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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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Judae schmählerische Ehrabschneiderey.
gnugsamb vergassen an dem Lazaro, ob schon die mehre-
ste auß ihnen gegenwärtig waren/ wie der HErr JEsus
den Lazarum auß dem Grab beruffen/ in welchem er schon
4. Tag gelegen. So vrtheilen gleichwol vil Bößwicht
auß ihnen solche Erweckung nur für ein Blenderey. Da-
hero sie starck gemaulaffet bey solchem Nachtmahl/ in dem
sie sahen/ daß Lazarus so wacker in die Schissel greifft/ der
vnlängst selbst schon ein Speiß der Würm ware. Dises
Nachtmahl ist wegen Menge der Richten/ vnd Kostbar-
keit der Speisen sehr prächtig/ vnd herrlich gewest/ worbey
auch Martha ihren Fleiß nit gesparet/ als welche in allem
ein so ordentliche Anstalt/ so wol in dem Keller/ als in der
Kuchl gemacht. Dann obwolen sie schon als ein nechst
Anverwandte zu der Tafel eingeladen worden/ so hat sie
dannoch auff kein Weiß wollen nidersitzen/ sondern auß
Dienstwilligkeit/ vnd inniglicher Lieb JEsu zu Tisch die-
nen. Underdessen hat auch Magdalena, als ein leibliche
Schwester der Marthae, ihr gröste Affection gegen dem
HErrn JEsum wollen erzaigen/ in dem sie ein Pfundt
sehr köstlicher Salben von Närden/ auß einer Alabasteren
Büchsen über sein Haupt gegossen. Dann es war dazu-
mahlen ein gewöhnlicher Brauch in Judenland/ daß man
zu mehrerem Pracht einer Mahlzeit den vornehmen Gä-
sten einige kostbare Salben/ oder Oel auff den Kopff gies-
se/ welche nachmahls über die Klayder herunder gerun-
nen/ vnd einen sehr reichen/ vnd angenehmen Geruch von
sich gegeben; disem Land-Brauch wolte Magdalena nach-
kommen. Weilen sie aber auß inbrünstiger Liebe zu dem
HErrn ein gar theure Salben eingekaufft/ vnd dieselbe
über das Haupt Christi geschüttet/ so hat sich der verruchte
Geitzhalß Judas das erstemahl/ als einen nichtsnutzigen zu
erkennen gegeben/ in dem er über dises so löbliche Werck
gar spöttlich gemurret; ja solches für ein Verschwendung

auß-

Judæ ſchmaͤhleriſche Ehrabſchneiderey.
gnugſamb vergaſſen an dem Lazaro, ob ſchon die mehre-
ſte auß ihnen gegenwaͤrtig waren/ wie der HErꝛ JEſus
den Lazarum auß dem Grab beruffen/ in welchem er ſchon
4. Tag gelegen. So vrtheilen gleichwol vil Boͤßwicht
auß ihnen ſolche Erweckung nur fuͤr ein Blenderey. Da-
hero ſie ſtarck gemaulaffet bey ſolchem Nachtmahl/ in dem
ſie ſahen/ daß Lazarus ſo wacker in die Schiſſel greifft/ der
vnlaͤngſt ſelbſt ſchon ein Speiß der Wuͤrm ware. Diſes
Nachtmahl iſt wegen Menge der Richten/ vnd Koſtbar-
keit der Speiſen ſehr praͤchtig/ vnd herꝛlich geweſt/ worbey
auch Martha ihren Fleiß nit geſparet/ als welche in allem
ein ſo ordentliche Anſtalt/ ſo wol in dem Keller/ als in der
Kuchl gemacht. Dann obwolen ſie ſchon als ein nechſt
Anverwandte zu der Tafel eingeladen worden/ ſo hat ſie
dannoch auff kein Weiß wollen niderſitzen/ ſondern auß
Dienſtwilligkeit/ vnd inniglicher Lieb JEſu zu Tiſch die-
nen. Underdeſſen hat auch Magdalena, als ein leibliche
Schweſter der Marthæ, ihr groͤſte Affection gegen dem
HErꝛn JEſum wollen erzaigen/ in dem ſie ein Pfundt
ſehr koͤſtlicher Salben von Naͤrden/ auß einer Alabaſteren
Buͤchſen uͤber ſein Haupt gegoſſen. Dann es war dazu-
mahlen ein gewoͤhnlicher Brauch in Judenland/ daß man
zu mehrerem Pracht einer Mahlzeit den vornehmen Gaͤ-
ſten einige koſtbare Salben/ oder Oel auff den Kopff gieſ-
ſe/ welche nachmahls uͤber die Klayder herunder gerun-
nen/ vnd einen ſehr reichen/ vnd angenehmen Geruch von
ſich gegeben; diſem Land-Brauch wolte Magdalena nach-
kommen. Weilen ſie aber auß inbruͤnſtiger Liebe zu dem
HErꝛn ein gar theure Salben eingekaufft/ vnd dieſelbe
uͤber das Haupt Chriſti geſchuͤttet/ ſo hat ſich der verruchte
Geitzhalß Judas das erſtemahl/ als einen nichtsnutzigen zu
erkennen gegeben/ in dem er uͤber diſes ſo loͤbliche Werck
gar ſpoͤttlich gemurret; ja ſolches fuͤr ein Verſchwendung

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[656/0692] Judæ ſchmaͤhleriſche Ehrabſchneiderey. gnugſamb vergaſſen an dem Lazaro, ob ſchon die mehre- ſte auß ihnen gegenwaͤrtig waren/ wie der HErꝛ JEſus den Lazarum auß dem Grab beruffen/ in welchem er ſchon 4. Tag gelegen. So vrtheilen gleichwol vil Boͤßwicht auß ihnen ſolche Erweckung nur fuͤr ein Blenderey. Da- hero ſie ſtarck gemaulaffet bey ſolchem Nachtmahl/ in dem ſie ſahen/ daß Lazarus ſo wacker in die Schiſſel greifft/ der vnlaͤngſt ſelbſt ſchon ein Speiß der Wuͤrm ware. Diſes Nachtmahl iſt wegen Menge der Richten/ vnd Koſtbar- keit der Speiſen ſehr praͤchtig/ vnd herꝛlich geweſt/ worbey auch Martha ihren Fleiß nit geſparet/ als welche in allem ein ſo ordentliche Anſtalt/ ſo wol in dem Keller/ als in der Kuchl gemacht. Dann obwolen ſie ſchon als ein nechſt Anverwandte zu der Tafel eingeladen worden/ ſo hat ſie dannoch auff kein Weiß wollen niderſitzen/ ſondern auß Dienſtwilligkeit/ vnd inniglicher Lieb JEſu zu Tiſch die- nen. Underdeſſen hat auch Magdalena, als ein leibliche Schweſter der Marthæ, ihr groͤſte Affection gegen dem HErꝛn JEſum wollen erzaigen/ in dem ſie ein Pfundt ſehr koͤſtlicher Salben von Naͤrden/ auß einer Alabaſteren Buͤchſen uͤber ſein Haupt gegoſſen. Dann es war dazu- mahlen ein gewoͤhnlicher Brauch in Judenland/ daß man zu mehrerem Pracht einer Mahlzeit den vornehmen Gaͤ- ſten einige koſtbare Salben/ oder Oel auff den Kopff gieſ- ſe/ welche nachmahls uͤber die Klayder herunder gerun- nen/ vnd einen ſehr reichen/ vnd angenehmen Geruch von ſich gegeben; diſem Land-Brauch wolte Magdalena nach- kommen. Weilen ſie aber auß inbruͤnſtiger Liebe zu dem HErꝛn ein gar theure Salben eingekaufft/ vnd dieſelbe uͤber das Haupt Chriſti geſchuͤttet/ ſo hat ſich der verruchte Geitzhalß Judas das erſtemahl/ als einen nichtsnutzigen zu erkennen gegeben/ in dem er uͤber diſes ſo loͤbliche Werck gar ſpoͤttlich gemurret; ja ſolches fuͤr ein Verſchwendung auß-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/692>, abgerufen am 24.11.2024.