Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Siebenzehente Geistliche Lection Vollkommenheit sicher zu wandern/ kürtzlich vortrage. Weilen nun sothanerWege drey seynd (wie fast jederman bekand ist) deren erste ist der Weg der Rei- nigung/ und darumb also genennet wird; daß zu selbigem gehöre das Ambt/ die böse Gewonheiten und Laster außzureuten/ und die Sünden zu meiden: als müssen wir gern gestehen; daß ein anfangender in diesem ersten Wege der Reimgung/ nirgenther grössere Hülff und ersprießlichkeit haben könne/ als von dem Schweigen: dann wer wirds läugnen/ daß die meiste Sünden in der Convesation mit andern Leuten von uns begangen werden? und wo las- set sich ein bewärteres Mittel finden/ diese Sünden zu fliehen; als in Bewah- Prov. 13. v. 3.rung deß Silentii? sagt nicht dieses der allerweiseste Salomon; der seinen Mund bewahret/ der bewahret seine Seel: daß ist/ er behütet sie vor vielen Sünden; als nemblich vor dem ungebührlichen Murren/ vor der schändlichen Sünd der Verleumbderung oder Ehrabschneidung/ vor der unzimblichen Liebe/ vor dem Haß und unordentlichem Zorn/ vor unmäs- siger Trawrigkeit/ und andern dergleichen Sünden; so in eytelem Schwä- tzen geweiniglich Platz finden: zu Vernichtigung aber der erzehlten Ubelen wird eine nicht geringe Stärcke erfordert; die wir warhafftig ohne meister- 30. 15.liche Bezwingung unserer Zunge/ uns nicht versprechen können; wie der Pro- phet Isa[i]as mit diesen trostreichen Worten bezeuget: Jn der Stille und in der Hoffnung wird ewere Stärcke seyn: Verlangst du nun starck zu seyn/ auff daß du die Sünden und Laster mögest zu bodem werffen; die Versuchungen überwinden/ dem feindlichen Arglist entgehen/ die unor- dentliche Bewegungen im Zaum halten/ und für aller Bößheit schußfrey werdest/ so seye verschwiegen: Nicht glaube meinen/ sondern deß H. Apostels Jacobi Worten/ der da spricht: gleich wie der jenige/ so dem Pferd den Zaum in das Maul legt/ dessen gantzen Leib leichtlich regiren kan; also kan der Mensch/ so seine Zung im Zaum haltet/ sich selbsten mit leichter Mühe zu al- len Tugenden herumb führen: und versichere dich/ mein Christliche Seel/ daß diese geübte Stillschweigung in der letzten Stund dir werde sehr tröst- lich vorkommen; und annebens verursachen/ daß ohne langwiriges Feegfcuer S[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]r. 23. an. Historia.zur ewigen Seeligkeit gelangen mögest/ nach dem Exempel der scligen Ma riae O[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]gniacensis; welche vom Fest deß H. Creutzes biß zu den Weynachten nicht ein eintziges Wörtlein geredet; wodurch sie von Gott erhalten/ daß ohne einige Straff der andern Welt zur ewig währenden himmlischen Anschaw- ung ist gelassen worden. 14. Der andere Weg zur Vollkommenheit ist der Weg der Erleuchtung/ von
Die Siebenzehente Geiſtliche Lection Vollkommenheit ſicher zu wandern/ kuͤrtzlich vortrage. Weilen nun ſothanerWege drey ſeynd (wie faſt jederman bekand iſt) deren erſte iſt der Weg der Rei- nigung/ und darumb alſo genennet wird; daß zu ſelbigem gehoͤre das Ambt/ die boͤſe Gewonheiten und Laſter außzureuten/ und die Suͤnden zu meiden: als muͤſſen wir gern geſtehen; daß ein anfangender in dieſem erſten Wege der Reimgung/ nirgenther groͤſſere Huͤlff und erſprießlichkeit haben koͤnne/ als von dem Schweigen: dann wer wirds laͤugnen/ daß die meiſte Suͤnden in der Conveſation mit andern Leuten von uns begangen werden? und wo laſ- ſet ſich ein bewaͤrteres Mittel finden/ dieſe Suͤnden zu fliehen; als in Bewah- Prov. 13. v. 3.rung deß Silentii? ſagt nicht dieſes der allerweiſeſte Salomon; der ſeinen Mund bewahret/ der bewahret ſeine Seel: daß iſt/ er behuͤtet ſie vor vielen Suͤnden; als nemblich vor dem ungebuͤhrlichen Murren/ vor der ſchaͤndlichen Suͤnd der Verleumbderung oder Ehrabſchneidung/ vor der unzimblichen Liebe/ vor dem Haß und unordentlichem Zorn/ vor unmaͤſ- ſiger Trawrigkeit/ und andern dergleichen Suͤnden; ſo in eytelem Schwaͤ- tzen geweiniglich Platz finden: zu Vernichtigung aber der erzehlten Ubelen wird eine nicht geringe Staͤrcke erfordert; die wir warhafftig ohne meiſter- 30. 15.liche Bezwingung unſerer Zunge/ uns nicht verſprechen koͤnnen; wie der Pro- phet Iſa[i]as mit dieſen troſtreichen Worten bezeuget: Jn der Stille und in der Hoffnung wird ewere Staͤrcke ſeyn: Verlangſt du nun ſtarck zu ſeyn/ auff daß du die Suͤnden und Laſter moͤgeſt zu bodem werffen; die Verſuchungen uͤberwinden/ dem feindlichen Argliſt entgehen/ die unor- dentliche Bewegungen im Zaum halten/ und fuͤr aller Boͤßheit ſchußfrey werdeſt/ ſo ſeye verſchwiegen: Nicht glaube meinen/ ſondern deß H. Apoſtels Jacobi Worten/ der da ſpricht: gleich wie der jenige/ ſo dem Pferd den Zaum in das Maul legt/ deſſen gantzen Leib leichtlich regiren kan; alſo kan der Menſch/ ſo ſeine Zung im Zaum haltet/ ſich ſelbſten mit leichter Muͤhe zu al- len Tugenden herumb fuͤhren: und verſichere dich/ mein Chriſtliche Seel/ daß dieſe geuͤbte Stillſchweigung in der letzten Stund dir werde ſehr troͤſt- lich vorkommen; und annebens verurſachen/ daß ohne langwiriges Feegfcuer S[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]r. 23. an. Hiſtoria.zur ewigen Seeligkeit gelangen moͤgeſt/ nach dem Exempel der ſcligen Ma riæ O[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]gniacenſis; welche vom Feſt deß H. Creutzes biß zu den Weynachten nicht ein eintziges Woͤrtlein geredet; wodurch ſie von Gott erhalten/ daß ohne einige Straff der andern Welt zur ewig waͤhrenden himmliſchen Anſchaw- ung iſt gelaſſen worden. 14. Der andere Weg zur Vollkommenheit iſt der Weg der Erleuchtung/ von
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0240" n="212"/><fw place="top" type="header">Die Siebenzehente Geiſtliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/> Vollkommenheit ſicher zu wandern/ kuͤrtzlich vortrage. Weilen nun ſothaner<lb/> Wege drey ſeynd (wie faſt jederman bekand iſt) deren erſte iſt der Weg der Rei-<lb/> nigung/ und darumb alſo genennet wird; daß zu ſelbigem gehoͤre das Ambt/<lb/> die boͤſe Gewonheiten und Laſter außzureuten/ und die Suͤnden zu meiden:<lb/> als muͤſſen wir gern geſtehen; daß ein anfangender in dieſem erſten Wege der<lb/> Reimgung/ nirgenther groͤſſere Huͤlff und erſprießlichkeit haben koͤnne/ als<lb/> von dem Schweigen: dann wer wirds laͤugnen/ daß die meiſte Suͤnden in<lb/> der <hi rendition="#aq">Conveſation</hi> mit andern Leuten von uns begangen werden? und wo laſ-<lb/> ſet ſich ein bewaͤrteres Mittel finden/ dieſe Suͤnden zu fliehen; als in Bewah-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Prov. 13.<lb/> v.</hi> 3.</note>rung deß <hi rendition="#aq">Silentii?</hi> ſagt nicht dieſes der allerweiſeſte Salomon; <hi rendition="#fr">der ſeinen<lb/> Mund bewahret/ der bewahret ſeine Seel:</hi> daß iſt/ er behuͤtet<lb/> ſie vor vielen Suͤnden; als nemblich vor dem ungebuͤhrlichen Murren/ vor<lb/> der ſchaͤndlichen Suͤnd der Verleumbderung oder Ehrabſchneidung/ vor<lb/> der unzimblichen Liebe/ vor dem Haß und unordentlichem Zorn/ vor unmaͤſ-<lb/> ſiger Trawrigkeit/ und andern dergleichen Suͤnden; ſo in eytelem Schwaͤ-<lb/> tzen geweiniglich Platz finden: zu Vernichtigung aber der erzehlten Ubelen<lb/> wird eine nicht geringe <hi rendition="#fr">S</hi>taͤrcke erfordert; die wir warhafftig ohne meiſter-<lb/><note place="left">30. 15.</note>liche Bezwingung unſerer Zunge/ uns nicht verſprechen koͤnnen; wie der Pro-<lb/> phet <hi rendition="#aq">Iſa<supplied>i</supplied>as</hi> mit dieſen troſtreichen Worten bezeuget: <hi rendition="#fr">Jn der Stille und<lb/> in der Hoffnung wird ewere Staͤrcke ſeyn:</hi> Verlangſt du nun<lb/> ſtarck zu ſeyn/ auff daß du die <hi rendition="#fr">S</hi>uͤnden und Laſter moͤgeſt zu bodem werffen;<lb/> die Verſuchungen uͤberwinden/ dem feindlichen Argliſt entgehen/ die unor-<lb/> dentliche Bewegungen im Zaum halten/ und fuͤr aller Boͤßheit ſchußfrey<lb/> werdeſt/ ſo ſeye verſchwiegen: Nicht glaube meinen/ ſondern deß H. Apoſtels<lb/> Jacobi Worten/ der da ſpricht: gleich wie der jenige/ ſo dem Pferd den Zaum<lb/> in das Maul legt/ deſſen gantzen Leib leichtlich regiren kan; alſo kan der<lb/> Menſch/ ſo ſeine Zung im Zaum haltet/ ſich ſelbſten mit leichter Muͤhe zu al-<lb/> len Tugenden herumb fuͤhren: und verſichere dich/ mein Chriſtliche <hi rendition="#fr">S</hi>eel/<lb/> daß dieſe geuͤbte <hi rendition="#fr">S</hi>tillſchweigung in der letzten <hi rendition="#fr">S</hi>tund dir werde ſehr troͤſt-<lb/> lich vorkommen; und annebens verurſachen/ daß ohne langwiriges Feegfcuer<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">S<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>r. 23.<lb/> an.<lb/> Hiſtoria.</hi></note>zur ewigen <hi rendition="#fr">S</hi>eeligkeit gelangen moͤgeſt/ nach dem <hi rendition="#aq">Exempel</hi> der ſcligen <hi rendition="#aq">Ma<lb/> riæ O<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>gniacenſis;</hi> welche vom Feſt deß H. Creutzes biß zu den Weynachten<lb/> nicht ein eintziges Woͤrtlein geredet; wodurch ſie von Gott erhalten/ daß ohne<lb/> einige <hi rendition="#fr">S</hi>traff der andern Welt zur ewig waͤhrenden himmliſchen Anſchaw-<lb/> ung iſt gelaſſen worden.</p><lb/> <p>14. Der andere Weg zur Vollkommenheit iſt der Weg der Erleuchtung/<lb/> welchen eine gottliebende <hi rendition="#fr">S</hi>eel/ ſo vorhero auff dem Wege der Reinigung<lb/> <fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [212/0240]
Die Siebenzehente Geiſtliche Lection
Vollkommenheit ſicher zu wandern/ kuͤrtzlich vortrage. Weilen nun ſothaner
Wege drey ſeynd (wie faſt jederman bekand iſt) deren erſte iſt der Weg der Rei-
nigung/ und darumb alſo genennet wird; daß zu ſelbigem gehoͤre das Ambt/
die boͤſe Gewonheiten und Laſter außzureuten/ und die Suͤnden zu meiden:
als muͤſſen wir gern geſtehen; daß ein anfangender in dieſem erſten Wege der
Reimgung/ nirgenther groͤſſere Huͤlff und erſprießlichkeit haben koͤnne/ als
von dem Schweigen: dann wer wirds laͤugnen/ daß die meiſte Suͤnden in
der Conveſation mit andern Leuten von uns begangen werden? und wo laſ-
ſet ſich ein bewaͤrteres Mittel finden/ dieſe Suͤnden zu fliehen; als in Bewah-
rung deß Silentii? ſagt nicht dieſes der allerweiſeſte Salomon; der ſeinen
Mund bewahret/ der bewahret ſeine Seel: daß iſt/ er behuͤtet
ſie vor vielen Suͤnden; als nemblich vor dem ungebuͤhrlichen Murren/ vor
der ſchaͤndlichen Suͤnd der Verleumbderung oder Ehrabſchneidung/ vor
der unzimblichen Liebe/ vor dem Haß und unordentlichem Zorn/ vor unmaͤſ-
ſiger Trawrigkeit/ und andern dergleichen Suͤnden; ſo in eytelem Schwaͤ-
tzen geweiniglich Platz finden: zu Vernichtigung aber der erzehlten Ubelen
wird eine nicht geringe Staͤrcke erfordert; die wir warhafftig ohne meiſter-
liche Bezwingung unſerer Zunge/ uns nicht verſprechen koͤnnen; wie der Pro-
phet Iſaias mit dieſen troſtreichen Worten bezeuget: Jn der Stille und
in der Hoffnung wird ewere Staͤrcke ſeyn: Verlangſt du nun
ſtarck zu ſeyn/ auff daß du die Suͤnden und Laſter moͤgeſt zu bodem werffen;
die Verſuchungen uͤberwinden/ dem feindlichen Argliſt entgehen/ die unor-
dentliche Bewegungen im Zaum halten/ und fuͤr aller Boͤßheit ſchußfrey
werdeſt/ ſo ſeye verſchwiegen: Nicht glaube meinen/ ſondern deß H. Apoſtels
Jacobi Worten/ der da ſpricht: gleich wie der jenige/ ſo dem Pferd den Zaum
in das Maul legt/ deſſen gantzen Leib leichtlich regiren kan; alſo kan der
Menſch/ ſo ſeine Zung im Zaum haltet/ ſich ſelbſten mit leichter Muͤhe zu al-
len Tugenden herumb fuͤhren: und verſichere dich/ mein Chriſtliche Seel/
daß dieſe geuͤbte Stillſchweigung in der letzten Stund dir werde ſehr troͤſt-
lich vorkommen; und annebens verurſachen/ daß ohne langwiriges Feegfcuer
zur ewigen Seeligkeit gelangen moͤgeſt/ nach dem Exempel der ſcligen Ma
riæ O_gniacenſis; welche vom Feſt deß H. Creutzes biß zu den Weynachten
nicht ein eintziges Woͤrtlein geredet; wodurch ſie von Gott erhalten/ daß ohne
einige Straff der andern Welt zur ewig waͤhrenden himmliſchen Anſchaw-
ung iſt gelaſſen worden.
Prov. 13.
v. 3.
30. 15.
S_r. 23.
an.
Hiſtoria.
14. Der andere Weg zur Vollkommenheit iſt der Weg der Erleuchtung/
welchen eine gottliebende Seel/ ſo vorhero auff dem Wege der Reinigung
von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |