Wann man die Brennessel nit scharpff mit den Händen antast/ und ihre Blätter nicht grob und hart reiben thut/ so er- fährt man bald ihr dückische Natur/ und hinterhaltenen hitzigen Zorn. Derenthalben die Heilige Joanna ein Königliche Prin- zessin aus Portugal noch zu Hof unter dem seidenen und gulde- nen Kleider-Pracht ein scharpffes härines Hemmet getragen/ Ibid. 12. Maj. auf dem harten Boden ihr Ligerstatt genommen/ und halbe Nächte auf blossen Knyen im Gebet zugebracht.
Wann man den Weinstock nicht immerzu die grüne Federn stutzt/ ihme auch öffters das scharpffe Rebenwasser zu kosten gibt/ daß ihme die helle Zäher herunter rinnen; wann man denselben nit anbindet wie ein Ubelthäter und arrestirten Bößwicht/ so wird er nie gut thun. Dessentwegen die Seelige Geradesca auch/ von Pisis gebürtig/ mit ihrem Leib also streng verfahren/ daß sie ihme nit ein Bissen Brod vergonnet/ biß er täglich sechs hundertmal die Knye in der Kirchen gebogen/ nachmahls war Ibid. 9. Maj. sein gantzes Tractament, neben dem stetigen Cilicio ein wenig Brod in Wasser gedunckt.
Nicht anderst haben ihren Leib casteyet Magdalena de Paz- zis, Theresia a Jesu, Catharina Senensis, Clara von Assis, Clara de Monte Falco, meines Ordens/ Luthgardis, Aga- tha de Cruce, Elisabeth Suena, und unzahlbare andere mehr/ wodurch sie dann CHRJSTO JESU dem Himmli- schen Bräutigamb das höchste Wolgefallen verursacht/ und derenthalben ein sondere Cron und überschwenckliche Glory im Himmel erlangt.
So wird dann nit weniger ein besondern Lohn und ewige Vergeltung zugewarthen haben ein gewisse Dama, ein hoch-A- deliches Frauen-Zimmer N. welche gleichmässig ihren Leib zim- lich hart casteyet; Dann erstlich tragt sie ein so enges mit starcken Fisch-Bein eingezäuntes Leibstuck/ daß es ihr die zarte Haut zu- sammen zwängt/ und offt überlästiger ist/ als ein rauhes Cili- cium, nachmahls pflegt sie fast nicht mehr zu essen als ein junger
Spatz/
Judas hat keine gute Meynung/
Wann man die Brenneſſel nit ſcharpff mit den Haͤnden antaſt/ und ihre Blaͤtter nicht grob und hart reiben thut/ ſo er- faͤhrt man bald ihr duͤckiſche Natur/ und hinterhaltenen hitzigen Zorn. Derenthalben die Heilige Joanna ein Koͤnigliche Prin- zeſſin aus Portugal noch zu Hof unter dem ſeidenen und gulde- nen Kleider-Pracht ein ſcharpffes haͤrines Hemmet getragen/ Ibid. 12. Maj. auf dem harten Boden ihr Ligerſtatt genommen/ und halbe Naͤchte auf bloſſen Knyen im Gebet zugebracht.
Wann man den Weinſtock nicht immerzu die gruͤne Federn ſtutzt/ ihme auch oͤffters das ſcharpffe Rebenwaſſer zu koſten gibt/ daß ihme die helle Zaͤher herunter rinnen; wann man denſelben nit anbindet wie ein Ubelthaͤter und arreſtirten Boͤßwicht/ ſo wird er nie gut thun. Deſſentwegen die Seelige Geradeſca auch/ von Piſis gebuͤrtig/ mit ihrem Leib alſo ſtreng verfahren/ daß ſie ihme nit ein Biſſen Brod vergonnet/ biß er taͤglich ſechs hundertmal die Knye in der Kirchen gebogen/ nachmahls war Ibid. 9. Maj. ſein gantzes Tractament, neben dem ſtetigen Cilicio ein wenig Brod in Waſſer gedunckt.
Nicht anderſt haben ihren Leib caſteyet Magdalena de Paz- zis, Thereſia à Jeſu, Catharina Senenſis, Clara von Aſſis, Clara de Monte Falco, meines Ordens/ Luthgardis, Aga- tha de Cruce, Eliſabeth Suena, und unzahlbare andere mehr/ wodurch ſie dann CHRJSTO JESU dem Himmli- ſchen Braͤutigamb das hoͤchſte Wolgefallen verurſacht/ und derenthalben ein ſondere Cron und uͤberſchwenckliche Glory im Himmel erlangt.
So wird dann nit weniger ein beſondern Lohn und ewige Vergeltung zugewarthen haben ein gewiſſe Dama, ein hoch-A- deliches Frauen-Zimmer N. welche gleichmaͤſſig ihren Leib zim- lich hart caſteyet; Dann erſtlich tragt ſie ein ſo enges mit ſtarcken Fiſch-Bein eingezaͤuntes Leibſtuck/ daß es ihr die zarte Haut zu- ſammen zwaͤngt/ und offt uͤberlaͤſtiger iſt/ als ein rauhes Cili- cium, nachmahls pflegt ſie faſt nicht mehr zu eſſen als ein junger
Spatz/
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Judas hat keine gute Meynung/
Wann man die Brenneſſel nit ſcharpff mit den Haͤnden
antaſt/ und ihre Blaͤtter nicht grob und hart reiben thut/ ſo er-
faͤhrt man bald ihr duͤckiſche Natur/ und hinterhaltenen hitzigen
Zorn. Derenthalben die Heilige Joanna ein Koͤnigliche Prin-
zeſſin aus Portugal noch zu Hof unter dem ſeidenen und gulde-
nen Kleider-Pracht ein ſcharpffes haͤrines Hemmet getragen/
auf dem harten Boden ihr Ligerſtatt genommen/ und halbe
Naͤchte auf bloſſen Knyen im Gebet zugebracht.
Ibid. 12.
Maj.
Wann man den Weinſtock nicht immerzu die gruͤne Federn
ſtutzt/ ihme auch oͤffters das ſcharpffe Rebenwaſſer zu koſten gibt/
daß ihme die helle Zaͤher herunter rinnen; wann man denſelben
nit anbindet wie ein Ubelthaͤter und arreſtirten Boͤßwicht/ ſo
wird er nie gut thun. Deſſentwegen die Seelige Geradeſca
auch/ von Piſis gebuͤrtig/ mit ihrem Leib alſo ſtreng verfahren/
daß ſie ihme nit ein Biſſen Brod vergonnet/ biß er taͤglich ſechs
hundertmal die Knye in der Kirchen gebogen/ nachmahls war
ſein gantzes Tractament, neben dem ſtetigen Cilicio ein wenig
Brod in Waſſer gedunckt.
Ibid. 9.
Maj.
Nicht anderſt haben ihren Leib caſteyet Magdalena de Paz-
zis, Thereſia à Jeſu, Catharina Senenſis, Clara von Aſſis,
Clara de Monte Falco, meines Ordens/ Luthgardis, Aga-
tha de Cruce, Eliſabeth Suena, und unzahlbare andere mehr/
wodurch ſie dann CHRJSTO JESU dem Himmli-
ſchen Braͤutigamb das hoͤchſte Wolgefallen verurſacht/ und
derenthalben ein ſondere Cron und uͤberſchwenckliche Glory im
Himmel erlangt.
So wird dann nit weniger ein beſondern Lohn und ewige
Vergeltung zugewarthen haben ein gewiſſe Dama, ein hoch-A-
deliches Frauen-Zimmer N. welche gleichmaͤſſig ihren Leib zim-
lich hart caſteyet; Dann erſtlich tragt ſie ein ſo enges mit ſtarcken
Fiſch-Bein eingezaͤuntes Leibſtuck/ daß es ihr die zarte Haut zu-
ſammen zwaͤngt/ und offt uͤberlaͤſtiger iſt/ als ein rauhes Cili-
cium, nachmahls pflegt ſie faſt nicht mehr zu eſſen als ein junger
Spatz/
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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/184>, abgerufen am 04.12.2024.
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