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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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vermaint man sehe ihn nicht.
ist nicht nothwendig/ daß ichs einem an die Nasen bindt/
der Charmi mein Vatter muß ebenfahls nichts darumb
wissen. Ey du plumper Mantl-Dieb! Sicht dich nie-
mand? Niemand sicht mich. Halts Maul/ auff ein
solche Lug gehört ein Maultaschen/ es ist ja der allerhöch-
ste Gott/ welcher deinem Kriegsfürsten Josue das Gebott
gesetzt: es soll keiner was auß der verruchten Statt Jeri-
cho
mit sich nemmen. Es ist nicht lang angestanden/ so
hat der gerechte Gott disen vngerechten Beuthmacher ent-
decket. Westwegen er von dem gesambten Volck ver-
stainiget worden/ vnd der vorhero mit Silber vnd Gold
Jos. c. 7.vmbgangen/ müste anjetzo wider willen mit Stainen
handlen.

Was hat nicht schon der Niemand gestüfft? der
Niemand stihlt zum mehristen. Augustinus der grosse
Ertzvatter/ da er noch ein muthwilliger Bueb ware/ ist
mehrmahlen denen Leuthen in die Obsgärten gestigen/
aber allzeit in Obacht genommen/ ob ihn niemand sehe.
Wann er vermercket/ daß der Herr zum Fenster hinauß
geschaut/ so hat ers wol seyn lassen. Der Mensch wird
nit ein Spennadel entfrembden: der Bueb wird nit einen
Pfenning verrucken: der Diener wird nit ein halbe Ein
taffete Bändl einschieben/ wann sie wahrnemmen/ daß es
ihr Herr sihet. Ich hab noch nie gehöret/ daß auch der
frechiste Dieb hat auff einem Jahrmarckt krumme Finger
gemacht/ wann ihm der Statt-Richter hat zugeschauet.
Wie kanst du dann frey ohne Scheu vnd ohne Rew be-
gehen so manche Schelmerey/ in dem du vergwist bist/
daß dir der obere HEr; zuschaue. Respiciens per fene-
Cant. 2.stras. Welcher dir solches in dem Thal Josaphat vor dem
gesambten Menschlichen Geschlecht wird vorhalten vnd
vorrupffen.

Der Gebenedeyte Heyland sagt selbsten bey dem

Evan-

vermaint man ſehe ihn nicht.
iſt nicht nothwendig/ daß ichs einem an die Naſen bindt/
der Charmi mein Vatter muß ebenfahls nichts darumb
wiſſen. Ey du plumper Mantl-Dieb! Sicht dich nie-
mand? Niemand ſicht mich. Halts Maul/ auff ein
ſolche Lug gehoͤrt ein Maultaſchen/ es iſt ja der allerhoͤch-
ſte Gott/ welcher deinem Kriegsfuͤrſten Joſue das Gebott
geſetzt: es ſoll keiner was auß der verruchten Statt Jeri-
cho
mit ſich nemmen. Es iſt nicht lang angeſtanden/ ſo
hat der gerechte Gott diſen vngerechten Beuthmacher ent-
decket. Weſtwegen er von dem geſambten Volck ver-
ſtainiget worden/ vnd der vorhero mit Silber vnd Gold
Joſ. c. 7.vmbgangen/ muͤſte anjetzo wider willen mit Stainen
handlen.

Was hat nicht ſchon der Niemand geſtuͤfft? der
Niemand ſtihlt zum mehriſten. Auguſtinus der groſſe
Ertzvatter/ da er noch ein muthwilliger Bueb ware/ iſt
mehrmahlen denen Leuthen in die Obsgaͤrten geſtigen/
aber allzeit in Obacht genommen/ ob ihn niemand ſehe.
Wann er vermercket/ daß der Herꝛ zum Fenſter hinauß
geſchaut/ ſo hat ers wol ſeyn laſſen. Der Menſch wird
nit ein Spennadel entfrembden: der Bueb wird nit einen
Pfenning verrucken: der Diener wird nit ein halbe Ein
taffete Baͤndl einſchieben/ wann ſie wahrnemmen/ daß es
ihr Herꝛ ſihet. Ich hab noch nie gehoͤret/ daß auch der
frechiſte Dieb hat auff einem Jahrmarckt krumme Finger
gemacht/ wann ihm der Statt-Richter hat zugeſchauet.
Wie kanſt du dann frey ohne Scheu vnd ohne Rew be-
gehen ſo manche Schelmerey/ in dem du vergwiſt biſt/
daß dir der obere HEr; zuſchaue. Reſpiciens per fene-
Cant. 2.ſtras. Welcher dir ſolches in dem Thal Joſaphat vor dem
geſambten Menſchlichen Geſchlecht wird vorhalten vnd
vorrupffen.

Der Gebenedeyte Heyland ſagt ſelbſten bey dem

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[440/0476] vermaint man ſehe ihn nicht. iſt nicht nothwendig/ daß ichs einem an die Naſen bindt/ der Charmi mein Vatter muß ebenfahls nichts darumb wiſſen. Ey du plumper Mantl-Dieb! Sicht dich nie- mand? Niemand ſicht mich. Halts Maul/ auff ein ſolche Lug gehoͤrt ein Maultaſchen/ es iſt ja der allerhoͤch- ſte Gott/ welcher deinem Kriegsfuͤrſten Joſue das Gebott geſetzt: es ſoll keiner was auß der verruchten Statt Jeri- cho mit ſich nemmen. Es iſt nicht lang angeſtanden/ ſo hat der gerechte Gott diſen vngerechten Beuthmacher ent- decket. Weſtwegen er von dem geſambten Volck ver- ſtainiget worden/ vnd der vorhero mit Silber vnd Gold vmbgangen/ muͤſte anjetzo wider willen mit Stainen handlen. Joſ. c. 7. Was hat nicht ſchon der Niemand geſtuͤfft? der Niemand ſtihlt zum mehriſten. Auguſtinus der groſſe Ertzvatter/ da er noch ein muthwilliger Bueb ware/ iſt mehrmahlen denen Leuthen in die Obsgaͤrten geſtigen/ aber allzeit in Obacht genommen/ ob ihn niemand ſehe. Wann er vermercket/ daß der Herꝛ zum Fenſter hinauß geſchaut/ ſo hat ers wol ſeyn laſſen. Der Menſch wird nit ein Spennadel entfrembden: der Bueb wird nit einen Pfenning verrucken: der Diener wird nit ein halbe Ein taffete Baͤndl einſchieben/ wann ſie wahrnemmen/ daß es ihr Herꝛ ſihet. Ich hab noch nie gehoͤret/ daß auch der frechiſte Dieb hat auff einem Jahrmarckt krumme Finger gemacht/ wann ihm der Statt-Richter hat zugeſchauet. Wie kanſt du dann frey ohne Scheu vnd ohne Rew be- gehen ſo manche Schelmerey/ in dem du vergwiſt biſt/ daß dir der obere HEr; zuſchaue. Reſpiciens per fene- ſtras. Welcher dir ſolches in dem Thal Joſaphat vor dem geſambten Menſchlichen Geſchlecht wird vorhalten vnd vorrupffen. Cant. 2. Der Gebenedeyte Heyland ſagt ſelbſten bey dem Evan-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/476>, abgerufen am 22.11.2024.