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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Hoffnung.
verlassend/ erkennen mögten/ daß der Sieg eintzig der Hand GOttes
zuzuschreiben seye. Diese dreyhundert dann haben solcher Gestalt ein
unzahlbares Kriegs- Heer überwunden: dann GOtt wilt/ daß aller
Sieg/ als ein Gabe seiner mild-vätterlichen Hand/ und nicht als unser
eigener Verdienst/ von uns erkennet werde.

3. Zum andern/ gleich wie ein Ancker auffden Seiten mit zweyen
Spitzen versehen ist; also muß auch die Hoffnung mit zweyen Tugen-
den/ nemblich mit der Furcht GOTTES/ und langwieriger Ge-
dult vergesellschafft seyn. Damit du aber/ mein Christliche Seel/
dieses wohl fassen mögest/ ist dir nöthig/ daß du die gewöhnliche Ma-
nier wissest/ die Hoffnung zu üben und zu erwecken. Diese aber be-
stchet darin/ daß die Kindliche Forcht allezeit mit ihr vereiniget wer-
de; wie der H. Bernardinus sagt: Die Hoffnung hat einenSerm. 15.
in Psalm.
Qui ha-
bitat.

grossen Verdienst/ wann sie mit der Forcht vereiniget
ist: mit dieser Forcht kan man sehr nutzlich hoffen.
Die-
se Forcht aber ist eine kräfftige und beständige Marter der Hoffnung:
und weilen Salomon darfür haltet/ daß in der Forcht seye das Ver-
trauen der Stärcke: Derhalben da unser H. Vatter Augustinus dieProv. 14.
v. 26.
Serm.
15.

Brüder in der Wüsten ermahnete/ sprach er ihnen von der Hoffnung
also zu: Meine liebe Bruder/ diese liebet/ diese haltet/
aber nicht ohne Forcht: dannder hoffet und nicht förch-
tet/ ist nachlässig: Der aber förchtet und nicht hoffet/
wird sincken/ und hinunter wie ein Stein in den Grund
Ps. 46. v.
11.

fallen. Derhalben bezeugt billig der fromme David/ daß der HErr
ein Wohlgefallen habe an denen: die ihn förchten/ und hoffen auff
seine Barmhertzigkeit.

4. Die Gedult aber/ als die andere Gesellin der Hoffnung
bestehet in deme/ daß wir keines Wegs die Hoffnung lassen verlohren ge-
hen/ wann wir sehon nach unserem Belieben daß jenige nicht erlangen/
was wir begehrt haben: dann also pflegt GOtt mit uns zu handlen;
daß er uns auß erheblichen Ursachen alsbald nicht erhöre; sondern oder
wegen unseres Mißtrauens/ oder damit er unsere in den Tugenden
geübte Kräfften zur Prob stelle; oder auch daß er mit grösseren und
nützlicheren Gnaden uns bereichen wolle; die Einwilligung verschiebe.
Wer will dann verzagen/ und daß unschätzbahre Kleinod/ nemblich
die Hoffnung so liederlich von sich werffen? vielmehr wollen wir mit
dem frommen Job (der am gantzen Leib erkräncket/ seiner Kinder be-
raubet/ von. seinen Freunden verspottet/ und aller Güter entblösset

ware)
B 3

Von der Hoffnung.
verlaſſend/ erkennen moͤgten/ daß der Sieg eintzig der Hand GOttes
zuzuſchreiben ſeye. Dieſe dreyhundert dann haben ſolcher Geſtalt ein
unzahlbares Kriegs- Heer uͤberwunden: dann GOtt wilt/ daß aller
Sieg/ als ein Gabe ſeiner mild-vaͤtterlichen Hand/ und nicht als unſer
eigener Verdienſt/ von uns erkennet werde.

3. Zum andern/ gleich wie ein Ancker auffden Seiten mit zweyen
Spitzen verſehen iſt; alſo muß auch die Hoffnung mit zweyen Tugen-
den/ nemblich mit der Furcht GOTTES/ und langwieriger Ge-
dult vergeſellſchafft ſeyn. Damit du aber/ mein Chriſtliche Seel/
dieſes wohl faſſen moͤgeſt/ iſt dir noͤthig/ daß du die gewoͤhnliche Ma-
nier wiſſeſt/ die Hoffnung zu uͤben und zu erwecken. Dieſe aber be-
ſtchet darin/ daß die Kindliche Forcht allezeit mit ihr vereiniget wer-
de; wie der H. Bernardinus ſagt: Die Hoffnung hat einenSerm. 15.
in Pſalm.
Qui ha-
bitat.

groſſen Verdienſt/ wann ſie mit der Forcht vereiniget
iſt: mit dieſer Forcht kan man ſehr nůtzlich hoffen.
Die-
ſe Forcht aber iſt eine kraͤfftige und beſtaͤndige Marter der Hoffnung:
und weilen Salomon darfuͤr haltet/ daß in der Forcht ſeye das Ver-
trauen der Staͤrcke: Derhalben da unſer H. Vatter Auguſtinus dieProv. 14.
v. 26.
Serm.
15.

Bruͤder in der Wuͤſten ermahnete/ ſprach er ihnen von der Hoffnung
alſo zu: Meine liebe Brůder/ dieſe liebet/ dieſe haltet/
aber nicht ohne Forcht: dannder hoffet und nicht foͤrch-
tet/ iſt nachlaͤſſig: Der aber foͤrchtet und nicht hoffet/
wird ſincken/ und hinunter wie ein Stein in den Grund
Pſ. 46. v.
11.

fallen. Derhalben bezeugt billig der fromme David/ daß der HErr
ein Wohlgefallen habe an denen: die ihn foͤrchten/ und hoffen auff
ſeine Barmhertzigkeit.

4. Die Gedult aber/ als die andere Geſellin der Hoffnung
beſtehet in deme/ daß wir keines Wegs die Hoffnung laſſen verlohren ge-
hen/ wann wir ſehon nach unſerem Belieben daß jenige nicht erlangen/
was wir begehrt haben: dann alſo pflegt GOtt mit uns zu handlen;
daß er uns auß erheblichen Urſachen alsbald nicht erhoͤre; ſondern oder
wegen unſeres Mißtrauens/ oder damit er unſere in den Tugenden
geuͤbte Kraͤfften zur Prob ſtelle; oder auch daß er mit groͤſſeren und
nuͤtzlicheren Gnaden uns bereichen wolle; die Einwilligung verſchiebe.
Wer will dann verzagen/ und daß unſchaͤtzbahre Kleinod/ nemblich
die Hoffnung ſo liederlich von ſich werffen? vielmehr wollen wir mit
dem frommen Job (der am gantzen Leib erkraͤncket/ ſeiner Kinder be-
raubet/ von. ſeinen Freunden verſpottet/ und aller Guͤter entbloͤſſet

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B 3
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[13/0041] Von der Hoffnung. verlaſſend/ erkennen moͤgten/ daß der Sieg eintzig der Hand GOttes zuzuſchreiben ſeye. Dieſe dreyhundert dann haben ſolcher Geſtalt ein unzahlbares Kriegs- Heer uͤberwunden: dann GOtt wilt/ daß aller Sieg/ als ein Gabe ſeiner mild-vaͤtterlichen Hand/ und nicht als unſer eigener Verdienſt/ von uns erkennet werde. 3. Zum andern/ gleich wie ein Ancker auffden Seiten mit zweyen Spitzen verſehen iſt; alſo muß auch die Hoffnung mit zweyen Tugen- den/ nemblich mit der Furcht GOTTES/ und langwieriger Ge- dult vergeſellſchafft ſeyn. Damit du aber/ mein Chriſtliche Seel/ dieſes wohl faſſen moͤgeſt/ iſt dir noͤthig/ daß du die gewoͤhnliche Ma- nier wiſſeſt/ die Hoffnung zu uͤben und zu erwecken. Dieſe aber be- ſtchet darin/ daß die Kindliche Forcht allezeit mit ihr vereiniget wer- de; wie der H. Bernardinus ſagt: Die Hoffnung hat einen groſſen Verdienſt/ wann ſie mit der Forcht vereiniget iſt: mit dieſer Forcht kan man ſehr nůtzlich hoffen. Die- ſe Forcht aber iſt eine kraͤfftige und beſtaͤndige Marter der Hoffnung: und weilen Salomon darfuͤr haltet/ daß in der Forcht ſeye das Ver- trauen der Staͤrcke: Derhalben da unſer H. Vatter Auguſtinus die Bruͤder in der Wuͤſten ermahnete/ ſprach er ihnen von der Hoffnung alſo zu: Meine liebe Brůder/ dieſe liebet/ dieſe haltet/ aber nicht ohne Forcht: dannder hoffet und nicht foͤrch- tet/ iſt nachlaͤſſig: Der aber foͤrchtet und nicht hoffet/ wird ſincken/ und hinunter wie ein Stein in den Grund fallen. Derhalben bezeugt billig der fromme David/ daß der HErr ein Wohlgefallen habe an denen: die ihn foͤrchten/ und hoffen auff ſeine Barmhertzigkeit. Serm. 15. in Pſalm. Qui ha- bitat. Prov. 14. v. 26. Serm. 15. Pſ. 46. v. 11. 4. Die Gedult aber/ als die andere Geſellin der Hoffnung beſtehet in deme/ daß wir keines Wegs die Hoffnung laſſen verlohren ge- hen/ wann wir ſehon nach unſerem Belieben daß jenige nicht erlangen/ was wir begehrt haben: dann alſo pflegt GOtt mit uns zu handlen; daß er uns auß erheblichen Urſachen alsbald nicht erhoͤre; ſondern oder wegen unſeres Mißtrauens/ oder damit er unſere in den Tugenden geuͤbte Kraͤfften zur Prob ſtelle; oder auch daß er mit groͤſſeren und nuͤtzlicheren Gnaden uns bereichen wolle; die Einwilligung verſchiebe. Wer will dann verzagen/ und daß unſchaͤtzbahre Kleinod/ nemblich die Hoffnung ſo liederlich von ſich werffen? vielmehr wollen wir mit dem frommen Job (der am gantzen Leib erkraͤncket/ ſeiner Kinder be- raubet/ von. ſeinen Freunden verſpottet/ und aller Guͤter entbloͤſſet ware) B 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/41>, abgerufen am 03.12.2024.