust hat. Aber wann sie Claudianus bey der Vermählung Honorius und Maria einführet/ so dichtet er/ es habe Triton dieselbe auf dem Rücken getragen/ und mit seinem aufgehabenen Schwantz/ gleich als mit einem Schirm/ bedeckt. Man sagt/ ihr Wagen werde von schneeweissen Tauben gezogen: Dann es scheinet/ dergleichen Vögel schicken sich am besten zu ihr; und deßwegen nennet man sie auch die Venus-Vögel; sintemal sie sich zu paaren sehr begierig sind/ und es ist keine Zeit im Jahr/ da sie sich dieses Wercks sollten enthalten. Es dichten auch die Poeten/ es seyen die Tauben der Venus der Ursach halben lieb/ dieweil Peristera Nympha/ welche von jener sehr geliebet worden/ in diesen Vogel verwandelt worden. Uberdas/ daß die Tauben der Venus seyen zugeeignet worden/ beweiset Aelianus daher/ weil man in Sicilien auf dem Berg Eryx etliche Feyertäge/ der Venus zu Ehren/ gehalten/ welche sie Durchgängs-Täge nenneten; denn sie gaben vor/ Venus wäre zur selbigen Zeit da durch in Libyen gegangen; und um dieser Ursach willen ließ sich um dieselbe Zeit in derselben Landschafft keine Taube sehen/ gleich als wären sie alle/ ihre Frau zu begleiten/ weggezogen. Den neunten Tag hernach sahe man eine/ so die schönste unter allen war/ aus dem Libyschen Meer fliegen/ den andern nicht gleich/ sondern roth/ wie Anacreon schreibet/ dieselbe hielt man für die Venus/ welche er die Purpurfarbe nennet: Dieser folgten fast unzehlig viel nach; dannenhero hielten die/ so nahe an dem Berg Eryx wohneten/ die Tage der Wiederkunfft/ und die Reichen stelleten herrliche Gastungen an/ wie Athenaeus erzehlet. Wagen der Venus. Tauben sind der Venus Vögel. Es zogen auch Schwanen an dem Venus-Wagen/ nach deß Horatius/ Ovidius/ und Statius Meynung; entweder weil dieser Vogel an sich selbst gar fromm ist/ dann er Schwanen der Venus geheiligt.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/281>, abgerufen am 24.11.2024.