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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Sieben und Dreyssigste Geistliche Lection
Rufl. L. 1.
v. P. P. c.
29.
Historia.
Zeit zum heiligen Macarius in Gestalt eines Geistlichen und sagt: stehe
auff Macari/ laß uns zum Nachts-Gebett hingehen. Diesem antwor-
tet der heilige Mann/ und sagt: O du Lügner und Haupt-Feind aller War-
heit/ was hastu mit dem Gebett und mit der Versamblung der Heiligen zu
schaffen? Der Teuffel aber/ da er vermerckt/ daß er verrathen seye/ sagte
zum H. Einsidler: weistu dann nicht/ daß ohne uns kein Gebett verrichtet
werde? komme zur Kirchen/ so wirstu es sehen. Der fromme Macarius ant-
wortet abermahl und spricht: Der HErr gebiete dir. Hernach be-
gibt er sich ins Gebett/ und begehret von GOtt/ er mögt ihm doch die War-
heit zu erkennen geben. Da er nun zur Kirchen kombt/ sicht er die Teuffel
in Gestalt vieler kleinen Mohren durch die Kirch hin- und her fliegen. Die-
weilen nun/ nach dem Gebrauch deren Geistlichen einer unter ihnen den
Psalm leset/ die andere aber sitzend zuhören oder auch antworten: seynd die-
se schwartze Männlein mit grosser Sorgfalt beschäfftigt/ wie sie einen und
andern zur Nachlässigkeit bringen mögen: spielen derhalben vor ihnen her/
erkühnen sich auch einige mit ihren Fingerlein auff die Augen zu trucken;
und diese schlieffen alsbald ein: wann sie einem dieselbe ins Maul steckten fin-
ge er an zu geynen oder zu gapffen. Da sich nun die Geistliche nach
angehörten Psalmen auff die Erden zum betten niedergeworffen; seynd sie
gleichwohl über alle her gelauffen/ und haben bald diesem die Gestalt eines
Weibs-Bild; bald jenem einige/ so mit unterschiedlichen Geschäfften und
Arbeiten sich bemüheten/ vorgestelt. Was aber diese Teuffel damahlen
vor eusserliche Gestalten gezeigt haben/ daß ist den Bettenden alles unterm
Gebett in ihre Gedancken kommen/ wie sie nachmahlen sämbtlich bekennet
haben. Von einigen seynd diese Schwartz-Künstler gleich zum Anfang ihrer
Heuchlerey dermassen vertrieben worden/ daß sie vor selbigem auch nicht
stehen/ weder bey ihnen vorbey gehen können. Andern schwachen Brü-
dern haben sie so gar auffm Puckel gedantzet/ dieweiln sie im Gebett zu mah-
len verstreuet gewesen.

14. Neben diesem ist auch gewiß/ daß der Haubt-Feind deß Gebetts sich
auch erfreuet/ wann die Geistliche in ihren heiligen Aembtern in der Kirchen
nicht gern lang stand halten/ sondern vor dem Beschluß deß GOttes-Dienst
sich absent machen: hierzu hilfft er meisterlich/ dieweilen er weiß/ daß wahr
ist/ was der H. Basilius sagt: niemahlen soll ein Geistlieher vor dem End
deß Gebetts oder GOttes-Dienst abweichen/ sondern soll gedencken/ daß
ihm ein solcher Abtritt ohne billige Ursach/ viel schade: dann gleich
wie keiner leichtlich vom Tisch auffstehet/ ehe er das Fleisch gesätti-
get hat/ also soll auch ein jeder die Nahrung der Seelen biß

zum

Die Sieben und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection
Rufl. L. 1.
v. P. P. c.
29.
Hiſtoria.
Zeit zum heiligen Macarius in Geſtalt eines Geiſtlichen und ſagt: ſtehe
auff Macari/ laß uns zum Nachts-Gebett hingehen. Dieſem antwor-
tet der heilige Mann/ und ſagt: O du Luͤgner und Haupt-Feind aller War-
heit/ was haſtu mit dem Gebett und mit der Verſamblung der Heiligen zu
ſchaffen? Der Teuffel aber/ da er vermerckt/ daß er verrathen ſeye/ ſagte
zum H. Einſidler: weiſtu dann nicht/ daß ohne uns kein Gebett verrichtet
werde? komme zur Kirchen/ ſo wirſtu es ſehen. Der fromme Macarius ant-
wortet abermahl und ſpricht: Der HErr gebiete dir. Hernach be-
gibt er ſich ins Gebett/ und begehret von GOtt/ er moͤgt ihm doch die War-
heit zu erkennen geben. Da er nun zur Kirchen kombt/ ſicht er die Teuffel
in Geſtalt vieler kleinen Mohren durch die Kirch hin- und her fliegen. Die-
weilen nun/ nach dem Gebrauch deren Geiſtlichen einer unter ihnen den
Pſalm leſet/ die andere aber ſitzend zuhoͤren oder auch antworten: ſeynd die-
ſe ſchwartze Maͤnnlein mit groſſer Sorgfalt beſchaͤfftigt/ wie ſie einen und
andern zur Nachlaͤſſigkeit bringen moͤgen: ſpielen derhalben vor ihnen her/
erkuͤhnen ſich auch einige mit ihren Fingerlein auff die Augen zu trucken;
und dieſe ſchlieffen alsbald ein: wann ſie einem dieſelbe ins Maul ſteckten fin-
ge er an zu geynen oder zu gapffen. Da ſich nun die Geiſtliche nach
angehoͤrten Pſalmen auff die Erden zum betten niedergeworffen; ſeynd ſie
gleichwohl uͤber alle her gelauffen/ und haben bald dieſem die Geſtalt eines
Weibs-Bild; bald jenem einige/ ſo mit unterſchiedlichen Geſchaͤfften und
Arbeiten ſich bemuͤheten/ vorgeſtelt. Was aber dieſe Teuffel damahlen
vor euſſerliche Geſtalten gezeigt haben/ daß iſt den Bettenden alles unterm
Gebett in ihre Gedancken kommen/ wie ſie nachmahlen ſaͤmbtlich bekennet
haben. Von einigen ſeynd dieſe Schwartz-Kuͤnſtler gleich zum Anfang ihrer
Heuchlerey dermaſſen vertrieben worden/ daß ſie vor ſelbigem auch nicht
ſtehen/ weder bey ihnen vorbey gehen koͤnnen. Andern ſchwachen Bruͤ-
dern haben ſie ſo gar auffm Puckel gedantzet/ dieweiln ſie im Gebett zu mah-
len verſtreuet geweſen.

14. Neben dieſem iſt auch gewiß/ daß der Haubt-Feind deß Gebetts ſich
auch erfreuet/ wann die Geiſtliche in ihren heiligen Aembtern in der Kirchen
nicht gern lang ſtand halten/ ſondern vor dem Beſchluß deß GOttes-Dienſt
ſich abſent machen: hierzu hilfft er meiſterlich/ dieweilen er weiß/ daß wahr
iſt/ was der H. Baſilius ſagt: niemahlen ſoll ein Geiſtlieher vor dem End
deß Gebetts oder GOttes-Dienſt abweichen/ ſondern ſoll gedencken/ daß
ihm ein ſolcher Abtritt ohne billige Urſach/ viel ſchade: dann gleich
wie keiner leichtlich vom Tiſch auffſtehet/ ehe er das Fleiſch geſaͤtti-
get hat/ alſo ſoll auch ein jeder die Nahrung der Seelen biß

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[460/0488] Die Sieben und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection Zeit zum heiligen Macarius in Geſtalt eines Geiſtlichen und ſagt: ſtehe auff Macari/ laß uns zum Nachts-Gebett hingehen. Dieſem antwor- tet der heilige Mann/ und ſagt: O du Luͤgner und Haupt-Feind aller War- heit/ was haſtu mit dem Gebett und mit der Verſamblung der Heiligen zu ſchaffen? Der Teuffel aber/ da er vermerckt/ daß er verrathen ſeye/ ſagte zum H. Einſidler: weiſtu dann nicht/ daß ohne uns kein Gebett verrichtet werde? komme zur Kirchen/ ſo wirſtu es ſehen. Der fromme Macarius ant- wortet abermahl und ſpricht: Der HErr gebiete dir. Hernach be- gibt er ſich ins Gebett/ und begehret von GOtt/ er moͤgt ihm doch die War- heit zu erkennen geben. Da er nun zur Kirchen kombt/ ſicht er die Teuffel in Geſtalt vieler kleinen Mohren durch die Kirch hin- und her fliegen. Die- weilen nun/ nach dem Gebrauch deren Geiſtlichen einer unter ihnen den Pſalm leſet/ die andere aber ſitzend zuhoͤren oder auch antworten: ſeynd die- ſe ſchwartze Maͤnnlein mit groſſer Sorgfalt beſchaͤfftigt/ wie ſie einen und andern zur Nachlaͤſſigkeit bringen moͤgen: ſpielen derhalben vor ihnen her/ erkuͤhnen ſich auch einige mit ihren Fingerlein auff die Augen zu trucken; und dieſe ſchlieffen alsbald ein: wann ſie einem dieſelbe ins Maul ſteckten fin- ge er an zu geynen oder zu gapffen. Da ſich nun die Geiſtliche nach angehoͤrten Pſalmen auff die Erden zum betten niedergeworffen; ſeynd ſie gleichwohl uͤber alle her gelauffen/ und haben bald dieſem die Geſtalt eines Weibs-Bild; bald jenem einige/ ſo mit unterſchiedlichen Geſchaͤfften und Arbeiten ſich bemuͤheten/ vorgeſtelt. Was aber dieſe Teuffel damahlen vor euſſerliche Geſtalten gezeigt haben/ daß iſt den Bettenden alles unterm Gebett in ihre Gedancken kommen/ wie ſie nachmahlen ſaͤmbtlich bekennet haben. Von einigen ſeynd dieſe Schwartz-Kuͤnſtler gleich zum Anfang ihrer Heuchlerey dermaſſen vertrieben worden/ daß ſie vor ſelbigem auch nicht ſtehen/ weder bey ihnen vorbey gehen koͤnnen. Andern ſchwachen Bruͤ- dern haben ſie ſo gar auffm Puckel gedantzet/ dieweiln ſie im Gebett zu mah- len verſtreuet geweſen. Rufl. L. 1. v. P. P. c. 29. Hiſtoria. 14. Neben dieſem iſt auch gewiß/ daß der Haubt-Feind deß Gebetts ſich auch erfreuet/ wann die Geiſtliche in ihren heiligen Aembtern in der Kirchen nicht gern lang ſtand halten/ ſondern vor dem Beſchluß deß GOttes-Dienſt ſich abſent machen: hierzu hilfft er meiſterlich/ dieweilen er weiß/ daß wahr iſt/ was der H. Baſilius ſagt: niemahlen ſoll ein Geiſtlieher vor dem End deß Gebetts oder GOttes-Dienſt abweichen/ ſondern ſoll gedencken/ daß ihm ein ſolcher Abtritt ohne billige Urſach/ viel ſchade: dann gleich wie keiner leichtlich vom Tiſch auffſtehet/ ehe er das Fleiſch geſaͤtti- get hat/ alſo ſoll auch ein jeder die Nahrung der Seelen biß zum

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/488>, abgerufen am 22.11.2024.