Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Forcht GOttes. auch diese allerheiligste Jungfrau/ so da ohne Sünd ware/ alle ihre Gott-gefälligste Wercke in grosser Forcht verrichtet habe. Recht antwortet derVit. P. P. Part. 2 §. 151. fromme Alt - Vatter Agathon/ da er in seinem Todts- Bett gefragt wird/ ob er sich förchte vor GOtt zu erscheinen; recht sagt er: Jch hab zwarn die Gebott GOttes zu halten mich auß allen möglichen Kräfften unterstanden/ dieweil ich aber ein Mensch bin/ so förchte ich doch/ und weiß nit/ ob meine Wercke GOtt gefallen haben: derhalben verlaß ich mich nicht auff selbige/ biß ich zu meinem Richter komme. Wohl geredt. Arsenius weinet im- mer in seiner Sterb- Stund; derhalben wird er gefragt/ ob er mit so vielen Zähren sich nicht getraue sicher vor GOtt zu erscheinen? Gibt aber zur Antwort und sagt: Mein liebe Brüder/ ich förchte mich/ und von der Zeit/ daß ich mich meinem GOtt in dieser Wüsten geheiliget hab/ bin ich nicht ein Augenblick ohne Forcht gewesen. Auß diesen wenigen Zeilen/ mein Christliche Seel/ kanstu die Natur der Forcht gnugsamb erkennen; wie be- stand sie nemblich seye/ alle Anfechtungen zu üwerwinden/ wie heylsamb/ die Christliche Tugenten zu versamblen/ und wie nothwendig dieselbe zu Erlangung der ewigen Seeligkeit seye. Pflantze derhalben diese Forcht in die Mitte deines Hertzen/ wann du nicht wilst zu schanden werden: und nach dem du sie also hast eingesetzt/ so unterlasse nit/ selbige offt zu benetzen/ auff daß sie auß Mangel der Feuchtigkeit nicht wiederumb verdörre. Die beste Begiessung aber wird seyn die stete Betrachtung der letzten Dingen/ von dennen wir in folgenden Lectionen weitläffiger handlen werden. Die D d d d 3
Von der Forcht GOttes. auch dieſe allerheiligſte Jungfrau/ ſo da ohne Suͤnd ware/ alle ihre Gott-gefaͤlligſte Wercke in groſſer Forcht verrichtet habe. Recht antwortet derVit. P. P. Part. 2 §. 151. fromme Alt - Vatter Agathon/ da er in ſeinem Todts- Bett gefragt wird/ ob er ſich foͤrchte vor GOtt zu erſcheinen; recht ſagt er: Jch hab zwarn die Gebott GOttes zu halten mich auß allen moͤglichen Kraͤfften unterſtanden/ dieweil ich aber ein Menſch bin/ ſo foͤrchte ich doch/ und weiß nit/ ob meine Wercke GOtt gefallen haben: derhalben verlaß ich mich nicht auff ſelbige/ biß ich zu meinem Richter komme. Wohl geredt. Arſenius weinet im- mer in ſeiner Sterb- Stund; derhalben wird er gefragt/ ob er mit ſo vielen Zaͤhren ſich nicht getraue ſicher vor GOtt zu erſcheinen? Gibt aber zur Antwort und ſagt: Mein liebe Bruͤder/ ich foͤrchte mich/ und von der Zeit/ daß ich mich meinem GOtt in dieſer Wuͤſten geheiliget hab/ bin ich nicht ein Augenblick ohne Forcht geweſen. Auß dieſen wenigen Zeilen/ mein Chriſtliche Seel/ kanſtu die Natur der Forcht gnugſamb erkennen; wie be- ſtand ſie nemblich ſeye/ alle Anfechtungen zu uͤwerwinden/ wie heylſamb/ die Chriſtliche Tugenten zu verſamblen/ und wie nothwendig dieſelbe zu Erlangung der ewigen Seeligkeit ſeye. Pflantze derhalben dieſe Forcht in die Mitte deines Hertzen/ wann du nicht wilſt zu ſchanden werden: und nach dem du ſie alſo haſt eingeſetzt/ ſo unterlaſſe nit/ ſelbige offt zu benetzen/ auff daß ſie auß Mangel der Feuchtigkeit nicht wiederumb verdoͤrre. Die beſte Begieſſung aber wird ſeyn die ſtete Betrachtung der letzten Dingen/ von dennen wir in folgenden Lectionen weitlaͤffiger handlen werden. Die D d d d 3
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Von der Forcht GOttes.
auch dieſe allerheiligſte Jungfrau/ ſo da ohne Suͤnd ware/ alle ihre Gott-
gefaͤlligſte Wercke in groſſer Forcht verrichtet habe. Recht antwortet der
fromme Alt - Vatter Agathon/ da er in ſeinem Todts- Bett gefragt wird/
ob er ſich foͤrchte vor GOtt zu erſcheinen; recht ſagt er: Jch hab zwarn die
Gebott GOttes zu halten mich auß allen moͤglichen Kraͤfften unterſtanden/
dieweil ich aber ein Menſch bin/ ſo foͤrchte ich doch/ und weiß nit/ ob meine
Wercke GOtt gefallen haben: derhalben verlaß ich mich nicht auff ſelbige/
biß ich zu meinem Richter komme. Wohl geredt. Arſenius weinet im-
mer in ſeiner Sterb- Stund; derhalben wird er gefragt/ ob er mit ſo vielen
Zaͤhren ſich nicht getraue ſicher vor GOtt zu erſcheinen? Gibt aber zur
Antwort und ſagt: Mein liebe Bruͤder/ ich foͤrchte mich/ und von der Zeit/
daß ich mich meinem GOtt in dieſer Wuͤſten geheiliget hab/ bin ich nicht
ein Augenblick ohne Forcht geweſen. Auß dieſen wenigen Zeilen/ mein
Chriſtliche Seel/ kanſtu die Natur der Forcht gnugſamb erkennen; wie be-
ſtand ſie nemblich ſeye/ alle Anfechtungen zu uͤwerwinden/ wie heylſamb/
die Chriſtliche Tugenten zu verſamblen/ und wie nothwendig dieſelbe zu
Erlangung der ewigen Seeligkeit ſeye. Pflantze derhalben dieſe Forcht
in die Mitte deines Hertzen/ wann du nicht wilſt zu ſchanden werden: und
nach dem du ſie alſo haſt eingeſetzt/ ſo unterlaſſe nit/ ſelbige offt zu benetzen/
auff daß ſie auß Mangel der Feuchtigkeit nicht wiederumb verdoͤrre. Die
beſte Begieſſung aber wird ſeyn die ſtete Betrachtung der letzten Dingen/ von
dennen wir in folgenden Lectionen weitlaͤffiger
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/609>, abgerufen am 18.06.2024. |