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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Fünff und Dreyssigste Geistliche Lection
verrathen. Dahero spricht der Gottseelige Thomas a Kempis einem jeden
L. 1. c. 25.
§. 1.
Geistlichen also zu/ und sagt: Jm Oottes-Dienst solstu wachen
und fleissig seyn/ und offt gedencken/ warzu du kommen
seyest/ und warumb du dich der Welt enttzogen habest.
Nemblich darumb/ auff daß du Gott liebtest/ und ein geist-
licher Mensch wurdest. Derwegen hab inbrunstigen Ernst
zu deiner Besserung und geistlicher Zunehmung; dann du
wirst den Lohn deiner Arbeit bald empfahen.
Auch kombt
mit seiner treuhertzigen Ermahnung der H. Gregorius Nazianzenus hervor
und sagt: im Eingang und in der Profession deines geistlichen Lebens geden-
cke/ was du dir hast vorgenommen: Reich zu werden? Ohne Bekümmernuß
zu seyn? Jn zeitlicher Fröligkeit und gewünschter Ruhe zu leben? oder herge-
gen/ durch Widerwärtigkeit getruckt zu werden? Geplagt und verirt zu wer-
den? mit allem zu frie den zu seyn? alles auß Hoffnung der künfftigen Glück-
seeligkeit gedultiglich zu tragen? Diese letztere/ und nicht die vorangemeldte
Dinge hastu zu gewarten: hastu nun darin eingewilliget/ und dich darzu ver-
bunden/ so breche den Bund nicht. Der H. Basilius wilt auch/ daß wir im-
mer sollen unserer Gelübden eingedenck seyn/ die wir vor GOtt/ dessen H. H.
Engeln/ und den Menschen gethan haben: und daß zwarn billig: zumahlen der
H. Ephrem darfür haltet/ daß die himmlische Bottschaffter in diesem Augenblick
unsre Wort/ Verbindnüß und Ubergebungen aufzeichnen/ und biß zum Tag
deß Gerichts im Himmel auffbehalten. Sollen wir dann nicht förchten; sollen
wir uns dann nicht entsetzen: daß wir alsdan werden hören müssen: Auß eu-
rem Mund richte ich euch?
Derhalben ermahnet uns der Apostel/ und
Ephes. 4.
v.
1.
sagt: Jch bitte euch/ ich Gefangener im Herrn/ daß ihr wur-
diglich wandelt/ wie sichs dem Beruff gebuhret/ dadurch
ihr beruffen seyd/ mit aller Demut und Sanfftmutigkeit/
auch mit Gedult/ einer ubertuage den andern in der Liebe.

Und der Weise Mann sagt: Wann du Gott etwas gelobet hast/
Eccl. c. 5.
v.
3.
so verzeugs nicht zu bezahlen; dann er hat ein Mißfallen an
einer untreuen und närrischen Verheissung.
Und von diesem
sagte der Königliche Prophet: Opffere GOtt ein Lob-Opffer; und
Ps. 49. 14.bezahle dem Allerhöchsten dein Gelubde.

10. Wer nun diesem also wird nachleben/ der wird sicherlich erfahren/ daß
das Joch deß geistlichen Stands süß/ und die Bürde desselben leicht seye. Und
wann schon die Kleydung verworffen ist; der Läger hart ist/ der Schlaff kurtz/
und die Wohnung eng ist/ wann schon die Leibs-Nahrung schlecht ist/ und
die Abtödtungen täglich vorfallen: so ist dennoch gewiß/ und ausser allen
Zweiffel zustellen/ daß ein guter Geistlicher in diesen widrigen Dingen viel

grös-

Die Fuͤnff und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection
verrathen. Dahero ſpricht der Gottſeelige Thomas à Kempis einem jeden
L. 1. c. 25.
§. 1.
Geiſtlichen alſo zu/ und ſagt: Jm Oottes-Dienſt ſolſtu wachen
und fleiſſig ſeyn/ und offt gedencken/ warzu du kommen
ſeyeſt/ und warumb du dich der Welt enttzogen habeſt.
Nemblich darumb/ auff daß du Gott liebteſt/ und ein geiſt-
licher Menſch wůrdeſt. Derwegen hab inbrůnſtigen Ernſt
zu deiner Beſſerung und geiſtlicher Zunehmung; dann du
wirſt den Lohn deiner Arbeit bald empfahen.
Auch kombt
mit ſeiner treuhertzigen Ermahnung der H. Gregorius Nazianzenus hervor
und ſagt: im Eingang und in der Profeſſion deines geiſtlichen Lebens geden-
cke/ was du dir haſt vorgenommen: Reich zu werden? Ohne Bekuͤmmernuß
zu ſeyn? Jn zeitlicher Froͤligkeit und gewuͤnſchter Ruhe zu leben? oder herge-
gen/ durch Widerwaͤrtigkeit getruckt zu werden? Geplagt und verirt zu wer-
den? mit allem zu frie den zu ſeyn? alles auß Hoffnung der kuͤnfftigen Gluͤck-
ſeeligkeit gedultiglich zu tragen? Dieſe letztere/ und nicht die vorangemeldte
Dinge haſtu zu gewarten: haſtu nun darin eingewilliget/ und dich darzu ver-
bunden/ ſo breche den Bund nicht. Der H. Baſilius wilt auch/ daß wir im-
mer ſollen unſerer Geluͤbden eingedenck ſeyn/ die wir vor GOtt/ deſſen H. H.
Engeln/ und den Menſchen gethan haben: und daß zwarn billig: zumahlen der
H. Ephrem darfuͤr haltet/ daß die him̃liſche Bottſchaffter in dieſem Augẽblick
unſre Wort/ Verbindnuͤß und Ubergebungen aufzeichnen/ und biß zum Tag
deß Gerichts im Himmel auffbehalten. Sollen wir dann nicht foͤrchten; ſollen
wir uns dann nicht entſetzen: daß wir alsdan werden hoͤren muͤſſen: Auß eu-
rem Mund richte ich euch?
Derhalben ermahnet uns der Apoſtel/ und
Epheſ. 4.
v.
1.
ſagt: Jch bitte euch/ ich Gefangener im Herrn/ daß ihr wůr-
diglich wandelt/ wie ſichs dem Beruff gebůhret/ dadurch
ihr beruffen ſeyd/ mit aller Demut und Sanfftmůtigkeit/
auch mit Gedult/ einer ůbertuage den andern in der Liebe.

Und der Weiſe Mann ſagt: Wann du Gott etwas gelobet haſt/
Eccl. c. 5.
v.
3.
ſo verzeugs nicht zu bezahlen; dann er hat ein Mißfallen an
einer untreuen und naͤrriſchen Verheiſſung.
Und von dieſem
ſagte der Koͤnigliche Prophet: Opffere GOtt ein Lob-Opffer; und
Pſ. 49. 14.bezahle dem Allerhoͤchſten dein Gelůbde.

10. Wer nun dieſem alſo wird nachleben/ der wird ſicherlich erfahren/ daß
das Joch deß geiſtlichen Stands ſuͤß/ und die Buͤrde deſſelben leicht ſeye. Und
wann ſchon die Kleydung verworffen iſt; der Laͤger hart iſt/ der Schlaff kurtz/
und die Wohnung eng iſt/ wann ſchon die Leibs-Nahrung ſchlecht iſt/ und
die Abtoͤdtungen taͤglich vorfallen: ſo iſt dennoch gewiß/ und auſſer allen
Zweiffel zuſtellen/ daß ein guter Geiſtlicher in dieſen widrigen Dingen viel

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[434/0462] Die Fuͤnff und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection verrathen. Dahero ſpricht der Gottſeelige Thomas à Kempis einem jeden Geiſtlichen alſo zu/ und ſagt: Jm Oottes-Dienſt ſolſtu wachen und fleiſſig ſeyn/ und offt gedencken/ warzu du kommen ſeyeſt/ und warumb du dich der Welt enttzogen habeſt. Nemblich darumb/ auff daß du Gott liebteſt/ und ein geiſt- licher Menſch wůrdeſt. Derwegen hab inbrůnſtigen Ernſt zu deiner Beſſerung und geiſtlicher Zunehmung; dann du wirſt den Lohn deiner Arbeit bald empfahen. Auch kombt mit ſeiner treuhertzigen Ermahnung der H. Gregorius Nazianzenus hervor und ſagt: im Eingang und in der Profeſſion deines geiſtlichen Lebens geden- cke/ was du dir haſt vorgenommen: Reich zu werden? Ohne Bekuͤmmernuß zu ſeyn? Jn zeitlicher Froͤligkeit und gewuͤnſchter Ruhe zu leben? oder herge- gen/ durch Widerwaͤrtigkeit getruckt zu werden? Geplagt und verirt zu wer- den? mit allem zu frie den zu ſeyn? alles auß Hoffnung der kuͤnfftigen Gluͤck- ſeeligkeit gedultiglich zu tragen? Dieſe letztere/ und nicht die vorangemeldte Dinge haſtu zu gewarten: haſtu nun darin eingewilliget/ und dich darzu ver- bunden/ ſo breche den Bund nicht. Der H. Baſilius wilt auch/ daß wir im- mer ſollen unſerer Geluͤbden eingedenck ſeyn/ die wir vor GOtt/ deſſen H. H. Engeln/ und den Menſchen gethan haben: und daß zwarn billig: zumahlen der H. Ephrem darfuͤr haltet/ daß die him̃liſche Bottſchaffter in dieſem Augẽblick unſre Wort/ Verbindnuͤß und Ubergebungen aufzeichnen/ und biß zum Tag deß Gerichts im Himmel auffbehalten. Sollen wir dann nicht foͤrchten; ſollen wir uns dann nicht entſetzen: daß wir alsdan werden hoͤren muͤſſen: Auß eu- rem Mund richte ich euch? Derhalben ermahnet uns der Apoſtel/ und ſagt: Jch bitte euch/ ich Gefangener im Herrn/ daß ihr wůr- diglich wandelt/ wie ſichs dem Beruff gebůhret/ dadurch ihr beruffen ſeyd/ mit aller Demut und Sanfftmůtigkeit/ auch mit Gedult/ einer ůbertuage den andern in der Liebe. Und der Weiſe Mann ſagt: Wann du Gott etwas gelobet haſt/ ſo verzeugs nicht zu bezahlen; dann er hat ein Mißfallen an einer untreuen und naͤrriſchen Verheiſſung. Und von dieſem ſagte der Koͤnigliche Prophet: Opffere GOtt ein Lob-Opffer; und bezahle dem Allerhoͤchſten dein Gelůbde. L. 1. c. 25. §. 1. Epheſ. 4. v. 1. Eccl. c. 5. v. 3. Pſ. 49. 14. 10. Wer nun dieſem alſo wird nachleben/ der wird ſicherlich erfahren/ daß das Joch deß geiſtlichen Stands ſuͤß/ und die Buͤrde deſſelben leicht ſeye. Und wann ſchon die Kleydung verworffen iſt; der Laͤger hart iſt/ der Schlaff kurtz/ und die Wohnung eng iſt/ wann ſchon die Leibs-Nahrung ſchlecht iſt/ und die Abtoͤdtungen taͤglich vorfallen: ſo iſt dennoch gewiß/ und auſſer allen Zweiffel zuſtellen/ daß ein guter Geiſtlicher in dieſen widrigen Dingen viel groͤſ-

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/462>, abgerufen am 22.11.2024.