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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Sechs und Dreissigste Geistliche Lection
deß Fraases werden unzahlbare Schaaren der La-
ster/ die Seel deß Menschen zu bestreiten/ ins Feld
gestellet.

5. So viel dann nun einen jeden Christ- und Tugend-liebenden Men-
schen angehet/ soll er alle Gelegenheiten deß Fraases/ und die gar zu öfftere
Gastereyen bestmögligst fliehen; zumahlen bey selbigen die Göttliche Maje-
stät/ durch übel Nachreden/ durch Scheld- und Schmäh-Wort/ und durch
andere ungereimbte sottige Venus-Reden ins gemein sehr hoch beleidiget
wird/ wann die Zung durch die Krafft deß Weins und schleckerhafften Spei-
sen gelöset wird. Bey den Gastmahlen/ davon die H. Schrifft meldet/ ist
Gen. 40.allzeit das menschliche Blut geopffert worden. Der König Pharao hat in
einem ansehnlichen Gastmahl einen seiner Diener zum Strick verdammet.
Ammon ein Königs Sohn hat auff der Mahlzeit seines Bruders Absolonis
2. Reg. 13.
Judit. 13.
Hester.
7.
sein Leben und Holophernes ebenfals den Kopff im Stich gelassen. Der
ansehnliche Aman wird von der Taffel deß Assueri zum Galgen geführet.
Herodes befilcht am Tisch in Gegenwart vieler Fürstlichen Personen/ man
Matth.
14.
Exod.
3.
solle dem unschuldigen Joanni das Haupt im Kärcker abschlagen. Das
Jsraelitische Volck/ nachdem selbiges wohl gezecht hat/ stehet auff zum
Götzen-Dienst/ und bettet das Kalb an. Diese und dergleichen grosse Ubeln
haben sich vorzeiten täglich zugetragen; derhalben pflegte der Vatter Job
für seine banquetirende Kinder den Allmächtigen GOtt täglich ein Opffer zu
schlachten/ und denselben also zu versöhnen/ dieweilen er versichert ware/
daß die Mahlzeiten selten ohne Sünden können gehalten werden. So
ists dann besser/
mein Christliche Seel/ nach Meinung deß Weisen
Manns: Daß du gehest in ein Hauß/ da man traurig ist/
Eccl. 7.
v.
3.
als in ein Hauß da man Gastmahl haltet; dann in jenem
wird man deß Ends aller Menschen erinnert/ und der
Lebendige gedenckt daran/ was er hernach seyn werde.

Jn den Freuden aber der Gastmahlen verliert der arme die jenige heylsame
Forcht/ die er zu seinen vortheil vorhin erworben hatte. Und was noch mehr ist/
In cap.
5. Job.
sagt auch der H. Gregorius rund auß: Es werden keine Gastmahl
gehalten/ allwo nicht Todt-Sunden begangen werden.

Von diesem H. Vatter und Kirchen-L[e]hrer setz ich einen Sprung zuruck
ins Heydenthumb/ und höre den blinden Diogenem einem Jüngling/ der
zum Gastmahl geladen ware/ treulich rathen/ er solle nicht dahin gehen.

Warumb

Die Sechs und Dreiſſigſte Geiſtliche Lection
deß Fraaſes werden unzahlbare Schaaren der La-
ſter/ die Seel deß Menſchen zu beſtreiten/ ins Feld
geſtellet.

5. So viel dann nun einen jeden Chriſt- und Tugend-liebenden Men-
ſchen angehet/ ſoll er alle Gelegenheiten deß Fraaſes/ und die gar zu oͤfftere
Gaſtereyen beſtmoͤgligſt fliehen; zumahlen bey ſelbigen die Goͤttliche Maje-
ſtaͤt/ durch uͤbel Nachreden/ durch Scheld- und Schmaͤh-Wort/ und durch
andere ungereimbte ſottige Venus-Reden ins gemein ſehr hoch beleidiget
wird/ wann die Zung durch die Krafft deß Weins und ſchleckerhafften Spei-
ſen geloͤſet wird. Bey den Gaſtmahlen/ davon die H. Schrifft meldet/ iſt
Gen. 40.allzeit das menſchliche Blut geopffert worden. Der Koͤnig Pharao hat in
einem anſehnlichen Gaſtmahl einen ſeiner Diener zum Strick verdammet.
Ammon ein Koͤnigs Sohn hat auff der Mahlzeit ſeines Bruders Abſolonis
2. Reg. 13.
Judit. 13.
Heſter.
7.
ſein Leben und Holophernes ebenfals den Kopff im Stich gelaſſen. Der
anſehnliche Aman wird von der Taffel deß Aſſueri zum Galgen gefuͤhret.
Herodes befilcht am Tiſch in Gegenwart vieler Fuͤrſtlichen Perſonen/ man
Matth.
14.
Exod.
3.
ſolle dem unſchuldigen Joanni das Haupt im Kaͤrcker abſchlagen. Das
Jſraelitiſche Volck/ nachdem ſelbiges wohl gezecht hat/ ſtehet auff zum
Goͤtzen-Dienſt/ und bettet das Kalb an. Dieſe und dergleichen groſſe Ubeln
haben ſich vorzeiten taͤglich zugetragen; derhalben pflegte der Vatter Job
fuͤr ſeine banquetirende Kinder den Allmaͤchtigen GOtt taͤglich ein Opffer zu
ſchlachten/ und denſelben alſo zu verſoͤhnen/ dieweilen er verſichert ware/
daß die Mahlzeiten ſelten ohne Suͤnden koͤnnen gehalten werden. So
iſts dann beſſer/
mein Chriſtliche Seel/ nach Meinung deß Weiſen
Manns: Daß du geheſt in ein Hauß/ da man traurig iſt/
Eccl. 7.
v.
3.
als in ein Hauß da man Gaſtmahl haltet; dann in jenem
wird man deß Ends aller Menſchen erinnert/ und der
Lebendige gedenckt daran/ was er hernach ſeyn werde.

Jn den Freuden aber der Gaſtmahlen verliert der arme die jenige heylſame
Forcht/ die er zu ſeinẽ vortheil vorhin erworben hatte. Und was noch mehr iſt/
In cap.
5. Job.
ſagt auch der H. Gregorius rund auß: Es werden keine Gaſtmahl
gehalten/ allwo nicht Todt-Sůnden begangen werden.

Von dieſem H. Vatter und Kirchen-L[e]hrer ſetz ich einen Sprung zuruck
ins Heydenthumb/ und hoͤre den blinden Diogenem einem Juͤngling/ der
zum Gaſtmahl geladen ware/ treulich rathen/ er ſolle nicht dahin gehen.

Warumb
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[442/0470] Die Sechs und Dreiſſigſte Geiſtliche Lection deß Fraaſes werden unzahlbare Schaaren der La- ſter/ die Seel deß Menſchen zu beſtreiten/ ins Feld geſtellet. 5. So viel dann nun einen jeden Chriſt- und Tugend-liebenden Men- ſchen angehet/ ſoll er alle Gelegenheiten deß Fraaſes/ und die gar zu oͤfftere Gaſtereyen beſtmoͤgligſt fliehen; zumahlen bey ſelbigen die Goͤttliche Maje- ſtaͤt/ durch uͤbel Nachreden/ durch Scheld- und Schmaͤh-Wort/ und durch andere ungereimbte ſottige Venus-Reden ins gemein ſehr hoch beleidiget wird/ wann die Zung durch die Krafft deß Weins und ſchleckerhafften Spei- ſen geloͤſet wird. Bey den Gaſtmahlen/ davon die H. Schrifft meldet/ iſt allzeit das menſchliche Blut geopffert worden. Der Koͤnig Pharao hat in einem anſehnlichen Gaſtmahl einen ſeiner Diener zum Strick verdammet. Ammon ein Koͤnigs Sohn hat auff der Mahlzeit ſeines Bruders Abſolonis ſein Leben und Holophernes ebenfals den Kopff im Stich gelaſſen. Der anſehnliche Aman wird von der Taffel deß Aſſueri zum Galgen gefuͤhret. Herodes befilcht am Tiſch in Gegenwart vieler Fuͤrſtlichen Perſonen/ man ſolle dem unſchuldigen Joanni das Haupt im Kaͤrcker abſchlagen. Das Jſraelitiſche Volck/ nachdem ſelbiges wohl gezecht hat/ ſtehet auff zum Goͤtzen-Dienſt/ und bettet das Kalb an. Dieſe und dergleichen groſſe Ubeln haben ſich vorzeiten taͤglich zugetragen; derhalben pflegte der Vatter Job fuͤr ſeine banquetirende Kinder den Allmaͤchtigen GOtt taͤglich ein Opffer zu ſchlachten/ und denſelben alſo zu verſoͤhnen/ dieweilen er verſichert ware/ daß die Mahlzeiten ſelten ohne Suͤnden koͤnnen gehalten werden. So iſts dann beſſer/ mein Chriſtliche Seel/ nach Meinung deß Weiſen Manns: Daß du geheſt in ein Hauß/ da man traurig iſt/ als in ein Hauß da man Gaſtmahl haltet; dann in jenem wird man deß Ends aller Menſchen erinnert/ und der Lebendige gedenckt daran/ was er hernach ſeyn werde. Jn den Freuden aber der Gaſtmahlen verliert der arme die jenige heylſame Forcht/ die er zu ſeinẽ vortheil vorhin erworben hatte. Und was noch mehr iſt/ ſagt auch der H. Gregorius rund auß: Es werden keine Gaſtmahl gehalten/ allwo nicht Todt-Sůnden begangen werden. Von dieſem H. Vatter und Kirchen-Lehrer ſetz ich einen Sprung zuruck ins Heydenthumb/ und hoͤre den blinden Diogenem einem Juͤngling/ der zum Gaſtmahl geladen ware/ treulich rathen/ er ſolle nicht dahin gehen. Warumb Gen. 40. 2. Reg. 13. Judit. 13. Heſter. 7. Matth. 14. Exod. 3. Eccl. 7. v. 3. In cap. 5. Job.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/470>, abgerufen am 22.11.2024.