Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.Judas Iscarioth/ wolte sein liederliches Ende nehmen daß einer zu Grund gehe/ als wir alle. O verfluchterStatist! so hat dann Ratio Stataus von dem Gewissen/ von dem Gebott GOttes/ und der Kirchen keine Dependentz? Warum s[e]ynd dermalen im Römischen Reich durch un- gerechte Waffen so viel tausend und tausend an den Bet- tel-Stab gerahten? so viel edle und uralte Städte/ in wel- chen vor diesen so viel heilige Tempel/ prächtige Gottes- Häuser/ uralte Stifft und Clöster/ zu einem Stein- Hauffen worden? O GOtt/ Ratio Stataus ist gar aus Franckreich heraus gereist/ hat das Feuer selbst in solche heilige Oerter und Gottes-Wohnungen gelegt. Aber in der Wahrheit/ ich förchte/ es wird die Zeit geben/ daß Ratio Stataus, so die Göttlichen Augen nit viel achtet/ wird das eigene Reich zu Grund richten/ und nit nach de- ro Meynung ein Grund-Stein dessen seyn. Zum andern ziehen bisweilen die Hof-Ministri das meiste an sich mit des andern seinem Verderben. Der gelehrte Man- ni erzehlet von einem vornehmen Fürsten/ welcher einen gar zu starck interessirten Hof-Herrn hatte/ demselben einige Lehr zu geben/ hat er ihn zu sich geruffen/ sambt den zwey Leib Medicis, welchen Letztern er sehr mitleidend vorgetragen/ wie daß dieser gegenwärtige Cavalier einen sehr übeln Zustand habe/ so seine hohe Person nit wenig bedaure/ wolte auch nit gern eines so wackeren Manns verlustiget werden/ gebiete ihnen demnach/ mit allem möglichsten Fleiß/ denselben zu curiren; der Cavalier er- Manni 647stummte hierüber/ und wuste nicht/ wie viel es geschla- gen; die gegenwärtige Medici beteuerten beede/ daß sie an erstgemeldtem Cavalier keine einige Ungesunde spüh- ren/ ja die beste Natur und Leibs-Complexion, verspre- che ihme nechst GOtt/ ein langes Leben. Ja/ ja/ sagte mehr-
Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen daß einer zu Grund gehe/ als wir alle. O verfluchterStatiſt! ſo hat dann Ratio Statûs von dem Gewiſſen/ von dem Gebott GOttes/ und der Kirchen keine Dependentz? Warum ſ[e]ynd dermalen im Roͤmiſchen Reich durch un- gerechte Waffen ſo viel tauſend und tauſend an den Bet- tel-Stab gerahten? ſo viel edle und uralte Staͤdte/ in wel- chen vor dieſen ſo viel heilige Tempel/ praͤchtige Gottes- Haͤuſer/ uralte Stifft und Cloͤſter/ zu einem Stein- Hauffen worden? O GOtt/ Ratio Statûs iſt gar aus Franckreich heraus gereiſt/ hat das Feuer ſelbſt in ſolche heilige Oerter und Gottes-Wohnungen gelegt. Aber in der Wahrheit/ ich foͤrchte/ es wird die Zeit geben/ daß Ratio Statûs, ſo die Goͤttlichen Augen nit viel achtet/ wird das eigene Reich zu Grund richten/ und nit nach de- ro Meynung ein Grund-Stein deſſen ſeyn. Zum andern ziehen bisweilen die Hof-Miniſtri das meiſte an ſich mit des andern ſeinem Verderben. Der gelehrte Man- ni erzehlet von einem vornehmen Fuͤrſten/ welcher einen gar zu ſtarck intereſſirten Hof-Herrn hatte/ demſelben einige Lehr zu geben/ hat er ihn zu ſich geruffen/ ſambt den zwey Leib Medicis, welchen Letztern er ſehr mitleidend vorgetragen/ wie daß dieſer gegenwaͤrtige Cavalier einen ſehr uͤbeln Zuſtand habe/ ſo ſeine hohe Perſon nit wenig bedaure/ wolte auch nit gern eines ſo wackeren Manns verluſtiget werden/ gebiete ihnen demnach/ mit allem moͤglichſten Fleiß/ denſelben zu curiren; der Cavalier er- Manni 647ſtummte hieruͤber/ und wuſte nicht/ wie viel es geſchla- gen; die gegenwaͤrtige Medici beteuerten beede/ daß ſie an erſtgemeldtem Cavalier keine einige Ungeſunde ſpuͤh- ren/ ja die beſte Natur und Leibs-Complexion, verſpre- che ihme nechſt GOtt/ ein langes Leben. Ja/ ja/ ſagte mehr-
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Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen
daß einer zu Grund gehe/ als wir alle. O verfluchter
Statiſt! ſo hat dann Ratio Statûs von dem Gewiſſen/ von
dem Gebott GOttes/ und der Kirchen keine Dependentz?
Warum ſeynd dermalen im Roͤmiſchen Reich durch un-
gerechte Waffen ſo viel tauſend und tauſend an den Bet-
tel-Stab gerahten? ſo viel edle und uralte Staͤdte/ in wel-
chen vor dieſen ſo viel heilige Tempel/ praͤchtige Gottes-
Haͤuſer/ uralte Stifft und Cloͤſter/ zu einem Stein-
Hauffen worden? O GOtt/ Ratio Statûs iſt gar aus
Franckreich heraus gereiſt/ hat das Feuer ſelbſt in ſolche
heilige Oerter und Gottes-Wohnungen gelegt. Aber
in der Wahrheit/ ich foͤrchte/ es wird die Zeit geben/ daß
Ratio Statûs, ſo die Goͤttlichen Augen nit viel achtet/
wird das eigene Reich zu Grund richten/ und nit nach de-
ro Meynung ein Grund-Stein deſſen ſeyn. Zum
andern ziehen bisweilen die Hof-Miniſtri das meiſte an
ſich mit des andern ſeinem Verderben. Der gelehrte Man-
ni erzehlet von einem vornehmen Fuͤrſten/ welcher einen
gar zu ſtarck intereſſirten Hof-Herrn hatte/ demſelben
einige Lehr zu geben/ hat er ihn zu ſich geruffen/ ſambt den
zwey Leib Medicis, welchen Letztern er ſehr mitleidend
vorgetragen/ wie daß dieſer gegenwaͤrtige Cavalier einen
ſehr uͤbeln Zuſtand habe/ ſo ſeine hohe Perſon nit wenig
bedaure/ wolte auch nit gern eines ſo wackeren Manns
verluſtiget werden/ gebiete ihnen demnach/ mit allem
moͤglichſten Fleiß/ denſelben zu curiren; der Cavalier er-
ſtummte hieruͤber/ und wuſte nicht/ wie viel es geſchla-
gen; die gegenwaͤrtige Medici beteuerten beede/ daß ſie
an erſtgemeldtem Cavalier keine einige Ungeſunde ſpuͤh-
ren/ ja die beſte Natur und Leibs-Complexion, verſpre-
che ihme nechſt GOtt/ ein langes Leben. Ja/ ja/ ſagte
mehr-
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