Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Armut. Wie wirds nun mit den Eigenthümbern hergehen/ wann so geringe Sa-chen nicht übersehen werden? Noch eins höre/ mein geneigter Leser/ wasId. An. 1603. Historia. einem alten Geistlichen desselben Ordens gezeigt worden: dieser hat bey Winters-Zeit nach vollendtem nächtlichen GOttes-Dienst wollen hinab in die Küchen gehen/ umb sich alldort zu erwarmen; woselbst er zwey schmu- tzige Küchen-Buben angetroffen/ so die glüende Kohlen mit eysernen Rächen außeinander scharrend/ dem dritten den Platz bereitet/ auff welchen er den auff eine Roster geheffteten/ und auff seinen Achselen herbey getragenen Brüder setzen solte: hierüber ist der gute Alte erschröckt worden/ und hat die Flucht er- greiffen wollen; den aber einer auß den gemeldten beyden angehalten/ und ge- fraget; ob er diesen Bruder kenne? und da er mit Nein geantwortet/ hat er ge- sagt/ daß dieser ein Vorsteher der Küchen gewesen/ und das Holtz gegen das Gesetz der Armut zu reichlich verbrandt habe: dahero seye er von Gott zu die- sem Orth so lang ver dammet worden/ biß davor zur Gnüge bezahlet habe. 17. So viel nun den Eigenthumb/ als einen tödtlichen Feind der Geist- bey Z 2
Von der Armut. Wie wirds nun mit den Eigenthuͤmbern hergehen/ wann ſo geringe Sa-chen nicht uͤberſehen werden? Noch eins hoͤre/ mein geneigter Leſer/ wasId. An. 1603. Hiſtoria. einem alten Geiſtlichen deſſelben Ordens gezeigt worden: dieſer hat bey Winters-Zeit nach vollendtem naͤchtlichen GOttes-Dienſt wollen hinab in die Kuͤchen gehen/ umb ſich alldort zu erwarmen; woſelbſt er zwey ſchmu- tzige Kuͤchen-Buben angetroffen/ ſo die gluͤende Kohlen mit eyſernen Raͤchen außeinander ſcharrend/ dem dritten den Platz bereitet/ auff welchen er den auff eine Roſter geheffteten/ und auff ſeinen Achſelen herbey getragenen Bruͤder ſetzen ſolte: hieruͤber iſt der gute Alte erſchroͤckt worden/ und hat die Flucht er- greiffen wollen; den aber einer auß den gemeldten beyden angehalten/ und ge- fraget; ob er dieſen Bruder kenne? und da er mit Nein geantwortet/ hat er ge- ſagt/ daß dieſer ein Vorſteher der Kuͤchen geweſen/ und das Holtz gegen das Geſetz der Armut zu reichlich verbrandt habe: dahero ſeye er von Gott zu die- ſem Orth ſo lang ver dammet worden/ biß davor zur Gnuͤge bezahlet habe. 17. So viel nun den Eigenthumb/ als einen toͤdtlichen Feind der Geiſt- bey Z 2
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Von der Armut.
Wie wirds nun mit den Eigenthuͤmbern hergehen/ wann ſo geringe Sa-
chen nicht uͤberſehen werden? Noch eins hoͤre/ mein geneigter Leſer/ was
einem alten Geiſtlichen deſſelben Ordens gezeigt worden: dieſer hat bey
Winters-Zeit nach vollendtem naͤchtlichen GOttes-Dienſt wollen hinab
in die Kuͤchen gehen/ umb ſich alldort zu erwarmen; woſelbſt er zwey ſchmu-
tzige Kuͤchen-Buben angetroffen/ ſo die gluͤende Kohlen mit eyſernen Raͤchen
außeinander ſcharrend/ dem dritten den Platz bereitet/ auff welchen er den auff
eine Roſter geheffteten/ und auff ſeinen Achſelen herbey getragenen Bruͤder
ſetzen ſolte: hieruͤber iſt der gute Alte erſchroͤckt worden/ und hat die Flucht er-
greiffen wollen; den aber einer auß den gemeldten beyden angehalten/ und ge-
fraget; ob er dieſen Bruder kenne? und da er mit Nein geantwortet/ hat er ge-
ſagt/ daß dieſer ein Vorſteher der Kuͤchen geweſen/ und das Holtz gegen das
Geſetz der Armut zu reichlich verbrandt habe: dahero ſeye er von Gott zu die-
ſem Orth ſo lang ver dammet worden/ biß davor zur Gnuͤge bezahlet habe.
Id. An.
1603.
Hiſtoria.
17. So viel nun den Eigenthumb/ als einen toͤdtlichen Feind der Geiſt-
lichen Armut belanget/ wird dieſer von dem Heil. Benedicto das allerſchalek-
hafftigſte Laſter: von dem geiſtreichen Caſſiano, ein Auffenthalt der Laſtern/
ein verwirreter und unauffloͤßlicher Anfang der Schalckheit/ und ein Wur-
tzel alles Boͤſen benambſet: weiters ſagt der Heil. Gregorius/ daß ein Ei-
genthuͤmber kein Hertz eines Menſchen habe/ und daß die Liebe und Einig-
keit nicht bleiben koͤnnen/ wo dieſes Laſter Platz hat: Es iſt aber der Eigen-
thumb ein ſo betriegliches und ſubtiles Ubel/ daß/ nach Zeugnuͤß deß heiligen
Gregorii Nyſſeni, die jenige/ ſo alle andere Laſter durch die widrige Tu-
genden als deren Feinde an ſich vernichtiget; dannoch dem Betrug dieſes
Elends nicht gnugſamb entgehen koͤnnen; weilen ſelbiges den armen
Menſchen in unzahlbare Stricke der eitelen Entſchuldigungen verwicklet:
Die Eigenthuͤmber klagen zu ihrer Entſchuldigung/ man gebe ihnen die
die Nothdurfft nicht: wann ich/ ſagt ein Eigenthuͤmber/ wuͤrde kranck
und elendig werden/ und nichts auff die Seiten gelegt haͤtte/ wie ſolte ich in
dieſem Zuſtand ſo Ubel verpflegt werden: Das Vermoͤgen deß Clo-
ſters iſt gar gering/ und hergegen die Nachlaͤſſigkeit bey den Kran-
cken ſehr groß: wann ich alsdann nichts eigenes haͤtte meinen Leib zu
verpflegen/ wuͤrde ich uͤbel beſtehen/ und vielleicht auß Noth gar da-
hin ſterben muͤſſen: die gewoͤhnliche Kleidung iſt mir zu wenig/ der-
halben muß ich fuͤr eine mehrere Sorg tragen: ich hab oͤffter dieß und jenes
vonnoͤthen; wann ich nun mir nichts vorbehalten haͤtte; wer wuͤrds mir ver-
ſchaffen? ſolche und dergleichen andere Vorwaͤnd der Eigenthuͤmber ſeynd
bey
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