Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Sieben und Viertzigste Geistliche Lection der wie schwärlich man könne seelig/ und wie leichtlich verdambt werden:Lasset uns derhalben durch eines andern Schaden witzig werden; lasset uns zur Creutz-Fahnen fliehen/ und die wenige Zeit/ so wir zu leben übrig ha- ben/ in wahrer Bußfertigkeit zubringen; auff daß wir uns einige tröstliche Zuversicht und Hoffnung zur ewigen Seeligkeit erwerben mögen. Zu un- serm Heyl hat GOtt sein gefälltes Urtheil über unsern Verstorbenen kund- bahr machen wollen: so lasset uns der Stimm deß ruffenden HErrn folgen/ und alles Jrrdische verlassen. Also hat dieser Bruno/ mit sechs seiner gu- ten Freunde/ der Welt und aller weltlichen Ehren und Reichthumen adjeu gesagt/ und an einem weit abgelegenen wüsten/ kalten und rauen Orth/ des- sen Nahm Carthusia genennet ware/ sich niedergeschlagen/ und ein hartes/ strenges und heiliges Leben geführet/ und daselst den Cartheuser-Orden ge- stifftet. 5. Was damahlen der heilige Bruno seinen Mit- Gesellen gesagt hat/ ge
Die Sieben und Viertzigſte Geiſtliche Lection der wie ſchwaͤrlich man koͤnne ſeelig/ und wie leichtlich verdambt werden:Laſſet uns derhalben durch eines andern Schaden witzig werden; laſſet uns zur Creutz-Fahnen fliehen/ und die wenige Zeit/ ſo wir zu leben uͤbrig ha- ben/ in wahrer Bußfertigkeit zubringen; auff daß wir uns einige troͤſtliche Zuverſicht und Hoffnung zur ewigen Seeligkeit erwerben moͤgen. Zu un- ſerm Heyl hat GOtt ſein gefaͤlltes Urtheil uͤber unſern Verſtorbenen kund- bahr machen wollen: ſo laſſet uns der Stimm deß ruffenden HErrn folgen/ und alles Jrrdiſche verlaſſen. Alſo hat dieſer Bruno/ mit ſechs ſeiner gu- ten Freunde/ der Welt und aller weltlichen Ehren und Reichthumen adjeu geſagt/ und an einem weit abgelegenen wuͤſten/ kalten und rauen Orth/ deſ- ſen Nahm Carthuſia genennet ware/ ſich niedergeſchlagen/ und ein hartes/ ſtrenges und heiliges Leben gefuͤhret/ und daſelſt den Cartheuſer-Orden ge- ſtifftet. 5. Was damahlen der heilige Bruno ſeinen Mit- Geſellen geſagt hat/ ge
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Die Sieben und Viertzigſte Geiſtliche Lection
der wie ſchwaͤrlich man koͤnne ſeelig/ und wie leichtlich verdambt werden:
Laſſet uns derhalben durch eines andern Schaden witzig werden; laſſet uns
zur Creutz-Fahnen fliehen/ und die wenige Zeit/ ſo wir zu leben uͤbrig ha-
ben/ in wahrer Bußfertigkeit zubringen; auff daß wir uns einige troͤſtliche
Zuverſicht und Hoffnung zur ewigen Seeligkeit erwerben moͤgen. Zu un-
ſerm Heyl hat GOtt ſein gefaͤlltes Urtheil uͤber unſern Verſtorbenen kund-
bahr machen wollen: ſo laſſet uns der Stimm deß ruffenden HErrn folgen/
und alles Jrrdiſche verlaſſen. Alſo hat dieſer Bruno/ mit ſechs ſeiner gu-
ten Freunde/ der Welt und aller weltlichen Ehren und Reichthumen adjeu
geſagt/ und an einem weit abgelegenen wuͤſten/ kalten und rauen Orth/ deſ-
ſen Nahm Carthuſia genennet ware/ ſich niedergeſchlagen/ und ein hartes/
ſtrenges und heiliges Leben gefuͤhret/ und daſelſt den Cartheuſer-Orden ge-
ſtifftet.
5. Was damahlen der heilige Bruno ſeinen Mit- Geſellen geſagt hat/
das ſage nun ein jeder ſich ſelbſten/ und gedencke/ wie grauſamb es ſeye/
zu fallen in die Haͤnd deß lebendigen GOttes: deſſen Gerichte/ ob ſchon
nicht ungerecht ſeyn koͤnnen; ſo ſeynd ſie doch unbegreifflich/ wunderbarlich/
und ſo ſcharff und verborgen; daß auch viele Dinge/ ſo den Menſchen gut
und gerecht zu ſeyn ſcheinen/ von ſelbigem verworffen und verdambt werden/
wie in dem angezogenen Doctoren zu ſehen iſt. Dahero ſagt er durch den
Koͤniglichen Prophen: Wann ich die Zeit bekommen werde/
ſo will ich gerechte Vrtheil geben: das iſt/ ich will nachſuchen/
ob ſie wahre Gerechtigkeiten ſeyn. Freylich vermeinte jener Prophet
(dem von GOtt ware befohlen worden/ daß er an einem benennten Orth
nicht eſſen noch trincken ſolte) er tuhe wohl/ daß er den Worten deß andern
Propheten gehorche/ und gegen das erſte Gebott eſſe und trincke: zumahlen
er darfuͤr halten konte/ daß durch das Zweyte/ nemblich deß andern Pro-
pheten/ das erſte gleichſamb widerruffen und vernichtiget werde. Da nun
GOtt/ wie oben gemeldet/ die Zeit bekommen/ ein gerechtes Urtheil
zu geben/ da hat ſichs gezeigt/ daß/ ob ſchon der erſte Prophet
von dem andern ſeye betrogen worden/ er dannoch gefehlet und geſuͤndiget
habe; und iſt derhalben von einem Loͤwen getoͤdtet worden. Hierauß er-
hellet/ daß wir vielmahl glauben/ wir koͤnnen gar wohl vor GOtt entſchul-
diget werden/ und fehlen gleichwohl. Dahero ſagt der Heil. Bernardus:
Wie wird der mit den ungerechten Vrtheilen umbgehen/
der die Gerechtigkeit ſelbſt richten wird: Es ſtehet zu be-
foͤrchten/ daß in einem ſo genanen Nachſuchen viele Din-
ge
Pſal. 74.
v. 3.
3. Reg. 13.
Set. 54. in
Cant.
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