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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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Judas ist nit bey Christi Erklärung/
von Natur wolgeschaffene Dama mit solchem prächtigen
Auffzug gehet durch das gantze Kriegs-Lager/ macht höff-
liche Reverenz gegen allen hohen Officieren/ welche sich
nit gnugsamb vergaffen konten an disem schönen Frauen-
Zimmer; etliche lauffen eylends zu dem Holofernes, vnd
brachten ihm mit auffgesperrtem Maul die Zeitung/ daß
ein überauß schöne Hebreische Dama Audienz begehre.
Kaum als solche vnder die Augen Holofernis getretten/
hat sich diser ohne das verbuelter Kriegs-Fürst gleich in
sie verliebet. Dise wird zu einer Tafel geladen/ allwo
der Tisch voller Speisen/ die Speisen voller Geschma-
chen/ die Credenz voller Gläser/ die Gläser voller Wein/
die Gezelt voller Auffwarter/ voller Freuden/ daß sie
ein solche edle Dama kundten zu sehen bekommen. Ju-
dith
stellt sich freundlich/ isset/ trincket/ redet/ lachet/
schmutzet. Man trincket in Gesundheit ihrer; Judith
buckt sich/ naigt sich/ bedancket sich. Holofernes bekom-
met einen guten fidimirten Rausch/ gehet in sein Schlaff-
Kammer/ die schöne/ junge Judith mit ihme/ etc. Was
haben ihnen alle die andere eingebildet? ihr kräfftige Mai-
nung war/ daß Holofernes nit allein schlaffe/ ihr Urthl
war/ dise Hebreische Dama müsse heut ihr Ehr in die
Schantz schlagen. Ja der Vagao, als ein sauberer Kup-
pler wettet mit einem 1000. Gulden/ die Judith werde
nit mehr so vnschuldig auß der Kammer herauß gehen/
wie sie hinein kommen. O Menschen-Urthl/ wann du
auch vier Füß hättest/ so thätest du gleichwol hincken.
O Argwohn/ Narrgwohn! In der Schlaff-Kam-
mer hat sich dises junge Blut nit in das Beth/ sondern
in das Gebett begeben. Judith hat daselbst nicht GOtt
belaydiget/ sondern GOtt angeruffen; dises Frauen-
zimmer hat nicht gesündiget/ wie du vermaint hast/ son-

dern

Judas iſt nit bey Chriſti Erklaͤrung/
von Natur wolgeſchaffene Dama mit ſolchem praͤchtigen
Auffzug gehet durch das gantze Kriegs-Lager/ macht hoͤff-
liche Reverenz gegen allen hohen Officieren/ welche ſich
nit gnugſamb vergaffen konten an diſem ſchoͤnen Frauen-
Zimmer; etliche lauffen eylends zu dem Holofernes, vnd
brachten ihm mit auffgeſperꝛtem Maul die Zeitung/ daß
ein uͤberauß ſchoͤne Hebreiſche Dama Audienz begehre.
Kaum als ſolche vnder die Augen Holofernis getretten/
hat ſich diſer ohne das verbuelter Kriegs-Fuͤrſt gleich in
ſie verliebet. Diſe wird zu einer Tafel geladen/ allwo
der Tiſch voller Speiſen/ die Speiſen voller Geſchma-
chen/ die Credenz voller Glaͤſer/ die Glaͤſer voller Wein/
die Gezelt voller Auffwarter/ voller Freuden/ daß ſie
ein ſolche edle Dama kundten zu ſehen bekommen. Ju-
dith
ſtellt ſich freundlich/ iſſet/ trincket/ redet/ lachet/
ſchmutzet. Man trincket in Geſundheit ihrer; Judith
buckt ſich/ naigt ſich/ bedancket ſich. Holofernes bekom-
met einen guten fidimirten Rauſch/ gehet in ſein Schlaff-
Kammer/ die ſchoͤne/ junge Judith mit ihme/ ꝛc. Was
haben ihnen alle die andere eingebildet? ihr kraͤfftige Mai-
nung war/ daß Holofernes nit allein ſchlaffe/ ihr Urthl
war/ diſe Hebreiſche Dama muͤſſe heut ihr Ehr in die
Schantz ſchlagen. Ja der Vagao, als ein ſauberer Kup-
pler wettet mit einem 1000. Gulden/ die Judith werde
nit mehr ſo vnſchuldig auß der Kammer herauß gehen/
wie ſie hinein kommen. O Menſchen-Urthl/ wann du
auch vier Fuͤß haͤtteſt/ ſo thaͤteſt du gleichwol hincken.
O Argwohn/ Narꝛgwohn! In der Schlaff-Kam-
mer hat ſich diſes junge Blut nit in das Beth/ ſondern
in das Gebett begeben. Judith hat daſelbſt nicht GOtt
belaydiget/ ſondern GOtt angeruffen; diſes Frauen-
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[634/0670] Judas iſt nit bey Chriſti Erklaͤrung/ von Natur wolgeſchaffene Dama mit ſolchem praͤchtigen Auffzug gehet durch das gantze Kriegs-Lager/ macht hoͤff- liche Reverenz gegen allen hohen Officieren/ welche ſich nit gnugſamb vergaffen konten an diſem ſchoͤnen Frauen- Zimmer; etliche lauffen eylends zu dem Holofernes, vnd brachten ihm mit auffgeſperꝛtem Maul die Zeitung/ daß ein uͤberauß ſchoͤne Hebreiſche Dama Audienz begehre. Kaum als ſolche vnder die Augen Holofernis getretten/ hat ſich diſer ohne das verbuelter Kriegs-Fuͤrſt gleich in ſie verliebet. Diſe wird zu einer Tafel geladen/ allwo der Tiſch voller Speiſen/ die Speiſen voller Geſchma- chen/ die Credenz voller Glaͤſer/ die Glaͤſer voller Wein/ die Gezelt voller Auffwarter/ voller Freuden/ daß ſie ein ſolche edle Dama kundten zu ſehen bekommen. Ju- dith ſtellt ſich freundlich/ iſſet/ trincket/ redet/ lachet/ ſchmutzet. Man trincket in Geſundheit ihrer; Judith buckt ſich/ naigt ſich/ bedancket ſich. Holofernes bekom- met einen guten fidimirten Rauſch/ gehet in ſein Schlaff- Kammer/ die ſchoͤne/ junge Judith mit ihme/ ꝛc. Was haben ihnen alle die andere eingebildet? ihr kraͤfftige Mai- nung war/ daß Holofernes nit allein ſchlaffe/ ihr Urthl war/ diſe Hebreiſche Dama muͤſſe heut ihr Ehr in die Schantz ſchlagen. Ja der Vagao, als ein ſauberer Kup- pler wettet mit einem 1000. Gulden/ die Judith werde nit mehr ſo vnſchuldig auß der Kammer herauß gehen/ wie ſie hinein kommen. O Menſchen-Urthl/ wann du auch vier Fuͤß haͤtteſt/ ſo thaͤteſt du gleichwol hincken. O Argwohn/ Narꝛgwohn! In der Schlaff-Kam- mer hat ſich diſes junge Blut nit in das Beth/ ſondern in das Gebett begeben. Judith hat daſelbſt nicht GOtt belaydiget/ ſondern GOtt angeruffen; diſes Frauen- zimmer hat nicht geſuͤndiget/ wie du vermaint haſt/ ſon- dern

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/670>, abgerufen am 24.11.2024.