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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem Gehorsamb.
nommen werden: Zum Exempel: Es wird ein Geistlicher von sei-
ner Obrigkeit zum Gastmahl der Weltlichen/ oder zu einer andern der-
gleichen Erlüstigung geschicket/ der ein Mensch seiner natürlichen
Neigung gemäß ist zugethan/ und dardurch öffters eine schäd-
liche Läwigkeit deß Geistes der Seelen zustosset: in diesem und
dergleichen Fällen kan der Unterthan ohne Verletzung deß vollkommenen
Gehorsambs seine Obrigkeit demütiglich und ehrbietsamblich ersuchen/ daß
er ihn von sothaner Ergötzlichkeit befreyen wolle: soll aber die Obrigkeit die-
sem Begehren nicht einwilligen; sondern den Ersuchenden gleichwohl zu Be-
felchen fortfahren; so muß solcher auß Gehorsamb geschickte Geistliche/ wan
er deß Verdiensts deß Gehorsambs geniessen/ und die erworbene Hitze deß
Geistes nicht verliehren will/ dieses fleissig beobachten; daß er nemblich/ wie
oben gemeldet/ derhalben allein gehorche/ weil es ein befelch der Obrigkeit ist/
und zum andern/ in sothaner Ergötzligkeit muß er behutsamb seyn/ auff daß so
wohl seines als auch deß Nechsten Gewissens-Ruhe/ die gefaste Brunst der
Andacht/ und die gebührende geistliche Eingezogenheit keinen Schaden leide/
und von ihme die Regel der Nüchterkeit unsträfflich gehalten werde.

21. Daß nun diesem also seye/ und dem Gehorsamb mit nichten widerstre-
be/ wann der Untergebene zu dergleichen schmeichlenden Erfrischungen sich
nicht eben willig und bereit finden lasse; lehret uns mit seinem Exempel der
Heil. Nicolaus von Tolentin, welcher in einer sehr gefährlichen Kranckheit
zum Fleisch-Essen gar ernstlich ermahnet worden; und da er sich aller massen
entschuldiget/ ist ihm zu letzt auch von dem Generalen selbst befohlen worden/
daß er dem Rath der Artzen folgen solte; deme er sich dann im geringsten nicht
widersetzet hat/ sondern ein Bißlein deß zugerichteten Fleisches gekostet/ und
gesagt; sehet/ nun hab ich gethan was mir befohlen worde/ im übrigen schaffet
alsbald diese schmeichlende Fresserey hinweg: also hat dieser gottselige Nico-
laus gleichwöhl den Gehorsamb/ und zwar so unbefleckt gehalten/ daß der H.
Augustiner Orden von selbigem dieses Lob singe: Nicolaus ein wahrer
Armer CHristi/ hat den Gehorsamb gehalten allezeit:
daß
aber dem lieben GOtt dieser Gehorsamb gefällig gewesen/ kan man gnug-
samb dar auß abnehmen/ weil nemblich dieser heilige Mann ohne einige Ar-
tzeney bald hernach die vorige Gesundheit erlangt hat. Es kan auch ein Geist-
licher/ wann er vielleicht förchtet/ daß auff vorbesagte Weiß von andern für
einen besondern Heiligen würde gehalten werden/ die vorgesetzte Manier fah-
ren lassen/ und wegen der auß Gehorsamb genossenen Ergötzlichkeit in an-

dern
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Von dem Gehorſamb.
nommen werden: Zum Exempel: Es wird ein Geiſtlicher von ſei-
ner Obrigkeit zum Gaſtmahl der Weltlichen/ oder zu einer andern der-
gleichen Erluͤſtigung geſchicket/ der ein Menſch ſeiner natuͤrlichen
Neigung gemaͤß iſt zugethan/ und dardurch oͤffters eine ſchaͤd-
liche Laͤwigkeit deß Geiſtes der Seelen zuſtoſſet: in dieſem und
dergleichen Faͤllen kan der Unterthan ohne Verletzung deß vollkommenen
Gehorſambs ſeine Obrigkeit demuͤtiglich und ehrbietſamblich erſuchen/ daß
er ihn von ſothaner Ergoͤtzlichkeit befreyen wolle: ſoll aber die Obrigkeit die-
ſem Begehren nicht einwilligen; ſondern den Erſuchenden gleichwohl zu Be-
felchen fortfahren; ſo muß ſolcher auß Gehorſamb geſchickte Geiſtliche/ wan
er deß Verdienſts deß Gehorſambs genieſſen/ und die erworbene Hitze deß
Geiſtes nicht verliehren will/ dieſes fleiſſig beobachten; daß er nemblich/ wie
oben gemeldet/ derhalben allein gehorche/ weil es ein befelch der Obrigkeit iſt/
und zum andern/ in ſothaner Ergoͤtzligkeit muß er behutſamb ſeyn/ auff daß ſo
wohl ſeines als auch deß Nechſten Gewiſſens-Ruhe/ die gefaſte Brunſt der
Andacht/ und die gebuͤhrende geiſtliche Eingezogenheit keinen Schaden leide/
und von ihme die Regel der Nuͤchterkeit unſtraͤfflich gehalten werde.

21. Daß nun dieſem alſo ſeye/ und dem Gehorſamb mit nichten widerſtre-
be/ wann der Untergebene zu dergleichen ſchmeichlenden Erfriſchungen ſich
nicht eben willig und bereit finden laſſe; lehret uns mit ſeinem Exempel der
Heil. Nicolaus von Tolentin, welcher in einer ſehr gefaͤhrlichen Kranckheit
zum Fleiſch-Eſſen gar ernſtlich ermahnet worden; und da er ſich aller maſſen
entſchuldiget/ iſt ihm zu letzt auch von dem Generalen ſelbſt befohlen worden/
daß er dem Rath der Artzen folgen ſolte; deme er ſich dann im geringſten nicht
widerſetzet hat/ ſondern ein Bißlein deß zugerichteten Fleiſches gekoſtet/ und
geſagt; ſehet/ nun hab ich gethan was mir befohlen worde/ im uͤbrigen ſchaffet
alsbald dieſe ſchmeichlende Freſſerey hinweg: alſo hat dieſer gottſelige Nico-
laus gleichwoͤhl den Gehorſamb/ und zwar ſo unbefleckt gehalten/ daß der H.
Auguſtiner Orden von ſelbigem dieſes Lob ſinge: Nicolaus ein wahrer
Armer CHriſti/ hat den Gehorſamb gehalten allezeit:
daß
aber dem lieben GOtt dieſer Gehorſamb gefaͤllig geweſen/ kan man gnug-
ſamb dar auß abnehmen/ weil nemblich dieſer heilige Mann ohne einige Ar-
tzeney bald hernach die vorige Geſundheit erlangt hat. Es kan auch ein Geiſt-
licher/ wann er vielleicht foͤrchtet/ daß auff vorbeſagte Weiß von andern fuͤr
einen beſondern Heiligen wuͤrde gehalten werden/ die vorgeſetzte Manier fah-
ren laſſen/ und wegen der auß Gehorſamb genoſſenen Ergoͤtzlichkeit in an-

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[265/0293] Von dem Gehorſamb. nommen werden: Zum Exempel: Es wird ein Geiſtlicher von ſei- ner Obrigkeit zum Gaſtmahl der Weltlichen/ oder zu einer andern der- gleichen Erluͤſtigung geſchicket/ der ein Menſch ſeiner natuͤrlichen Neigung gemaͤß iſt zugethan/ und dardurch oͤffters eine ſchaͤd- liche Laͤwigkeit deß Geiſtes der Seelen zuſtoſſet: in dieſem und dergleichen Faͤllen kan der Unterthan ohne Verletzung deß vollkommenen Gehorſambs ſeine Obrigkeit demuͤtiglich und ehrbietſamblich erſuchen/ daß er ihn von ſothaner Ergoͤtzlichkeit befreyen wolle: ſoll aber die Obrigkeit die- ſem Begehren nicht einwilligen; ſondern den Erſuchenden gleichwohl zu Be- felchen fortfahren; ſo muß ſolcher auß Gehorſamb geſchickte Geiſtliche/ wan er deß Verdienſts deß Gehorſambs genieſſen/ und die erworbene Hitze deß Geiſtes nicht verliehren will/ dieſes fleiſſig beobachten; daß er nemblich/ wie oben gemeldet/ derhalben allein gehorche/ weil es ein befelch der Obrigkeit iſt/ und zum andern/ in ſothaner Ergoͤtzligkeit muß er behutſamb ſeyn/ auff daß ſo wohl ſeines als auch deß Nechſten Gewiſſens-Ruhe/ die gefaſte Brunſt der Andacht/ und die gebuͤhrende geiſtliche Eingezogenheit keinen Schaden leide/ und von ihme die Regel der Nuͤchterkeit unſtraͤfflich gehalten werde. 21. Daß nun dieſem alſo ſeye/ und dem Gehorſamb mit nichten widerſtre- be/ wann der Untergebene zu dergleichen ſchmeichlenden Erfriſchungen ſich nicht eben willig und bereit finden laſſe; lehret uns mit ſeinem Exempel der Heil. Nicolaus von Tolentin, welcher in einer ſehr gefaͤhrlichen Kranckheit zum Fleiſch-Eſſen gar ernſtlich ermahnet worden; und da er ſich aller maſſen entſchuldiget/ iſt ihm zu letzt auch von dem Generalen ſelbſt befohlen worden/ daß er dem Rath der Artzen folgen ſolte; deme er ſich dann im geringſten nicht widerſetzet hat/ ſondern ein Bißlein deß zugerichteten Fleiſches gekoſtet/ und geſagt; ſehet/ nun hab ich gethan was mir befohlen worde/ im uͤbrigen ſchaffet alsbald dieſe ſchmeichlende Freſſerey hinweg: alſo hat dieſer gottſelige Nico- laus gleichwoͤhl den Gehorſamb/ und zwar ſo unbefleckt gehalten/ daß der H. Auguſtiner Orden von ſelbigem dieſes Lob ſinge: Nicolaus ein wahrer Armer CHriſti/ hat den Gehorſamb gehalten allezeit: daß aber dem lieben GOtt dieſer Gehorſamb gefaͤllig geweſen/ kan man gnug- ſamb dar auß abnehmen/ weil nemblich dieſer heilige Mann ohne einige Ar- tzeney bald hernach die vorige Geſundheit erlangt hat. Es kan auch ein Geiſt- licher/ wann er vielleicht foͤrchtet/ daß auff vorbeſagte Weiß von andern fuͤr einen beſondern Heiligen wuͤrde gehalten werden/ die vorgeſetzte Manier fah- ren laſſen/ und wegen der auß Gehorſamb genoſſenen Ergoͤtzlichkeit in an- dern L l

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/293>, abgerufen am 24.11.2024.