Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Judä dem Ertzschelm/ gibt der Heyland gute Wort/
den verziehen/ die ihn also verfolgt/ sondern noch eiferig
vor dieselbe gebeten. Nicht allein dem H. Stephano,
sondern auch dir und mir/ steht der Himmel offen/ wann
wir unsern Feinden verzeihen/ und ihnen noch Gutes
thun.

Pelbartus schreibt/ daß einer lang nach dem Leben
gestellt demselben/ so seinen leiblichen Bruder umgebracht/
und wie er solchen auf ein Zeit an einer gewündschten Ge-
Dom. 5.
post Pente.
cr.
12.
legenheit erdappt/ auch ihme bereits den Rest wolte geben/
ist dieser auf seine Knie niedergefallen/ und mit aufgeheb-
ten Händen gebeten/ er woll es ihme doch/ in Ansehung
des theuren vergossenen Bluts JEsu Christi/ verzeihen/
durch welche Wort solcher gantz weichhertzig worden/ und
ihme die grosse angethane Unbild/ und blutigen Bruder-
Mord von Hertzen vergeben: Als er nun kurtz hernach in
die nechstentlegene Kirchen gangen/ und daselbst die Wun-
den des getreutzigten Christi begehrte demütigst zu küssen/
da hat das höltzerne Crucifix-Bild beede Händ und Arm
von dem Creutz herab gelöset/ diesen Menschen umhalset
und umfangen/ sprechend anbey: Weil du diesem heut
wegen meiner verziehen/ so vergib ich dir auch al-
le deine Sünden.
Es ist halt kein bessers Handwerck/
als wann einer dem andern bald verzeihet/ und zu Bestät-
tigung der festen Freundschafft einander die Händ drauf
geben. Es ist kein besserer Magen/ als wann einer man-
che harte Brocken muß schlicken/ und solche bald thut ver-
däuen. Es ist kein bessere Nasen/ als dieselbige/ welche so
bald nit die angethane Schmach rächen thut. Es ist kein
besserer Rucken/ als welcher die oder jene Unbild und
Schimpf wegen GOtt leicht ertragen thut. Es ist kein

besse-

Judaͤ dem Ertzſchelm/ gibt der Heyland gute Wort/
den verziehen/ die ihn alſo verfolgt/ ſondern noch eiferig
vor dieſelbe gebeten. Nicht allein dem H. Stephano,
ſondern auch dir und mir/ ſteht der Himmel offen/ wann
wir unſern Feinden verzeihen/ und ihnen noch Gutes
thun.

Pelbartus ſchreibt/ daß einer lang nach dem Leben
geſtellt demſelben/ ſo ſeinen leiblichen Bruder umgebracht/
und wie er ſolchen auf ein Zeit an einer gewuͤndſchten Ge-
Dom. 5.
poſt Pente.
cr.
12.
legenheit erdappt/ auch ihme bereits den Reſt wolte geben/
iſt dieſer auf ſeine Knie niedergefallen/ und mit aufgeheb-
ten Haͤnden gebeten/ er woll es ihme doch/ in Anſehung
des theuren vergoſſenen Bluts JEſu Chriſti/ verzeihen/
durch welche Wort ſolcher gantz weichhertzig worden/ und
ihme die groſſe angethane Unbild/ und blutigen Bruder-
Mord von Hertzen vergeben: Als er nun kurtz hernach in
die nechſtentlegene Kirchen gangen/ und daſelbſt die Wun-
den des getreutzigten Chriſti begehrte demuͤtigſt zu kuͤſſen/
da hat das hoͤltzerne Crucifix-Bild beede Haͤnd und Arm
von dem Creutz herab geloͤſet/ dieſen Menſchen umhalſet
und umfangen/ ſprechend anbey: Weil du dieſem heut
wegen meiner verziehen/ ſo vergib ich dir auch al-
le deine Suͤnden.
Es iſt halt kein beſſers Handwerck/
als wann einer dem andern bald verzeihet/ und zu Beſtaͤt-
tigung der feſten Freundſchafft einander die Haͤnd drauf
geben. Es iſt kein beſſerer Magen/ als wann einer man-
che harte Brocken muß ſchlicken/ und ſolche bald thut ver-
daͤuen. Es iſt kein beſſere Naſen/ als dieſelbige/ welche ſo
bald nit die angethane Schmach raͤchen thut. Es iſt kein
beſſerer Rucken/ als welcher die oder jene Unbild und
Schimpf wegen GOtt leicht ertragen thut. Es iſt kein

beſſe-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0358" n="326"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Juda&#x0364; dem Ertz&#x017F;chelm/ gibt der Heyland gute Wort/</hi></fw><lb/>
den verziehen/ die ihn al&#x017F;o verfolgt/ &#x017F;ondern noch eiferig<lb/>
vor die&#x017F;elbe gebeten. Nicht allein dem H. <hi rendition="#aq">Stephano,</hi><lb/>
&#x017F;ondern auch dir und mir/ &#x017F;teht der Himmel offen/ wann<lb/>
wir un&#x017F;ern Feinden verzeihen/ und ihnen noch Gutes<lb/>
thun.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Pelbartus</hi> &#x017F;chreibt/ daß einer lang nach dem Leben<lb/>
ge&#x017F;tellt dem&#x017F;elben/ &#x017F;o &#x017F;einen leiblichen Bruder umgebracht/<lb/>
und wie er &#x017F;olchen auf ein Zeit an einer gewu&#x0364;nd&#x017F;chten Ge-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Dom. 5.<lb/>
po&#x017F;t Pente.<lb/>
cr.</hi> 12.</note>legenheit erdappt/ auch ihme bereits den Re&#x017F;t wolte geben/<lb/>
i&#x017F;t die&#x017F;er auf &#x017F;eine Knie niedergefallen/ und mit aufgeheb-<lb/>
ten Ha&#x0364;nden gebeten/ er woll es ihme doch/ in An&#x017F;ehung<lb/>
des theuren vergo&#x017F;&#x017F;enen Bluts JE&#x017F;u Chri&#x017F;ti/ verzeihen/<lb/>
durch welche Wort &#x017F;olcher gantz weichhertzig worden/ und<lb/>
ihme die gro&#x017F;&#x017F;e angethane Unbild/ und blutigen Bruder-<lb/>
Mord von Hertzen vergeben: Als er nun kurtz hernach in<lb/>
die nech&#x017F;tentlegene Kirchen gangen/ und da&#x017F;elb&#x017F;t die Wun-<lb/>
den des getreutzigten Chri&#x017F;ti begehrte demu&#x0364;tig&#x017F;t zu ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
da hat das ho&#x0364;ltzerne Crucifix-Bild beede Ha&#x0364;nd und Arm<lb/>
von dem Creutz herab gelo&#x0364;&#x017F;et/ die&#x017F;en Men&#x017F;chen umhal&#x017F;et<lb/>
und umfangen/ &#x017F;prechend anbey: <hi rendition="#fr">Weil du die&#x017F;em heut<lb/>
wegen meiner verziehen/ &#x017F;o vergib ich dir auch al-<lb/>
le deine Su&#x0364;nden.</hi> Es i&#x017F;t halt kein be&#x017F;&#x017F;ers Handwerck/<lb/>
als wann einer dem andern bald verzeihet/ und zu Be&#x017F;ta&#x0364;t-<lb/>
tigung der fe&#x017F;ten Freund&#x017F;chafft einander die Ha&#x0364;nd drauf<lb/>
geben. Es i&#x017F;t kein be&#x017F;&#x017F;erer Magen/ als wann einer man-<lb/>
che harte Brocken muß &#x017F;chlicken/ und &#x017F;olche bald thut ver-<lb/>
da&#x0364;uen. Es i&#x017F;t kein be&#x017F;&#x017F;ere Na&#x017F;en/ als die&#x017F;elbige/ welche &#x017F;o<lb/>
bald nit die angethane Schmach ra&#x0364;chen thut. Es i&#x017F;t kein<lb/>
be&#x017F;&#x017F;erer Rucken/ als welcher die oder jene Unbild und<lb/>
Schimpf wegen GOtt leicht ertragen thut. Es i&#x017F;t kein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">be&#x017F;&#x017F;e-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[326/0358] Judaͤ dem Ertzſchelm/ gibt der Heyland gute Wort/ den verziehen/ die ihn alſo verfolgt/ ſondern noch eiferig vor dieſelbe gebeten. Nicht allein dem H. Stephano, ſondern auch dir und mir/ ſteht der Himmel offen/ wann wir unſern Feinden verzeihen/ und ihnen noch Gutes thun. Pelbartus ſchreibt/ daß einer lang nach dem Leben geſtellt demſelben/ ſo ſeinen leiblichen Bruder umgebracht/ und wie er ſolchen auf ein Zeit an einer gewuͤndſchten Ge- legenheit erdappt/ auch ihme bereits den Reſt wolte geben/ iſt dieſer auf ſeine Knie niedergefallen/ und mit aufgeheb- ten Haͤnden gebeten/ er woll es ihme doch/ in Anſehung des theuren vergoſſenen Bluts JEſu Chriſti/ verzeihen/ durch welche Wort ſolcher gantz weichhertzig worden/ und ihme die groſſe angethane Unbild/ und blutigen Bruder- Mord von Hertzen vergeben: Als er nun kurtz hernach in die nechſtentlegene Kirchen gangen/ und daſelbſt die Wun- den des getreutzigten Chriſti begehrte demuͤtigſt zu kuͤſſen/ da hat das hoͤltzerne Crucifix-Bild beede Haͤnd und Arm von dem Creutz herab geloͤſet/ dieſen Menſchen umhalſet und umfangen/ ſprechend anbey: Weil du dieſem heut wegen meiner verziehen/ ſo vergib ich dir auch al- le deine Suͤnden. Es iſt halt kein beſſers Handwerck/ als wann einer dem andern bald verzeihet/ und zu Beſtaͤt- tigung der feſten Freundſchafft einander die Haͤnd drauf geben. Es iſt kein beſſerer Magen/ als wann einer man- che harte Brocken muß ſchlicken/ und ſolche bald thut ver- daͤuen. Es iſt kein beſſere Naſen/ als dieſelbige/ welche ſo bald nit die angethane Schmach raͤchen thut. Es iſt kein beſſerer Rucken/ als welcher die oder jene Unbild und Schimpf wegen GOtt leicht ertragen thut. Es iſt kein beſſe- Dom. 5. poſt Pente. cr. 12.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/358
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/358>, abgerufen am 21.11.2024.