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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem Allerheiligsten Saerament deß Altars.
zur heiligen Meß zu dienen im Brauch gehabt. Einige Tag über vor des-
sen Todt ist eine Nachtigal zu selbigem täglich kommen/ und hat am Fen-
ster mit ihren lieblichen Stimmlein sich dapffer hören lassen. Da er nun
gefragt worden/ was dieses bedeute/ hat er schertzweiß geantwortet/ daß diese
seine Braut seye/ welche ihn zum himmlischen Paradeißeinlade. Selbi-
ger hat auch einsmahls/ da er zur Messen gedienet/ ein Göttliches Licht auff
dem Altar gesehen/ und selbigen Tags ist er Bett- lägerich worden/ und
ist sehr andächtiglich dem Herrn entschlaffen. Auß diesen und anderen/
so ich allhier vorbey gehe/ sehen wir gnugsamb/ wie viel daran gelegen seye/
daß man dem heiligen Meß- Opffer mit Andacht beywohnen: auch sehen
wir/ und hats noch besser gesehen der heilige Thomas von Aquin, wie gros-
sen Nutzen auß dem Meß- Dienen entstehe; derhalben pflegte er alle Tag/
nach seinem geendigten heiligen Ambt/ eine andere heilige Meß zu hören oder
zu dienen. Nehme derhalben vor lieb/ mein Christliche Seel/ diese treuher-
tzige Erinnerung/ und nehme wohl in obacht/ daß diese und andere Exem-
plen uns nicht seyen hinterlassen worden/ unsern Vorwitz darmit zu ersätti-
gen/ und uns zu verwunderen; sondern daß wir selbigen nachfolgen sollen;
sintemahlen sie derhalben Exempeln genennet werden. Folge du nach dem
heiligen Thomam und andern; seye nicht zu frieden/ daß du eine Meß ge-
hört oder gelesen habest; sondern befleisse dich mehr andere zu hören. Dei-
nen herrlichen Nutzen/ so du hier auß schöpffen wirst/ soll dich die tägliche
Erfahrnuß selbst lehren.



Die Zwey und Viertzigste Geistliche
LECTION

Von
Anhörung und Lesung der geistlichen Dingen.
Bcati, qui audiunt Verbum Dei, & custodiunt illud.Luc.11.
28.

Seelig seynd/ die GOttes Wort hören/ und dassel-
bige bewahren.

1. AUff daß der Mensch sich selbsten sehe/ hat er drey Ding vonnöthen;
als nemblich die Augen/ einen Spiegel und das Licht. Wann er einen
Spiegel hat/ und ist blind/ so kan er sich selbst nicht sehen: hat er einen

Spie-

Von dem Allerheiligſten Saerament deß Altars.
zur heiligen Meß zu dienen im Brauch gehabt. Einige Tag uͤber vor deſ-
ſen Todt iſt eine Nachtigal zu ſelbigem taͤglich kommen/ und hat am Fen-
ſter mit ihren lieblichen Stimmlein ſich dapffer hoͤren laſſen. Da er nun
gefragt worden/ was dieſes bedeute/ hat er ſchertzweiß geantwortet/ daß dieſe
ſeine Braut ſeye/ welche ihn zum himmliſchen Paradeißeinlade. Selbi-
ger hat auch einsmahls/ da er zur Meſſen gedienet/ ein Goͤttliches Licht auff
dem Altar geſehen/ und ſelbigen Tags iſt er Bett- laͤgerich worden/ und
iſt ſehr andaͤchtiglich dem Herrn entſchlaffen. Auß dieſen und anderen/
ſo ich allhier vorbey gehe/ ſehen wir gnugſamb/ wie viel daran gelegen ſeye/
daß man dem heiligen Meß- Opffer mit Andacht beywohnen: auch ſehen
wir/ und hats noch beſſer geſehen der heilige Thomas von Aquin, wie groſ-
ſen Nutzen auß dem Meß- Dienen entſtehe; derhalben pflegte er alle Tag/
nach ſeinem geendigten heiligen Ambt/ eine andere heilige Meß zu hoͤren oder
zu dienen. Nehme derhalben vor lieb/ mein Chriſtliche Seel/ dieſe treuher-
tzige Erinnerung/ und nehme wohl in obacht/ daß dieſe und andere Exem-
plen uns nicht ſeyen hinterlaſſen worden/ unſern Vorwitz darmit zu erſaͤtti-
gen/ und uns zu verwunderen; ſondern daß wir ſelbigen nachfolgen ſollen;
ſintemahlen ſie derhalben Exempeln genennet werden. Folge du nach dem
heiligen Thomam und andern; ſeye nicht zu frieden/ daß du eine Meß ge-
hoͤrt oder geleſen habeſt; ſondern befleiſſe dich mehr andere zu hoͤren. Dei-
nen herrlichen Nutzen/ ſo du hier auß ſchoͤpffen wirſt/ ſoll dich die taͤgliche
Erfahrnuß ſelbſt lehren.



Die Zwey und Viertzigſte Geiſtliche
LECTION

Von
Anhoͤrung und Leſung der geiſtlichen Dingen.
Bcati, qui audiunt Verbum Dei, & cuſtodiunt illud.Luc.11.
28.

Seelig ſeynd/ die GOttes Wort hoͤren/ und daſſel-
bige bewahren.

1. AUff daß der Menſch ſich ſelbſten ſehe/ hat er drey Ding vonnoͤthen;
als nemblich die Augen/ einen Spiegel und das Licht. Wann er einen
Spiegel hat/ und iſt blind/ ſo kan er ſich ſelbſt nicht ſehen: hat er einen

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[543/0571] Von dem Allerheiligſten Saerament deß Altars. zur heiligen Meß zu dienen im Brauch gehabt. Einige Tag uͤber vor deſ- ſen Todt iſt eine Nachtigal zu ſelbigem taͤglich kommen/ und hat am Fen- ſter mit ihren lieblichen Stimmlein ſich dapffer hoͤren laſſen. Da er nun gefragt worden/ was dieſes bedeute/ hat er ſchertzweiß geantwortet/ daß dieſe ſeine Braut ſeye/ welche ihn zum himmliſchen Paradeißeinlade. Selbi- ger hat auch einsmahls/ da er zur Meſſen gedienet/ ein Goͤttliches Licht auff dem Altar geſehen/ und ſelbigen Tags iſt er Bett- laͤgerich worden/ und iſt ſehr andaͤchtiglich dem Herrn entſchlaffen. Auß dieſen und anderen/ ſo ich allhier vorbey gehe/ ſehen wir gnugſamb/ wie viel daran gelegen ſeye/ daß man dem heiligen Meß- Opffer mit Andacht beywohnen: auch ſehen wir/ und hats noch beſſer geſehen der heilige Thomas von Aquin, wie groſ- ſen Nutzen auß dem Meß- Dienen entſtehe; derhalben pflegte er alle Tag/ nach ſeinem geendigten heiligen Ambt/ eine andere heilige Meß zu hoͤren oder zu dienen. Nehme derhalben vor lieb/ mein Chriſtliche Seel/ dieſe treuher- tzige Erinnerung/ und nehme wohl in obacht/ daß dieſe und andere Exem- plen uns nicht ſeyen hinterlaſſen worden/ unſern Vorwitz darmit zu erſaͤtti- gen/ und uns zu verwunderen; ſondern daß wir ſelbigen nachfolgen ſollen; ſintemahlen ſie derhalben Exempeln genennet werden. Folge du nach dem heiligen Thomam und andern; ſeye nicht zu frieden/ daß du eine Meß ge- hoͤrt oder geleſen habeſt; ſondern befleiſſe dich mehr andere zu hoͤren. Dei- nen herrlichen Nutzen/ ſo du hier auß ſchoͤpffen wirſt/ ſoll dich die taͤgliche Erfahrnuß ſelbſt lehren. Die Zwey und Viertzigſte Geiſtliche LECTION Von Anhoͤrung und Leſung der geiſtlichen Dingen. Bcati, qui audiunt Verbum Dei, & cuſtodiunt illud. Seelig ſeynd/ die GOttes Wort hoͤren/ und daſſel- bige bewahren. 1. AUff daß der Menſch ſich ſelbſten ſehe/ hat er drey Ding vonnoͤthen; als nemblich die Augen/ einen Spiegel und das Licht. Wann er einen Spiegel hat/ und iſt blind/ ſo kan er ſich ſelbſt nicht ſehen: hat er einen Spie-

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/571>, abgerufen am 22.11.2024.