Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas der falsche Böswicht
lang mit seinem Silberstrahlenden Wässerl zwischen
dem Gehäg und Stauden daher rauschet/ so lange es
warme Zeit ist/ so bald aber der rauhe Winter anklopft/
so dann es aufhört zu rinnen/ ja ganz und gar erstarret.
Diese haben es gemacht wie die Fisch im Teich oder
Weyher/ welche niemahlen den Kopf aus dem Wasser in
die Höhe heben/ ausser man wirfft ihnen etliche Brocken
Brod hinein/ diese haben es gemacht wie die Eggel/ wel-
che so lang dem Menschen anhangen/ bis sie mit Blut
gnugsam gesättiget/ alsdann danzen sie den Kehraus.

Mannlius von Sincerau hatte einen/ seines Geduncken
nach/ den besten Freund/ ohne den kont er nit leben/ ohne
den kont er nit essen/ ohne den kont er nit seyn/ ohne den
tranck er keinen Wein/ dann solcher gar das Leben vor
ihn zu lassen öffters versprochen/ und mit tausenderley
Verheissungen das Maul gemacht/ ja/ sagte er mehr-
mahlen/ ich biete einen Trutz des Diocletiani seiner Grau-
samkeit/ des Domitiani seiner Unmenschheit/ des Valen-
tiniani
seiner Tyranney/ des Maximiniani seiner Keye-
rey etc. Diese und alle andere sollen mich nit können ab-
wendig machen/ O! O! O! (Vocativus du schlimmer)
O wolte GOtt/ es wäre die Gelegenheit auch tausend
Leben vor dich zu geben/ alle Teufel in der Höllen Regi-
mentweis kommen und holen mich/ wann ich nit vor
dich/ liebster Bruder/ lebe und sterbe etc. Mannlius wolt
es doch probieren/ ob dem also? läst derohalben zu einer
andern Zeit nach vielen freundlichen Discursen/ einen gar
guten Wein auftragen/ und nachdem sie beederseits gar
ein schleunige Expedition mit den Gläsern gemacht/ fängt
Mannlius folgende Wort an zu reden:

Mein Bruder/ unser Freundschafft müssen wir recht-
schaffen bestättigen/ zu dem End last uns beede nieder-
knien/ und ein jeder drey Gläßl austrincken/ unterdessen
aber fängt Mannlius ein Lange/ lange Histori und Ge-

schicht

Judas der falſche Boͤswicht
lang mit ſeinem Silberſtrahlenden Waͤſſerl zwiſchen
dem Gehaͤg und Stauden daher rauſchet/ ſo lange es
warme Zeit iſt/ ſo bald aber der rauhe Winter anklopft/
ſo dann es aufhoͤrt zu rinnen/ ja ganz und gar erſtarret.
Dieſe haben es gemacht wie die Fiſch im Teich oder
Weyher/ welche niemahlen den Kopf aus dem Waſſer in
die Hoͤhe heben/ auſſer man wirfft ihnen etliche Brocken
Brod hinein/ dieſe haben es gemacht wie die Eggel/ wel-
che ſo lang dem Menſchen anhangen/ bis ſie mit Blut
gnugſam geſaͤttiget/ alsdann danzen ſie den Kehraus.

Mannlius von Sincerau hatte einen/ ſeines Geduncken
nach/ den beſten Freund/ ohne den kont er nit leben/ ohne
den kont er nit eſſen/ ohne den kont er nit ſeyn/ ohne den
tranck er keinen Wein/ dann ſolcher gar das Leben vor
ihn zu laſſen oͤffters verſprochen/ und mit tauſenderley
Verheiſſungen das Maul gemacht/ ja/ ſagte er mehr-
mahlen/ ich biete einen Trutz des Diocletiani ſeiner Grau-
ſamkeit/ des Domitiani ſeiner Unmenſchheit/ des Valen-
tiniani
ſeiner Tyranney/ des Maximiniani ſeiner Keye-
rey ꝛc. Dieſe und alle andere ſollen mich nit koͤnnen ab-
wendig machen/ O! O! O! (Vocativus du ſchlimmer)
O wolte GOtt/ es waͤre die Gelegenheit auch tauſend
Leben vor dich zu geben/ alle Teufel in der Hoͤllen Regi-
mentweis kommen und holen mich/ wann ich nit vor
dich/ liebſter Bruder/ lebe und ſterbe ꝛc. Mannlius wolt
es doch probieren/ ob dem alſo? laͤſt derohalben zu einer
andern Zeit nach vielen freundlichen Diſcurſen/ einen gar
guten Wein auftragen/ und nachdem ſie beederſeits gar
ein ſchleunige Expedition mit den Glaͤſern gemacht/ faͤngt
Mannlius folgende Wort an zu reden:

Mein Bruder/ unſer Freundſchafft muͤſſen wir recht-
ſchaffen beſtaͤttigen/ zu dem End laſt uns beede nieder-
knien/ und ein jeder drey Glaͤßl austrincken/ unterdeſſen
aber faͤngt Mannlius ein Lange/ lange Hiſtori und Ge-

ſchicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0312" n="280"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Judas der fal&#x017F;che Bo&#x0364;swicht</hi></fw><lb/>
lang mit &#x017F;einem Silber&#x017F;trahlenden Wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erl zwi&#x017F;chen<lb/>
dem Geha&#x0364;g und Stauden daher rau&#x017F;chet/ &#x017F;o lange es<lb/>
warme Zeit i&#x017F;t/ &#x017F;o bald aber der rauhe Winter anklopft/<lb/>
&#x017F;o dann es aufho&#x0364;rt zu rinnen/ ja ganz und gar er&#x017F;tarret.<lb/>
Die&#x017F;e haben es gemacht wie die Fi&#x017F;ch im Teich oder<lb/>
Weyher/ welche niemahlen den Kopf aus dem Wa&#x017F;&#x017F;er in<lb/>
die Ho&#x0364;he heben/ au&#x017F;&#x017F;er man wirfft ihnen etliche Brocken<lb/>
Brod hinein/ die&#x017F;e haben es gemacht wie die Eggel/ wel-<lb/>
che &#x017F;o lang dem Men&#x017F;chen anhangen/ bis &#x017F;ie mit Blut<lb/>
gnug&#x017F;am ge&#x017F;a&#x0364;ttiget/ alsdann danzen &#x017F;ie den Kehraus.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Mannlius</hi> von <hi rendition="#aq">Sincerau</hi> hatte einen/ &#x017F;eines Geduncken<lb/>
nach/ den be&#x017F;ten Freund/ ohne den kont er nit leben/ ohne<lb/>
den kont er nit e&#x017F;&#x017F;en/ ohne den kont er nit &#x017F;eyn/ ohne den<lb/>
tranck er keinen Wein/ dann &#x017F;olcher gar das Leben vor<lb/>
ihn zu la&#x017F;&#x017F;en o&#x0364;ffters ver&#x017F;prochen/ und mit tau&#x017F;enderley<lb/>
Verhei&#x017F;&#x017F;ungen das Maul gemacht/ ja/ &#x017F;agte er mehr-<lb/>
mahlen/ ich biete einen Trutz des <hi rendition="#aq">Diocletiani</hi> &#x017F;einer Grau-<lb/>
&#x017F;amkeit/ des <hi rendition="#aq">Domitiani</hi> &#x017F;einer Unmen&#x017F;chheit/ des <hi rendition="#aq">Valen-<lb/>
tiniani</hi> &#x017F;einer Tyranney/ des <hi rendition="#aq">Maximiniani</hi> &#x017F;einer Keye-<lb/>
rey &#xA75B;c. Die&#x017F;e und alle andere &#x017F;ollen mich nit ko&#x0364;nnen ab-<lb/>
wendig machen/ O! O! O! (<hi rendition="#aq">Vocativus</hi> du &#x017F;chlimmer)<lb/>
O wolte GOtt/ es wa&#x0364;re die Gelegenheit auch tau&#x017F;end<lb/>
Leben vor dich zu geben/ alle Teufel in der Ho&#x0364;llen Regi-<lb/>
mentweis kommen und holen mich/ wann ich nit vor<lb/>
dich/ lieb&#x017F;ter Bruder/ lebe und &#x017F;terbe &#xA75B;c. <hi rendition="#aq">Mannlius</hi> wolt<lb/>
es doch probieren/ ob dem al&#x017F;o? la&#x0364;&#x017F;t derohalben zu einer<lb/>
andern Zeit nach vielen freundlichen <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cur&#x017F;</hi>en/ einen gar<lb/>
guten Wein auftragen/ und nachdem &#x017F;ie beeder&#x017F;eits gar<lb/>
ein &#x017F;chleunige <hi rendition="#aq">Expedition</hi> mit den Gla&#x0364;&#x017F;ern gemacht/ fa&#x0364;ngt<lb/><hi rendition="#aq">Mannlius</hi> folgende Wort an zu reden:</p><lb/>
        <p>Mein Bruder/ un&#x017F;er Freund&#x017F;chafft mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir recht-<lb/>
&#x017F;chaffen be&#x017F;ta&#x0364;ttigen/ zu dem End la&#x017F;t uns beede nieder-<lb/>
knien/ und ein jeder drey Gla&#x0364;ßl austrincken/ unterde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
aber fa&#x0364;ngt <hi rendition="#aq">Mannlius</hi> ein Lange/ lange <hi rendition="#aq">Hi&#x017F;tori</hi> und Ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chicht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280/0312] Judas der falſche Boͤswicht lang mit ſeinem Silberſtrahlenden Waͤſſerl zwiſchen dem Gehaͤg und Stauden daher rauſchet/ ſo lange es warme Zeit iſt/ ſo bald aber der rauhe Winter anklopft/ ſo dann es aufhoͤrt zu rinnen/ ja ganz und gar erſtarret. Dieſe haben es gemacht wie die Fiſch im Teich oder Weyher/ welche niemahlen den Kopf aus dem Waſſer in die Hoͤhe heben/ auſſer man wirfft ihnen etliche Brocken Brod hinein/ dieſe haben es gemacht wie die Eggel/ wel- che ſo lang dem Menſchen anhangen/ bis ſie mit Blut gnugſam geſaͤttiget/ alsdann danzen ſie den Kehraus. Mannlius von Sincerau hatte einen/ ſeines Geduncken nach/ den beſten Freund/ ohne den kont er nit leben/ ohne den kont er nit eſſen/ ohne den kont er nit ſeyn/ ohne den tranck er keinen Wein/ dann ſolcher gar das Leben vor ihn zu laſſen oͤffters verſprochen/ und mit tauſenderley Verheiſſungen das Maul gemacht/ ja/ ſagte er mehr- mahlen/ ich biete einen Trutz des Diocletiani ſeiner Grau- ſamkeit/ des Domitiani ſeiner Unmenſchheit/ des Valen- tiniani ſeiner Tyranney/ des Maximiniani ſeiner Keye- rey ꝛc. Dieſe und alle andere ſollen mich nit koͤnnen ab- wendig machen/ O! O! O! (Vocativus du ſchlimmer) O wolte GOtt/ es waͤre die Gelegenheit auch tauſend Leben vor dich zu geben/ alle Teufel in der Hoͤllen Regi- mentweis kommen und holen mich/ wann ich nit vor dich/ liebſter Bruder/ lebe und ſterbe ꝛc. Mannlius wolt es doch probieren/ ob dem alſo? laͤſt derohalben zu einer andern Zeit nach vielen freundlichen Diſcurſen/ einen gar guten Wein auftragen/ und nachdem ſie beederſeits gar ein ſchleunige Expedition mit den Glaͤſern gemacht/ faͤngt Mannlius folgende Wort an zu reden: Mein Bruder/ unſer Freundſchafft muͤſſen wir recht- ſchaffen beſtaͤttigen/ zu dem End laſt uns beede nieder- knien/ und ein jeder drey Glaͤßl austrincken/ unterdeſſen aber faͤngt Mannlius ein Lange/ lange Hiſtori und Ge- ſchicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/312
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/312>, abgerufen am 21.11.2024.