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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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Deß Judae Barth/
ein schlechte rauche Muschl/ ein knoperte Mißgeburt deß
Wassers/ ein harten Meerfaimb/ wer soll ihm einbilden/
daß in disem wilden vngestalten Geschirr soll etwas gutes
seyn; eröffne aber solches/ da wirst du finden ein kostbah-
res/ schönes/ edles vnd stattliches Berl; wie das Berl/
so mancher Kerl/ du wirst zuweilen antreffen/ ein kri-
pelischen Menschen/ mit vngeformbter Leibs-Gestalt/
mit langen Ohren/ fast schier wie ein Thier/ das heißt Esel:
mit einer langen Nasen/ als wäre solche auff der Falter
gelegen: mit einem grossen Maul/ wie ein Affen-Gebiß:
mit einem Buckel/ wie ein Camel etc. Du wirst dir gar
keinen Gedancken machen/ als ob in diser Elend-Haut
etwas gutes stecke. Dannoch aber wirst du es erfahren/
gleichwie in einer vngestalten Muschl ein stattliches Berl/
also in diser schlechten Menschheit ein stattlicher Kerl
verborgen. Du wirst öffters antreffen ein treffliches Ge-
müth/ ein lobreiche Frombkeit/ ein ansehliche Wissen-
schafft in einem so schlechten/ vnd augenschein halber vn-
achtbaren Menschen. Gleichwie gefunden worden ein
kostbarer silberner Becher in dem schlechten rupffenen
Traydsack deß Beniamin. Gedencke nur/ daß ein krumpes
Holtz so gute Hitz gebe/ als ein gerades. Der Römische
Galba hat einen Buckel gehabt/ fast so hoch/ daß man
hätte mögen ein Schilter-Häußl darauff bauen/ vnd er
Beierling
de forma.
ware dannoch ein vnvergleichlicher Wohlredner. AEso-
pus
hat ein solches Larven Gesicht gehabt/ daß auch die
knoperte Rinden am Aychbaum seinem Fehl fast an der
Schönheit vorgangen/ vnd gleichwol ware er der witzigi-
ste Mann zu seiner Zeit. Rudolphus der erste Römische
Kayser hätte ein so lange Nasen/ daß ihme einmal ein
Soldat auff die Seiten gewichen; sagend/ er weiche auff

die

Deß Judæ Barth/
ein ſchlechte rauche Muſchl/ ein knoperte Mißgeburt deß
Waſſers/ ein harten Meerfaimb/ wer ſoll ihm einbilden/
daß in diſem wilden vngeſtalten Geſchirꝛ ſoll etwas gutes
ſeyn; eroͤffne aber ſolches/ da wirſt du finden ein koſtbah-
res/ ſchoͤnes/ edles vnd ſtattliches Berl; wie das Berl/
ſo mancher Kerl/ du wirſt zuweilen antreffen/ ein kri-
peliſchen Menſchen/ mit vngeformbter Leibs-Geſtalt/
mit langen Ohren/ faſt ſchier wie ein Thier/ das heißt Eſel:
mit einer langen Naſen/ als waͤre ſolche auff der Falter
gelegen: mit einem groſſen Maul/ wie ein Affen-Gebiß:
mit einem Buckel/ wie ein Camel ꝛc. Du wirſt dir gar
keinen Gedancken machen/ als ob in diſer Elend-Haut
etwas gutes ſtecke. Dannoch aber wirſt du es erfahren/
gleichwie in einer vngeſtaltē Muſchl ein ſtattliches Berl/
alſo in diſer ſchlechten Menſchheit ein ſtattlicher Kerl
verborgen. Du wirſt oͤffters antreffen ein treffliches Ge-
muͤth/ ein lobreiche Frombkeit/ ein anſehliche Wiſſen-
ſchafft in einem ſo ſchlechten/ vnd augenſchein halber vn-
achtbaren Menſchen. Gleichwie gefunden worden ein
koſtbarer ſilberner Becher in dem ſchlechten rupffenen
Traydſack deß Beniamin. Gedencke nur/ daß ein krumpes
Holtz ſo gute Hitz gebe/ als ein gerades. Der Roͤmiſche
Galba hat einen Buckel gehabt/ faſt ſo hoch/ daß man
haͤtte moͤgen ein Schilter-Haͤußl darauff bauen/ vnd er
Beierling
de forma.
ware dannoch ein vnvergleichlicher Wohlredner. Æſo-
pus
hat ein ſolches Larven Geſicht gehabt/ daß auch die
knoperte Rinden am Aychbaum ſeinem Fehl faſt an der
Schoͤnheit vorgangen/ vnd gleichwol ware er der witzigi-
ſte Mann zu ſeiner Zeit. Rudolphus der erſte Roͤmiſche
Kayſer haͤtte ein ſo lange Naſen/ daß ihme einmal ein
Soldat auff die Seiten gewichen; ſagend/ er weiche auff

die
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[138/0174] Deß Judæ Barth/ ein ſchlechte rauche Muſchl/ ein knoperte Mißgeburt deß Waſſers/ ein harten Meerfaimb/ wer ſoll ihm einbilden/ daß in diſem wilden vngeſtalten Geſchirꝛ ſoll etwas gutes ſeyn; eroͤffne aber ſolches/ da wirſt du finden ein koſtbah- res/ ſchoͤnes/ edles vnd ſtattliches Berl; wie das Berl/ ſo mancher Kerl/ du wirſt zuweilen antreffen/ ein kri- peliſchen Menſchen/ mit vngeformbter Leibs-Geſtalt/ mit langen Ohren/ faſt ſchier wie ein Thier/ das heißt Eſel: mit einer langen Naſen/ als waͤre ſolche auff der Falter gelegen: mit einem groſſen Maul/ wie ein Affen-Gebiß: mit einem Buckel/ wie ein Camel ꝛc. Du wirſt dir gar keinen Gedancken machen/ als ob in diſer Elend-Haut etwas gutes ſtecke. Dannoch aber wirſt du es erfahren/ gleichwie in einer vngeſtaltē Muſchl ein ſtattliches Berl/ alſo in diſer ſchlechten Menſchheit ein ſtattlicher Kerl verborgen. Du wirſt oͤffters antreffen ein treffliches Ge- muͤth/ ein lobreiche Frombkeit/ ein anſehliche Wiſſen- ſchafft in einem ſo ſchlechten/ vnd augenſchein halber vn- achtbaren Menſchen. Gleichwie gefunden worden ein koſtbarer ſilberner Becher in dem ſchlechten rupffenen Traydſack deß Beniamin. Gedencke nur/ daß ein krumpes Holtz ſo gute Hitz gebe/ als ein gerades. Der Roͤmiſche Galba hat einen Buckel gehabt/ faſt ſo hoch/ daß man haͤtte moͤgen ein Schilter-Haͤußl darauff bauen/ vnd er ware dannoch ein vnvergleichlicher Wohlredner. Æſo- pus hat ein ſolches Larven Geſicht gehabt/ daß auch die knoperte Rinden am Aychbaum ſeinem Fehl faſt an der Schoͤnheit vorgangen/ vnd gleichwol ware er der witzigi- ſte Mann zu ſeiner Zeit. Rudolphus der erſte Roͤmiſche Kayſer haͤtte ein ſo lange Naſen/ daß ihme einmal ein Soldat auff die Seiten gewichen; ſagend/ er weiche auff die Beierling de forma.

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/174>, abgerufen am 25.11.2024.