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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von den Versuchungen.
Versuchungen. Es muß aber derhalben ein Liebhaber GOttes nicht verza-
gen; sondern muß gedencken/ daß/ gleich wie er als ein behertzter Soldat
unter den ersten in der Schlacht zu erscheinen trachtet/ auch den feindlichen
Wapffen der nächste seyn müsse. Jst nicht der H. Apostel Paulus selbst
von dem laidigen Sathan mit Fäusten geschlagen/ das ist/ durch die Sta-
chel deß Fleisches angefochten worden? Jsts nicht zu verwundern/ daß ein
Apostel/ und Lehrer der gantzen Welt noch leyden muß/ daß ihn der Tenffel
durchs Fleisch versuche? Der ins Paradeyß geführet/ ja so gar biß in den
höchsten Himmel verzuckt gewesen/ muß noch außstehen den Anfall der Na-
turen? Er aber hat nicht zu seiner Verschähmung/ sondern zu seiner Glo-
ry; nicht zur Verdamnuß/ sondern zur Belohnung/ und Abwendung der
hoffärtigen Gedancken diese Versuchung erlitten. Zumahlen die Versu-
chungen den Menschen offt sehr nützlich seynd; wie der H. Thomas a Kem-L. 1. c. 13.
§.
2.

pis vermercket; ob sie schon dem Menschen zu wider und schwär seynd; dann
in denen wird der Mensch gereiniget/ gedemüthiget und unterwiesen. Und
der Apostel sagt: Damit ich mich nicht uberhebe wegen der2. Cor. 12.
v.
7.

hohen offenbahrungen/ ist mir ein Stachel in mein Fleisch
gegeben/ der Engel deß Sathans/ daß er mich mit Fäusten
schlage.
Dahero seynd einige der Meynung/ daß derselbige Apostel
GOttes ohne diese Versuchung nicht hätte können seelig werden/ darum ist
er auch so gar nach dreymahl widerholter Bitt/ vom HErrn nicht erhört
worden.

5. Billig derhalben schreibet der H. Vatter Augustinus den FortgangSup. Ps.
60.

in den Tugenden den Versuchungen zu; dieweilen/ sagt er/ unser Leben
auff dieser Pilgerfahrt ohne Sünd nicht seyn kan: und es kan auch ohne Ver-
suchung nicht seyn; dann unser Zunehmen muß durch die Versuchung be-
fördert werden; und keiner lernet sich selbsten kennen/ es sey dann daß er ver-
sucht werde: es wird keiner auch gekröhnet/ der nicht seinen Feind überwun-
den hat; keiner kan aber den Sieg erhalten/ wann er nicht gestritten hat: und
wer kan streiten/ wann er keinen Feind und keine Versuchungen hat? DiesesClymac.
c.
26.

hat einsmahls betrachtet der H. Ephrem derhalben hat er/ da in der höch-
sten Ruhe und Zufriedenheit lebte/ von GOtt begehret/ daß er den Krieg der
vorhin außgestandenen Versuchungen in ihm erneueren/ und ihm also
grösseren Lohn zu verdienen Gelegenheit geben mögte. Von einem andern
Geistlichen meldet der Geist- reiche Rodriquez, daß er zu seinem geistlichen
Vatter kommen seye/ und sich beklaget/ daß GOtt endlich seinen gehabten
Streit in einen gewünschten Frieden verändert habe. Deme der Vorsteher

be-
Q q 3

Von den Verſuchungen.
Verſuchungen. Es muß aber derhalben ein Liebhaber GOttes nicht verza-
gen; ſondern muß gedencken/ daß/ gleich wie er als ein behertzter Soldat
unter den erſten in der Schlacht zu erſcheinen trachtet/ auch den feindlichen
Wapffen der naͤchſte ſeyn muͤſſe. Jſt nicht der H. Apoſtel Paulus ſelbſt
von dem laidigen Sathan mit Faͤuſten geſchlagen/ das iſt/ durch die Sta-
chel deß Fleiſches angefochten worden? Jſts nicht zu verwundern/ daß ein
Apoſtel/ und Lehrer der gantzen Welt noch leyden muß/ daß ihn der Tenffel
durchs Fleiſch verſuche? Der ins Paradeyß gefuͤhret/ ja ſo gar biß in den
hoͤchſten Himmel verzuckt geweſen/ muß noch außſtehen den Anfall der Na-
turen? Er aber hat nicht zu ſeiner Verſchaͤhmung/ ſondern zu ſeiner Glo-
ry; nicht zur Verdamnuß/ ſondern zur Belohnung/ und Abwendung der
hoffaͤrtigen Gedancken dieſe Verſuchung erlitten. Zumahlen die Verſu-
chungen den Menſchen offt ſehr nuͤtzlich ſeynd; wie der H. Thomas à Kem-L. 1. c. 13.
§.
2.

pis vermercket; ob ſie ſchon dem Menſchen zu wider und ſchwaͤr ſeynd; dann
in denen wird der Menſch gereiniget/ gedemuͤthiget und unterwieſen. Und
der Apoſtel ſagt: Damit ich mich nicht ůberhebe wegen der2. Cor. 12.
v.
7.

hohen offenbahrungen/ iſt mir ein Stachel in mein Fleiſch
gegeben/ der Engel deß Sathans/ daß er mich mit Faͤuſten
ſchlage.
Dahero ſeynd einige der Meynung/ daß derſelbige Apoſtel
GOttes ohne dieſe Verſuchung nicht haͤtte koͤnnen ſeelig werden/ darum iſt
er auch ſo gar nach dreymahl widerholter Bitt/ vom HErrn nicht erhoͤrt
worden.

5. Billig derhalben ſchreibet der H. Vatter Auguſtinus den FortgangSup. Pſ.
60.

in den Tugenden den Verſuchungen zu; dieweilen/ ſagt er/ unſer Leben
auff dieſer Pilgerfahrt ohne Suͤnd nicht ſeyn kan: und es kan auch ohne Ver-
ſuchung nicht ſeyn; dann unſer Zunehmen muß durch die Verſuchung be-
foͤrdert werden; und keiner lernet ſich ſelbſten kennen/ es ſey dann daß er ver-
ſucht werde: es wird keiner auch gekroͤhnet/ der nicht ſeinen Feind uͤberwun-
den hat; keiner kan aber den Sieg erhalten/ wann er nicht geſtritten hat: und
wer kan ſtreiten/ wann er keinen Feind und keine Verſuchungen hat? DieſesClymac.
c.
26.

hat einsmahls betrachtet der H. Ephrem derhalben hat er/ da in der hoͤch-
ſten Ruhe und Zufriedenheit lebte/ von GOtt begehret/ daß er den Krieg der
vorhin außgeſtandenen Verſuchungen in ihm erneueren/ und ihm alſo
groͤſſeren Lohn zu verdienen Gelegenheit geben moͤgte. Von einem andern
Geiſtlichen meldet der Geiſt- reiche Rodriquez, daß er zu ſeinem geiſtlichen
Vatter kommen ſeye/ und ſich beklaget/ daß GOtt endlich ſeinen gehabten
Streit in einen gewuͤnſchten Frieden veraͤndert habe. Deme der Vorſteher

be-
Q q 3
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[309/0337] Von den Verſuchungen. Verſuchungen. Es muß aber derhalben ein Liebhaber GOttes nicht verza- gen; ſondern muß gedencken/ daß/ gleich wie er als ein behertzter Soldat unter den erſten in der Schlacht zu erſcheinen trachtet/ auch den feindlichen Wapffen der naͤchſte ſeyn muͤſſe. Jſt nicht der H. Apoſtel Paulus ſelbſt von dem laidigen Sathan mit Faͤuſten geſchlagen/ das iſt/ durch die Sta- chel deß Fleiſches angefochten worden? Jſts nicht zu verwundern/ daß ein Apoſtel/ und Lehrer der gantzen Welt noch leyden muß/ daß ihn der Tenffel durchs Fleiſch verſuche? Der ins Paradeyß gefuͤhret/ ja ſo gar biß in den hoͤchſten Himmel verzuckt geweſen/ muß noch außſtehen den Anfall der Na- turen? Er aber hat nicht zu ſeiner Verſchaͤhmung/ ſondern zu ſeiner Glo- ry; nicht zur Verdamnuß/ ſondern zur Belohnung/ und Abwendung der hoffaͤrtigen Gedancken dieſe Verſuchung erlitten. Zumahlen die Verſu- chungen den Menſchen offt ſehr nuͤtzlich ſeynd; wie der H. Thomas à Kem- pis vermercket; ob ſie ſchon dem Menſchen zu wider und ſchwaͤr ſeynd; dann in denen wird der Menſch gereiniget/ gedemuͤthiget und unterwieſen. Und der Apoſtel ſagt: Damit ich mich nicht ůberhebe wegen der hohen offenbahrungen/ iſt mir ein Stachel in mein Fleiſch gegeben/ der Engel deß Sathans/ daß er mich mit Faͤuſten ſchlage. Dahero ſeynd einige der Meynung/ daß derſelbige Apoſtel GOttes ohne dieſe Verſuchung nicht haͤtte koͤnnen ſeelig werden/ darum iſt er auch ſo gar nach dreymahl widerholter Bitt/ vom HErrn nicht erhoͤrt worden. L. 1. c. 13. §. 2. 2. Cor. 12. v. 7. 5. Billig derhalben ſchreibet der H. Vatter Auguſtinus den Fortgang in den Tugenden den Verſuchungen zu; dieweilen/ ſagt er/ unſer Leben auff dieſer Pilgerfahrt ohne Suͤnd nicht ſeyn kan: und es kan auch ohne Ver- ſuchung nicht ſeyn; dann unſer Zunehmen muß durch die Verſuchung be- foͤrdert werden; und keiner lernet ſich ſelbſten kennen/ es ſey dann daß er ver- ſucht werde: es wird keiner auch gekroͤhnet/ der nicht ſeinen Feind uͤberwun- den hat; keiner kan aber den Sieg erhalten/ wann er nicht geſtritten hat: und wer kan ſtreiten/ wann er keinen Feind und keine Verſuchungen hat? Dieſes hat einsmahls betrachtet der H. Ephrem derhalben hat er/ da in der hoͤch- ſten Ruhe und Zufriedenheit lebte/ von GOtt begehret/ daß er den Krieg der vorhin außgeſtandenen Verſuchungen in ihm erneueren/ und ihm alſo groͤſſeren Lohn zu verdienen Gelegenheit geben moͤgte. Von einem andern Geiſtlichen meldet der Geiſt- reiche Rodriquez, daß er zu ſeinem geiſtlichen Vatter kommen ſeye/ und ſich beklaget/ daß GOtt endlich ſeinen gehabten Streit in einen gewuͤnſchten Frieden veraͤndert habe. Deme der Vorſteher be- Sup. Pſ. 60. Clymac. c. 26. Q q 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/337>, abgerufen am 27.11.2024.