Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Vom Geistlichen Stand. der guten Exempeln der Frommen/ mit denen er täglich umbgehet; und durchdie heylsame Curen der geistlichen Artzten/ als da seynd die Obern/ wiederumb auffgerichtet wird; und theils wegen der häuffigen Gnaden/ die er im Geist- lichen Stand findet/ Krafft deren er sehr leichtlich auffstchen kan. Er lebt behutsamer: zumahlen er auß dem vielfältigen Straucheln im weltlichen Stand gewarnet wird/ daß man in allem Handel und Wandel behutsam seyn müsse: dan in dem er durch die tägliche Betrachtungen/ der begangenen Fehler und Sünden grosse Gefahr und Abscheuligkeit reifflicher zu Gemüt führet (welches die weltliche Menschen kaum einmahl ernstlich verüben) wird er in diesen guten Gedancken verwicklet/ und in selbigen so heylsamblich auffgehal- ten/ daß er den Stricken deß Teuffels leichtlich entgehen könne. Er wird öffter befeuchtiget. Dan der Will eines Geistlichen trachtet nur allein/ das Gesetz deß Herrn zu erfüllen; und ist also nach Zeugnüß deß Königlichen Propheten gleich einem Baum/ der an den Wasser-Bächen gepflantzet ist. Er ruhet sicherer. Sintemahlen der geistliche Standt von den H. H. Vättern der Arcken Noe verglichen wird. Wer zu diesem Stand seine Zu- flucht nimbt/ der machts der Tauben nach/ so von dem Noe hinauß gelassen worden; und da selbige nicht funde/ da ihr Fuß ruhen konte/ wiederumb zur Ar- cken gekehret ist. Zu dieser Arcken deß geistlichen Stands sollen alle die jenige fliehen/ so da durch das wütende Ungewitter der schnöden Welt herumb getrie- ben werden. Er stirbtvertreulicher. Dann der geistliche Stand hat dieses/ sagt der H. Chrysostomus/ daß er die jenige/ welche denselben einge- tretten seynd/ in diesem Leben erfilich mit vielen Gütern bereiche; und nach- mahlen freudig und gleichsamb spielend zum Richter-Stuhl GOttes führe. Auch ruffet der heilige Bernardus in Betrachtung dieses Glückseeligen Stands/ mit folgender Stimm/ und sagt: O Leben ohne Sorg und Gefahr/ allwo der Todt ohne Schrecken erwartet wird/ ja auch so gar mit Sussigkeit gewunschet/ und mit Andacht empfangen wird. Und wiederumb sagt er an einem andern Ort: wan der Geist eines Geistlichen vom Leib scheidet/ so findet er zwischen der Cellen und dem Himmel keinen langen noch beschwerlichen Weg/ dan der in diesem Stand stirbt/ der steigt niemahlen oder selten in die Höll hinab: dieweilen kaum jema- len einer in der Cellen biß zum End verharret/ der nit zum Himmel verordnet ist. Er wird geschwinder gereiniget. Das ist/ er wird ehender auß dem Fegfeur erlöset: dieweilen der Art deß geistlichen Lebens gleichsamb ein Buß- fertigkeit und Gnugthuung ist/ nach Meinung deß gottseeligen Thomae a Kempis dieses folgenden Jnhalts: der hat ein grosses und heylsames Fegfeur/ welcher sich selbst offt Gewalt anthuet/ und das Fleisch dem Geist gäntzlich zu unterwerffen/ sich unterstehet. Auch wird ein Geistlicher auff diese Weiß nach
Vom Geiſtlichen Stand. der guten Exempeln der Frommen/ mit denen er taͤglich umbgehet; und durchdie heylſame Curen der geiſtlichen Artzten/ als da ſeynd die Obern/ wiederumb auffgerichtet wird; und theils wegen der haͤuffigen Gnaden/ die er im Geiſt- lichen Stand findet/ Krafft deren er ſehr leichtlich auffſtchen kan. Er lebt behutſamer: zumahlen er auß dem vielfaͤltigen Straucheln im weltlichen Stand gewarnet wird/ daß man in allem Handel und Wandel behutſam ſeyn muͤſſe: dan in dem er durch die taͤgliche Betrachtungen/ der begangenen Fehler und Suͤnden groſſe Gefahr und Abſcheuligkeit reifflicher zu Gemuͤt fuͤhret (welches die weltliche Menſchen kaum einmahl ernſtlich veruͤben) wird er in dieſen guten Gedancken verwicklet/ und in ſelbigen ſo heylſamblich auffgehal- ten/ daß er den Stricken deß Teuffels leichtlich entgehen koͤnne. Er wird oͤffter befeuchtiget. Dan der Will eines Geiſtlichen trachtet nur allein/ das Geſetz deß Herrn zu erfuͤllen; und iſt alſo nach Zeugnuͤß deß Koͤniglichen Propheten gleich einem Baum/ der an den Waſſer-Baͤchen gepflantzet iſt. Er ruhet ſicherer. Sintemahlen der geiſtliche Standt von den H. H. Vaͤttern der Arcken Noe verglichen wird. Wer zu dieſem Stand ſeine Zu- flucht nimbt/ der machts der Tauben nach/ ſo von dem Noe hinauß gelaſſen worden; und da ſelbige nicht funde/ da ihr Fuß ruhen konte/ wiederumb zur Ar- cken gekehret iſt. Zu dieſer Arcken deß geiſtlichen Stands ſollen alle die jenige fliehen/ ſo da durch das wuͤtende Ungewitter der ſchnoͤden Welt herumb getrie- ben werden. Er ſtirbtvertreulicher. Dann der geiſtliche Stand hat dieſes/ ſagt der H. Chryſoſtomus/ daß er die jenige/ welche denſelben einge- tretten ſeynd/ in dieſem Leben erfilich mit vielen Guͤtern bereiche; und nach- mahlen freudig und gleichſamb ſpielend zum Richter-Stuhl GOttes fuͤhre. Auch ruffet der heilige Bernardus in Betrachtung dieſes Gluͤckſeeligen Stands/ mit folgender Stimm/ und ſagt: O Leben ohne Sorg und Gefahr/ allwo der Todt ohne Schrecken erwartet wird/ ja auch ſo gar mit Sůſſigkeit gewůnſchet/ und mit Andacht empfangen wird. Und wiederumb ſagt er an einem andern Ort: wan der Geiſt eines Geiſtlichen vom Leib ſcheidet/ ſo findet er zwiſchen der Cellen und dem Him̃el keinen langen noch beſchwerlichen Weg/ dan der in dieſem Stand ſtirbt/ der ſteigt niemahlen oder ſelten in die Hoͤll hinab: dieweilen kaum jema- len einer in der Cellen biß zum End verharret/ der nit zum Him̃el verordnet iſt. Er wird geſchwinder gereiniget. Das iſt/ er wird ehender auß dem Fegfeur erloͤſet: dieweilen der Art deß geiſtlichen Lebens gleichſamb ein Buß- fertigkeit und Gnugthuung iſt/ nach Meinung deß gottſeeligen Thomæ à Kempis dieſes folgenden Jnhalts: der hat ein groſſes und heylſames Fegfeur/ welcher ſich ſelbſt offt Gewalt anthuet/ und das Fleiſch dem Geiſt gaͤntzlich zu unterwerffen/ ſich unterſtehet. Auch wird ein Geiſtlicher auff dieſe Weiß nach
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0459" n="404[431]"/><fw place="top" type="header">Vom Geiſtlichen Stand.</fw><lb/> der guten Exempeln der Frommen/ mit denen er taͤglich umbgehet; und durch<lb/> die heylſame Curen der geiſtlichen Artzten/ als da ſeynd die Obern/ wiederumb<lb/> auffgerichtet wird; und theils wegen der haͤuffigen Gnaden/ die er im Geiſt-<lb/> lichen Stand findet/ Krafft deren er ſehr leichtlich auffſtchen kan. <hi rendition="#fr">Er lebt<lb/> behutſamer:</hi> zumahlen er auß dem vielfaͤltigen Straucheln im weltlichen<lb/> Stand gewarnet wird/ daß man in allem Handel und Wandel behutſam ſeyn<lb/> muͤſſe: dan in dem er durch die taͤgliche Betrachtungen/ der begangenen Fehler<lb/> und Suͤnden groſſe Gefahr und Abſcheuligkeit reifflicher zu Gemuͤt fuͤhret<lb/> (welches die weltliche Menſchen kaum einmahl ernſtlich veruͤben) wird er in<lb/> dieſen guten Gedancken verwicklet/ und in ſelbigen ſo heylſamblich auffgehal-<lb/> ten/ daß er den Stricken deß Teuffels leichtlich entgehen koͤnne. <hi rendition="#fr">Er wird<lb/> oͤffter befeuchtiget.</hi> Dan der Will eines Geiſtlichen trachtet nur allein/<lb/> das Geſetz deß Herrn zu erfuͤllen; und iſt alſo nach Zeugnuͤß deß Koͤniglichen<lb/> Propheten gleich einem Baum/ der an den Waſſer-Baͤchen gepflantzet iſt.<lb/><hi rendition="#fr">Er ruhet ſicherer.</hi> Sintemahlen der geiſtliche Standt von den H. H.<lb/> Vaͤttern der Arcken Noe verglichen wird. Wer zu dieſem Stand ſeine Zu-<lb/> flucht nimbt/ der machts der Tauben nach/ ſo von dem Noe hinauß gelaſſen<lb/> worden; und da ſelbige nicht funde/ da ihr Fuß ruhen konte/ wiederumb zur Ar-<lb/> cken gekehret iſt. Zu dieſer Arcken deß geiſtlichen Stands ſollen alle die jenige<lb/> fliehen/ ſo da durch das wuͤtende Ungewitter der ſchnoͤden Welt herumb getrie-<lb/> ben werden. <hi rendition="#fr">Er ſtirbtvertreulicher.</hi> Dann der geiſtliche Stand hat<lb/> dieſes/ ſagt der <hi rendition="#fr">H.</hi> Chryſoſtomus/ daß er die jenige/ welche denſelben einge-<lb/> tretten ſeynd/ in dieſem Leben erfilich mit vielen Guͤtern bereiche; und nach-<lb/> mahlen freudig und gleichſamb ſpielend zum Richter-Stuhl GOttes fuͤhre.<lb/> Auch ruffet der heilige Bernardus in Betrachtung dieſes Gluͤckſeeligen<lb/> Stands/ mit folgender Stimm/ und ſagt: <hi rendition="#fr">O Leben ohne Sorg und<lb/> Gefahr/ allwo der Todt ohne Schrecken erwartet wird/<lb/> ja auch ſo gar mit Sůſſigkeit gewůnſchet/ und mit Andacht<lb/> empfangen wird.</hi> Und wiederumb ſagt er an einem andern Ort: wan der<lb/> Geiſt eines Geiſtlichen vom Leib ſcheidet/ ſo findet er zwiſchen der Cellen und<lb/> dem Him̃el keinen langen noch beſchwerlichen Weg/ dan der in dieſem Stand<lb/> ſtirbt/ der ſteigt niemahlen oder ſelten in die Hoͤll hinab: dieweilen kaum jema-<lb/> len einer in der Cellen biß zum End verharret/ der nit zum Him̃el verordnet iſt.<lb/><hi rendition="#fr">Er wird geſchwinder gereiniget.</hi> Das iſt/ er wird ehender auß dem<lb/> Fegfeur erloͤſet: dieweilen der Art deß geiſtlichen Lebens gleichſamb ein Buß-<lb/> fertigkeit und Gnugthuung iſt/ nach Meinung deß gottſeeligen <hi rendition="#aq">Thomæ à<lb/> Kempis</hi> dieſes folgenden Jnhalts: der hat ein groſſes und heylſames Fegfeur/<lb/> welcher ſich ſelbſt offt Gewalt anthuet/ und das Fleiſch dem Geiſt gaͤntzlich zu<lb/> unterwerffen/ ſich unterſtehet. Auch wird ein Geiſtlicher auff dieſe Weiß<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nach</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [404[431]/0459]
Vom Geiſtlichen Stand.
der guten Exempeln der Frommen/ mit denen er taͤglich umbgehet; und durch
die heylſame Curen der geiſtlichen Artzten/ als da ſeynd die Obern/ wiederumb
auffgerichtet wird; und theils wegen der haͤuffigen Gnaden/ die er im Geiſt-
lichen Stand findet/ Krafft deren er ſehr leichtlich auffſtchen kan. Er lebt
behutſamer: zumahlen er auß dem vielfaͤltigen Straucheln im weltlichen
Stand gewarnet wird/ daß man in allem Handel und Wandel behutſam ſeyn
muͤſſe: dan in dem er durch die taͤgliche Betrachtungen/ der begangenen Fehler
und Suͤnden groſſe Gefahr und Abſcheuligkeit reifflicher zu Gemuͤt fuͤhret
(welches die weltliche Menſchen kaum einmahl ernſtlich veruͤben) wird er in
dieſen guten Gedancken verwicklet/ und in ſelbigen ſo heylſamblich auffgehal-
ten/ daß er den Stricken deß Teuffels leichtlich entgehen koͤnne. Er wird
oͤffter befeuchtiget. Dan der Will eines Geiſtlichen trachtet nur allein/
das Geſetz deß Herrn zu erfuͤllen; und iſt alſo nach Zeugnuͤß deß Koͤniglichen
Propheten gleich einem Baum/ der an den Waſſer-Baͤchen gepflantzet iſt.
Er ruhet ſicherer. Sintemahlen der geiſtliche Standt von den H. H.
Vaͤttern der Arcken Noe verglichen wird. Wer zu dieſem Stand ſeine Zu-
flucht nimbt/ der machts der Tauben nach/ ſo von dem Noe hinauß gelaſſen
worden; und da ſelbige nicht funde/ da ihr Fuß ruhen konte/ wiederumb zur Ar-
cken gekehret iſt. Zu dieſer Arcken deß geiſtlichen Stands ſollen alle die jenige
fliehen/ ſo da durch das wuͤtende Ungewitter der ſchnoͤden Welt herumb getrie-
ben werden. Er ſtirbtvertreulicher. Dann der geiſtliche Stand hat
dieſes/ ſagt der H. Chryſoſtomus/ daß er die jenige/ welche denſelben einge-
tretten ſeynd/ in dieſem Leben erfilich mit vielen Guͤtern bereiche; und nach-
mahlen freudig und gleichſamb ſpielend zum Richter-Stuhl GOttes fuͤhre.
Auch ruffet der heilige Bernardus in Betrachtung dieſes Gluͤckſeeligen
Stands/ mit folgender Stimm/ und ſagt: O Leben ohne Sorg und
Gefahr/ allwo der Todt ohne Schrecken erwartet wird/
ja auch ſo gar mit Sůſſigkeit gewůnſchet/ und mit Andacht
empfangen wird. Und wiederumb ſagt er an einem andern Ort: wan der
Geiſt eines Geiſtlichen vom Leib ſcheidet/ ſo findet er zwiſchen der Cellen und
dem Him̃el keinen langen noch beſchwerlichen Weg/ dan der in dieſem Stand
ſtirbt/ der ſteigt niemahlen oder ſelten in die Hoͤll hinab: dieweilen kaum jema-
len einer in der Cellen biß zum End verharret/ der nit zum Him̃el verordnet iſt.
Er wird geſchwinder gereiniget. Das iſt/ er wird ehender auß dem
Fegfeur erloͤſet: dieweilen der Art deß geiſtlichen Lebens gleichſamb ein Buß-
fertigkeit und Gnugthuung iſt/ nach Meinung deß gottſeeligen Thomæ à
Kempis dieſes folgenden Jnhalts: der hat ein groſſes und heylſames Fegfeur/
welcher ſich ſelbſt offt Gewalt anthuet/ und das Fleiſch dem Geiſt gaͤntzlich zu
unterwerffen/ ſich unterſtehet. Auch wird ein Geiſtlicher auff dieſe Weiß
nach
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |