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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Dreyzehende Geistliche Lection
gemeldet hatte: der jenigen aber/ so euch als eine Obrigkeit ist vorgestellet/
derselbe schätze sich nicht glückselig/ daß er mit Macht hersche/ sondern er-
frewe sich/ daß er euch mit brüderlicher Lieb dienen könne; er soll in Forcht
vor GOtt zu euren Füssen liegen: auch soll er allen zum besten einem jeden
ein Spiegel der guten Wercke seyn: so redet dann dieser heilige Vatter von
einem guten Vorsteher/ so da innerlich und äusserlich gut ist; und nichts de-
sto weniger sagt er/ daß dieser in grosser Gefahr seiner Seeligkeit lebe/ und
derowegen armselig könne genennet werden: ja was noch mehr ist/ er be-
filcht/ daß wir Untergebene desselben uns erbarmen sollen/ und sagt/ erbar-
met euch seiner:
Man erbarmet sich aber keines/ der nicht in Armselig-
keit stecket/ und deß erbarmens nöthig hat. Jn Armseligkeit sag ich/ ist der
jenige/ so über andere zu richten gesetzt ist: und ist diese nicht die gröste Arm-
seligkeit/ nemblich den Sünden/ als den schwäristen Ubelen aller Ubeln/ mehr
als andere unterworffen zu seyn? Die aber zu Vorstehere gestellt seynd/
müssen diesen Ubelen gemeiniglich unterliegen/ wie gnugsamb bewiesen ist
In Opusc.
de Erudi-
tione
Princ. c.

1.
auch bekräfftiget solches der heilige Thomas mit diesen Worten: die jeni-
ge so grosse Gewalt haben/ seynd öffter schwächer der Seelen nach/ als an-
dere; weil sie wenigere Gewalt haben dem Teuffel und den Lastern zu wi-
derstehen: und ein wenig hernach bekräfftiget er das obige und sagt: dersel-
bige Stand ist gefährlich/ so viel die Seel betrifft; dann es kan einer in sol-
ehem Stand schwärlich ohne Sünden leben. Dieweil wir nun vernünff-
tiglich sehliessen/ daß die künfftige Sünden zur Straff der vorhin began-
genen von dem gerechten göttlichen Richter vielmahl zugelassen werden;
so müssen wir auch darfür halten/ daß die Vorstehung eine Straff seye der
[l]oc. cit.begangenen Sünden: dieses bevestiget noch mehr der erwehnte heilige Tho-
mas mit folgenden Worten: die irrdische Gewalt; Krafft deren ein Mensch
über andere Menschen ist/ ist keine Sach der Naturen/ sondern eine Nach-
solgerin der Schuld:

6. Jst diesem also; wie närrisch seynd dann die jenige/ welche nach hohen
Würden trachten! dieß muß ich sagen/ daß die jenige/ so einige Würden
Homil.
34. ad illa
verba
Hebr. 13.
Ipsi. per-
vig
Inmedio
Chr. c.
32.
auch in dem Geistlichen Stand verlangen/ oder die auffgetragene Ehr mit
fröhlichem Gemüth annehmen/ sie seyen auch/ wer sie wollen; blind/
und aller heilsamen Forcht GOTTES entblöset seyen: insonder-
heit/ dader heilige Chrysostomus hiervon also rede; Zu verwun-
dern wärs/ wann einer von denen/ so andere re-
gieren/ solte seelig werden:
Diese seine Wort erläutert er

mit

Die Dreyzehende Geiſtliche Lection
gemeldet hatte: der jenigen aber/ ſo euch als eine Obrigkeit iſt vorgeſtellet/
derſelbe ſchaͤtze ſich nicht gluͤckſelig/ daß er mit Macht herſche/ ſondern er-
frewe ſich/ daß er euch mit bruͤderlicher Lieb dienen koͤnne; er ſoll in Forcht
vor GOtt zu euren Fuͤſſen liegen: auch ſoll er allen zum beſten einem jeden
ein Spiegel der guten Wercke ſeyn: ſo redet dann dieſer heilige Vatter von
einem guten Vorſteher/ ſo da innerlich und aͤuſſerlich gut iſt; und nichts de-
ſto weniger ſagt er/ daß dieſer in groſſer Gefahr ſeiner Seeligkeit lebe/ und
derowegen armſelig koͤnne genennet werden: ja was noch mehr iſt/ er be-
filcht/ daß wir Untergebene deſſelben uns erbarmen ſollen/ und ſagt/ erbar-
met euch ſeiner:
Man erbarmet ſich aber keines/ der nicht in Armſelig-
keit ſtecket/ und deß erbarmens noͤthig hat. Jn Armſeligkeit ſag ich/ iſt der
jenige/ ſo uͤber andere zu richten geſetzt iſt: und iſt dieſe nicht die groͤſte Arm-
ſeligkeit/ nemblich den Suͤnden/ als den ſchwaͤriſten Ubelen aller Ubeln/ mehr
als andere unterworffen zu ſeyn? Die aber zu Vorſtehere geſtellt ſeynd/
muͤſſen dieſen Ubelen gemeiniglich unterliegen/ wie gnugſamb bewieſen iſt
In Opuſc.
de Erudi-
tione
Princ. c.

1.
auch bekraͤfftiget ſolches der heilige Thomas mit dieſen Worten: die jeni-
ge ſo groſſe Gewalt haben/ ſeynd oͤffter ſchwaͤcher der Seelen nach/ als an-
dere; weil ſie wenigere Gewalt haben dem Teuffel und den Laſtern zu wi-
derſtehen: und ein wenig hernach bekraͤfftiget er das obige und ſagt: derſel-
bige Stand iſt gefaͤhrlich/ ſo viel die Seel betrifft; dann es kan einer in ſol-
ehem Stand ſchwaͤrlich ohne Suͤnden leben. Dieweil wir nun vernuͤnff-
tiglich ſehlieſſen/ daß die kuͤnfftige Suͤnden zur Straff der vorhin began-
genen von dem gerechten goͤttlichen Richter vielmahl zugelaſſen werden;
ſo muͤſſen wir auch darfuͤr halten/ daß die Vorſtehung eine Straff ſeye der
[l]oc. cit.begangenen Suͤnden: dieſes beveſtiget noch mehr der erwehnte heilige Tho-
mas mit folgenden Worten: die irrdiſche Gewalt; Krafft deren ein Menſch
uͤber andere Menſchen iſt/ iſt keine Sach der Naturen/ ſondern eine Nach-
ſolgerin der Schuld:

6. Jſt dieſem alſo; wie naͤrriſch ſeynd dann die jenige/ welche nach hohen
Wuͤrden trachten! dieß muß ich ſagen/ daß die jenige/ ſo einige Wuͤrden
Homil.
34. ad illa
verba
Hebr. 13.
Ipſi. per-
vig
Inmedio
Chr. c.
32.
auch in dem Geiſtlichen Stand verlangen/ oder die auffgetragene Ehr mit
froͤhlichem Gemuͤth annehmen/ ſie ſeyen auch/ wer ſie wollen; blind/
und aller heilſamen Forcht GOTTES entbloͤſet ſeyen: inſonder-
heit/ dader heilige Chryſoſtomus hiervon alſo rede; Zu verwun-
dern waͤrs/ wann einer von denen/ ſo andere re-
gieren/ ſolte ſeelig werden:
Dieſe ſeine Wort erlaͤutert er

mit
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[148/0176] Die Dreyzehende Geiſtliche Lection gemeldet hatte: der jenigen aber/ ſo euch als eine Obrigkeit iſt vorgeſtellet/ derſelbe ſchaͤtze ſich nicht gluͤckſelig/ daß er mit Macht herſche/ ſondern er- frewe ſich/ daß er euch mit bruͤderlicher Lieb dienen koͤnne; er ſoll in Forcht vor GOtt zu euren Fuͤſſen liegen: auch ſoll er allen zum beſten einem jeden ein Spiegel der guten Wercke ſeyn: ſo redet dann dieſer heilige Vatter von einem guten Vorſteher/ ſo da innerlich und aͤuſſerlich gut iſt; und nichts de- ſto weniger ſagt er/ daß dieſer in groſſer Gefahr ſeiner Seeligkeit lebe/ und derowegen armſelig koͤnne genennet werden: ja was noch mehr iſt/ er be- filcht/ daß wir Untergebene deſſelben uns erbarmen ſollen/ und ſagt/ erbar- met euch ſeiner: Man erbarmet ſich aber keines/ der nicht in Armſelig- keit ſtecket/ und deß erbarmens noͤthig hat. Jn Armſeligkeit ſag ich/ iſt der jenige/ ſo uͤber andere zu richten geſetzt iſt: und iſt dieſe nicht die groͤſte Arm- ſeligkeit/ nemblich den Suͤnden/ als den ſchwaͤriſten Ubelen aller Ubeln/ mehr als andere unterworffen zu ſeyn? Die aber zu Vorſtehere geſtellt ſeynd/ muͤſſen dieſen Ubelen gemeiniglich unterliegen/ wie gnugſamb bewieſen iſt auch bekraͤfftiget ſolches der heilige Thomas mit dieſen Worten: die jeni- ge ſo groſſe Gewalt haben/ ſeynd oͤffter ſchwaͤcher der Seelen nach/ als an- dere; weil ſie wenigere Gewalt haben dem Teuffel und den Laſtern zu wi- derſtehen: und ein wenig hernach bekraͤfftiget er das obige und ſagt: derſel- bige Stand iſt gefaͤhrlich/ ſo viel die Seel betrifft; dann es kan einer in ſol- ehem Stand ſchwaͤrlich ohne Suͤnden leben. Dieweil wir nun vernuͤnff- tiglich ſehlieſſen/ daß die kuͤnfftige Suͤnden zur Straff der vorhin began- genen von dem gerechten goͤttlichen Richter vielmahl zugelaſſen werden; ſo muͤſſen wir auch darfuͤr halten/ daß die Vorſtehung eine Straff ſeye der begangenen Suͤnden: dieſes beveſtiget noch mehr der erwehnte heilige Tho- mas mit folgenden Worten: die irrdiſche Gewalt; Krafft deren ein Menſch uͤber andere Menſchen iſt/ iſt keine Sach der Naturen/ ſondern eine Nach- ſolgerin der Schuld: In Opuſc. de Erudi- tione Princ. c. 1. loc. cit. 6. Jſt dieſem alſo; wie naͤrriſch ſeynd dann die jenige/ welche nach hohen Wuͤrden trachten! dieß muß ich ſagen/ daß die jenige/ ſo einige Wuͤrden auch in dem Geiſtlichen Stand verlangen/ oder die auffgetragene Ehr mit froͤhlichem Gemuͤth annehmen/ ſie ſeyen auch/ wer ſie wollen; blind/ und aller heilſamen Forcht GOTTES entbloͤſet ſeyen: inſonder- heit/ dader heilige Chryſoſtomus hiervon alſo rede; Zu verwun- dern waͤrs/ wann einer von denen/ ſo andere re- gieren/ ſolte ſeelig werden: Dieſe ſeine Wort erlaͤutert er mit Homil. 34. ad illa verba Hebr. 13. Ipſi. per- vig Inmedio Chr. c. 32.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/176>, abgerufen am 26.11.2024.