Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

thut das Gute unterlassen.
armen stummen Betler zu Hülff kombt/ den wird GOtt am jüng-
sten Tag mit dem Venite anreden; der einen armen Aussätzigen
nit veracht/ der macht ihme selbst einen grossen Zusatz zu seinen
Verdiensten: der die arme Hungerige speist/ der hat schon ein Lad-
schreiben in Händen zu dem himmlischen Nachtmahl: der die ar-
me Nackende bekleidt/ der hat sein hochzeitliches Kleid stattlich
verbrämbt: der die arme Frembde beherbergt/ dem ist sein Quar-
tier im Himmel angeschrieben: der die arme Gefangene erlöset/ der
ist von der ewigen Gefängnus befreyet.

Jener Wein-Schlauch und Wampen-Vogt/ nachdem er
vom Schlag getroffen worden/ und von der Taffel den geraden
Weg zum Teuffel kommen/ erhebte seine Augen in die Höhe/
und erblickt den Bettler Lazarum in gröster Glory auf der Schos
deß Abraham/ und weil ihn nichts mehrers quälte als seine feurige
Zung/ die zuvor stäts in der Kandel geschwummen/ also hat er
wehemütig aufgeschryen/ und nur umb diß bittlich angehalten/
daß der Lazarus nur das äusserste seines Fingers in das Wasser
duncke/ und seine Zung in etwas kühle. O ewig unglückseeliger
Mensch! Etliche wenige Tropffen werden dir dein Ubel nit wen-
den/ aber zuvor hättest du mit einem Tropffen gar leicht können
die Höll auslöschen; dieser Tropff ist gewest der Lazarus/ ein ar-
mer Tropff/ ein elender Tropff; ein verlassener Tropff/ wann du
dich seiner hättest erbarmbt; so hätt sich auch gewiß GOTT dei-
ner erbarmbt.

Alles dieses ist nur gar zu wahr/ sagt einer/ ich weiß daß
nach Numero 7. das achte folgt/ daß auf die sieben Werck der
Barmhertzigkeit unfehlbar folgen die acht Seeligkeiten/ ich weiß
daß zu Wienn der Heilige Severinus sich der Armen starck an-
genommen: Merckts Wienner: Jch weiß/ daß zu Praa der
heilige Wenceslaus den Armen viel Guts gethan: Merckts Pra-
ger: Jch weiß/ daß zu Saltzburg die heilige Erntrudis auf dem
Nonnberg fast immer zu sich bey den Armen aufgehalten/ sie so

daß
Pars IV. E e e

thut das Gute unterlaſſen.
armen ſtummen Betler zu Huͤlff kombt/ den wird GOtt am juͤng-
ſten Tag mit dem Venite anreden; der einen armen Ausſaͤtzigen
nit veracht/ der macht ihme ſelbſt einen groſſen Zuſatz zu ſeinen
Verdienſten: der die arme Hungerige ſpeiſt/ der hat ſchon ein Lad-
ſchreiben in Haͤnden zu dem himmliſchen Nachtmahl: der die ar-
me Nackende bekleidt/ der hat ſein hochzeitliches Kleid ſtattlich
verbraͤmbt: der die arme Frembde beherbergt/ dem ıſt ſein Quar-
tier im Himmel angeſchrieben: der die arme Gefangene erloͤſet/ der
iſt von der ewigen Gefaͤngnus befreyet.

Jener Weın-Schlauch und Wampen-Vogt/ nachdem er
vom Schlag getroffen worden/ und von der Taffel den geraden
Weg zum Teuffel kommen/ erhebte ſeine Augen in die Hoͤhe/
und erblickt den Bettler Lazarum in groͤſter Glory auf der Schos
deß Abraham/ und weil ihn nichts mehrers quaͤlte als ſeine feurige
Zung/ die zuvor ſtaͤts in der Kandel geſchwummen/ alſo hat er
wehemuͤtig aufgeſchryen/ und nur umb diß bittlich angehalten/
daß der Lazarus nur das aͤuſſerſte ſeines Fingers in das Waſſer
duncke/ und ſeine Zung in etwas kuͤhle. O ewig ungluͤckſeeliger
Menſch! Etliche wenige Tropffen werden dir dein Ubel nit wen-
den/ aber zuvor haͤtteſt du mit einem Tropffen gar leicht koͤnnen
die Hoͤll ausloͤſchen; dieſer Tropff iſt geweſt der Lazarus/ ein ar-
mer Tropff/ ein elender Tropff; ein verlaſſener Tropff/ wann du
dich ſeiner haͤtteſt erbarmbt; ſo haͤtt ſich auch gewiß GOTT dei-
ner erbarmbt.

Alles dieſes iſt nur gar zu wahr/ ſagt einer/ ich weiß daß
nach Numero 7. das achte folgt/ daß auf die ſieben Werck der
Barmhertzigkeit unfehlbar folgen die acht Seeligkeiten/ ich weiß
daß zu Wienn der Heilige Severinus ſich der Armen ſtarck an-
genommen: Merckts Wienner: Jch weiß/ daß zu Praa der
heilige Wenceslaus den Armen viel Guts gethan: Merckts Pra-
ger: Jch weiß/ daß zu Saltzburg die heilige Erntrudis auf dem
Nonnberg faſt immer zu ſich bey den Armen aufgehalten/ ſie ſo

daß
Pars IV. E e e
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0413" n="401"/><fw type="header" place="top">thut das Gute unterla&#x017F;&#x017F;en.</fw><lb/>
armen &#x017F;tummen Betler zu Hu&#x0364;lff kombt/ den wird GOtt am ju&#x0364;ng-<lb/>
&#x017F;ten Tag mit dem <hi rendition="#aq">Venite</hi> anreden; der einen armen Aus&#x017F;a&#x0364;tzigen<lb/>
nit veracht/ der macht ihme &#x017F;elb&#x017F;t einen gro&#x017F;&#x017F;en Zu&#x017F;atz zu &#x017F;einen<lb/>
Verdien&#x017F;ten: der die arme Hungerige &#x017F;pei&#x017F;t/ der hat &#x017F;chon ein Lad-<lb/>
&#x017F;chreiben in Ha&#x0364;nden zu dem himmli&#x017F;chen Nachtmahl: der die ar-<lb/>
me Nackende bekleidt/ der hat &#x017F;ein hochzeitliches Kleid &#x017F;tattlich<lb/>
verbra&#x0364;mbt: der die arme Frembde beherbergt/ dem &#x0131;&#x017F;t &#x017F;ein Quar-<lb/>
tier im Himmel ange&#x017F;chrieben: der die arme Gefangene erlo&#x0364;&#x017F;et/ der<lb/>
i&#x017F;t von der ewigen Gefa&#x0364;ngnus befreyet.</p><lb/>
        <p>Jener We&#x0131;n-Schlauch und Wampen-Vogt/ nachdem er<lb/>
vom Schlag getroffen worden/ und von der Taffel den geraden<lb/>
Weg zum Teuffel kommen/ erhebte &#x017F;eine Augen in die Ho&#x0364;he/<lb/>
und erblickt den Bettler Lazarum in gro&#x0364;&#x017F;ter Glory auf der Schos<lb/>
deß Abraham/ und weil ihn nichts mehrers qua&#x0364;lte als &#x017F;eine feurige<lb/>
Zung/ die zuvor &#x017F;ta&#x0364;ts in der Kandel ge&#x017F;chwummen/ al&#x017F;o hat er<lb/>
wehemu&#x0364;tig aufge&#x017F;chryen/ und nur umb diß bittlich angehalten/<lb/>
daß der Lazarus nur das a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te &#x017F;eines Fingers in das Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
duncke/ und &#x017F;eine Zung in etwas ku&#x0364;hle. O ewig unglu&#x0364;ck&#x017F;eeliger<lb/>
Men&#x017F;ch! Etliche wenige Tropffen werden dir dein Ubel nit wen-<lb/>
den/ aber zuvor ha&#x0364;tte&#x017F;t du mit einem Tropffen gar leicht ko&#x0364;nnen<lb/>
die Ho&#x0364;ll auslo&#x0364;&#x017F;chen; die&#x017F;er Tropff i&#x017F;t gewe&#x017F;t der Lazarus/ ein ar-<lb/>
mer Tropff/ ein elender Tropff; ein verla&#x017F;&#x017F;ener Tropff/ wann du<lb/>
dich &#x017F;einer ha&#x0364;tte&#x017F;t erbarmbt; &#x017F;o ha&#x0364;tt &#x017F;ich auch gewiß GOTT dei-<lb/>
ner erbarmbt.</p><lb/>
        <p>Alles die&#x017F;es i&#x017F;t nur gar zu wahr/ &#x017F;agt einer/ ich weiß daß<lb/>
nach <hi rendition="#aq">Numero</hi> 7. das achte folgt/ daß auf die &#x017F;ieben Werck der<lb/>
Barmhertzigkeit unfehlbar folgen die acht Seeligkeiten/ ich weiß<lb/>
daß zu Wienn der Heilige <hi rendition="#aq">Severinus</hi> &#x017F;ich der Armen &#x017F;tarck an-<lb/>
genommen: Merckts Wienner: Jch weiß/ daß zu Praa der<lb/>
heilige <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Wenceslaus</hi></hi> den Armen viel Guts gethan: Merckts Pra-<lb/>
ger: Jch weiß/ daß zu Saltzburg die heilige <hi rendition="#aq">Erntrudis</hi> auf dem<lb/>
Nonnberg fa&#x017F;t immer zu &#x017F;ich bey den Armen aufgehalten/ &#x017F;ie &#x017F;o<lb/>
<fw type="sig" place="bottom"><hi rendition="#aq">Pars IV.</hi> E e e</fw><fw type="catch" place="bottom">daß</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[401/0413] thut das Gute unterlaſſen. armen ſtummen Betler zu Huͤlff kombt/ den wird GOtt am juͤng- ſten Tag mit dem Venite anreden; der einen armen Ausſaͤtzigen nit veracht/ der macht ihme ſelbſt einen groſſen Zuſatz zu ſeinen Verdienſten: der die arme Hungerige ſpeiſt/ der hat ſchon ein Lad- ſchreiben in Haͤnden zu dem himmliſchen Nachtmahl: der die ar- me Nackende bekleidt/ der hat ſein hochzeitliches Kleid ſtattlich verbraͤmbt: der die arme Frembde beherbergt/ dem ıſt ſein Quar- tier im Himmel angeſchrieben: der die arme Gefangene erloͤſet/ der iſt von der ewigen Gefaͤngnus befreyet. Jener Weın-Schlauch und Wampen-Vogt/ nachdem er vom Schlag getroffen worden/ und von der Taffel den geraden Weg zum Teuffel kommen/ erhebte ſeine Augen in die Hoͤhe/ und erblickt den Bettler Lazarum in groͤſter Glory auf der Schos deß Abraham/ und weil ihn nichts mehrers quaͤlte als ſeine feurige Zung/ die zuvor ſtaͤts in der Kandel geſchwummen/ alſo hat er wehemuͤtig aufgeſchryen/ und nur umb diß bittlich angehalten/ daß der Lazarus nur das aͤuſſerſte ſeines Fingers in das Waſſer duncke/ und ſeine Zung in etwas kuͤhle. O ewig ungluͤckſeeliger Menſch! Etliche wenige Tropffen werden dir dein Ubel nit wen- den/ aber zuvor haͤtteſt du mit einem Tropffen gar leicht koͤnnen die Hoͤll ausloͤſchen; dieſer Tropff iſt geweſt der Lazarus/ ein ar- mer Tropff/ ein elender Tropff; ein verlaſſener Tropff/ wann du dich ſeiner haͤtteſt erbarmbt; ſo haͤtt ſich auch gewiß GOTT dei- ner erbarmbt. Alles dieſes iſt nur gar zu wahr/ ſagt einer/ ich weiß daß nach Numero 7. das achte folgt/ daß auf die ſieben Werck der Barmhertzigkeit unfehlbar folgen die acht Seeligkeiten/ ich weiß daß zu Wienn der Heilige Severinus ſich der Armen ſtarck an- genommen: Merckts Wienner: Jch weiß/ daß zu Praa der heilige Wenceslaus den Armen viel Guts gethan: Merckts Pra- ger: Jch weiß/ daß zu Saltzburg die heilige Erntrudis auf dem Nonnberg faſt immer zu ſich bey den Armen aufgehalten/ ſie ſo daß Pars IV. E e e

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/413
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/413>, abgerufen am 04.12.2024.