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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die vierzehente Geistliche Lection

6. Auff daß uns aber noch mehr kundbahr werde/ mit was grossem Haß
die Diener GOTTES alles Gelt immer zu verfolgt haben; so wollen
L. 6. n.19.wir für dießmahl den Pelagium reden lassen: Es ware zu sicherer Zeit ein sehr
reicher Mann in die Wüsten Scithi kommen mit vielem Geld beladen/ und
ware Vorhabens selbiges dem bedürfftigen Geistlichen durch den Vorste-
her deß Orths außzutheilen: da ihm aber dieser geantwortet/ daß die Brüder
keines Gelds bedürfftig seyen/ und er damit nicht vergnügt seyn wollen; hat
ihm der Alte gerathen/ er solle all sein Geld an die Kirch-Thüren hinlegen/
auff daß ein jeder nach seinem Belieben darvon nehmen möchte: O Wun-
der! indem alle im hinein gehen den Außschreyer gehöret; so hat doch von
sämbtlichen diesen Einsidlern keiner auch den geringsten Heller angenom-
men: ja so gar haben viele das außgespreitete Geld nicht einmahl angesehen:
dann sie wusten wohl/ daß der beste Schatz eines Geistlichen seye die Armut:
und welcher diesen nicht besitzet/ der kan wohl arm an Verdiensten und auch
L. 3. De-
monstr.
c.7.
Collat. 5.
c.
8.
armselig genennet werden: diese Armut/ wie der gottselige Eusebius sagt/
haben alle H. H. Apostelen als ein Mittel zur Vollkommenheit geküsset;
und alle geistliche Männer als eine Braut verehret; daß also der hocher-
leuchte Cassianus sagt von den Einsidlern seiner Zeit: Es seynd ihrer viele
tausend/ so nach ihrer ersten Absagung nicht einen Heller haben/ noch ha-
c. ult.ben wollen/ ob man schon ihnen überflüssiges Geld anerbotten hat. Der
vorerwehnte Eusebius schreibt auch/ daß der König Abagarus, so von dem
heiligen Apostel Thadaeo geheylet worden/ demselben zu schuldiger Danck-
barkeit viel gezeichnetes/ und auch rauhen Golds praesentiret: welches der
Apostel verschmähet und gesagt: wann wir das unserige verlassen haben/
wie können wir dann das frembde annehmen? Siehest du mein Christlich-
Seel/ was in den vorigen Zeiten vor Einsidler und Closter-Geistliche gewe-
sen? und wann schon dergleichen bey heutiger Welt nicht alle gefunden wer-
den/ so zweiffele ich doch nicht/ es werden noch viele seyn/ die sothane Ge-
schenck auß Lieb der Armut nicht allein nicht verlangen; sondern auch die an-
erbottene verachten.

Der Andere Theil.

7. NUn ist aber zu wissen/ daß der jenige/ so die Güter der Welt freywillig
von sich geworffen/ und mit den Aposteln alles verlassen hat; nicht

werde
Die vierzehente Geiſtliche Lection

6. Auff daß uns aber noch mehr kundbahr werde/ mit was groſſem Haß
die Diener GOTTES alles Gelt immer zu verfolgt haben; ſo wollen
L. 6. n.19.wir fuͤr dießmahl den Pelagium reden laſſen: Es ware zu ſicherer Zeit ein ſehr
reicher Mann in die Wuͤſten Scithi kommen mit vielem Geld beladen/ und
ware Vorhabens ſelbiges dem beduͤrfftigen Geiſtlichen durch den Vorſte-
her deß Orths außzutheilen: da ihm aber dieſer geantwortet/ daß die Bruͤder
keines Gelds beduͤrfftig ſeyen/ und er damit nicht vergnuͤgt ſeyn wollen; hat
ihm der Alte gerathen/ er ſolle all ſein Geld an die Kirch-Thuͤren hinlegen/
auff daß ein jeder nach ſeinem Belieben darvon nehmen moͤchte: O Wun-
der! indem alle im hinein gehen den Außſchreyer gehoͤret; ſo hat doch von
ſaͤmbtlichen dieſen Einſidlern keiner auch den geringſten Heller angenom-
men: ja ſo gar haben viele das außgeſpreitete Geld nicht einmahl angeſehen:
dann ſie wuſten wohl/ daß der beſte Schatz eines Geiſtlichen ſeye die Armut:
und welcher dieſen nicht beſitzet/ der kan wohl arm an Verdienſten und auch
L. 3. De-
monſtr.
c.7.
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8.
armſelig genennet werden: dieſe Armut/ wie der gottſelige Euſebius ſagt/
haben alle H. H. Apoſtelen als ein Mittel zur Vollkommenheit gekuͤſſet;
und alle geiſtliche Maͤnner als eine Braut verehret; daß alſo der hocher-
leuchte Caſſianus ſagt von den Einſidlern ſeiner Zeit: Es ſeynd ihrer viele
tauſend/ ſo nach ihrer erſten Abſagung nicht einen Heller haben/ noch ha-
c. ult.ben wollen/ ob man ſchon ihnen uͤberfluͤſſiges Geld anerbotten hat. Der
vorerwehnte Euſebius ſchreibt auch/ daß der Koͤnig Abagarus, ſo von dem
heiligen Apoſtel Thadæo geheylet worden/ demſelben zu ſchuldiger Danck-
barkeit viel gezeichnetes/ und auch rauhen Golds præſentiret: welches der
Apoſtel verſchmaͤhet und geſagt: wann wir das unſerige verlaſſen haben/
wie koͤnnen wir dann das frembde annehmen? Sieheſt du mein Chriſtlich-
Seel/ was in den vorigen Zeiten vor Einſidler und Cloſter-Geiſtliche gewe-
ſen? und wann ſchon dergleichen bey heutiger Welt nicht alle gefunden wer-
den/ ſo zweiffele ich doch nicht/ es werden noch viele ſeyn/ die ſothane Ge-
ſchenck auß Lieb der Armut nicht allein nicht verlangen; ſondern auch die an-
erbottene verachten.

Der Andere Theil.

7. NUn iſt aber zu wiſſen/ daß der jenige/ ſo die Guͤter der Welt freywillig
von ſich geworffen/ und mit den Apoſteln alles verlaſſen hat; nicht

werde
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[170/0198] Die vierzehente Geiſtliche Lection 6. Auff daß uns aber noch mehr kundbahr werde/ mit was groſſem Haß die Diener GOTTES alles Gelt immer zu verfolgt haben; ſo wollen wir fuͤr dießmahl den Pelagium reden laſſen: Es ware zu ſicherer Zeit ein ſehr reicher Mann in die Wuͤſten Scithi kommen mit vielem Geld beladen/ und ware Vorhabens ſelbiges dem beduͤrfftigen Geiſtlichen durch den Vorſte- her deß Orths außzutheilen: da ihm aber dieſer geantwortet/ daß die Bruͤder keines Gelds beduͤrfftig ſeyen/ und er damit nicht vergnuͤgt ſeyn wollen; hat ihm der Alte gerathen/ er ſolle all ſein Geld an die Kirch-Thuͤren hinlegen/ auff daß ein jeder nach ſeinem Belieben darvon nehmen moͤchte: O Wun- der! indem alle im hinein gehen den Außſchreyer gehoͤret; ſo hat doch von ſaͤmbtlichen dieſen Einſidlern keiner auch den geringſten Heller angenom- men: ja ſo gar haben viele das außgeſpreitete Geld nicht einmahl angeſehen: dann ſie wuſten wohl/ daß der beſte Schatz eines Geiſtlichen ſeye die Armut: und welcher dieſen nicht beſitzet/ der kan wohl arm an Verdienſten und auch armſelig genennet werden: dieſe Armut/ wie der gottſelige Euſebius ſagt/ haben alle H. H. Apoſtelen als ein Mittel zur Vollkommenheit gekuͤſſet; und alle geiſtliche Maͤnner als eine Braut verehret; daß alſo der hocher- leuchte Caſſianus ſagt von den Einſidlern ſeiner Zeit: Es ſeynd ihrer viele tauſend/ ſo nach ihrer erſten Abſagung nicht einen Heller haben/ noch ha- ben wollen/ ob man ſchon ihnen uͤberfluͤſſiges Geld anerbotten hat. Der vorerwehnte Euſebius ſchreibt auch/ daß der Koͤnig Abagarus, ſo von dem heiligen Apoſtel Thadæo geheylet worden/ demſelben zu ſchuldiger Danck- barkeit viel gezeichnetes/ und auch rauhen Golds præſentiret: welches der Apoſtel verſchmaͤhet und geſagt: wann wir das unſerige verlaſſen haben/ wie koͤnnen wir dann das frembde annehmen? Sieheſt du mein Chriſtlich- Seel/ was in den vorigen Zeiten vor Einſidler und Cloſter-Geiſtliche gewe- ſen? und wann ſchon dergleichen bey heutiger Welt nicht alle gefunden wer- den/ ſo zweiffele ich doch nicht/ es werden noch viele ſeyn/ die ſothane Ge- ſchenck auß Lieb der Armut nicht allein nicht verlangen; ſondern auch die an- erbottene verachten. L. 6. n.19. L. 3. De- monſtr. c.7. Collat. 5. c. 8. c. ult. Der Andere Theil. 7. NUn iſt aber zu wiſſen/ daß der jenige/ ſo die Guͤter der Welt freywillig von ſich geworffen/ und mit den Apoſteln alles verlaſſen hat; nicht werde

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/198>, abgerufen am 24.11.2024.