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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Viertzigste Geistliche Lection
warumb lassestu die Traurigkeit so gar bey dir überhand nehmen? das ge-
ziembt sich nicht/ daß/ der so gütigen HErrn hat/ wie du hast/ sich derge-
stalt betrübe. Hastu villeicht deinen GOtt beleidiget? so thue Buß/ beich-
te deine Sünd/ der allergütigste und barmhertzigste GOtt wird dir selbige
gern vergeben. Pelagius verwundert sich/ fragt und sagt zu diesem Frembd-
ling: guter Freund woher kennestu mich? Soll ich dich nicht kennen/ antwor-
tet er/ du bist ja Pelagius/ und wirst in der gantzen Provintz für einen heili-
gen Mann gehalten und verehret? wann du von deinem Schwärmuth wilst
befreyet werden/ so offenbahre dein Gewissen dem Beichts-Vatter/ damit
deine/ durch die Sünd vertriebene innerliche Hertzens-Freud wider kom-
men/ und Posto fassen möge. Pelagius verwundert sich über solche Re-
den/ und da er sich besser umbsicht/ findet er weiters keinen Frembdling.
Hierauß hat er wargenommen/ daß ihn GOtt ermahnet habe; derhalben
hat er alsbald bey sich beschlossen/ in dem nechst gelegenen Kloster alle
mögliche Buß für seine Sünd zu wircken: zu welchem er mit Freuden ist
auffgenommen/ und mit dem gewöhnlichen Ordens- Habit bekleidet wor-
den. Jn den üblichen Buß-Wercken dieser Geistlichen gienge Pelagius
allen andern weit vor: keiner war so demütig/ keiner war so gehorsamb/ als
Pelagius/ keiner gebrauchte sich so scharffer Disciplinen/ keiner fastete und
bettete so lang/ als Pelagius. Nach einigen Jahren wird Pelagius Bett-
Lägerig und zwarn gefährlich/ merckt wohl/ daß ihn GOtt seiner Schul-
digkeit erinnere: dannoch obschon die verborgene Sünd sich immer im Ge-
wissen hervor liesse/ konte er gleichwohl/ oder vielmehr wolte er seine ver-
fluchte Schamhafftigkeit und Hoffart nicht dämpffen/ und seine Sünd be-
kennen. Seine letzte Beicht über alle andere Sünden/ hat er mit Vergies-
sung vieler Zähren verrichtet/ das H. Sacrament mit grosser Andacht em-
pfangen; uno ist also gestorben. Nun waren die München der Meynung/
sie hätten einen kostbahren Schatz an deß Pelagii Leichnamb/ derhalben ha-
ben sie selbigen mit sonderbahrer Festivität und grossen Kösten begraben/ zu
dessen Begräbnüß die Leut von allen umbligenden Orten häuffig herzu ge-
lauffen/ umb den verstorbenen Pelagium zu verehren/ und sich demselben
zu befehlen. Die folgende Nacht/ da der Küster zur Metten das Zeichen
geben wollen/ sicht er im vorbeygehen/ daß der Leib deß begrabenen Pelagii
ausser der Erden liget/ und bildet sich ein/ der Leichnamb seye villeicht nicht
wohl mit Erden zugeworffen worden; legt ihn derhalben wiederumb ins
Grab/ und scharret die Erde wiederumb hinüber/ thut aber hier von keine
Meldung. Jndem nun sich eben selbiges die Folgende Nacht also zugetragen/

vermerckt

Die Viertzigſte Geiſtliche Lection
warumb laſſeſtu die Traurigkeit ſo gar bey dir uͤberhand nehmen? das ge-
ziembt ſich nicht/ daß/ der ſo guͤtigen HErrn hat/ wie du haſt/ ſich derge-
ſtalt betruͤbe. Haſtu villeicht deinen GOtt beleidiget? ſo thue Buß/ beich-
te deine Suͤnd/ der allerguͤtigſte und barmhertzigſte GOtt wird dir ſelbige
gern vergeben. Pelagius verwundert ſich/ fragt und ſagt zu dieſem Frembd-
ling: guter Freund woher kenneſtu mich? Soll ich dich nicht kennen/ antwor-
tet er/ du biſt ja Pelagius/ und wirſt in der gantzen Provintz fuͤr einen heili-
gen Mann gehalten und verehret? wann du von deinem Schwaͤrmuth wilſt
befreyet werden/ ſo offenbahre dein Gewiſſen dem Beichts-Vatter/ damit
deine/ durch die Suͤnd vertriebene innerliche Hertzens-Freud wider kom-
men/ und Poſto faſſen moͤge. Pelagius verwundert ſich uͤber ſolche Re-
den/ und da er ſich beſſer umbſicht/ findet er weiters keinen Frembdling.
Hierauß hat er wargenommen/ daß ihn GOtt ermahnet habe; derhalben
hat er alsbald bey ſich beſchloſſen/ in dem nechſt gelegenen Kloſter alle
moͤgliche Buß fuͤr ſeine Suͤnd zu wircken: zu welchem er mit Freuden iſt
auffgenommen/ und mit dem gewoͤhnlichen Ordens- Habit bekleidet wor-
den. Jn den uͤblichen Buß-Wercken dieſer Geiſtlichen gienge Pelagius
allen andern weit vor: keiner war ſo demuͤtig/ keiner war ſo gehorſamb/ als
Pelagius/ keiner gebrauchte ſich ſo ſcharffer Diſciplinen/ keiner faſtete und
bettete ſo lang/ als Pelagius. Nach einigen Jahren wird Pelagius Bett-
Laͤgerig und zwarn gefaͤhrlich/ merckt wohl/ daß ihn GOtt ſeiner Schul-
digkeit erinnere: dannoch obſchon die verborgene Suͤnd ſich immer im Ge-
wiſſen hervor lieſſe/ konte er gleichwohl/ oder vielmehr wolte er ſeine ver-
fluchte Schamhafftigkeit und Hoffart nicht daͤmpffen/ und ſeine Suͤnd be-
kennen. Seine letzte Beicht uͤber alle andere Suͤnden/ hat er mit Vergieſ-
ſung vieler Zaͤhren verrichtet/ das H. Sacrament mit groſſer Andacht em-
pfangen; uno iſt alſo geſtorben. Nun waren die Muͤnchen der Meynung/
ſie haͤtten einen koſtbahren Schatz an deß Pelagii Leichnamb/ derhalben ha-
ben ſie ſelbigen mit ſonderbahrer Feſtivitaͤt und groſſen Koͤſten begraben/ zu
deſſen Begraͤbnuͤß die Leut von allen umbligenden Orten haͤuffig herzu ge-
lauffen/ umb den verſtorbenen Pelagium zu verehren/ und ſich demſelben
zu befehlen. Die folgende Nacht/ da der Kuͤſter zur Metten das Zeichen
geben wollen/ ſicht er im vorbeygehen/ daß der Leib deß begrabenen Pelagii
auſſer der Erden liget/ und bildet ſich ein/ der Leichnamb ſeye villeicht nicht
wohl mit Erden zugeworffen worden; legt ihn derhalben wiederumb ins
Grab/ und ſcharret die Erde wiederumb hinuͤber/ thut aber hier von keine
Meldung. Jndem nun ſich eben ſelbiges die Folgende Nacht alſo zugetragen/

vermerckt
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[516/0544] Die Viertzigſte Geiſtliche Lection warumb laſſeſtu die Traurigkeit ſo gar bey dir uͤberhand nehmen? das ge- ziembt ſich nicht/ daß/ der ſo guͤtigen HErrn hat/ wie du haſt/ ſich derge- ſtalt betruͤbe. Haſtu villeicht deinen GOtt beleidiget? ſo thue Buß/ beich- te deine Suͤnd/ der allerguͤtigſte und barmhertzigſte GOtt wird dir ſelbige gern vergeben. Pelagius verwundert ſich/ fragt und ſagt zu dieſem Frembd- ling: guter Freund woher kenneſtu mich? Soll ich dich nicht kennen/ antwor- tet er/ du biſt ja Pelagius/ und wirſt in der gantzen Provintz fuͤr einen heili- gen Mann gehalten und verehret? wann du von deinem Schwaͤrmuth wilſt befreyet werden/ ſo offenbahre dein Gewiſſen dem Beichts-Vatter/ damit deine/ durch die Suͤnd vertriebene innerliche Hertzens-Freud wider kom- men/ und Poſto faſſen moͤge. Pelagius verwundert ſich uͤber ſolche Re- den/ und da er ſich beſſer umbſicht/ findet er weiters keinen Frembdling. Hierauß hat er wargenommen/ daß ihn GOtt ermahnet habe; derhalben hat er alsbald bey ſich beſchloſſen/ in dem nechſt gelegenen Kloſter alle moͤgliche Buß fuͤr ſeine Suͤnd zu wircken: zu welchem er mit Freuden iſt auffgenommen/ und mit dem gewoͤhnlichen Ordens- Habit bekleidet wor- den. Jn den uͤblichen Buß-Wercken dieſer Geiſtlichen gienge Pelagius allen andern weit vor: keiner war ſo demuͤtig/ keiner war ſo gehorſamb/ als Pelagius/ keiner gebrauchte ſich ſo ſcharffer Diſciplinen/ keiner faſtete und bettete ſo lang/ als Pelagius. Nach einigen Jahren wird Pelagius Bett- Laͤgerig und zwarn gefaͤhrlich/ merckt wohl/ daß ihn GOtt ſeiner Schul- digkeit erinnere: dannoch obſchon die verborgene Suͤnd ſich immer im Ge- wiſſen hervor lieſſe/ konte er gleichwohl/ oder vielmehr wolte er ſeine ver- fluchte Schamhafftigkeit und Hoffart nicht daͤmpffen/ und ſeine Suͤnd be- kennen. Seine letzte Beicht uͤber alle andere Suͤnden/ hat er mit Vergieſ- ſung vieler Zaͤhren verrichtet/ das H. Sacrament mit groſſer Andacht em- pfangen; uno iſt alſo geſtorben. Nun waren die Muͤnchen der Meynung/ ſie haͤtten einen koſtbahren Schatz an deß Pelagii Leichnamb/ derhalben ha- ben ſie ſelbigen mit ſonderbahrer Feſtivitaͤt und groſſen Koͤſten begraben/ zu deſſen Begraͤbnuͤß die Leut von allen umbligenden Orten haͤuffig herzu ge- lauffen/ umb den verſtorbenen Pelagium zu verehren/ und ſich demſelben zu befehlen. Die folgende Nacht/ da der Kuͤſter zur Metten das Zeichen geben wollen/ ſicht er im vorbeygehen/ daß der Leib deß begrabenen Pelagii auſſer der Erden liget/ und bildet ſich ein/ der Leichnamb ſeye villeicht nicht wohl mit Erden zugeworffen worden; legt ihn derhalben wiederumb ins Grab/ und ſcharret die Erde wiederumb hinuͤber/ thut aber hier von keine Meldung. Jndem nun ſich eben ſelbiges die Folgende Nacht alſo zugetragen/ vermerckt

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/544>, abgerufen am 22.11.2024.