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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Siebenzehente Geistliche Lection
chen Ansprach auffhören; so wird in dir durch das Stillschweigen ein Tem-
pel deß H. Geistes auff gerichtet. Und dieser Ursachen halben bezeuget die
H. Schrifft/ daß in Erbauung deß Tempels zu Jerusalem/ weder Ham-
mer noch Beyl/ noch einig eissenes Jnstrument seye gehört worden. Dann
das Hauß GOttes/ sagt der H. Damianus/ wachset durch die Stillschwei-
gung/ und in dem das menschliche Hertz durch die eusserliche Reden sich nit
außlasset/ so steiget die Aufführung deß geistlichen Baues in die Höhe; und
wie mehr selbige durch die Bewahrung deß Stillschweigens vor der eusserli-
chen Verspreitung behütet werde; je mehr sie zur Spitze der Vollkommen-
heit eilet dann die Stillschweigung ist eine Wächterin der Gerechtfertig-
keit. Weiters macht dir auch die H. Jungfrau Gertrudis diese vom Him-
mel herab gestiegene Hoffnung/ daß/ wann du auß Liebe GOttes dich deß
Stillschweigens befleissigest/ und dich von allem Reden enthaltest; diese
Lieb in deinem Hertzen dergestalt fortwachsen werde/ daß dir deßgleichen
kaum jemahlen widerfahren seye. Der nun verlanget/ das sein Hertz mit
dem Feuer der Göttlichen Liebe entzündet und vermehret werde/ der halte sei-
ne Zung im Zaum; und erinnere sich der H. H. Alt- Vätter/ so in ihren
Klüfften und Höhlen verborgen/ und von aller Gelegenheit zu reden entfer-
net/ mit solchen unglaublichen geistlichen Freuden und Ergetzlichkeiten von
GOtt seynd begnädiget worden; daß keinem Welt- Menschen durch alle
seine Lustbarkeiten deßgleichen jemahlen hat widerfahren können. Soll
diß aber dir zu glauben schwär fallen; so kanstu selbiges in der That an dir
selbsten probiren. Dieses aber ist dir nöthig zu wissen/ daß du nach Regul der
H H. Vättern/ zu Anfangs in der ersten Staffel dich übest/ nemblich
daß keine unzulässige und eitele Wort redest: und wan du durch Menschliche
Schwachheit darwider sündigest/ dir alsdann selbst eine Buß aufferlegest/
damit du also hinführo kluger und behuthsamer werdest. Nach dieser folgt
die andere Staffel/ daß du nemblich auch von dem zulässigen und
vernünfftigen. Reden auß Lieb der GOtt- gefälligen Stillschweigung dich
enthaltest; auff daß du durch die Verschwiegenheit die andere Tugenden
unterdessen ernährest/ und also hernacher zu gelegener Zeit dieselbe mit ge-
zimmender Weißheit hervorbringen mögest. Jn der dritten Staffel
lehren dich die H. H. Vätter/ daß du auch öffters die nöthige Reden
umb der Ruhe und Tugend willen gern quittirest/ und sonderlich/ wann
du durch solche Reden deine eigene Wolfahrt und Verthätigung befördern
könntest. Alsdann gedencke deines lieben Heylands/ wie der in seinen
grösten Unbillen und Schmachen deß Stillschweigens sich beflissen habe;

alsdann

Die Siebenzehente Geiſtliche Lection
chen Anſprach auffhoͤren; ſo wird in dir durch das Stillſchweigen ein Tem-
pel deß H. Geiſtes auff gerichtet. Und dieſer Urſachen halben bezeuget die
H. Schrifft/ daß in Erbauung deß Tempels zu Jeruſalem/ weder Ham-
mer noch Beyl/ noch einig eiſſenes Jnſtrument ſeye gehoͤrt worden. Dann
das Hauß GOttes/ ſagt der H. Damianus/ wachſet durch die Stillſchwei-
gung/ und in dem das menſchliche Hertz durch die euſſerliche Reden ſich nit
außlaſſet/ ſo ſteiget die Auffuͤhrung deß geiſtlichen Baues in die Hoͤhe; und
wie mehr ſelbige durch die Bewahrung deß Stillſchweigens vor der euſſerli-
chen Verſpreitung behuͤtet werde; je mehr ſie zur Spitze der Vollkommen-
heit eilet dann die Stillſchweigung iſt eine Waͤchterin der Gerechtfertig-
keit. Weiters macht dir auch die H. Jungfrau Gertrudis dieſe vom Him-
mel herab geſtiegene Hoffnung/ daß/ wann du auß Liebe GOttes dich deß
Stillſchweigens befleiſſigeſt/ und dich von allem Reden enthalteſt; dieſe
Lieb in deinem Hertzen dergeſtalt fortwachſen werde/ daß dir deßgleichen
kaum jemahlen widerfahren ſeye. Der nun verlanget/ das ſein Hertz mit
dem Feuer der Goͤttlichen Liebe entzuͤndet und vermehret werde/ der halte ſei-
ne Zung im Zaum; und erinnere ſich der H. H. Alt- Vaͤtter/ ſo in ihren
Kluͤfften und Hoͤhlen verborgen/ und von aller Gelegenheit zu reden entfer-
net/ mit ſolchen unglaublichen geiſtlichen Freuden und Ergetzlichkeiten von
GOtt ſeynd begnaͤdiget worden; daß keinem Welt- Menſchen durch alle
ſeine Luſtbarkeiten deßgleichen jemahlen hat widerfahren koͤnnen. Soll
diß aber dir zu glauben ſchwaͤr fallen; ſo kanſtu ſelbiges in der That an dir
ſelbſten probiren. Dieſes aber iſt dir noͤthig zu wiſſen/ daß du nach Regul der
H H. Vaͤttern/ zu Anfangs in der erſten Staffel dich uͤbeſt/ nemblich
daß keine unzulaͤſſige und eitele Wort redeſt: und wan du durch Menſchliche
Schwachheit darwider ſuͤndigeſt/ dir alsdann ſelbſt eine Buß aufferlegeſt/
damit du alſo hinfuͤhro kluger und behuthſamer werdeſt. Nach dieſer folgt
die andere Staffel/ daß du nemblich auch von dem zulaͤſſigen und
vernuͤnfftigen. Reden auß Lieb der GOtt- gefaͤlligen Stillſchweigung dich
enthalteſt; auff daß du durch die Verſchwiegenheit die andere Tugenden
unterdeſſen ernaͤhreſt/ und alſo hernacher zu gelegener Zeit dieſelbe mit ge-
zimmender Weißheit hervorbringen moͤgeſt. Jn der dritten Staffel
lehren dich die H. H. Vaͤtter/ daß du auch oͤffters die noͤthige Reden
umb der Ruhe und Tugend willen gern quittireſt/ und ſonderlich/ wann
du durch ſolche Reden deine eigene Wolfahrt und Verthaͤtigung befoͤrdern
koͤnnteſt. Alsdann gedencke deines lieben Heylands/ wie der in ſeinen
groͤſten Unbillen und Schmachen deß Stillſchweigens ſich befliſſen habe;

alsdann
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[214/0242] Die Siebenzehente Geiſtliche Lection chen Anſprach auffhoͤren; ſo wird in dir durch das Stillſchweigen ein Tem- pel deß H. Geiſtes auff gerichtet. Und dieſer Urſachen halben bezeuget die H. Schrifft/ daß in Erbauung deß Tempels zu Jeruſalem/ weder Ham- mer noch Beyl/ noch einig eiſſenes Jnſtrument ſeye gehoͤrt worden. Dann das Hauß GOttes/ ſagt der H. Damianus/ wachſet durch die Stillſchwei- gung/ und in dem das menſchliche Hertz durch die euſſerliche Reden ſich nit außlaſſet/ ſo ſteiget die Auffuͤhrung deß geiſtlichen Baues in die Hoͤhe; und wie mehr ſelbige durch die Bewahrung deß Stillſchweigens vor der euſſerli- chen Verſpreitung behuͤtet werde; je mehr ſie zur Spitze der Vollkommen- heit eilet dann die Stillſchweigung iſt eine Waͤchterin der Gerechtfertig- keit. Weiters macht dir auch die H. Jungfrau Gertrudis dieſe vom Him- mel herab geſtiegene Hoffnung/ daß/ wann du auß Liebe GOttes dich deß Stillſchweigens befleiſſigeſt/ und dich von allem Reden enthalteſt; dieſe Lieb in deinem Hertzen dergeſtalt fortwachſen werde/ daß dir deßgleichen kaum jemahlen widerfahren ſeye. Der nun verlanget/ das ſein Hertz mit dem Feuer der Goͤttlichen Liebe entzuͤndet und vermehret werde/ der halte ſei- ne Zung im Zaum; und erinnere ſich der H. H. Alt- Vaͤtter/ ſo in ihren Kluͤfften und Hoͤhlen verborgen/ und von aller Gelegenheit zu reden entfer- net/ mit ſolchen unglaublichen geiſtlichen Freuden und Ergetzlichkeiten von GOtt ſeynd begnaͤdiget worden; daß keinem Welt- Menſchen durch alle ſeine Luſtbarkeiten deßgleichen jemahlen hat widerfahren koͤnnen. Soll diß aber dir zu glauben ſchwaͤr fallen; ſo kanſtu ſelbiges in der That an dir ſelbſten probiren. Dieſes aber iſt dir noͤthig zu wiſſen/ daß du nach Regul der H H. Vaͤttern/ zu Anfangs in der erſten Staffel dich uͤbeſt/ nemblich daß keine unzulaͤſſige und eitele Wort redeſt: und wan du durch Menſchliche Schwachheit darwider ſuͤndigeſt/ dir alsdann ſelbſt eine Buß aufferlegeſt/ damit du alſo hinfuͤhro kluger und behuthſamer werdeſt. Nach dieſer folgt die andere Staffel/ daß du nemblich auch von dem zulaͤſſigen und vernuͤnfftigen. Reden auß Lieb der GOtt- gefaͤlligen Stillſchweigung dich enthalteſt; auff daß du durch die Verſchwiegenheit die andere Tugenden unterdeſſen ernaͤhreſt/ und alſo hernacher zu gelegener Zeit dieſelbe mit ge- zimmender Weißheit hervorbringen moͤgeſt. Jn der dritten Staffel lehren dich die H. H. Vaͤtter/ daß du auch oͤffters die noͤthige Reden umb der Ruhe und Tugend willen gern quittireſt/ und ſonderlich/ wann du durch ſolche Reden deine eigene Wolfahrt und Verthaͤtigung befoͤrdern koͤnnteſt. Alsdann gedencke deines lieben Heylands/ wie der in ſeinen groͤſten Unbillen und Schmachen deß Stillſchweigens ſich befliſſen habe; alsdann

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/242>, abgerufen am 24.11.2024.