Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

hat nichts verschweigen können.
durchzutreiben/ ist demnach da/ und vertritt bey nächtlicher Weil
die Stell eines Geists/ macht zuweilen ein Getöß/ lasset klägliche
und tieffe Seufftzer hören/ welches dem guten viel frommen Wit-
tiber mehrmahlen den Schlaff benommen/ und nicht in geringer
Forcht und Bestürtzung gestellt/ so gar/ daß er auch die Sach
weiter gebracht/ und hierinnfalls ein Rath gesucht bey denen
Geistlichen/ welche dann ihne mit allerley geweichten und heili-
gen Sachen versehen/ auch anbey für gut und rathsam geschlos-
sen/ er solle nach verrichter vollkommener Beicht und Commu-
nion ohne Scheu und Entrüstung den Geist fragen/ wer er seye?
was er verlange? welchen allen der gute Mann fleissig nachkom-
men/ und so bald hierauf bey der Nacht der Geist sich wiederumb
angemeldt/ fragt er/ ob zwar nit ohne Zittern/ wie leichtlich zuer-
kennen/ wer er seye? Ach! ware die Stimm und Antwort deß
Geists/ ach! ich bin dein ohnlängst verstorbene Ehegemahlin. Ob
ihr zu helffen? und wie? fragt er weiter: Ach freylich! ich leide in
jener Welt unermeßliche Pein und Quaal meiner begangenen
Sünden halber/ und kundte leicht durch die grundlose Gütigkeit
GOttes aus diesem so peinlichen Kercker erlediget werden/ wann
du in deinem künfftigen Heyrath nit wurdest ansehen die schnöde
Reichthumben/ und das zergängliche Geld/ sondern vielmehr die
liebe Tugend/ welche forderist in deinem Dienst-Mensch gefun-
den wird/ dann ihr wohlmeinendes Hertz und gutes Gewissen
bey GOtt dem Allmächtigen in grossem Werth und Wolgefal-
len. Ach! Ach! Hiemit verschwind der Geist. Dem from-
men Mann ware nichts mehrers angelegen/ als die Erlösung
seiner verstorbnen Frauen/ zumahlen sie in grosser Liebe/ und un-
zertrennter Einigkeit miteinander gehaust; hat sich als deß andern
dritten und vierdten Tag dahin resolviret/ daß er sein eignes
Mensch freyen wolte/ liesse sich auch durch keinen andern Wider-
Rath überreden. Die Gewißheit ware nun beederseiths/ und
hatte nun alles nach Wunsch auf Seithen deß Mensches ausge-
schlagen/ wann sie nur ihr Maul/ so ein übler Gaul/ hätte im

Zaum
B 2

hat nichts verſchweigen koͤnnen.
durchzutreiben/ iſt demnach da/ und vertritt bey naͤchtlicher Weil
die Stell eines Geiſts/ macht zuweilen ein Getoͤß/ laſſet klaͤgliche
und tieffe Seufftzer hoͤren/ welches dem guten viel frommen Wit-
tiber mehrmahlen den Schlaff benommen/ und nicht in geringer
Forcht und Beſtuͤrtzung geſtellt/ ſo gar/ daß er auch die Sach
weiter gebracht/ und hierinnfalls ein Rath geſucht bey denen
Geiſtlichen/ welche dann ihne mit allerley geweichten und heili-
gen Sachen verſehen/ auch anbey fuͤr gut und rathſam geſchloſ-
ſen/ er ſolle nach verrichter vollkommener Beicht und Commu-
nion ohne Scheu und Entruͤſtung den Geiſt fragen/ wer er ſeye?
was er verlange? welchen allen der gute Mann fleiſſig nachkom-
men/ und ſo bald hierauf bey der Nacht der Geiſt ſich wiederumb
angemeldt/ fragt er/ ob zwar nit ohne Zittern/ wie leichtlich zuer-
kennen/ wer er ſeye? Ach! ware die Stimm und Antwort deß
Geiſts/ ach! ich bin dein ohnlaͤngſt verſtorbene Ehegemahlin. Ob
ihr zu helffen? und wie? fragt er weiter: Ach freylich! ich leide in
jener Welt unermeßliche Pein und Quaal meiner begangenen
Suͤnden halber/ und kundte leicht durch die grundloſe Guͤtigkeit
GOttes aus dieſem ſo peinlichen Kercker erlediget werden/ wann
du in deinem kuͤnfftigen Heyrath nit wurdeſt anſehen die ſchnoͤde
Reichthumben/ und das zergaͤngliche Geld/ ſondern vielmehr die
liebe Tugend/ welche forderiſt in deinem Dienſt-Menſch gefun-
den wird/ dann ihr wohlmeinendes Hertz und gutes Gewiſſen
bey GOtt dem Allmaͤchtigen in groſſem Werth und Wolgefal-
len. Ach! Ach! Hiemit verſchwind der Geiſt. Dem from-
men Mann ware nichts mehrers angelegen/ als die Erloͤſung
ſeiner verſtorbnen Frauen/ zumahlen ſie in groſſer Liebe/ und un-
zertrennter Einigkeit miteinander gehauſt; hat ſich als deß andern
dritten und vierdten Tag dahin reſolviret/ daß er ſein eignes
Menſch freyen wolte/ lieſſe ſich auch durch keinen andern Wider-
Rath uͤberreden. Die Gewißheit ware nun beederſeiths/ und
hatte nun alles nach Wunſch auf Seithen deß Menſches ausge-
ſchlagen/ wann ſie nur ihr Maul/ ſo ein uͤbler Gaul/ haͤtte im

Zaum
B 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0023" n="11"/><fw place="top" type="header">hat nichts ver&#x017F;chweigen ko&#x0364;nnen.</fw><lb/>
durchzutreiben/ i&#x017F;t demnach da/ und vertritt bey na&#x0364;chtlicher Weil<lb/>
die Stell eines Gei&#x017F;ts/ macht zuweilen ein Geto&#x0364;ß/ la&#x017F;&#x017F;et kla&#x0364;gliche<lb/>
und tieffe Seufftzer ho&#x0364;ren/ welches dem guten viel frommen Wit-<lb/>
tiber mehrmahlen den Schlaff benommen/ und nicht in geringer<lb/>
Forcht und Be&#x017F;tu&#x0364;rtzung ge&#x017F;tellt/ &#x017F;o gar/ daß er auch die Sach<lb/>
weiter gebracht/ und hierinnfalls ein Rath ge&#x017F;ucht bey denen<lb/>
Gei&#x017F;tlichen/ welche dann ihne mit allerley geweichten und heili-<lb/>
gen Sachen ver&#x017F;ehen/ auch anbey fu&#x0364;r gut und rath&#x017F;am ge&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ er &#x017F;olle nach verrichter vollkommener Beicht und Commu-<lb/>
nion ohne Scheu und Entru&#x0364;&#x017F;tung den Gei&#x017F;t fragen/ wer er &#x017F;eye?<lb/>
was er verlange? welchen allen der gute Mann flei&#x017F;&#x017F;ig nachkom-<lb/>
men/ und &#x017F;o bald hierauf bey der Nacht der Gei&#x017F;t &#x017F;ich wiederumb<lb/>
angemeldt/ fragt er/ ob zwar nit ohne Zittern/ wie leichtlich zuer-<lb/>
kennen/ wer er &#x017F;eye? Ach! ware die Stimm und Antwort deß<lb/>
Gei&#x017F;ts/ ach! ich bin dein ohnla&#x0364;ng&#x017F;t ver&#x017F;torbene Ehegemahlin. Ob<lb/>
ihr zu helffen? und wie? fragt er weiter: Ach freylich! ich leide in<lb/>
jener Welt unermeßliche Pein und Quaal meiner begangenen<lb/>
Su&#x0364;nden halber/ und kundte leicht durch die grundlo&#x017F;e Gu&#x0364;tigkeit<lb/>
GOttes aus die&#x017F;em &#x017F;o peinlichen Kercker erlediget werden/ wann<lb/>
du in deinem ku&#x0364;nfftigen Heyrath nit wurde&#x017F;t an&#x017F;ehen die &#x017F;chno&#x0364;de<lb/>
Reichthumben/ und das zerga&#x0364;ngliche Geld/ &#x017F;ondern vielmehr die<lb/>
liebe Tugend/ welche forderi&#x017F;t in deinem Dien&#x017F;t-Men&#x017F;ch gefun-<lb/>
den wird/ dann ihr wohlmeinendes Hertz und gutes Gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
bey GOtt dem Allma&#x0364;chtigen in gro&#x017F;&#x017F;em Werth und Wolgefal-<lb/>
len. Ach! Ach! Hiemit ver&#x017F;chwind der Gei&#x017F;t. Dem from-<lb/>
men Mann ware nichts mehrers angelegen/ als die Erlo&#x0364;&#x017F;ung<lb/>
&#x017F;einer ver&#x017F;torbnen Frauen/ zumahlen &#x017F;ie in gro&#x017F;&#x017F;er Liebe/ und un-<lb/>
zertrennter Einigkeit miteinander gehau&#x017F;t; hat &#x017F;ich als deß andern<lb/>
dritten und vierdten Tag dahin <hi rendition="#aq">re&#x017F;olvi</hi>ret/ daß er &#x017F;ein eignes<lb/>
Men&#x017F;ch freyen wolte/ lie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich auch durch keinen andern Wider-<lb/>
Rath u&#x0364;berreden. Die Gewißheit ware nun beeder&#x017F;eiths/ und<lb/>
hatte nun alles nach Wun&#x017F;ch auf Seithen deß Men&#x017F;ches ausge-<lb/>
&#x017F;chlagen/ wann &#x017F;ie nur ihr Maul/ &#x017F;o ein u&#x0364;bler Gaul/ ha&#x0364;tte im<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Zaum</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0023] hat nichts verſchweigen koͤnnen. durchzutreiben/ iſt demnach da/ und vertritt bey naͤchtlicher Weil die Stell eines Geiſts/ macht zuweilen ein Getoͤß/ laſſet klaͤgliche und tieffe Seufftzer hoͤren/ welches dem guten viel frommen Wit- tiber mehrmahlen den Schlaff benommen/ und nicht in geringer Forcht und Beſtuͤrtzung geſtellt/ ſo gar/ daß er auch die Sach weiter gebracht/ und hierinnfalls ein Rath geſucht bey denen Geiſtlichen/ welche dann ihne mit allerley geweichten und heili- gen Sachen verſehen/ auch anbey fuͤr gut und rathſam geſchloſ- ſen/ er ſolle nach verrichter vollkommener Beicht und Commu- nion ohne Scheu und Entruͤſtung den Geiſt fragen/ wer er ſeye? was er verlange? welchen allen der gute Mann fleiſſig nachkom- men/ und ſo bald hierauf bey der Nacht der Geiſt ſich wiederumb angemeldt/ fragt er/ ob zwar nit ohne Zittern/ wie leichtlich zuer- kennen/ wer er ſeye? Ach! ware die Stimm und Antwort deß Geiſts/ ach! ich bin dein ohnlaͤngſt verſtorbene Ehegemahlin. Ob ihr zu helffen? und wie? fragt er weiter: Ach freylich! ich leide in jener Welt unermeßliche Pein und Quaal meiner begangenen Suͤnden halber/ und kundte leicht durch die grundloſe Guͤtigkeit GOttes aus dieſem ſo peinlichen Kercker erlediget werden/ wann du in deinem kuͤnfftigen Heyrath nit wurdeſt anſehen die ſchnoͤde Reichthumben/ und das zergaͤngliche Geld/ ſondern vielmehr die liebe Tugend/ welche forderiſt in deinem Dienſt-Menſch gefun- den wird/ dann ihr wohlmeinendes Hertz und gutes Gewiſſen bey GOtt dem Allmaͤchtigen in groſſem Werth und Wolgefal- len. Ach! Ach! Hiemit verſchwind der Geiſt. Dem from- men Mann ware nichts mehrers angelegen/ als die Erloͤſung ſeiner verſtorbnen Frauen/ zumahlen ſie in groſſer Liebe/ und un- zertrennter Einigkeit miteinander gehauſt; hat ſich als deß andern dritten und vierdten Tag dahin reſolviret/ daß er ſein eignes Menſch freyen wolte/ lieſſe ſich auch durch keinen andern Wider- Rath uͤberreden. Die Gewißheit ware nun beederſeiths/ und hatte nun alles nach Wunſch auf Seithen deß Menſches ausge- ſchlagen/ wann ſie nur ihr Maul/ ſo ein uͤbler Gaul/ haͤtte im Zaum B 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/23
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/23>, abgerufen am 27.04.2024.