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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem Gebett.
tinander sehr hart verbunden seynd (wie der fromme und erfahrene Alt-Vat-
ter Isaac bey dem Cassiano meldet) so kan man darauß schliessen/ daß dasCassian.
Coll. 9.
c.
1.

Gebett zu Erwerbung der nöthigen Christlichen Tugenten ein Grosses bey-
trage: dann gleich wie das Gebäu aller Tugenten zur Vollkommenheit
deß Gebetts zielet; also muß selbiges auch durch die Krafft und Wirckung
deß Gebetts in Esse gehalten werden. Derhalben titulirt der Gottselige
Climacus das Gebett ein Mutter und Königin/ eine Speiß und BrunquellGrad. 28.
der Tugenten/ eine Beyträgerin der Gnaden/ und schließlich/ einen unsicht-
barlichen Fortgang. Wie wohl und recht aber dieser erfahrene geistliche
Schütz gezielet habe/ kanstu auß den Worten deines Heylands abnehmen/
mit denen er die H. Catharinam von Senis unterrichtet und sagt: DuDial. c.
66.

solst wissen/ mein geliebte Tochter/ daß ein Seel durch
das demutige/ beharliche und treuliche Gebett die Voll-
kommenheit und alle Tugenten erreiche.

3. Zur Ubung dieses Gebetts ladet uns Christus abermal mit diesen hold-
seligen Worten: Warlig/ warlig sag ich euch/ so ihr den Vat-Joan. 16.
ter etwas bitten werdet in meinen Nahmen/ so wird ers
euch geben.
So ist dann nicht zu zweiflen/ daß wir durchs Gebett alles
von GOtt erhalten mögen. Der nun aber das Widerspiel an sich erfahret/
der muß sich selbst die Schuld auffmessen/ dieweil er demselben seyn Begeh-
ren/ oder durchs Gebett gar nicht/ oder doch nicht gebührend hat vor-
getragen; zumalen GOTT nichts gibt/ dann auff vorhergehen-
des Gebett/ wie Christus völliglich mit außtrücklichen Worten sagt:
Bittet/ so werdet ihr empfangen. Daß nun gleichwol viele durchJoan. 16.
v.
24.

öffteres Gebett nit erhort werden/ ist erstlich die Vrsach/ daß sie durch
die Wolcken der Sünden/ dem Gebett den Zugang zum Himmel verhinde-
ren/ in dem sie ihre mit dem Blut Christi beschmitzte Hände zu GOtt erheben:Thren. 3.
v.
440.

und weilen ein solcher unangenehme Fürsprecher zum Herrn gesand wird/ so
wird/ wie der H. Gregorius sagt/ das Gemüth deß erzürneten Gottes zu noch
grösserem Zorn angereitzet: zumalen nichts unbilligers ungereimbters kan
erdacht werden/ als eben daß wir von GOtt wollen erhört werden/ und wir
hergegen nicht wollen hören und folgen/ was GOtt uns befehlet. Dieses
bekräfftiget der H. Vatter Augustinus und sagt: Besser gefält GOtt
das Bellen der Hunde/ das Brullen der Ochsen/ und Grun-
tzen der Schwein/ als das Gesang der mutwilligen Geist-
lichen.
Und der Weyse Salomon lasset sich auch hören mit dieser Stimm:
Wer seine Ohren abwendet/ damit er das Gesetz nichtProv. 23
v.
9.

höre
L l l 2

Von dem Gebett.
tinander ſehr hart verbunden ſeynd (wie der fromme und erfahrene Alt-Vat-
ter Iſaac bey dem Caſſiano meldet) ſo kan man darauß ſchlieſſen/ daß dasCaſſian.
Coll. 9.
c.
1.

Gebett zu Erwerbung der noͤthigen Chriſtlichen Tugenten ein Groſſes bey-
trage: dann gleich wie das Gebaͤu aller Tugenten zur Vollkommenheit
deß Gebetts zielet; alſo muß ſelbiges auch durch die Krafft und Wirckung
deß Gebetts in Eſſe gehalten werden. Derhalben titulirt der Gottſelige
Climacus das Gebett ein Mutter und Koͤnigin/ eine Speiß und BrunquellGrad. 28.
der Tugenten/ eine Beytraͤgerin der Gnaden/ und ſchließlich/ einen unſicht-
barlichen Fortgang. Wie wohl und recht aber dieſer erfahrene geiſtliche
Schuͤtz gezielet habe/ kanſtu auß den Worten deines Heylands abnehmen/
mit denen er die H. Catharinam von Senis unterrichtet und ſagt: DuDial. c.
66.

ſolſt wiſſen/ mein geliebte Tochter/ daß ein Seel durch
das demůtige/ beharliche und treuliche Gebett die Voll-
kommenheit und alle Tugenten erreiche.

3. Zur Ubung dieſes Gebetts ladet uns Chriſtus abermal mit dieſen hold-
ſeligen Worten: Warlig/ warlig ſag ich euch/ ſo ihr den Vat-Joan. 16.
ter etwas bitten werdet in meinen Nahmen/ ſo wird ers
euch geben.
So iſt dann nicht zu zweiflen/ daß wir durchs Gebett alles
von GOtt erhalten moͤgen. Der nun aber das Widerſpiel an ſich erfahret/
der muß ſich ſelbſt die Schuld auffmeſſen/ dieweil er demſelben ſeyn Begeh-
ren/ oder durchs Gebett gar nicht/ oder doch nicht gebuͤhrend hat vor-
getragen; zumalen GOTT nichts gibt/ dann auff vorhergehen-
des Gebett/ wie Chriſtus voͤlliglich mit außtruͤcklichen Worten ſagt:
Bittet/ ſo werdet ihr empfangen. Daß nun gleichwol viele durchJoan. 16.
v.
24.

oͤffteres Gebett nit erhort werden/ iſt erſtlich die Vrſach/ daß ſie durch
die Wolcken der Suͤnden/ dem Gebett den Zugang zum Himmel verhinde-
ren/ in dem ſie ihre mit dem Blut Chriſti beſchmitzte Haͤnde zu GOtt erheben:Thren. 3.
v.
440.

und weilen ein ſolcher unangenehme Fuͤrſprecher zum Herrn geſand wird/ ſo
wird/ wie der H. Gregorius ſagt/ das Gemuͤth deß erzuͤrneten Gottes zu noch
groͤſſerem Zorn angereitzet: zumalen nichts unbilligers ungereimbters kan
erdacht werden/ als eben daß wir von GOtt wollen erhoͤrt werden/ und wir
hergegen nicht wollen hoͤren und folgen/ was GOtt uns befehlet. Dieſes
bekraͤfftiget der H. Vatter Auguſtinus und ſagt: Beſſer gefaͤlt GOtt
das Bellen der Hunde/ das Brůllen der Ochſen/ und Grun-
tzen der Schwein/ als das Geſang der mutwilligen Geiſt-
lichen.
Und der Weyſe Salomon laſſet ſich auch hoͤren mit dieſer Stimm:
Wer ſeine Ohren abwendet/ damit er das Geſetz nichtProv. 23
v.
9.

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[451/0479] Von dem Gebett. tinander ſehr hart verbunden ſeynd (wie der fromme und erfahrene Alt-Vat- ter Iſaac bey dem Caſſiano meldet) ſo kan man darauß ſchlieſſen/ daß das Gebett zu Erwerbung der noͤthigen Chriſtlichen Tugenten ein Groſſes bey- trage: dann gleich wie das Gebaͤu aller Tugenten zur Vollkommenheit deß Gebetts zielet; alſo muß ſelbiges auch durch die Krafft und Wirckung deß Gebetts in Eſſe gehalten werden. Derhalben titulirt der Gottſelige Climacus das Gebett ein Mutter und Koͤnigin/ eine Speiß und Brunquell der Tugenten/ eine Beytraͤgerin der Gnaden/ und ſchließlich/ einen unſicht- barlichen Fortgang. Wie wohl und recht aber dieſer erfahrene geiſtliche Schuͤtz gezielet habe/ kanſtu auß den Worten deines Heylands abnehmen/ mit denen er die H. Catharinam von Senis unterrichtet und ſagt: Du ſolſt wiſſen/ mein geliebte Tochter/ daß ein Seel durch das demůtige/ beharliche und treuliche Gebett die Voll- kommenheit und alle Tugenten erreiche. Caſſian. Coll. 9. c. 1. Grad. 28. Dial. c. 66. 3. Zur Ubung dieſes Gebetts ladet uns Chriſtus abermal mit dieſen hold- ſeligen Worten: Warlig/ warlig ſag ich euch/ ſo ihr den Vat- ter etwas bitten werdet in meinen Nahmen/ ſo wird ers euch geben. So iſt dann nicht zu zweiflen/ daß wir durchs Gebett alles von GOtt erhalten moͤgen. Der nun aber das Widerſpiel an ſich erfahret/ der muß ſich ſelbſt die Schuld auffmeſſen/ dieweil er demſelben ſeyn Begeh- ren/ oder durchs Gebett gar nicht/ oder doch nicht gebuͤhrend hat vor- getragen; zumalen GOTT nichts gibt/ dann auff vorhergehen- des Gebett/ wie Chriſtus voͤlliglich mit außtruͤcklichen Worten ſagt: Bittet/ ſo werdet ihr empfangen. Daß nun gleichwol viele durch oͤffteres Gebett nit erhort werden/ iſt erſtlich die Vrſach/ daß ſie durch die Wolcken der Suͤnden/ dem Gebett den Zugang zum Himmel verhinde- ren/ in dem ſie ihre mit dem Blut Chriſti beſchmitzte Haͤnde zu GOtt erheben: und weilen ein ſolcher unangenehme Fuͤrſprecher zum Herrn geſand wird/ ſo wird/ wie der H. Gregorius ſagt/ das Gemuͤth deß erzuͤrneten Gottes zu noch groͤſſerem Zorn angereitzet: zumalen nichts unbilligers ungereimbters kan erdacht werden/ als eben daß wir von GOtt wollen erhoͤrt werden/ und wir hergegen nicht wollen hoͤren und folgen/ was GOtt uns befehlet. Dieſes bekraͤfftiget der H. Vatter Auguſtinus und ſagt: Beſſer gefaͤlt GOtt das Bellen der Hunde/ das Brůllen der Ochſen/ und Grun- tzen der Schwein/ als das Geſang der mutwilligen Geiſt- lichen. Und der Weyſe Salomon laſſet ſich auch hoͤren mit dieſer Stimm: Wer ſeine Ohren abwendet/ damit er das Geſetz nicht hoͤre Joan. 16. Joan. 16. v. 24. Thren. 3. v. 440. Prov. 23 v. 9. L l l 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/479>, abgerufen am 25.11.2024.