Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Geistlichen Vollkommenheit.
sagt: muß man glauben/ daß die Leben der vortrefflichsten Leute deßwegen
auffs genaueste beschrieben seynd/ damit unser Leben durch die Nachfolgung
zur Tugend und Gutem desto gerader geführet werde. Dahero gleich wie die
Mahler/ wann sie ein Bild auß dem Bild mahlen/ zugleich auff das Muster
oder Fürbild sehend/ pflegen das fürgebildete in ihr Werck zu übersetzen: also
muß der jenige/ welcher sich befleissiget in allen theilen der Tugenden sich voll-
kommen zu machen/ die Leben der Heiligen als lebendige und kräfftige Bild-
nüssen ansehen/ und ihre gute Wercke durch die Nachfolgung sein machen.
Thue das/ so wirst du leben. Lebe wohl.



Die Zwey und Dreyssigste Geistliche
LECTION

Vom
Guten Exempel.
Sicluceat lux vestra coram hominibus, ut videant operaMatt. 5.
16.

vestra bona, & glorificent Patrem vestrum, qui in Cae-
lis est.

Also lasset ewer Liecht leuchten fur den Menschen/
daß sie ewere gute Werck sehen/ und preisen euren Vatter/
der im Himmel ist.

1. WJr haben bißhero von der Vollkommenheit geredet/ nun müssen
wir sehen/ welcher den andern in dieser Ubung übertreffe. Dieß5. Ethic.
aber eröffnet uns der weltweise Fürst Aristoteles, indem er sa-
get: der jenige ist der beste/ der seine Gütigkeit nicht allein gegen sich/ sondern
auch gegen andere gebraucht. Dahero ist nach diesem gelegten Grund der je-
nige der beste Geistliche/ welcher mehr mit der That als mit den Worten
andere den Weg der Tugenden lehret. Welches der Gregorius Magaus
mit diesen Worten lehret: ich weiß keinen Rath besser zu seyn/ als wann duL. 10. mo-
ral.

dich befleissest mit deinem Exempel deinen Bruder zu lehren/ was geschehen

solle/
D d d

Von der Geiſtlichen Vollkommenheit.
ſagt: muß man glauben/ daß die Leben der vortrefflichſten Leute deßwegen
auffs genaueſte beſchrieben ſeynd/ damit unſer Leben durch die Nachfolgung
zur Tugend und Gutem deſto gerader gefuͤhret werde. Dahero gleich wie die
Mahler/ wann ſie ein Bild auß dem Bild mahlen/ zugleich auff das Muſter
oder Fuͤrbild ſehend/ pflegen das fuͤrgebildete in ihr Werck zu uͤberſetzen: alſo
muß der jenige/ welcher ſich befleiſſiget in allen theilen der Tugenden ſich voll-
kommen zu machen/ die Leben der Heiligen als lebendige und kraͤfftige Bild-
nuͤſſen anſehen/ und ihre gute Wercke durch die Nachfolgung ſein machen.
Thue das/ ſo wirſt du leben. Lebe wohl.



Die Zwey und Dreyſſigſte Geiſtliche
LECTION

Vom
Guten Exempel.
Sicluceat lux veſtra coram hominibus, ut videant operaMatt. 5.
16.

veſtra bona, & glorificent Patrem veſtrum, qui in Cæ-
lis eſt.

Alſo laſſet ewer Liecht leuchten fůr den Menſchen/
daß ſie ewere gute Werck ſehen/ und preiſen euren Vatter/
der im Himmel iſt.

1. WJr haben bißhero von der Vollkommenheit geredet/ nun muͤſſen
wir ſehen/ welcher den andern in dieſer Ubung uͤbertreffe. Dieß5. Ethic.
aber eroͤffnet uns der weltweiſe Fuͤrſt Ariſtoteles, indem er ſa-
get: der jenige iſt der beſte/ der ſeine Guͤtigkeit nicht allein gegen ſich/ ſondern
auch gegen andere gebraucht. Dahero iſt nach dieſem gelegten Grund der je-
nige der beſte Geiſtliche/ welcher mehr mit der That als mit den Worten
andere den Weg der Tugenden lehret. Welches der Gregorius Magaus
mit dieſen Worten lehret: ich weiß keinen Rath beſſer zu ſeyn/ als wann duL. 10. mo-
ral.

dich befleiſſeſt mit deinem Exempel deinen Bruder zu lehren/ was geſchehen

ſolle/
D d d
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0421" n="393"/><fw place="top" type="header">Von der Gei&#x017F;tlichen Vollkommenheit.</fw><lb/>
&#x017F;agt: muß man glauben/ daß die Leben der vortrefflich&#x017F;ten Leute deßwegen<lb/>
auffs genaue&#x017F;te be&#x017F;chrieben &#x017F;eynd/ damit un&#x017F;er Leben durch die Nachfolgung<lb/>
zur Tugend und Gutem de&#x017F;to gerader gefu&#x0364;hret werde. Dahero gleich wie die<lb/>
Mahler/ wann &#x017F;ie ein Bild auß dem Bild mahlen/ zugleich auff das Mu&#x017F;ter<lb/>
oder Fu&#x0364;rbild &#x017F;ehend/ pflegen das fu&#x0364;rgebildete in ihr Werck zu u&#x0364;ber&#x017F;etzen: al&#x017F;o<lb/>
muß der jenige/ welcher &#x017F;ich beflei&#x017F;&#x017F;iget in allen theilen der Tugenden &#x017F;ich voll-<lb/>
kommen zu machen/ die Leben der Heiligen als lebendige und kra&#x0364;fftige Bild-<lb/>
nu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en an&#x017F;ehen/ und ihre gute Wercke durch die Nachfolgung &#x017F;ein machen.<lb/>
Thue das/ &#x017F;o wir&#x017F;t du leben. Lebe wohl.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#b">Die Zwey und Drey&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;te Gei&#x017F;tliche<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">LECTION</hi></hi></hi><lb/>
Vom<lb/><hi rendition="#b">Guten Exempel.</hi></head><lb/>
        <cit>
          <quote> <hi rendition="#aq">Sicluceat lux ve&#x017F;tra coram hominibus, ut videant opera</hi> <note place="right"><hi rendition="#aq">Matt.</hi> 5.<lb/>
16.</note><lb/> <hi rendition="#aq">ve&#x017F;tra bona, &amp; glorificent Patrem ve&#x017F;trum, qui in Cæ-<lb/>
lis e&#x017F;t.</hi> </quote>
        </cit><lb/>
        <cit>
          <quote> <hi rendition="#fr">Al&#x017F;o la&#x017F;&#x017F;et ewer Liecht leuchten f&#x016F;r den Men&#x017F;chen/<lb/>
daß &#x017F;ie ewere gute Werck &#x017F;ehen/ und prei&#x017F;en euren Vatter/<lb/>
der im Himmel i&#x017F;t.</hi> </quote>
        </cit><lb/>
        <p>1. <hi rendition="#in">W</hi>Jr haben bißhero von der Vollkommenheit geredet/ nun mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wir &#x017F;ehen/ welcher den andern in die&#x017F;er Ubung u&#x0364;bertreffe. Dieß<note place="right">5. <hi rendition="#aq">Ethic.</hi></note><lb/>
aber ero&#x0364;ffnet uns der weltwei&#x017F;e Fu&#x0364;r&#x017F;t <hi rendition="#aq">Ari&#x017F;toteles,</hi> indem er &#x017F;a-<lb/>
get: der jenige i&#x017F;t der be&#x017F;te/ der &#x017F;eine Gu&#x0364;tigkeit nicht allein gegen &#x017F;ich/ &#x017F;ondern<lb/>
auch gegen andere gebraucht. Dahero i&#x017F;t nach die&#x017F;em gelegten Grund der je-<lb/>
nige der be&#x017F;te Gei&#x017F;tliche/ welcher mehr mit der That als mit den Worten<lb/>
andere den Weg der Tugenden lehret. Welches der <hi rendition="#aq">Gregorius Magaus</hi><lb/>
mit die&#x017F;en Worten lehret: ich weiß keinen Rath be&#x017F;&#x017F;er zu &#x017F;eyn/ als wann du<note place="right"><hi rendition="#aq">L. 10. mo-<lb/>
ral.</hi></note><lb/>
dich beflei&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t mit deinem <hi rendition="#aq">Exempel</hi> deinen Bruder zu lehren/ was ge&#x017F;chehen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d d</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;olle/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[393/0421] Von der Geiſtlichen Vollkommenheit. ſagt: muß man glauben/ daß die Leben der vortrefflichſten Leute deßwegen auffs genaueſte beſchrieben ſeynd/ damit unſer Leben durch die Nachfolgung zur Tugend und Gutem deſto gerader gefuͤhret werde. Dahero gleich wie die Mahler/ wann ſie ein Bild auß dem Bild mahlen/ zugleich auff das Muſter oder Fuͤrbild ſehend/ pflegen das fuͤrgebildete in ihr Werck zu uͤberſetzen: alſo muß der jenige/ welcher ſich befleiſſiget in allen theilen der Tugenden ſich voll- kommen zu machen/ die Leben der Heiligen als lebendige und kraͤfftige Bild- nuͤſſen anſehen/ und ihre gute Wercke durch die Nachfolgung ſein machen. Thue das/ ſo wirſt du leben. Lebe wohl. Die Zwey und Dreyſſigſte Geiſtliche LECTION Vom Guten Exempel. Sicluceat lux veſtra coram hominibus, ut videant opera veſtra bona, & glorificent Patrem veſtrum, qui in Cæ- lis eſt. Alſo laſſet ewer Liecht leuchten fůr den Menſchen/ daß ſie ewere gute Werck ſehen/ und preiſen euren Vatter/ der im Himmel iſt. 1. WJr haben bißhero von der Vollkommenheit geredet/ nun muͤſſen wir ſehen/ welcher den andern in dieſer Ubung uͤbertreffe. Dieß aber eroͤffnet uns der weltweiſe Fuͤrſt Ariſtoteles, indem er ſa- get: der jenige iſt der beſte/ der ſeine Guͤtigkeit nicht allein gegen ſich/ ſondern auch gegen andere gebraucht. Dahero iſt nach dieſem gelegten Grund der je- nige der beſte Geiſtliche/ welcher mehr mit der That als mit den Worten andere den Weg der Tugenden lehret. Welches der Gregorius Magaus mit dieſen Worten lehret: ich weiß keinen Rath beſſer zu ſeyn/ als wann du dich befleiſſeſt mit deinem Exempel deinen Bruder zu lehren/ was geſchehen ſolle/ 5. Ethic. L. 10. mo- ral. D d d

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/421
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/421>, abgerufen am 22.11.2024.