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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die drey und Dreyssigste Geistliche Lection
Serm. 5. in
Cant.
der/ und daß vertriebene kombt wieder/ daß außgelöschte wird wieder ange-
zündet/ das eingeschläfferte wird wieder auffgeweckt/ deßwegen ist diese Be-
schneidung nothwendig. Nothwendig/ sage ich/ umb der Tugenden Früchten
herfür spriessend zu machen: dann gleich wie die Erden allein nichts als Distel/
Dörnern und Stacheln herfür bringet: also kan auch von der Erden unserer
Seelen nichts anders gehoffet werden/ wann sie mit dem Pflug der Ab-
tödtung nicht gebauet werde. Ferner/ wo einer entweder durch einen
stätigen Fleiß der Abtötung oder durch sonderliche Gnade GOttes seine
unordentliche Begierden also wird überwunden oder gemässiget haben/ daß er
sich spühre/ daß er nit sonderlich von ihnen angefochten wird/ so muß er deßwe-
ge alsbald nit von der Ubung der Abtödtung abhalten/ sondern verständiglich
acht haben/ damit der einheimische Feind nit etwann im verborgen liege/ und
ihn anfalle/ wann ers am wenigsten vermeinet. Daher ermahnt S. Bernardus:
so viel du dan in diesem Leben wirst zunehmen/ so irrestu doch/ wan du die Laster
todt zu seyn vermeinest/ und nicht viel mehr untergedruckt: du wilst oder
wilst nicht/ in deinen Gräntzen wohnet der Jebusaeus, dann er kan zwar unters
Joch gebracht/ aber nicht außgestossen werden/ deßwegen soll man in diesem
Leben nimmer von der Ubung der Abtödtung auffhören/ ob gleich die Laster
gegen uns offenbahr wüten/ oder allein heimbliche Wurtzel setzen Darzu uns
P. 2. tr. 1.
c.
4.
auch Rodriquez mit dieser Gleichnuß ermahnet: wie das allerzahmeste Pferd
niemahls leichtlich ohne Zaum von dem Reuter gelassen wird: also ist auch
unser Gemüt von den Menschen nicht ohne Zaum der Abtödtung zulassen/
so viel es auch in der Ubung der Tugenden zugenommen.

S. Atha-
nas. in Vi-
ta.

2. Dieses hat der grosse Vatter der Einsidler S. Antonius wohl verrich-
tet/ welcher/ als er in der Jugend grosse Bussen gethan hatte/ und viele Jah-
ren unglaubliche Kämpffen mit den Teuffeln außgestanden/ nachdem er zum
eussersten Alter/ in welchem er der Ruhe etwas zugeben solte/ gekommen/ hat
er angefangen alle vorige Ubungen der Buß zu erneueren/ damit er uns leh-
rete/ daß man niemals von den Abtödtungen nachlassen solte; Und dieses
thäte auch der Seraphische Vatter Franciscus. Zu welchem Zweck zielet
der Apostel/ sagend; Wir tragen allezeit die Tödtung JEsu an
2. Cor. 4.
10.
unserm Leib hernmb/ damit auch das Leben JEsu in
unsern Leibern offenbahret werde.
Daher sagt er anderwerts:
1. Cor. 9.
26. 27.
Nun lauffe ich also/ nicht auffs ungewisse; ich streite also/
nicht als einer/ der Lufft-Streiche thut/ sondern ich ca-
steye meinen Leib/ und bringe ihn unter die Dienstbarkeit;
damit ich villeicht nicht/ wann ich andern: geprediget ha-

be/

Die drey und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection
Serm. 5. in
Cant.
der/ und daß vertriebene kombt wieder/ daß außgeloͤſchte wird wieder ange-
zuͤndet/ das eingeſchlaͤfferte wird wieder auffgeweckt/ deßwegen iſt dieſe Be-
ſchneidung nothwendig. Nothwendig/ ſage ich/ umb der Tugenden Fruͤchten
herfuͤr ſprieſſend zu machen: dann gleich wie die Erden allein nichts als Diſtel/
Doͤrnern und Stacheln herfuͤr bringet: alſo kan auch von der Erden unſerer
Seelen nichts anders gehoffet werden/ wann ſie mit dem Pflug der Ab-
toͤdtung nicht gebauet werde. Ferner/ wo einer entweder durch einen
ſtaͤtigen Fleiß der Abtoͤtung oder durch ſonderliche Gnade GOttes ſeine
unordentliche Begierden alſo wird uͤberwunden oder gemaͤſſiget haben/ daß er
ſich ſpuͤhre/ daß er nit ſonderlich von ihnen angefochtẽ wird/ ſo muß er deßwe-
ge alsbald nit von der Ubung der Abtoͤdtung abhalten/ ſondern verſtaͤndiglich
acht haben/ damit der einheimiſche Feind nit etwann im verborgen liege/ und
ihn anfalle/ wann ers am wenigſten vermeinet. Daher ermahnt S. Bernardus:
ſo viel du dan in dieſem Leben wirſt zunehmẽ/ ſo irreſtu doch/ wan du die Laſter
todt zu ſeyn vermeineſt/ und nicht viel mehr untergedruckt: du wilſt oder
wilſt nicht/ in deinen Graͤntzen wohnet der Jebuſæus, dann er kan zwar unters
Joch gebracht/ aber nicht außgeſtoſſen werden/ deßwegen ſoll man in dieſem
Leben nimmer von der Ubung der Abtoͤdtung auffhoͤren/ ob gleich die Laſter
gegen uns offenbahr wuͤten/ oder allein heimbliche Wurtzel ſetzen Darzu uns
P. 2. tr. 1.
c.
4.
auch Rodriquez mit dieſer Gleichnuß ermahnet: wie das allerzahmeſte Pferd
niemahls leichtlich ohne Zaum von dem Reuter gelaſſen wird: alſo iſt auch
unſer Gemuͤt von den Menſchen nicht ohne Zaum der Abtoͤdtung zulaſſen/
ſo viel es auch in der Ubung der Tugenden zugenommen.

S. Atha-
naſ. in Vi-
ta.

2. Dieſes hat der groſſe Vatter der Einſidler S. Antonius wohl verrich-
tet/ welcher/ als er in der Jugend groſſe Buſſen gethan hatte/ und viele Jah-
ren unglaubliche Kaͤmpffen mit den Teuffeln außgeſtanden/ nachdem er zum
euſſerſten Alter/ in welchem er der Ruhe etwas zugeben ſolte/ gekommen/ hat
er angefangen alle vorige Ubungen der Buß zu erneueren/ damit er uns leh-
rete/ daß man niemals von den Abtoͤdtungen nachlaſſen ſolte; Und dieſes
thaͤte auch der Seraphiſche Vatter Franciſcus. Zu welchem Zweck zielet
der Apoſtel/ ſagend; Wir tragen allezeit die Toͤdtung JEſu an
2. Cor. 4.
10.
unſerm Leib hernmb/ damit auch das Leben JEſu in
unſern Leibern offenbahret werde.
Daher ſagt er anderwerts:
1. Cor. 9.
26. 27.
Nun lauffe ich alſo/ nicht auffs ungewiſſe; ich ſtreite alſo/
nicht als einer/ der Lufft-Streiche thut/ ſondern ich ca-
ſteye meinen Leib/ und bringe ihn unter die Dienſtbarkeit;
damit ich villeicht nicht/ wann ich andern: geprediget ha-

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[400/0428] Die drey und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection der/ und daß vertriebene kombt wieder/ daß außgeloͤſchte wird wieder ange- zuͤndet/ das eingeſchlaͤfferte wird wieder auffgeweckt/ deßwegen iſt dieſe Be- ſchneidung nothwendig. Nothwendig/ ſage ich/ umb der Tugenden Fruͤchten herfuͤr ſprieſſend zu machen: dann gleich wie die Erden allein nichts als Diſtel/ Doͤrnern und Stacheln herfuͤr bringet: alſo kan auch von der Erden unſerer Seelen nichts anders gehoffet werden/ wann ſie mit dem Pflug der Ab- toͤdtung nicht gebauet werde. Ferner/ wo einer entweder durch einen ſtaͤtigen Fleiß der Abtoͤtung oder durch ſonderliche Gnade GOttes ſeine unordentliche Begierden alſo wird uͤberwunden oder gemaͤſſiget haben/ daß er ſich ſpuͤhre/ daß er nit ſonderlich von ihnen angefochtẽ wird/ ſo muß er deßwe- ge alsbald nit von der Ubung der Abtoͤdtung abhalten/ ſondern verſtaͤndiglich acht haben/ damit der einheimiſche Feind nit etwann im verborgen liege/ und ihn anfalle/ wann ers am wenigſten vermeinet. Daher ermahnt S. Bernardus: ſo viel du dan in dieſem Leben wirſt zunehmẽ/ ſo irreſtu doch/ wan du die Laſter todt zu ſeyn vermeineſt/ und nicht viel mehr untergedruckt: du wilſt oder wilſt nicht/ in deinen Graͤntzen wohnet der Jebuſæus, dann er kan zwar unters Joch gebracht/ aber nicht außgeſtoſſen werden/ deßwegen ſoll man in dieſem Leben nimmer von der Ubung der Abtoͤdtung auffhoͤren/ ob gleich die Laſter gegen uns offenbahr wuͤten/ oder allein heimbliche Wurtzel ſetzen Darzu uns auch Rodriquez mit dieſer Gleichnuß ermahnet: wie das allerzahmeſte Pferd niemahls leichtlich ohne Zaum von dem Reuter gelaſſen wird: alſo iſt auch unſer Gemuͤt von den Menſchen nicht ohne Zaum der Abtoͤdtung zulaſſen/ ſo viel es auch in der Ubung der Tugenden zugenommen. Serm. 5. in Cant. P. 2. tr. 1. c. 4. 2. Dieſes hat der groſſe Vatter der Einſidler S. Antonius wohl verrich- tet/ welcher/ als er in der Jugend groſſe Buſſen gethan hatte/ und viele Jah- ren unglaubliche Kaͤmpffen mit den Teuffeln außgeſtanden/ nachdem er zum euſſerſten Alter/ in welchem er der Ruhe etwas zugeben ſolte/ gekommen/ hat er angefangen alle vorige Ubungen der Buß zu erneueren/ damit er uns leh- rete/ daß man niemals von den Abtoͤdtungen nachlaſſen ſolte; Und dieſes thaͤte auch der Seraphiſche Vatter Franciſcus. Zu welchem Zweck zielet der Apoſtel/ ſagend; Wir tragen allezeit die Toͤdtung JEſu an unſerm Leib hernmb/ damit auch das Leben JEſu in unſern Leibern offenbahret werde. Daher ſagt er anderwerts: Nun lauffe ich alſo/ nicht auffs ungewiſſe; ich ſtreite alſo/ nicht als einer/ der Lufft-Streiche thut/ ſondern ich ca- ſteye meinen Leib/ und bringe ihn unter die Dienſtbarkeit; damit ich villeicht nicht/ wann ich andern: geprediget ha- be/ 2. Cor. 4. 10. 1. Cor. 9. 26. 27.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/428>, abgerufen am 21.11.2024.