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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Acht und Dreyssigste Geistliche Lection

8. Jm übrigen/ so viel die Weiß und Manier dieses Leyden zu betrach-
Tom. 8.
medit.
Pass.
Christi
in Prae-
fat.
ten anlanget/ lehret uns selbige der Ehrw. Vatter Beda/ wie folget: Es
ist nothwendig/ daß du in deiner Betrachtung dir dieses
bittere Leyden also einbildest/ als wann du zu selbiger Zeit
gegenwärtig gewesen wärest/ da dein Heyland gelitten
yat: und dich im Mit-Leyden also verhaltest/ als ob du
deinen leydenden HErrn vor deinen Augen hättest. Wann
du also betrachten wirst/ kanstu bald auß einem unwissen-
den Menschen/ in einen gelehrten Mann verändert wer-

P. 2. c. 58.den. Dieses bekräfftiget der Geist-reiche Ludolphus Cartusianus/ und
sagt: die öfftere Betrachtung deß Leydens Christi macht einen Ungelehrten
sehr gelchrt/ auß den Unerfahrnen macht sie erfahrne Lehr-Meister; ich sage/
Lehr-Meister/ nicht der Wissenschafft/ die da auffblaset; sondern der Liebt/
welche aufferbauet. Diese ist gleichsamb ein Buch deß Lebens/ in dem al-
les/ was zum Heyl gehöret/ zu finden ist: Seelig ist der jenige/ welcher sich
dieser Ubung mit allem Ernst ergibt; dann er wird in Verachtung der Welt/
und in der Liebe GOttes zunehmen/ und wird in allen Tugenten und
Gnaden wachssen. Dieses Buch hat der H. Apostel Paulus mit grossem
Fleiß durchblättert; dahero sagt er: Jch hab mir vorgenommen/
1. Cor. 2.
2.
unter euch nichts anders zu wissen/ ohn allein JEsum
Christum/ und zwarn den/ der gecreutziget ist.
Eben
In ejus
Vita.
auß selbigem Buch hat der H. Vatter Bonaventura alle seine Gelehrt- und
Heyligkeit geschöpffet. Dann/ so der H. Thomas von Aquin diesen heili-
gen Mann einsmahls besucht/ und begehrt hat/ man mögte ihm doch die
Biblioteck zeigen/ darauß er so ansehnliche Gelehrheit erworben; hat
ihm der H. Vatter die Bildnuß deß gecreutzigsten Heylands gezeigt/ und
gesagt/ daß er auß selbigem Brunnen alles schöpffe/ was er immer lese und
schreibe.

9. Weiters kan nichts kräfftigers zu Versüssung und Versänfftung
unserer täglich vorfallenden Widerwärtigkeiten gefunden werden/ als eben
In Ma-
nual. c.
22
die Betrachtung deß Leydenden Christi. Jch hab in allen meinen
Trubsalen/
sagt der H. Vatter Augustinus: kein so herrliches
Mittel gefunden/ als die Wunden Christi: in diesen Schlaff
ich sicher/ und ruhe ohne Forcht.
Dieses ist bereits vorzeiten in
Exod. 15.alten Testament vor gebildet worden; da das Jsraelitische Volck sich über
den Mangel deß süssen Wassers beklagt hat; und derselben Haupt- Führer
Moyses/ auß Göttlichem Befelch ein sicheres Holtz ins Wasser zur Versüs-

sung
Die Acht und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection

8. Jm uͤbrigen/ ſo viel die Weiß und Manier dieſes Leyden zu betrach-
Tom. 8.
medit.
Paſſ.
Chriſti
in Præ-
fat.
ten anlanget/ lehret uns ſelbige der Ehrw. Vatter Beda/ wie folget: Es
iſt nothwendig/ daß du in deiner Betrachtung dir dieſes
bittere Leyden alſo einbildeſt/ als wann du zu ſelbiger Zeit
gegenwaͤrtig geweſen waͤreſt/ da dein Heyland gelitten
yat: und dich im Mit-Leyden alſo verhalteſt/ als ob du
deinen leydenden HErrn vor deinen Augen haͤtteſt. Wann
du alſo betrachten wirſt/ kanſtu bald auß einem unwiſſen-
den Menſchen/ in einen gelehrten Mann veraͤndert wer-

P. 2. c. 58.den. Dieſes bekraͤfftiget der Geiſt-reiche Ludolphus Cartuſianus/ und
ſagt: die oͤfftere Betrachtung deß Leydens Chriſti macht einen Ungelehrten
ſehr gelchrt/ auß den Unerfahrnen macht ſie erfahrne Lehr-Meiſter; ich ſage/
Lehr-Meiſter/ nicht der Wiſſenſchafft/ die da auffblaſet; ſondern der Liebt/
welche aufferbauet. Dieſe iſt gleichſamb ein Buch deß Lebens/ in dem al-
les/ was zum Heyl gehoͤret/ zu finden iſt: Seelig iſt der jenige/ welcher ſich
dieſer Ubung mit allem Ernſt ergibt; dann er wird in Verachtung der Welt/
und in der Liebe GOttes zunehmen/ und wird in allen Tugenten und
Gnaden wachſſen. Dieſes Buch hat der H. Apoſtel Paulus mit groſſem
Fleiß durchblaͤttert; dahero ſagt er: Jch hab mir vorgenommen/
1. Cor. 2.
2.
unter euch nichts anders zu wiſſen/ ohn allein JEſum
Chriſtum/ und zwarn den/ der gecreutziget iſt.
Eben
In ejus
Vita.
auß ſelbigem Buch hat der H. Vatter Bonaventura alle ſeine Gelehrt- und
Heyligkeit geſchoͤpffet. Dann/ ſo der H. Thomas von Aquin dieſen heili-
gen Mann einsmahls beſucht/ und begehrt hat/ man moͤgte ihm doch die
Biblioteck zeigen/ darauß er ſo anſehnliche Gelehrheit erworben; hat
ihm der H. Vatter die Bildnuß deß gecreutzigſten Heylands gezeigt/ und
geſagt/ daß er auß ſelbigem Brunnen alles ſchoͤpffe/ was er immer leſe und
ſchreibe.

9. Weiters kan nichts kraͤfftigers zu Verſuͤſſung und Verſaͤnfftung
unſerer taͤglich vorfallenden Widerwaͤrtigkeiten gefunden werden/ als eben
In Ma-
nual. c.
22
die Betrachtung deß Leydenden Chriſti. Jch hab in allen meinen
Trůbſalen/
ſagt der H. Vatter Auguſtinus: kein ſo herrliches
Mittel gefunden/ als die Wunden Chriſti: in dieſen Schlaff
ich ſicher/ und ruhe ohne Forcht.
Dieſes iſt bereits vorzeiten in
Exod. 15.alten Teſtament vor gebildet worden; da das Jſraelitiſche Volck ſich uͤber
den Mangel deß ſuͤſſen Waſſers beklagt hat; und derſelben Haupt- Fuͤhrer
Moyſes/ auß Goͤttlichem Befelch ein ſicheres Holtz ins Waſſer zur Verſuͤſ-

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[488/0516] Die Acht und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection 8. Jm uͤbrigen/ ſo viel die Weiß und Manier dieſes Leyden zu betrach- ten anlanget/ lehret uns ſelbige der Ehrw. Vatter Beda/ wie folget: Es iſt nothwendig/ daß du in deiner Betrachtung dir dieſes bittere Leyden alſo einbildeſt/ als wann du zu ſelbiger Zeit gegenwaͤrtig geweſen waͤreſt/ da dein Heyland gelitten yat: und dich im Mit-Leyden alſo verhalteſt/ als ob du deinen leydenden HErrn vor deinen Augen haͤtteſt. Wann du alſo betrachten wirſt/ kanſtu bald auß einem unwiſſen- den Menſchen/ in einen gelehrten Mann veraͤndert wer- den. Dieſes bekraͤfftiget der Geiſt-reiche Ludolphus Cartuſianus/ und ſagt: die oͤfftere Betrachtung deß Leydens Chriſti macht einen Ungelehrten ſehr gelchrt/ auß den Unerfahrnen macht ſie erfahrne Lehr-Meiſter; ich ſage/ Lehr-Meiſter/ nicht der Wiſſenſchafft/ die da auffblaſet; ſondern der Liebt/ welche aufferbauet. Dieſe iſt gleichſamb ein Buch deß Lebens/ in dem al- les/ was zum Heyl gehoͤret/ zu finden iſt: Seelig iſt der jenige/ welcher ſich dieſer Ubung mit allem Ernſt ergibt; dann er wird in Verachtung der Welt/ und in der Liebe GOttes zunehmen/ und wird in allen Tugenten und Gnaden wachſſen. Dieſes Buch hat der H. Apoſtel Paulus mit groſſem Fleiß durchblaͤttert; dahero ſagt er: Jch hab mir vorgenommen/ unter euch nichts anders zu wiſſen/ ohn allein JEſum Chriſtum/ und zwarn den/ der gecreutziget iſt. Eben auß ſelbigem Buch hat der H. Vatter Bonaventura alle ſeine Gelehrt- und Heyligkeit geſchoͤpffet. Dann/ ſo der H. Thomas von Aquin dieſen heili- gen Mann einsmahls beſucht/ und begehrt hat/ man moͤgte ihm doch die Biblioteck zeigen/ darauß er ſo anſehnliche Gelehrheit erworben; hat ihm der H. Vatter die Bildnuß deß gecreutzigſten Heylands gezeigt/ und geſagt/ daß er auß ſelbigem Brunnen alles ſchoͤpffe/ was er immer leſe und ſchreibe. Tom. 8. medit. Paſſ. Chriſti in Præ- fat. P. 2. c. 58. 1. Cor. 2. 2. In ejus Vita. 9. Weiters kan nichts kraͤfftigers zu Verſuͤſſung und Verſaͤnfftung unſerer taͤglich vorfallenden Widerwaͤrtigkeiten gefunden werden/ als eben die Betrachtung deß Leydenden Chriſti. Jch hab in allen meinen Trůbſalen/ ſagt der H. Vatter Auguſtinus: kein ſo herrliches Mittel gefunden/ als die Wunden Chriſti: in dieſen Schlaff ich ſicher/ und ruhe ohne Forcht. Dieſes iſt bereits vorzeiten in alten Teſtament vor gebildet worden; da das Jſraelitiſche Volck ſich uͤber den Mangel deß ſuͤſſen Waſſers beklagt hat; und derſelben Haupt- Fuͤhrer Moyſes/ auß Goͤttlichem Befelch ein ſicheres Holtz ins Waſſer zur Verſuͤſ- ſung In Ma- nual. c. 22 Exod. 15.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/516>, abgerufen am 22.11.2024.