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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Ein und Zwantzigste Geistliche Lection
Leben verlohren hat. Dann es geziembt sich/ sagt der H. Basilius/ daß
der jenige/ so sich dem geistlichen Stand ergeben hat/ eine veste/ starcke und
unbewegliche Beständigkeit deß Willens/ und eine solche Vernunfft
habe/ daß er von den bösen Geistern nicht könne erschüttet noch vertrieben
werden. Er muß auch/ sagt der H. Mann einer solchen Steiffigkeit deß
Gemüts seyn/ daß an ihm biß zum Todt die Standhafftigkeit der Martyren
zu sehen seye/ Krafft deren er die Göttliche Gebott unsträfflich halte/ und
seinen Vorstehern den vollkommenen Gehorsamb leiste. Und dieses ist
deß geistlichen Lebens vornehmstes Haubt-Stuck. An einem andern
Orth sagt der gemeldte H. Lehrer. Ein wahrer Liebhaber Christi weigeret
In Regul.
Brevior.
sich nicht allein zu tragen/ was schwär ist/ sondern verlanget vielmehr auch
zu erdulden/ was noch schwärer ist. Der H. Bischoff Lambertus wird
von seinen Feinden ins Elend vertrieben/ fliehet ins Kloster zu Stablo/ wird
Sur. in
Vit.
von dem Prälaten und übrigen Geistlichen als ein heiliger Mann auff- und
angnommen. Jnsothaner seiner Auffenthalt/ begibt es sich/ daß der Heil.
Bischoff/ so mit den München deß Klosters auff dem gemeinen Dormito-
rio zu ruhen pflegte/ etwan früher vor der Metten auffstehet/ umb sein
Gebett zu verrichten; und da ihm auß Ungehorsambkeit im Ankleiden einer
seiner Schuhe entfallet/ werden die Geistliche sambt ihrem Vorsteher von
dem Getümmel vom Schlaff erwecket. Derhalben der Prälat befohlen
daß der jenige Münch/ so diese Unhöfflichkeit begangen/ sich alsbald nach
Gewonheit zum Creutz verfügen/ und durch den Gehorsamb büssen solte/
was er durch seine Nachlässigkeit gesündiget. Es ware selbige Nacht
sehr kalt und hart gefrohren/ dannoch wilt der heilige Bischoff dem Be-
felch deß Prälaten gehorchen/ und gehet in seinem härenin Kleyd ohne
andere Uber-Kleyder zu dem gemeldten Creutz hin/ und verharret daselbst
so lang/ biß sich die Geistliche zum Dienst GOttes bereitet haben. Da
nun der Abt den heiligen Lambertum unter der Zahl seiner Geistlichen
wider alle Gewonheit nicht gegenwärtig sehet; und höret/ daß er der jenige
seye/ den er zum Creutz verwiesen habe/ laufft er alsbald hinzu/ findt den
heiligen Mann von der kälte gantz erstarret/ in seinem Cilicio mit hell-
glantzendem Angesicht vor dem Creutz kniend/ fallet mit seinen andern Geist-
lichen demselben zu Füssen/ und bitten umb Vergebung. Hergegen pro-
testiret der heilige Bischoff/ das er ab solcher Vergebungs-Bitt zumahlen
schamroth werde/ und sagt/ daß er vielmehr schuldig wäre umb Ver-
zeihung anzuhalten/ diemeil er der geistlichen Ruhe verstöret habe; Jst
diß nicht ein hertzhaffter und heroischer Gehorsamb?

20. Wie

Die Ein und Zwantzigſte Geiſtliche Lection
Leben verlohren hat. Dann es geziembt ſich/ ſagt der H. Baſilius/ daß
der jenige/ ſo ſich dem geiſtlichen Stand ergeben hat/ eine veſte/ ſtarcke und
unbewegliche Beſtaͤndigkeit deß Willens/ und eine ſolche Vernunfft
habe/ daß er von den boͤſen Geiſtern nicht koͤnne erſchuͤttet noch vertrieben
werden. Er muß auch/ ſagt der H. Mann einer ſolchen Steiffigkeit deß
Gemuͤts ſeyn/ daß an ihm biß zum Todt die Standhafftigkeit der Martyren
zu ſehen ſeye/ Krafft deren er die Goͤttliche Gebott unſtraͤfflich halte/ und
ſeinen Vorſtehern den vollkommenen Gehorſamb leiſte. Und dieſes iſt
deß geiſtlichen Lebens vornehmſtes Haubt-Stuck. An einem andern
Orth ſagt der gemeldte H. Lehrer. Ein wahrer Liebhaber Chriſti weigeret
In Regul.
Brevior.
ſich nicht allein zu tragen/ was ſchwaͤr iſt/ ſondern verlanget vielmehr auch
zu erdulden/ was noch ſchwaͤrer iſt. Der H. Biſchoff Lambertus wird
von ſeinen Feinden ins Elend vertrieben/ fliehet ins Kloſter zu Stablo/ wird
Sur. in
Vit.
von dem Praͤlaten und uͤbrigen Geiſtlichen als ein heiliger Mann auff- und
angnommen. Jnſothaner ſeiner Auffenthalt/ begibt es ſich/ daß der Heil.
Biſchoff/ ſo mit den Muͤnchen deß Kloſters auff dem gemeinen Dormito-
rio zu ruhen pflegte/ etwan fruͤher vor der Metten auffſtehet/ umb ſein
Gebett zu verrichten; und da ihm auß Ungehorſambkeit im Ankleiden einer
ſeiner Schuhe entfallet/ werden die Geiſtliche ſambt ihrem Vorſteher von
dem Getuͤmmel vom Schlaff erwecket. Derhalben der Praͤlat befohlen
daß der jenige Muͤnch/ ſo dieſe Unhoͤfflichkeit begangen/ ſich alsbald nach
Gewonheit zum Creutz verfuͤgen/ und durch den Gehorſamb buͤſſen ſolte/
was er durch ſeine Nachlaͤſſigkeit geſuͤndiget. Es ware ſelbige Nacht
ſehr kalt und hart gefrohren/ dannoch wilt der heilige Biſchoff dem Be-
felch deß Praͤlaten gehorchen/ und gehet in ſeinem haͤrenin Kleyd ohne
andere Uber-Kleyder zu dem gemeldten Creutz hin/ und verharret daſelbſt
ſo lang/ biß ſich die Geiſtliche zum Dienſt GOttes bereitet haben. Da
nun der Abt den heiligen Lambertum unter der Zahl ſeiner Geiſtlichen
wider alle Gewonheit nicht gegenwaͤrtig ſehet; und hoͤret/ daß er der jenige
ſeye/ den er zum Creutz verwieſen habe/ laufft er alsbald hinzu/ findt den
heiligen Mann von der kaͤlte gantz erſtarret/ in ſeinem Cilicio mit hell-
glantzendem Angeſicht vor dem Creutz kniend/ fallet mit ſeinen andern Geiſt-
lichen demſelben zu Fuͤſſen/ und bitten umb Vergebung. Hergegen pro-
teſtiret der heilige Biſchoff/ das er ab ſolcher Vergebungs-Bitt zumahlen
ſchamroth werde/ und ſagt/ daß er vielmehr ſchuldig waͤre umb Ver-
zeihung anzuhalten/ diemeil er der geiſtlichen Ruhe verſtoͤret habe; Jſt
diß nicht ein hertzhaffter und heroiſcher Gehorſamb?

20. Wie
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[262/0290] Die Ein und Zwantzigſte Geiſtliche Lection Leben verlohren hat. Dann es geziembt ſich/ ſagt der H. Baſilius/ daß der jenige/ ſo ſich dem geiſtlichen Stand ergeben hat/ eine veſte/ ſtarcke und unbewegliche Beſtaͤndigkeit deß Willens/ und eine ſolche Vernunfft habe/ daß er von den boͤſen Geiſtern nicht koͤnne erſchuͤttet noch vertrieben werden. Er muß auch/ ſagt der H. Mann einer ſolchen Steiffigkeit deß Gemuͤts ſeyn/ daß an ihm biß zum Todt die Standhafftigkeit der Martyren zu ſehen ſeye/ Krafft deren er die Goͤttliche Gebott unſtraͤfflich halte/ und ſeinen Vorſtehern den vollkommenen Gehorſamb leiſte. Und dieſes iſt deß geiſtlichen Lebens vornehmſtes Haubt-Stuck. An einem andern Orth ſagt der gemeldte H. Lehrer. Ein wahrer Liebhaber Chriſti weigeret ſich nicht allein zu tragen/ was ſchwaͤr iſt/ ſondern verlanget vielmehr auch zu erdulden/ was noch ſchwaͤrer iſt. Der H. Biſchoff Lambertus wird von ſeinen Feinden ins Elend vertrieben/ fliehet ins Kloſter zu Stablo/ wird von dem Praͤlaten und uͤbrigen Geiſtlichen als ein heiliger Mann auff- und angnommen. Jnſothaner ſeiner Auffenthalt/ begibt es ſich/ daß der Heil. Biſchoff/ ſo mit den Muͤnchen deß Kloſters auff dem gemeinen Dormito- rio zu ruhen pflegte/ etwan fruͤher vor der Metten auffſtehet/ umb ſein Gebett zu verrichten; und da ihm auß Ungehorſambkeit im Ankleiden einer ſeiner Schuhe entfallet/ werden die Geiſtliche ſambt ihrem Vorſteher von dem Getuͤmmel vom Schlaff erwecket. Derhalben der Praͤlat befohlen daß der jenige Muͤnch/ ſo dieſe Unhoͤfflichkeit begangen/ ſich alsbald nach Gewonheit zum Creutz verfuͤgen/ und durch den Gehorſamb buͤſſen ſolte/ was er durch ſeine Nachlaͤſſigkeit geſuͤndiget. Es ware ſelbige Nacht ſehr kalt und hart gefrohren/ dannoch wilt der heilige Biſchoff dem Be- felch deß Praͤlaten gehorchen/ und gehet in ſeinem haͤrenin Kleyd ohne andere Uber-Kleyder zu dem gemeldten Creutz hin/ und verharret daſelbſt ſo lang/ biß ſich die Geiſtliche zum Dienſt GOttes bereitet haben. Da nun der Abt den heiligen Lambertum unter der Zahl ſeiner Geiſtlichen wider alle Gewonheit nicht gegenwaͤrtig ſehet; und hoͤret/ daß er der jenige ſeye/ den er zum Creutz verwieſen habe/ laufft er alsbald hinzu/ findt den heiligen Mann von der kaͤlte gantz erſtarret/ in ſeinem Cilicio mit hell- glantzendem Angeſicht vor dem Creutz kniend/ fallet mit ſeinen andern Geiſt- lichen demſelben zu Fuͤſſen/ und bitten umb Vergebung. Hergegen pro- teſtiret der heilige Biſchoff/ das er ab ſolcher Vergebungs-Bitt zumahlen ſchamroth werde/ und ſagt/ daß er vielmehr ſchuldig waͤre umb Ver- zeihung anzuhalten/ diemeil er der geiſtlichen Ruhe verſtoͤret habe; Jſt diß nicht ein hertzhaffter und heroiſcher Gehorſamb? In Regul. Brevior. Sur. in Vit. 20. Wie

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/290>, abgerufen am 24.11.2024.