Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die vierzehende Geistliche Lection Laurentius Justinianus lasset sich auch hören mit dieser Stimm: Was istIn Ligno Vitae Tract. de Paup. c. 4.besser als die Armut : was ist sicherer : was annehmli- cher : lasset alle traurig seyn/ last alle seuffzen/ und wann schon sich alle förchten; so ist doch diese allzeit frölich und freudich eusserlich und innerlich: sie wartet auff das himm- lische Gut/ und versichert sich selbiges zu besitzen im Himmel/ derhalben hat sie nichts zu verlieren auff Erden: sie schwinget sich öffter zu dem himmlischen Vatterland; da sie weiß zu empfangen ihre Belohnung. Und gleich wie/ nach den Worten deß heiligen Ambrosii/ die zeitliche Güter seynd die Werckzeug aller Lastern; also ist deren Verläugnung eine Gebärerin und Ernährerin aller Tugenden. 2. Diese Armut hat unser Heyland so sehr geliebt/ daß er in dem Eingang hats
Die vierzehende Geiſtliche Lection Laurentius Juſtinianus laſſet ſich auch hoͤren mit dieſer Stimm: Was iſtIn Ligno Vitæ Tract. de Paup. c. 4.beſſer als die Armut : was iſt ſicherer : was annehmli- cher : laſſet alle traurig ſeyn/ laſt alle ſeuffzen/ und wann ſchon ſich alle foͤrchten; ſo iſt doch dieſe allzeit froͤlich und freudich euſſerlich und innerlich: ſie wartet auff das himm- liſche Gut/ und verſichert ſich ſelbiges zu beſitzen im Himmel/ derhalben hat ſie nichts zu verlieren auff Erden: ſie ſchwinget ſich oͤffter zu dem himmliſchen Vatterland; da ſie weiß zu empfangen ihre Belohnung. Und gleich wie/ nach den Worten deß heiligen Ambroſii/ die zeitliche Guͤter ſeynd die Werckzeug aller Laſtern; alſo iſt deren Verlaͤugnung eine Gebaͤrerin und Ernaͤhrerin aller Tugenden. 2. Dieſe Armut hat unſer Heyland ſo ſehr geliebt/ daß er in dem Eingang hats
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Die vierzehende Geiſtliche Lection
Laurentius Juſtinianus laſſet ſich auch hoͤren mit dieſer Stimm: Was iſt
beſſer als die Armut : was iſt ſicherer : was annehmli-
cher : laſſet alle traurig ſeyn/ laſt alle ſeuffzen/ und wann
ſchon ſich alle foͤrchten; ſo iſt doch dieſe allzeit froͤlich und
freudich euſſerlich und innerlich: ſie wartet auff das himm-
liſche Gut/ und verſichert ſich ſelbiges zu beſitzen im
Himmel/ derhalben hat ſie nichts zu verlieren auff Erden:
ſie ſchwinget ſich oͤffter zu dem himmliſchen Vatterland;
da ſie weiß zu empfangen ihre Belohnung. Und gleich wie/
nach den Worten deß heiligen Ambroſii/ die zeitliche Guͤter ſeynd die
Werckzeug aller Laſtern; alſo iſt deren Verlaͤugnung eine Gebaͤrerin und
Ernaͤhrerin aller Tugenden.
In Ligno
Vitæ
Tract. de
Paup. c.
4.
2. Dieſe Armut hat unſer Heyland ſo ſehr geliebt/ daß er in dem Eingang
zu dieſer Welt dieſelbige als eine werte Mutter mit unglaublicher Freud und
hertzlicher Affection umbhaͤlſet und gekuͤſſet. Von welcher der Hoͤnig-
flieſſende Bernardus alſo redet: Jm Himmel ware keine Armut zu-
finden; aber auff Erden war ſie uͤberfluͤſſig: den armen Menſchen ware der
groſſe Werth dieſer Tugend unbekandt: derhalben iſt auß Begierd derſel-
ben der Sohn GOttes vom Himmel herab geſtiegen/ damit er ſie ſich auß-
erwaͤhlete/ und durch ſothane eigene Groß- Schaͤtzung uns den Werth
dieſer herrlichen Tugend beſtermaſſen anbefehlen moͤgte. Allen iſt gnug-
ſamb bekandt/ daß der Sohn GOttes ſo arm geweſen/ daß er auch zumah-
len keinen Platz in einiger Herberg hat finden koͤnnen/ und derhalben in
den Stall einkehren muͤſſen. Jn keinem ſanfften Bett iſt er gebohren/ und
hat in das ſcharffe Heu wollen niedergelegt werden: und was hat er nach-
mahln in der Flucht nach Ægypten mit ſeiner allerliebſten Mutter Maria
und ſeinem Pfleg-Vatter Joſeph nicht außgeſtanden? Was vor Mangel
und Gebrechen haben dieſe drey nicht erlitten? da ſie in die ſieben Jahr lang
unter den wilden Menſchen gelebet/ hats ihnen offtmahlen an Brod ge-
manglet. Was ſoll ich melden von ihrer armſeligen Wohnung/ ſo in dem
Graben eines verfallenen Hauſes beſtanden; dieweiln ſie niemand hat auff-
nehmen wollen: Jch geſchweige die uͤbrige Ungemaͤchlichkeiten/ ſo ſich in
der gleichen Logimenten finden laſſen. Die Bette Mariaͤ und Joſephs ſeynd
die harte Erd und die Wiegen fuͤr das liebe Kindlein JESUS ſeynd auß
bloſen Brettern zuſammen gefuͤgt geweſen. Q wie offt hat dieſes Goͤtt-
liche und zarte Kindelin ein gutes Haupt-Kuͤſſen vonnoͤthen gehabt/ und
hats
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