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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Viertzigste Geistliche Lection
schon alle Schmertzen und Peinen/ alle Widerwertigkeiten und Armseelig-
keiten/ alle Marter/ so von Anfang der Welt bist auff heutige Stundt gewe-
sen seyen/ zusammen gefügt würden/ so hätte doch dieses alles keine
Gleichnuß/ ja so gar wäre alles erträglich in Ansehung deren Schmertzen/
die ich auch in einer Stund leyde. Damit du aber die Bitterkeit meiner Pei-
nen noch besser erkennen mögest/ so reiche deine flache Hand her/ und empfange
auch das allergeringste Tröpfflein meines Schweiß. Silo streckt seine
Hand auß/ und der Todte streichet ein Tröpfflein Schweiß von der Stirn
ab in die Hand seines Magistri; welches in selbigem Augenblick so weit
durchgedrungen/ daß man ein Hassel-Nuß ins Loch hätte verbergen können:
der Doctor aber fallet für Schmertzen halb Todt daher/ und der Geist ver-
schwindet mit grausamben Geschrey. Nach diesem findet man den Doctor
Silo
ohne Sprach und Kräfften; mit durchlocherter Hand auffm Bodem
ligen/ man tragt ihn zum Bett und heilet denselben. Da er nun zur vorigen
Gesundheit gelanget/ gehet er widerumb zur Schulen/ und erzehlet seinen
Schüleren alles ordentlich/ was sich zugetragen habe/ und zur Bekräffti-
gung seiner Wort/ zeigt er ihnen das Wund-Mahl seiner Hand: rahtet al-
len/ daß sie die Welt verlassen/ alle eitele Wollusten derselben verachten/
und im geistlichen Closter-Leben das Heyl ihrer Seelen suchen solten. Und
damit er anderen mit seinem Exempel heylsamblich vorleuchten mögte; ist er
nach alsolchem ertheilten Raht zur Schulen hinauß gangen/ und seine Resu-
lution denen Schuleren ungefehr mit diesen Worten bedeutet.

Jch laß die Frösche quachssen/
Den Kaben laß ihr Raben-Cras:
Jch werff nun von den Achslen/
Was eitel ist; der Welt ichs laß.
Jch gehe zu der Schulen hin/
Die Wissenschafft ich suche;
Jn der ich nicht beförchtet bin/
Das ich den todt verfluche.

Also hat er der Welt Adien gesagt/ und ist ein Munch worden/ deme von
seinen Schüleren auch viele gefolgt seynd: auß denen/ so in der Welt ver-
blieben/ ist kaum ein eintziger eines guten Todts gestorben.

14. Uberlege nun/ mein Christliche Seel/ bey dir die Zähren/ so der offt
erwehnte Student in seinem Todts-Bett vergessen hat/ so wirstu finden/ daß

selbi-

Die Viertzigſte Geiſtliche Lection
ſchon alle Schmertzen und Peinen/ alle Widerwertigkeiten und Armſeelig-
keiten/ alle Marter/ ſo von Anfang der Welt biſt auff heutige Stundt gewe-
ſen ſeyen/ zuſammen gefuͤgt wuͤrden/ ſo haͤtte doch dieſes alles keine
Gleichnuß/ ja ſo gar waͤre alles ertraͤglich in Anſehung deren Schmertzen/
die ich auch in einer Stund leyde. Damit du aber die Bitterkeit meiner Pei-
nen noch beſſer erkeñen moͤgeſt/ ſo reiche deine flache Hand her/ und empfange
auch das allergeringſte Troͤpfflein meines Schweiß. Silo ſtreckt ſeine
Hand auß/ und der Todte ſtreichet ein Troͤpfflein Schweiß von der Stirn
ab in die Hand ſeines Magiſtri; welches in ſelbigem Augenblick ſo weit
durchgedrungen/ daß man ein Haſſel-Nuß ins Loch haͤtte verbergen koͤnnen:
der Doctor aber fallet fuͤr Schmertzen halb Todt daher/ und der Geiſt ver-
ſchwindet mit grauſamben Geſchrey. Nach dieſem findet man den Doctor
Silo
ohne Sprach und Kraͤfften; mit durchlocherter Hand auffm Bodem
ligen/ man tragt ihn zum Bett und heilet denſelben. Da er nun zur vorigen
Geſundheit gelanget/ gehet er widerumb zur Schulen/ und erzehlet ſeinen
Schuͤleren alles ordentlich/ was ſich zugetragen habe/ und zur Bekraͤffti-
gung ſeiner Wort/ zeigt er ihnen das Wund-Mahl ſeiner Hand: rahtet al-
len/ daß ſie die Welt verlaſſen/ alle eitele Wolluſten derſelben verachten/
und im geiſtlichen Cloſter-Leben das Heyl ihrer Seelen ſuchen ſolten. Und
damit er anderen mit ſeinem Exempel heylſamblich vorleuchten moͤgte; iſt er
nach alſolchem ertheilten Raht zur Schulen hinauß gangen/ und ſeine Reſu-
lution denen Schuleren ungefehr mit dieſen Worten bedeutet.

Jch laß die Froͤſche quachſſen/
Den Kaben laß ihr Raben-Cras:
Jch werff nun von den Achslen/
Was eitel iſt; der Welt ichs laß.
Jch gehe zu der Schulen hin/
Die Wiſſenſchafft ich ſuche;
Jn der ich nicht befoͤrchtet bin/
Das ich den todt verfluche.

Alſo hat er der Welt Adien geſagt/ und iſt ein Munch worden/ deme von
ſeinen Schuͤleren auch viele gefolgt ſeynd: auß denen/ ſo in der Welt ver-
blieben/ iſt kaum ein eintziger eines guten Todts geſtorben.

14. Uberlege nun/ mein Chriſtliche Seel/ bey dir die Zaͤhren/ ſo der offt
erwehnte Student in ſeinem Todts-Bett vergeſſen hat/ ſo wirſtu finden/ daß

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/548>, abgerufen am 22.11.2024.