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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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und höret nicht gern die Predigen.
Dieses hat heut der Prediger mit allem Eiffer auf der
Cantzel vorgetragen/ und noch andere Dinge hinzuge-
setzt; Fürwar mein Lakey/ auf diesem Marckt hätte euer
Herr wohl einen Kram vor sich gefunden/ wann er diß
und dergleichen hätte angehört/ etc. dann ein Mancher in
Anhörung des Worts GOttes/ und der Evangelischen
Warheit offt besser zuruck gehet/ als der Schatten auf
des Achabs seiner Sonnen-Uhr.4. Reg.
20. c.

Der Lakey schmutzte hierüber/ als hätte er bey einem
Kirchtag-Breyn geschmarotzt/ zeigte schier/ als wäre
er einmal auf der hohen Schul gewest/ wo die Ruhten im
Kühl-Wasser gesteckt/ dann er sagte ohne Scheu/ wie daß
die Predigen nit vor grosse Herren seynd/ er habe auch
vor diesem das Evangeli-Buch gelesen/ aber gar wenig/
ja nie gelesen/ daß vornehme Herren sich hätten viel der
Predig geachtet/ massen es der Heil. Joannes selbsten be-
zeugt/ pauperes evangelizantur, das Evangelium wird
denen Armen geprediget. Mein/ wer ist dabey gewesen/
wie unser HErr die schöne Predig gehabt von denen achtLucae 6.
Seeligkeiten? wer? niemand anderer als der gemeine
Mann/ der Pöffel. Wer hat sich da zumal eingefunden/
wie unser HErr im Schiffel gepredigt? wer? turba, ge-Matth. 13.
meine Leute/ Burger und Handwercker stunden auf dem
Gestad. Ja in allen 4. Evangelisten wird man nicht fin-
den/ daß 4. vornehme Edel-Leute wären bey der Predig
des HErrn gewesen. Dann wann schon ein König/Joan. 4.
Matth. 9.

wann schon ein Fürst der Synagog, wann schon ein Haupt-
mann zu unsern HErrn kommen/ so ist es nicht geschehen
wegen der Predig/ sondern einer hatte einen krancken
Knecht/ des andern sein Sohn ware übel auf/ des dritten
Tochter war schwhrlich liegerhafft/ in summa, die Predig
ist nur vor den gemeinen Mann. Ihr redet halt/ sagte
ich/ wie ein Lakey/ das heist auf Lateinisch: serve nequam!
Wann die Predigen nur seynd vor den gemeinen Mann/

so ist

und hoͤret nicht gern die Predigen.
Dieſes hat heut der Prediger mit allem Eiffer auf der
Cantzel vorgetragen/ und noch andere Dinge hinzuge-
ſetzt; Fuͤrwar mein Lakey/ auf dieſem Marckt haͤtte euer
Herr wohl einen Kram vor ſich gefunden/ wann er diß
und dergleichen haͤtte angehoͤrt/ ꝛc. dann ein Mancher in
Anhoͤrung des Worts GOttes/ und der Evangeliſchen
Warheit offt beſſer zuruck gehet/ als der Schatten auf
des Achabs ſeiner Sonnen-Uhr.4. Reg.
20. c.

Der Lakey ſchmutzte hieruͤber/ als haͤtte er bey einem
Kirchtag-Breyn geſchmarotzt/ zeigte ſchier/ als waͤre
er einmal auf der hohen Schul geweſt/ wo die Ruhten im
Kuͤhl-Waſſer geſteckt/ dann er ſagte ohne Scheu/ wie daß
die Predigen nit vor groſſe Herren ſeynd/ er habe auch
vor dieſem das Evangeli-Buch geleſen/ aber gar wenig/
ja nie geleſen/ daß vornehme Herren ſich haͤtten viel der
Predig geachtet/ maſſen es der Heil. Joannes ſelbſten be-
zeugt/ pauperes evangelizantur, das Evangelium wird
denen Armen geprediget. Mein/ wer iſt dabey geweſen/
wie unſer HErr die ſchoͤne Predig gehabt von denen achtLucæ 6.
Seeligkeiten? wer? niemand anderer als der gemeine
Mann/ der Poͤffel. Wer hat ſich da zumal eingefunden/
wie unſer HErr im Schiffel gepredigt? wer? turba, ge-Matth. 13.
meine Leute/ Burger und Handwercker ſtunden auf dem
Geſtad. Ja in allen 4. Evangeliſten wird man nicht fin-
den/ daß 4. vornehme Edel-Leute waͤren bey der Predig
des HErrn geweſen. Dann wann ſchon ein Koͤnig/Joan. 4.
Matth. 9.

wann ſchon ein Fuͤrſt der Synagog, wann ſchon ein Haupt-
mann zu unſern HErrn kommen/ ſo iſt es nicht geſchehen
wegen der Predig/ ſondern einer hatte einen krancken
Knecht/ des andern ſein Sohn ware uͤbel auf/ des dritten
Tochter war ſchwhrlich liegerhafft/ in ſumma, die Predig
iſt nur vor den gemeinen Mann. Ihr redet halt/ ſagte
ich/ wie ein Lakey/ das heiſt auf Lateiniſch: ſerve nequam!
Wann die Predigen nur ſeynd vor den gemeinen Mann/

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[7/0039] und hoͤret nicht gern die Predigen. Dieſes hat heut der Prediger mit allem Eiffer auf der Cantzel vorgetragen/ und noch andere Dinge hinzuge- ſetzt; Fuͤrwar mein Lakey/ auf dieſem Marckt haͤtte euer Herr wohl einen Kram vor ſich gefunden/ wann er diß und dergleichen haͤtte angehoͤrt/ ꝛc. dann ein Mancher in Anhoͤrung des Worts GOttes/ und der Evangeliſchen Warheit offt beſſer zuruck gehet/ als der Schatten auf des Achabs ſeiner Sonnen-Uhr. 4. Reg. 20. c. Der Lakey ſchmutzte hieruͤber/ als haͤtte er bey einem Kirchtag-Breyn geſchmarotzt/ zeigte ſchier/ als waͤre er einmal auf der hohen Schul geweſt/ wo die Ruhten im Kuͤhl-Waſſer geſteckt/ dann er ſagte ohne Scheu/ wie daß die Predigen nit vor groſſe Herren ſeynd/ er habe auch vor dieſem das Evangeli-Buch geleſen/ aber gar wenig/ ja nie geleſen/ daß vornehme Herren ſich haͤtten viel der Predig geachtet/ maſſen es der Heil. Joannes ſelbſten be- zeugt/ pauperes evangelizantur, das Evangelium wird denen Armen geprediget. Mein/ wer iſt dabey geweſen/ wie unſer HErr die ſchoͤne Predig gehabt von denen acht Seeligkeiten? wer? niemand anderer als der gemeine Mann/ der Poͤffel. Wer hat ſich da zumal eingefunden/ wie unſer HErr im Schiffel gepredigt? wer? turba, ge- meine Leute/ Burger und Handwercker ſtunden auf dem Geſtad. Ja in allen 4. Evangeliſten wird man nicht fin- den/ daß 4. vornehme Edel-Leute waͤren bey der Predig des HErrn geweſen. Dann wann ſchon ein Koͤnig/ wann ſchon ein Fuͤrſt der Synagog, wann ſchon ein Haupt- mann zu unſern HErrn kommen/ ſo iſt es nicht geſchehen wegen der Predig/ ſondern einer hatte einen krancken Knecht/ des andern ſein Sohn ware uͤbel auf/ des dritten Tochter war ſchwhrlich liegerhafft/ in ſumma, die Predig iſt nur vor den gemeinen Mann. Ihr redet halt/ ſagte ich/ wie ein Lakey/ das heiſt auf Lateiniſch: ſerve nequam! Wann die Predigen nur ſeynd vor den gemeinen Mann/ ſo iſt Lucæ 6. Matth. 13. Joan. 4. Matth. 9.

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/39>, abgerufen am 21.11.2024.