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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas Iscarioth/ wolte sein liederliches Ende nehmen
zwar ohne sondere Zeichen der Reue vor/ was gestalten er
bißhero einen lasterhafften Wandel geführet/ und die jeni-
ge Ubelthat/ welche David mit der Bethsabea begangen
einmal/ er mehrer/ als Haar auf seinem Kopff seyen/ solches
Laster vollzogen; worüber der Beicht-Vatter von Her-
tzen geseufzet/ jedoch beynebens die unendliche Barmher-
tzigkeit GOttes/ so niemalen den büssenden Sünder ver-
stöst/ nit wenig hervor gestrichen/ zugleich auch nebst
kräfftiger Ermahnung zum steiffen Vorsatz sich zu bessern/
ihme eine heilsame Busse auferlegt/ als nemlich/ er solle
biß zur Nechsten Beicht die Wochen einmal in Wasser
und Brod fasten/ dann auf solche Wunden gehöre kein
anders Pflaster. Wie Pater! sagte er/ fasten ist mir nit
möglich/ wann mir der Magen nit allzeit so voll ist/ wie
die angefüllte Krüg auf der Hochzeit zu Cana Galilaea,
so kan ich nit schlaffen. Nun so soll er in dieser Wochen
zweymal in seiner Cammer; unwissend anderer/ disciplin
machen: Was? sagte er mehrmalen/ Pater, ich bin ja
um ein Loth aufs wenigste besser/ als die Eselin des Pro-
pheten Baalams, und hat sich doch diese beklagt/ daß sie
etliche Streich von ihrem Herrn bekommen. Wann dem
also/ so soll er wenigst ein Cilicium um den blossen Leib
tragen: Was ist das/ fragt er/ ein Cilicium? das Wort
muß Arabisch seyn: Ein Cilicium, spricht der Pater, ist
eine Roß-härige Gürtel um die Lenden/ damit die Viehi-
sche Begierden des Leibs hierdurch gezähmt werden. O
Pater, Roß-Haar ist der Seiden gar nichts befreundt/
ich laß solches den Geigern über/ wormit sie ihre Fidel-
Bögen können flicken. Was ist dann anzufangen/ ge-
dachte der geistliche Artzt/ indeme dieser Patient alle Me-
dicin
weigert? Endlich und endlich/ sagte der Beicht-

Vatter/

Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen
zwar ohne ſondere Zeichen der Reue vor/ was geſtalten er
bißhero einen laſterhafften Wandel gefuͤhret/ und die jeni-
ge Ubelthat/ welche David mit der Bethſabea begangen
einmal/ er mehrer/ als Haar auf ſeinem Kopff ſeyen/ ſolches
Laſter vollzogen; woruͤber der Beicht-Vatter von Her-
tzen geſeufzet/ jedoch beynebens die unendliche Barmher-
tzigkeit GOttes/ ſo niemalen den buͤſſenden Suͤnder ver-
ſtoͤſt/ nit wenig hervor geſtrichen/ zugleich auch nebſt
kraͤfftiger Ermahnung zum ſteiffen Vorſatz ſich zu beſſern/
ihme eine heilſame Buſſe auferlegt/ als nemlich/ er ſolle
biß zur Nechſten Beicht die Wochen einmal in Waſſer
und Brod faſten/ dann auf ſolche Wunden gehoͤre kein
anders Pflaſter. Wie Pater! ſagte er/ faſten iſt mir nit
moͤglich/ wann mir der Magen nit allzeit ſo voll iſt/ wie
die angefuͤllte Kruͤg auf der Hochzeit zu Cana Galilæa,
ſo kan ich nit ſchlaffen. Nun ſo ſoll er in dieſer Wochen
zweymal in ſeiner Cammer; unwiſſend anderer/ diſciplin
machen: Was? ſagte er mehrmalen/ Pater, ich bin ja
um ein Loth aufs wenigſte beſſer/ als die Eſelin des Pro-
pheten Baalams, und hat ſich doch dieſe beklagt/ daß ſie
etliche Streich von ihrem Herrn bekommen. Wann dem
alſo/ ſo ſoll er wenigſt ein Cilicium um den bloſſen Leib
tragen: Was iſt das/ fragt er/ ein Cilicium? das Wort
muß Arabiſch ſeyn: Ein Cilicium, ſpricht der Pater, iſt
eine Roß-haͤrige Guͤrtel um die Lenden/ damit die Viehi-
ſche Begierden des Leibs hierdurch gezaͤhmt werden. O
Pater, Roß-Haar iſt der Seiden gar nichts befreundt/
ich laß ſolches den Geigern uͤber/ wormit ſie ihre Fidel-
Boͤgen koͤnnen flicken. Was iſt dann anzufangen/ ge-
dachte der geiſtliche Artzt/ indeme dieſer Patient alle Me-
dicin
weigert? Endlich und endlich/ ſagte der Beicht-

Vatter/
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[490/0522] Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen zwar ohne ſondere Zeichen der Reue vor/ was geſtalten er bißhero einen laſterhafften Wandel gefuͤhret/ und die jeni- ge Ubelthat/ welche David mit der Bethſabea begangen einmal/ er mehrer/ als Haar auf ſeinem Kopff ſeyen/ ſolches Laſter vollzogen; woruͤber der Beicht-Vatter von Her- tzen geſeufzet/ jedoch beynebens die unendliche Barmher- tzigkeit GOttes/ ſo niemalen den buͤſſenden Suͤnder ver- ſtoͤſt/ nit wenig hervor geſtrichen/ zugleich auch nebſt kraͤfftiger Ermahnung zum ſteiffen Vorſatz ſich zu beſſern/ ihme eine heilſame Buſſe auferlegt/ als nemlich/ er ſolle biß zur Nechſten Beicht die Wochen einmal in Waſſer und Brod faſten/ dann auf ſolche Wunden gehoͤre kein anders Pflaſter. Wie Pater! ſagte er/ faſten iſt mir nit moͤglich/ wann mir der Magen nit allzeit ſo voll iſt/ wie die angefuͤllte Kruͤg auf der Hochzeit zu Cana Galilæa, ſo kan ich nit ſchlaffen. Nun ſo ſoll er in dieſer Wochen zweymal in ſeiner Cammer; unwiſſend anderer/ diſciplin machen: Was? ſagte er mehrmalen/ Pater, ich bin ja um ein Loth aufs wenigſte beſſer/ als die Eſelin des Pro- pheten Baalams, und hat ſich doch dieſe beklagt/ daß ſie etliche Streich von ihrem Herrn bekommen. Wann dem alſo/ ſo ſoll er wenigſt ein Cilicium um den bloſſen Leib tragen: Was iſt das/ fragt er/ ein Cilicium? das Wort muß Arabiſch ſeyn: Ein Cilicium, ſpricht der Pater, iſt eine Roß-haͤrige Guͤrtel um die Lenden/ damit die Viehi- ſche Begierden des Leibs hierdurch gezaͤhmt werden. O Pater, Roß-Haar iſt der Seiden gar nichts befreundt/ ich laß ſolches den Geigern uͤber/ wormit ſie ihre Fidel- Boͤgen koͤnnen flicken. Was iſt dann anzufangen/ ge- dachte der geiſtliche Artzt/ indeme dieſer Patient alle Me- dicin weigert? Endlich und endlich/ ſagte der Beicht- Vatter/

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/522>, abgerufen am 30.11.2024.