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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die fünffzehende Geistliche Lection
das Anschawen der Weiber mit allem Ernst fliehen solten: weilen mit
Weibs-Bildern Gemeinschafft haben/ und nicht Brunst leiden/ kan eben so
viel geschehen/ als mit blosen Füssen über glüende Kohlen gehen/ und nicht
verbrennet werden. Unser ehrwürdige P. Adalbertus a St Alexio, Weyland
general Definitor, so mein sehr wehrter Magister in meinem Novitiat gewe-
sen/ hat unter andern auch diese nicht geringe Gnad gehabt/ daß er seine Au-
gen also zu regiren gewust/ daß er selbige von der Erden niemahlen anders
wohin/ als mit Seufftzen zum Himmel geschlagen; viel weniger hat er ein
Weibs-Bild stichlich angesehen; die er zu meiden/ uns seine Jünger mit dem
Werck und den Worten gelehret hat: Die Ursach aber/ warumb die Diener
Gottes ihre Augen dergestalt im Zwang gehalten/ gibt uns der seelige Ru-
Chron.
Fran-
ciscan. p.
2. l. 4 c.

52.
gerius Franciscanus; nachdem er von seinem Beichts-Vatter gefragt wor-
den/ warumb er das weibliche Geschlecht so sehr fliehete/ indem er doch
mit der Gnaden der Reinigkeit von GOTT verschen wäre? hat er ge-
antwortet: Wann der Mensch thut/ was an ihm ist/ so thut GOTT
auch/ was an ihm ist/ und bewahret den Menschen vor dem Fallen: wann
aber der Mensch seiner Natur den Zaum lasset/ zu dem sie geneigt ist/ alsdan
lasset GOtt zu/ daß der Mensch ohne Hülff der kräfftigen und sonderbahrer
Gnaden leichtlich falle.

13. Diese Regul gehöret auch zu der Keuschheit/ daß man nemblich ohne
unvermeidliche Nothwendigkeit sich nicht entblöse/ und keinen entblösten
Theil deß Leibs anschawe: deme aber dieses fast unmöglich zu thuen schei-
In ejus
vita.
net/ der siche an den heiligen Vincentium Ferrerium, welcher in dreyssig
jähriger Zeit an seinem Leib nichts bloses gesehen/ ausser die Hände. Wie
hoch den allerreinesten Augen der göttlichen Majestät solche Schamhaff-
tigkeit gefalle/ ist leicht zu erachten/ wann wir die überhäuffige Schätz der
Gnaden ansehen/ so er solchen seinen züchtigen Dienern immer verliehen
In ejus
vita.
hat: unter denen der Heil. Antonius nicht der geringste/ da er einsmahls
durch den Fluß Lycus hat gehen wollen/ und von seinem Weeg-Gefährten
Theodoro begehrt/ er möchte so lang auff die Seiten gehen/ biß er mit blosen
Füssen hinüber gesetzt habe: da nun der obgedachte Theodorus sothanem
Begehren nachkommen/ und abgewichen; hat gleichwohl der keusche An-
tonius die Entblösung seiner Füssen ohne grosse Schamhafftigkeit zu se-
hen/ sich nicht getrauet/ derhalben hat er bey sich entschlossen/ die Strümpff
und Schuhe an den Füssen zu behalten; und siehe/ in selbigem Augen-
blick befindet sich mein frommer Antonius auff jener Seiten deß Flusses/

dahin

Die fuͤnffzehende Geiſtliche Lection
das Anſchawen der Weiber mit allem Ernſt fliehen ſolten: weilen mit
Weibs-Bildern Gemeinſchafft haben/ und nicht Brunſt leiden/ kan eben ſo
viel geſchehen/ als mit bloſen Fuͤſſen uͤber gluͤende Kohlen gehen/ und nicht
verbrennet werden. Unſer ehrwuͤrdige P. Adalbertus à St Alexio, Weyland
general Definitor, ſo mein ſehr wehrter Magiſter in meinem Novitiat gewe-
ſen/ hat unter andern auch dieſe nicht geringe Gnad gehabt/ daß er ſeine Au-
gen alſo zu regiren gewuſt/ daß er ſelbige von der Erden niemahlen anders
wohin/ als mit Seufftzen zum Himmel geſchlagen; viel weniger hat er ein
Weibs-Bild ſtichlich angeſehen; die er zu meiden/ uns ſeine Juͤnger mit dem
Werck und den Worten gelehret hat: Die Urſach aber/ warumb die Diener
Gottes ihre Augen dergeſtalt im Zwang gehalten/ gibt uns der ſeelige Ru-
Chron.
Fran-
ciſcan. p.
2. l. 4 c.

52.
gerius Franciſcanus; nachdem er von ſeinem Beichts-Vatter gefragt wor-
den/ warumb er das weibliche Geſchlecht ſo ſehr fliehete/ indem er doch
mit der Gnaden der Reinigkeit von GOTT verſchen waͤre? hat er ge-
antwortet: Wann der Menſch thut/ was an ihm iſt/ ſo thut GOTT
auch/ was an ihm iſt/ und bewahret den Menſchen vor dem Fallen: wann
aber der Menſch ſeiner Natur den Zaum laſſet/ zu dem ſie geneigt iſt/ alsdan
laſſet GOtt zu/ daß der Menſch ohne Huͤlff der kraͤfftigen und ſonderbahrer
Gnaden leichtlich falle.

13. Dieſe Regul gehoͤret auch zu der Keuſchheit/ daß man nemblich ohne
unvermeidliche Nothwendigkeit ſich nicht entbloͤſe/ und keinen entbloͤſten
Theil deß Leibs anſchawe: deme aber dieſes faſt unmoͤglich zu thuen ſchei-
In ejus
vita.
net/ der ſiche an den heiligen Vincentium Ferrerium, welcher in dreyſſig
jaͤhriger Zeit an ſeinem Leib nichts bloſes geſehen/ auſſer die Haͤnde. Wie
hoch den allerreineſten Augen der goͤttlichen Majeſtaͤt ſolche Schamhaff-
tigkeit gefalle/ iſt leicht zu erachten/ wann wir die uͤberhaͤuffige Schaͤtz der
Gnaden anſehen/ ſo er ſolchen ſeinen zuͤchtigen Dienern immer verliehen
In ejus
vita.
hat: unter denen der Heil. Antonius nicht der geringſte/ da er einsmahls
durch den Fluß Lycus hat gehen wollen/ und von ſeinem Weeg-Gefaͤhrten
Theodoro begehrt/ er moͤchte ſo lang auff die Seiten gehen/ biß er mit bloſen
Fuͤſſen hinuͤber geſetzt habe: da nun der obgedachte Theodorus ſothanem
Begehren nachkommen/ und abgewichen; hat gleichwohl der keuſche An-
tonius die Entbloͤſung ſeiner Fuͤſſen ohne groſſe Schamhafftigkeit zu ſe-
hen/ ſich nicht getrauet/ derhalben hat er bey ſich entſchloſſen/ die Struͤmpff
und Schuhe an den Fuͤſſen zu behalten; und ſiehe/ in ſelbigem Augen-
blick befindet ſich mein frommer Antonius auff jener Seiten deß Fluſſes/

dahin
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[194/0222] Die fuͤnffzehende Geiſtliche Lection das Anſchawen der Weiber mit allem Ernſt fliehen ſolten: weilen mit Weibs-Bildern Gemeinſchafft haben/ und nicht Brunſt leiden/ kan eben ſo viel geſchehen/ als mit bloſen Fuͤſſen uͤber gluͤende Kohlen gehen/ und nicht verbrennet werden. Unſer ehrwuͤrdige P. Adalbertus à St Alexio, Weyland general Definitor, ſo mein ſehr wehrter Magiſter in meinem Novitiat gewe- ſen/ hat unter andern auch dieſe nicht geringe Gnad gehabt/ daß er ſeine Au- gen alſo zu regiren gewuſt/ daß er ſelbige von der Erden niemahlen anders wohin/ als mit Seufftzen zum Himmel geſchlagen; viel weniger hat er ein Weibs-Bild ſtichlich angeſehen; die er zu meiden/ uns ſeine Juͤnger mit dem Werck und den Worten gelehret hat: Die Urſach aber/ warumb die Diener Gottes ihre Augen dergeſtalt im Zwang gehalten/ gibt uns der ſeelige Ru- gerius Franciſcanus; nachdem er von ſeinem Beichts-Vatter gefragt wor- den/ warumb er das weibliche Geſchlecht ſo ſehr fliehete/ indem er doch mit der Gnaden der Reinigkeit von GOTT verſchen waͤre? hat er ge- antwortet: Wann der Menſch thut/ was an ihm iſt/ ſo thut GOTT auch/ was an ihm iſt/ und bewahret den Menſchen vor dem Fallen: wann aber der Menſch ſeiner Natur den Zaum laſſet/ zu dem ſie geneigt iſt/ alsdan laſſet GOtt zu/ daß der Menſch ohne Huͤlff der kraͤfftigen und ſonderbahrer Gnaden leichtlich falle. Chron. Fran- ciſcan. p. 2. l. 4 c. 52. 13. Dieſe Regul gehoͤret auch zu der Keuſchheit/ daß man nemblich ohne unvermeidliche Nothwendigkeit ſich nicht entbloͤſe/ und keinen entbloͤſten Theil deß Leibs anſchawe: deme aber dieſes faſt unmoͤglich zu thuen ſchei- net/ der ſiche an den heiligen Vincentium Ferrerium, welcher in dreyſſig jaͤhriger Zeit an ſeinem Leib nichts bloſes geſehen/ auſſer die Haͤnde. Wie hoch den allerreineſten Augen der goͤttlichen Majeſtaͤt ſolche Schamhaff- tigkeit gefalle/ iſt leicht zu erachten/ wann wir die uͤberhaͤuffige Schaͤtz der Gnaden anſehen/ ſo er ſolchen ſeinen zuͤchtigen Dienern immer verliehen hat: unter denen der Heil. Antonius nicht der geringſte/ da er einsmahls durch den Fluß Lycus hat gehen wollen/ und von ſeinem Weeg-Gefaͤhrten Theodoro begehrt/ er moͤchte ſo lang auff die Seiten gehen/ biß er mit bloſen Fuͤſſen hinuͤber geſetzt habe: da nun der obgedachte Theodorus ſothanem Begehren nachkommen/ und abgewichen; hat gleichwohl der keuſche An- tonius die Entbloͤſung ſeiner Fuͤſſen ohne groſſe Schamhafftigkeit zu ſe- hen/ ſich nicht getrauet/ derhalben hat er bey ſich entſchloſſen/ die Struͤmpff und Schuhe an den Fuͤſſen zu behalten; und ſiehe/ in ſelbigem Augen- blick befindet ſich mein frommer Antonius auff jener Seiten deß Fluſſes/ dahin In ejus vita. In ejus vita.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/222>, abgerufen am 21.11.2024.