Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Drey und Zwantzistge Geistliche Lection ein Geistlicher das ihm zugebrachte Unbill nicht empfinden/ nach dem Exem-pel deß Altvatters Nub. wie im Leben der H. H. Vätter im 3. Buch/ n. 88. zu lesen ist. 20. Sintemahlen nun gewiß ist/ daß die Gedult einem Geistlichen hochnö- ses
Die Drey und Zwantziſtge Geiſtliche Lection ein Geiſtlicher das ihm zugebrachte Unbill nicht empfinden/ nach dem Exem-pel deß Altvatters Nub. wie im Leben der H. H. Vaͤtter im 3. Buch/ n. 88. zu leſen iſt. 20. Sintemahlen nun gewiß iſt/ daß die Gedult einem Geiſtlichen hochnoͤ- ſes
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0318" n="290"/><fw place="top" type="header">Die Drey und Zwantziſtge Geiſtliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/> ein Geiſtlicher das ihm zugebrachte Unbill nicht empfinden/ nach dem <hi rendition="#aq">Exem-<lb/> pel</hi> deß Altvatters <hi rendition="#aq">Nub.</hi> wie im Leben der H. H. Vaͤtter im 3. Buch/ <hi rendition="#aq">n.</hi> 88. zu<lb/> leſen iſt.</p><lb/> <p>20. Sintemahlen nun gewiß iſt/ daß die Gedult einem Geiſtlichen hochnoͤ-<lb/> tig ſeye/ ſo koͤnte vielleicht einer fragen/ welche die beſte <hi rendition="#aq">Materi</hi> zu leiden ſeye?<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Lyræus<lb/> lib. 1.<lb/> Apoph.</hi> 3.</note>dieſem antwortet der H. <hi rendition="#aq">Franciſcus Saleſius</hi> wie folgt: die jenige iſt die beſte<lb/><hi rendition="#aq">Materi</hi> zu leiden/ welche gantz von Gott iſt/ und von uns nichts an ſich hat:<lb/> dann der ſich ſelbſt durch freywillige Caſteyungen zuͤchtiget/ der iſt unter den<lb/> Faͤhnlein Chriſti ein Fuß-Knecht: der aber das jenige/ ſo ihm Gott zuſchicket/<lb/> mit geziemender Gedult leidet/ der iſt ein Reuter. Dieſe Meinung deß obge-<lb/> meldten Biſchoffs wird durch das Geſicht/ ſo dem ſeligen <hi rendition="#aq">Henrico Suſoni</hi><lb/> gezeigt worden/ bekraͤfftiget. Dieſem gottſeligen Mann hat einsmahls ein von<lb/> Gott geſendeter Juͤngling Stiffel und Sporen/ einen Schild und eine Lan-<lb/> tzen gebracht/ mit dieſem Vermelden: du ſollſt wiſſen/ daß du bißhero als ein<lb/> Fuͤſſer gedienet habeſt; nun aber wirſt du zum Ritter-Stand beruffen: Vor-<lb/> hin haſt du dich gezuͤchtiget/ wie du ſelbſt gewolt haſt: nun aber wirſt du mit<lb/> der Ruthen der ungerechten Zungen hergenommen werden: bißhero biſt du<lb/> auß den Bruͤſten Chriſti geſaͤuget worden/ anjetzt wirſt du mit Gall getraͤn-<lb/> cket werden: biß herzu biſt du den Leuten angenehm geweſen; nun wird dir<lb/> ein jeder zu wider ſeyn. Da dieſe Weiſſagung der treue Diener Gottes deß an-<lb/> dern Tags nach dem Ambt der H. Meſſen bey ſich in der Stille uͤberlegt; ſie-<lb/> he/ da wird ihm durch eine Stimm befohlen/ er ſolle zum Fenſter hinauß<lb/> ſchawen: indem er nun gehorchet/ ſiehet er/ daß ein Hund auff dem Vorhoff<lb/> deß Cloſters ein zerlumpten Schnitzling Tuchs mit ſchaͤumendem Maul<lb/> auff alle Hunds-<hi rendition="#aq">Manier</hi> fein tapffer herumb riſſe: er hoͤret auch annebenſt<lb/> dieſelbige Stimm vom Himmel/ daß er hinfuͤhro gleich dieſem uͤbel zugerich-<lb/> teten Tuch-Schnitz durch die Zaͤhn der Menſchen ſolle gezogen werden. Der<lb/> fromme <hi rendition="#aq">Suſo</hi> iſt mit dieſem anerbottenen <hi rendition="#aq">Tractament</hi> alsbald befriediget ge-<lb/> weſen/ und hat den gemeldten Schnitz Tuchs/ als ein Zeichen ſeines Creutzes<lb/> mit ſich zur Zellen genommen/ und daſelbſt lang auffbehalten. Zum anfang<lb/> deß Streits hats zwarn das Anſehen gehabt/ als wann er auß menſchlicher<lb/> Schwachheit fuͤr ſeinem Feind ſich foͤrchtete: iſt aber am Feſt-Tag der Rei-<lb/> nigung <hi rendition="#aq">Mariæ</hi> durch das goͤttliche kleine Kindlein erinnert worden/ daß er nit<lb/> allein das zugeſchickte Creutz ſtandhafftiglich tragen/ ſondern auch andere und<lb/> andere bald folgende erwarten muͤſſe. Auff dieſes Zuſprechen deß Kindleins<lb/> hat der gottſelige Geiſtliche Fuß beym Mahl gehalten/ und iſt fortan unter<lb/> tauſend Widerwaͤrtigkeiten geduͤltig und ſtanthaͤfftig verblieben. Nehme die-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſes</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [290/0318]
Die Drey und Zwantziſtge Geiſtliche Lection
ein Geiſtlicher das ihm zugebrachte Unbill nicht empfinden/ nach dem Exem-
pel deß Altvatters Nub. wie im Leben der H. H. Vaͤtter im 3. Buch/ n. 88. zu
leſen iſt.
20. Sintemahlen nun gewiß iſt/ daß die Gedult einem Geiſtlichen hochnoͤ-
tig ſeye/ ſo koͤnte vielleicht einer fragen/ welche die beſte Materi zu leiden ſeye?
dieſem antwortet der H. Franciſcus Saleſius wie folgt: die jenige iſt die beſte
Materi zu leiden/ welche gantz von Gott iſt/ und von uns nichts an ſich hat:
dann der ſich ſelbſt durch freywillige Caſteyungen zuͤchtiget/ der iſt unter den
Faͤhnlein Chriſti ein Fuß-Knecht: der aber das jenige/ ſo ihm Gott zuſchicket/
mit geziemender Gedult leidet/ der iſt ein Reuter. Dieſe Meinung deß obge-
meldten Biſchoffs wird durch das Geſicht/ ſo dem ſeligen Henrico Suſoni
gezeigt worden/ bekraͤfftiget. Dieſem gottſeligen Mann hat einsmahls ein von
Gott geſendeter Juͤngling Stiffel und Sporen/ einen Schild und eine Lan-
tzen gebracht/ mit dieſem Vermelden: du ſollſt wiſſen/ daß du bißhero als ein
Fuͤſſer gedienet habeſt; nun aber wirſt du zum Ritter-Stand beruffen: Vor-
hin haſt du dich gezuͤchtiget/ wie du ſelbſt gewolt haſt: nun aber wirſt du mit
der Ruthen der ungerechten Zungen hergenommen werden: bißhero biſt du
auß den Bruͤſten Chriſti geſaͤuget worden/ anjetzt wirſt du mit Gall getraͤn-
cket werden: biß herzu biſt du den Leuten angenehm geweſen; nun wird dir
ein jeder zu wider ſeyn. Da dieſe Weiſſagung der treue Diener Gottes deß an-
dern Tags nach dem Ambt der H. Meſſen bey ſich in der Stille uͤberlegt; ſie-
he/ da wird ihm durch eine Stimm befohlen/ er ſolle zum Fenſter hinauß
ſchawen: indem er nun gehorchet/ ſiehet er/ daß ein Hund auff dem Vorhoff
deß Cloſters ein zerlumpten Schnitzling Tuchs mit ſchaͤumendem Maul
auff alle Hunds-Manier fein tapffer herumb riſſe: er hoͤret auch annebenſt
dieſelbige Stimm vom Himmel/ daß er hinfuͤhro gleich dieſem uͤbel zugerich-
teten Tuch-Schnitz durch die Zaͤhn der Menſchen ſolle gezogen werden. Der
fromme Suſo iſt mit dieſem anerbottenen Tractament alsbald befriediget ge-
weſen/ und hat den gemeldten Schnitz Tuchs/ als ein Zeichen ſeines Creutzes
mit ſich zur Zellen genommen/ und daſelbſt lang auffbehalten. Zum anfang
deß Streits hats zwarn das Anſehen gehabt/ als wann er auß menſchlicher
Schwachheit fuͤr ſeinem Feind ſich foͤrchtete: iſt aber am Feſt-Tag der Rei-
nigung Mariæ durch das goͤttliche kleine Kindlein erinnert worden/ daß er nit
allein das zugeſchickte Creutz ſtandhafftiglich tragen/ ſondern auch andere und
andere bald folgende erwarten muͤſſe. Auff dieſes Zuſprechen deß Kindleins
hat der gottſelige Geiſtliche Fuß beym Mahl gehalten/ und iſt fortan unter
tauſend Widerwaͤrtigkeiten geduͤltig und ſtanthaͤfftig verblieben. Nehme die-
ſes
Lyræus
lib. 1.
Apoph. 3.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/318 |
Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/318>, abgerufen am 16.07.2024. |