Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas ein Dieb Geistlicher Güter.
Wunderwerck aller Orten lautmährig gemacht werde. Der
fromme Frater vermerckt hierinfalls den wenigsten Betrug lauft
voller Freuden zu der Obrigkeit hinauf über drey Stiegen; un-
terdessen hat sich der vermessene Schelm ohngesaumt zu der Sa-
cristey hinaus gemacht/ dem auch der Portner/ weil ihme die Co-
moedi
noch nit bewust/ gern die Thür eröffnet. Wie nachmah-
len die meiste Geistliche in die Kirchen geloffen/ der Meinung den
krumpen Dieb zusehen/ ware der Ertzvogel durch sein erdachten
Arglists schon ausgeflogen/ doch das Miracul hinterlassen/ Scili-
cet,
daß er aus einem krumpen gerad worden. Wer hat doch
mit der Güte GOttes können vermessner umgehen/ als dieser
schalckhaffte Bößwicht? und ja höchst zu verwundern/ daß Gott
nit alsobald solche Frechheit gestrafft: Aber der Höchste hat zu
weilen einige Gedult/ und erwarte die Zeit/ da er nachmals mit
der bißhero eingeweichten Ruthen besser darein schlagt/ wie dann
besagter Ertz-Rauber wegen anderer begangenen Diebställ nicht
lang hernach unter des Henckers Händen die schon längst ver-
diente Straff hat müssen ausstehen.

Endlich lassen wir denen Kirchen das Jhrige/ sagt mani-
cher/ aber den Pfaffen thut es wohl/ wann man ihnen wacker
schrepfft/ warum sollen sie also reich seyn? ihr Leben soll Aposto-
lisch seyn/ ja wol Apostolisch/ vielmehr Aprostolisch: die Apostel
haben weder Pfenning noch Heller bey sich getragen/ ja die gan-
tze Welt ausgereist/ allenthalben das wahre Christi Evange-
lium ausgearbeitet/ und dannoch weder Batzen noch Groschen in
allen ihren Vermögen gehabt/ so gar nit einmal einen Sack
oder Beutel mit sich getragen. Aber der Zeit sind man nirgends
wo mehr Geld und Reichthum als bey denen Geistlichen. Vor
diesem und zwar bey Anfang deß Catholischen Glaubens fande
man bey denen Geistlichen ein rauhes Leben/ jetzt aber ein rei-
ches Leben. Wol recht hat die reiche Silber-Gruben im Kö-
nigreich Böheim von einer Pfaffen Kutten ihren Namen/ und
wird Kuttenberg genennt/ dann ja das meiste Silber und Gold

bey
Pars IV. K

Judas ein Dieb Geiſtlicher Guͤter.
Wunderwerck aller Orten lautmaͤhrig gemacht werde. Der
from̃e Frater vermerckt hierinfalls den wenigſten Betrug lauft
voller Freuden zu der Obrigkeit hinauf uͤber drey Stiegen; un-
terdeſſen hat ſich der vermeſſene Schelm ohngeſaumt zu der Sa-
criſtey hinaus gemacht/ dem auch der Portner/ weil ihme die Co-
mœdi
noch nit bewuſt/ gern die Thuͤr eroͤffnet. Wie nachmah-
len die meiſte Geiſtliche in die Kirchen geloffen/ der Meinung den
krumpen Dieb zuſehen/ ware der Ertzvogel durch ſein erdachten
Argliſts ſchon ausgeflogen/ doch das Miracul hinterlaſſen/ Scili-
cet,
daß er aus einem krumpen gerad worden. Wer hat doch
mit der Guͤte GOttes koͤnnen vermeſſner umgehen/ als dieſer
ſchalckhaffte Boͤßwicht? und ja hoͤchſt zu verwundern/ daß Gott
nit alſobald ſolche Frechheit geſtrafft: Aber der Hoͤchſte hat zu
weilen einige Gedult/ und erwarte die Zeit/ da er nachmals mit
der bißhero eingeweichten Ruthen beſſer darein ſchlagt/ wie dann
beſagter Ertz-Rauber wegen anderer begangenen Diebſtaͤll nicht
lang hernach unter des Henckers Haͤnden die ſchon laͤngſt ver-
diente Straff hat muͤſſen ausſtehen.

Endlich laſſen wir denen Kirchen das Jhrige/ ſagt mani-
cher/ aber den Pfaffen thut es wohl/ wann man ihnen wacker
ſchrepfft/ warum ſollen ſie alſo reich ſeyn? ihr Leben ſoll Apoſto-
liſch ſeyn/ ja wol Apoſtoliſch/ vielmehr Aproſtoliſch: die Apoſtel
haben weder Pfenning noch Heller bey ſich getragen/ ja die gan-
tze Welt ausgereiſt/ allenthalben das wahre Chriſti Evange-
lium ausgearbeitet/ und dannoch weder Batzen noch Groſchen in
allen ihren Vermoͤgen gehabt/ ſo gar nit einmal einen Sack
oder Beutel mit ſich getragen. Aber der Zeit ſind man nirgends
wo mehr Geld und Reichthum als bey denen Geiſtlichen. Vor
dieſem und zwar bey Anfang deß Catholiſchen Glaubens fande
man bey denen Geiſtlichen ein rauhes Leben/ jetzt aber ein rei-
ches Leben. Wol recht hat die reiche Silber-Gruben im Koͤ-
nigreich Boͤheim von einer Pfaffen Kutten ihren Namen/ und
wird Kuttenberg genennt/ dann ja das meiſte Silber und Gold

bey
Pars IV. K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0085" n="75[73]"/><fw type="header" place="top">Judas ein Dieb Gei&#x017F;tlicher Gu&#x0364;ter.</fw><lb/>
Wunderwerck aller Orten lautma&#x0364;hrig gemacht werde. Der<lb/>
from&#x0303;e <hi rendition="#aq">Frater</hi> vermerckt hierinfalls den wenig&#x017F;ten Betrug lauft<lb/>
voller Freuden zu der Obrigkeit hinauf u&#x0364;ber drey Stiegen; un-<lb/>
terde&#x017F;&#x017F;en hat &#x017F;ich der verme&#x017F;&#x017F;ene Schelm ohnge&#x017F;aumt zu der Sa-<lb/>
cri&#x017F;tey hinaus gemacht/ dem auch der Portner/ weil ihme die <hi rendition="#aq">Co-<lb/>
m&#x0153;di</hi> noch nit bewu&#x017F;t/ gern die Thu&#x0364;r ero&#x0364;ffnet. Wie nachmah-<lb/>
len die mei&#x017F;te Gei&#x017F;tliche in die Kirchen geloffen/ der Meinung den<lb/>
krumpen Dieb zu&#x017F;ehen/ ware der Ertzvogel durch &#x017F;ein erdachten<lb/>
Argli&#x017F;ts &#x017F;chon ausgeflogen/ doch das Miracul hinterla&#x017F;&#x017F;en/ <hi rendition="#aq">Scili-<lb/>
cet,</hi> daß er aus einem krumpen gerad worden. Wer hat doch<lb/>
mit der Gu&#x0364;te GOttes ko&#x0364;nnen verme&#x017F;&#x017F;ner umgehen/ als die&#x017F;er<lb/>
&#x017F;chalckhaffte Bo&#x0364;ßwicht? und ja ho&#x0364;ch&#x017F;t zu verwundern/ daß Gott<lb/>
nit al&#x017F;obald &#x017F;olche Frechheit ge&#x017F;trafft: Aber der Ho&#x0364;ch&#x017F;te hat zu<lb/>
weilen einige Gedult/ und erwarte die Zeit/ da er nachmals mit<lb/>
der bißhero eingeweichten Ruthen be&#x017F;&#x017F;er darein &#x017F;chlagt/ wie dann<lb/>
be&#x017F;agter Ertz-Rauber wegen anderer begangenen Dieb&#x017F;ta&#x0364;ll nicht<lb/>
lang hernach unter des Henckers Ha&#x0364;nden die &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t ver-<lb/>
diente Straff hat mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en aus&#x017F;tehen.</p><lb/>
        <p>Endlich la&#x017F;&#x017F;en wir denen Kirchen das Jhrige/ &#x017F;agt mani-<lb/>
cher/ aber den Pfaffen thut es wohl/ wann man ihnen wacker<lb/>
&#x017F;chrepfft/ warum &#x017F;ollen &#x017F;ie al&#x017F;o reich &#x017F;eyn? ihr Leben &#x017F;oll Apo&#x017F;to-<lb/>
li&#x017F;ch &#x017F;eyn/ ja wol Apo&#x017F;toli&#x017F;ch/ vielmehr Apro&#x017F;toli&#x017F;ch: die Apo&#x017F;tel<lb/>
haben weder Pfenning noch Heller bey &#x017F;ich getragen/ ja die gan-<lb/>
tze Welt ausgerei&#x017F;t/ allenthalben das wahre Chri&#x017F;ti Evange-<lb/>
lium ausgearbeitet/ und dannoch weder Batzen noch Gro&#x017F;chen in<lb/>
allen ihren Vermo&#x0364;gen gehabt/ &#x017F;o gar nit einmal einen Sack<lb/>
oder Beutel mit &#x017F;ich getragen. Aber der Zeit &#x017F;ind man nirgends<lb/>
wo mehr Geld und Reichthum als bey denen Gei&#x017F;tlichen. Vor<lb/>
die&#x017F;em und zwar bey Anfang deß Catholi&#x017F;chen Glaubens fande<lb/>
man bey denen Gei&#x017F;tlichen ein rauhes Leben/ jetzt aber ein rei-<lb/>
ches Leben. Wol recht hat die reiche Silber-Gruben im Ko&#x0364;-<lb/>
nigreich Bo&#x0364;heim von einer Pfaffen Kutten ihren Namen/ und<lb/>
wird Kuttenberg genennt/ dann ja das mei&#x017F;te Silber und Gold<lb/>
<fw type="sig" place="bottom"><hi rendition="#aq">Pars IV.</hi> K</fw><fw type="catch" place="bottom">bey</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75[73]/0085] Judas ein Dieb Geiſtlicher Guͤter. Wunderwerck aller Orten lautmaͤhrig gemacht werde. Der from̃e Frater vermerckt hierinfalls den wenigſten Betrug lauft voller Freuden zu der Obrigkeit hinauf uͤber drey Stiegen; un- terdeſſen hat ſich der vermeſſene Schelm ohngeſaumt zu der Sa- criſtey hinaus gemacht/ dem auch der Portner/ weil ihme die Co- mœdi noch nit bewuſt/ gern die Thuͤr eroͤffnet. Wie nachmah- len die meiſte Geiſtliche in die Kirchen geloffen/ der Meinung den krumpen Dieb zuſehen/ ware der Ertzvogel durch ſein erdachten Argliſts ſchon ausgeflogen/ doch das Miracul hinterlaſſen/ Scili- cet, daß er aus einem krumpen gerad worden. Wer hat doch mit der Guͤte GOttes koͤnnen vermeſſner umgehen/ als dieſer ſchalckhaffte Boͤßwicht? und ja hoͤchſt zu verwundern/ daß Gott nit alſobald ſolche Frechheit geſtrafft: Aber der Hoͤchſte hat zu weilen einige Gedult/ und erwarte die Zeit/ da er nachmals mit der bißhero eingeweichten Ruthen beſſer darein ſchlagt/ wie dann beſagter Ertz-Rauber wegen anderer begangenen Diebſtaͤll nicht lang hernach unter des Henckers Haͤnden die ſchon laͤngſt ver- diente Straff hat muͤſſen ausſtehen. Endlich laſſen wir denen Kirchen das Jhrige/ ſagt mani- cher/ aber den Pfaffen thut es wohl/ wann man ihnen wacker ſchrepfft/ warum ſollen ſie alſo reich ſeyn? ihr Leben ſoll Apoſto- liſch ſeyn/ ja wol Apoſtoliſch/ vielmehr Aproſtoliſch: die Apoſtel haben weder Pfenning noch Heller bey ſich getragen/ ja die gan- tze Welt ausgereiſt/ allenthalben das wahre Chriſti Evange- lium ausgearbeitet/ und dannoch weder Batzen noch Groſchen in allen ihren Vermoͤgen gehabt/ ſo gar nit einmal einen Sack oder Beutel mit ſich getragen. Aber der Zeit ſind man nirgends wo mehr Geld und Reichthum als bey denen Geiſtlichen. Vor dieſem und zwar bey Anfang deß Catholiſchen Glaubens fande man bey denen Geiſtlichen ein rauhes Leben/ jetzt aber ein rei- ches Leben. Wol recht hat die reiche Silber-Gruben im Koͤ- nigreich Boͤheim von einer Pfaffen Kutten ihren Namen/ und wird Kuttenberg genennt/ dann ja das meiſte Silber und Gold bey Pars IV. K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/85
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 75[73]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/85>, abgerufen am 04.12.2024.