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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Zwey und Fünfftzigste Geistliche Lection
ewige Verdamnuß verdienet: und hergegen hat er nach ernstlicher Besse-
rung desselben/ der ewigen Seeligkeit sich fähig gemacht.

18. Jm übrigen/ obs schon ein außgemachte und mehr als gewisse
Sach ist/ daß niemand ohne die gute Werck könne seelig werden; dann
Matt. 19.Christus sagt: Wann du wilst zum Leben eingehen/ so halte
die Gebott.
Nichts desto weniger werden alle/ so da immer seelig
werden/ krafft der Barmhertzigkeit GOttes allein seelig: dieweilen alle
unsere gute Wercke/ auch die allervollkommenste/ verdienen nach ihnen
selbsten das ewige Leben nicht/ als einen gebührlichen Lohn; zumahlen es/
Rom. 9.
v.
16.
wie der heilige Apostel sagt: nicht ligt an dem der da will/ weder
an dem/ der da laufft; sondern an dem erbarmenden
GOtt.
Auff daß du nun/ mein Christliche Seel/ diesen unser Seits un-
verdienten Willen GOttes noch besser verstehest/ so erinnere dich der lächer-
lichen Fabul oder Gedicht der Poeten/ welche lassen herkommen/ daß ein
jeder auß den Göttern sich einen sicheren unfruchtbaren Baum für sein Wa-
pen erwehlet habe: Der Jupiter habe sich erkohren den Eichbaum: Die Göttin
Venus den Myrten-Baum: Apollo den Laur-Baum: Neptunuß den
Fichten- oder Büchen-Baum/ und Juno den Wacholder-Baum. Nach
absolcher beschehenen Erwehlung seye die Minerva/ eine Göttin der Weißheit
hinzu kommen/ welche auß Verwunderung zumahlen erstaunet/ den Ju-
piter gefragt habe; warumb die Götter sothane unfruchtbare Bäum sich er-
wählet haben? Diese Frag habe der grosse Jupiter beantwortet/ und gesagt;
daß selbiges mit sonderbahren Vernunfft und Weißheit/ auch auß erheb-
lichen Ursachen geschehen seye; auff daß nemblich diese Bäum wissen sol-
len/ daß sie nicht wegen ihrer Verdiensten/ sondern auß lauter Gnad und
Güte ihres GOttes außerkohren seyn Nicht anders hat sichs im Werck
der Verordnung zugetragen. GOtt hat die Menschen als unfruchtbare
Bäume zur Herrligkeit erwählet; welche auß sich selbsten gäntzlich keine
Früchten der guten Wercke vorbringen wie der H. Apostel Paulus sagt:
2. Cor. 3. 5Nicht/ daß wir deß Vermögens seynd/ etwas von uns/
als von uns selbst zugedencken; sondern unsere Vermögen-
heit ist auß GOtt.
So hat dann GOtt diesen unfruchtbaren Baum
sich außgesucht/ und verpflantzet denselben auß dem Teich deß Verderbens/
in die fruchtbare Erde deß Paradeiß; alwo er selbigen benetzet mit dem Was-
ser seiner himmlischen Gnaden; damit er sich nicht rühmen solle/ daß auß
seinen eigenen Kräfften und Verdiensten erwählet seye; sondern vermög
der Gnaden GOttes allein: und daß er erkenne wahr zu seyn/ was der A

poste-

Die Zwey und Fuͤnfftzigſte Geiſtliche Lection
ewige Verdamnuß verdienet: und hergegen hat er nach ernſtlicher Beſſe-
rung deſſelben/ der ewigen Seeligkeit ſich faͤhig gemacht.

18. Jm uͤbrigen/ obs ſchon ein außgemachte und mehr als gewiſſe
Sach iſt/ daß niemand ohne die gute Werck koͤnne ſeelig werden; dann
Matt. 19.Chriſtus ſagt: Wann du wilſt zum Leben eingehen/ ſo halte
die Gebott.
Nichts deſto weniger werden alle/ ſo da immer ſeelig
werden/ krafft der Barmhertzigkeit GOttes allein ſeelig: dieweilen alle
unſere gute Wercke/ auch die allervollkommenſte/ verdienen nach ihnen
ſelbſten das ewige Leben nicht/ als einen gebuͤhrlichen Lohn; zumahlen es/
Rom. 9.
v.
16.
wie der heilige Apoſtel ſagt: nicht ligt an dem der da will/ weder
an dem/ der da laufft; ſondern an dem erbarmenden
GOtt.
Auff daß du nun/ mein Chriſtliche Seel/ dieſen unſer Seits un-
verdienten Willen GOttes noch beſſer verſteheſt/ ſo erinnere dich der laͤcher-
lichen Fabul oder Gedicht der Poeten/ welche laſſen herkommen/ daß ein
jeder auß den Goͤttern ſich einen ſicheren unfruchtbaren Baum fuͤr ſein Wa-
pen erwehlet habe: Der Jupiter habe ſich erkohren den Eichbaum: Die Goͤttin
Venus den Myrten-Baum: Apollo den Laur-Baum: Neptunuß den
Fichten- oder Buͤchen-Baum/ und Juno den Wacholder-Baum. Nach
abſolcher beſchehenen Erwehlung ſeye die Minerva/ eine Goͤttin der Weißheit
hinzu kommen/ welche auß Verwunderung zumahlen erſtaunet/ den Ju-
piter gefragt habe; warumb die Goͤtter ſothane unfruchtbare Baͤum ſich er-
waͤhlet haben? Dieſe Frag habe der groſſe Jupiter beantwortet/ und geſagt;
daß ſelbiges mit ſonderbahren Vernunfft und Weißheit/ auch auß erheb-
lichen Urſachen geſchehen ſeye; auff daß nemblich dieſe Baͤum wiſſen ſol-
len/ daß ſie nicht wegen ihrer Verdienſten/ ſondern auß lauter Gnad und
Guͤte ihres GOttes außerkohren ſeyn Nicht anders hat ſichs im Werck
der Verordnung zugetragen. GOtt hat die Menſchen als unfruchtbare
Baͤume zur Herrligkeit erwaͤhlet; welche auß ſich ſelbſten gaͤntzlich keine
Fruͤchten der guten Wercke vorbringen wie der H. Apoſtel Paulus ſagt:
2. Cor. 3. 5Nicht/ daß wir deß Vermoͤgens ſeynd/ etwas von uns/
als von uns ſelbſt zugedencken; ſondern unſere Vermoͤgen-
heit iſt auß GOtt.
So hat dann GOtt dieſen unfruchtbaren Baum
ſich außgeſucht/ und verpflantzet denſelben auß dem Teich deß Verderbens/
in die fruchtbare Erde deß Paradeiß; alwo er ſelbigen benetzet mit dem Waſ-
ſer ſeiner himmliſchen Gnaden; damit er ſich nicht ruͤhmen ſolle/ daß auß
ſeinen eigenen Kraͤfften und Verdienſten erwaͤhlet ſeye; ſondern vermoͤg
der Gnaden GOttes allein: und daß er erkenne wahr zu ſeyn/ was der A

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[676/0704] Die Zwey und Fuͤnfftzigſte Geiſtliche Lection ewige Verdamnuß verdienet: und hergegen hat er nach ernſtlicher Beſſe- rung deſſelben/ der ewigen Seeligkeit ſich faͤhig gemacht. 18. Jm uͤbrigen/ obs ſchon ein außgemachte und mehr als gewiſſe Sach iſt/ daß niemand ohne die gute Werck koͤnne ſeelig werden; dann Chriſtus ſagt: Wann du wilſt zum Leben eingehen/ ſo halte die Gebott. Nichts deſto weniger werden alle/ ſo da immer ſeelig werden/ krafft der Barmhertzigkeit GOttes allein ſeelig: dieweilen alle unſere gute Wercke/ auch die allervollkommenſte/ verdienen nach ihnen ſelbſten das ewige Leben nicht/ als einen gebuͤhrlichen Lohn; zumahlen es/ wie der heilige Apoſtel ſagt: nicht ligt an dem der da will/ weder an dem/ der da laufft; ſondern an dem erbarmenden GOtt. Auff daß du nun/ mein Chriſtliche Seel/ dieſen unſer Seits un- verdienten Willen GOttes noch beſſer verſteheſt/ ſo erinnere dich der laͤcher- lichen Fabul oder Gedicht der Poeten/ welche laſſen herkommen/ daß ein jeder auß den Goͤttern ſich einen ſicheren unfruchtbaren Baum fuͤr ſein Wa- pen erwehlet habe: Der Jupiter habe ſich erkohren den Eichbaum: Die Goͤttin Venus den Myrten-Baum: Apollo den Laur-Baum: Neptunuß den Fichten- oder Buͤchen-Baum/ und Juno den Wacholder-Baum. Nach abſolcher beſchehenen Erwehlung ſeye die Minerva/ eine Goͤttin der Weißheit hinzu kommen/ welche auß Verwunderung zumahlen erſtaunet/ den Ju- piter gefragt habe; warumb die Goͤtter ſothane unfruchtbare Baͤum ſich er- waͤhlet haben? Dieſe Frag habe der groſſe Jupiter beantwortet/ und geſagt; daß ſelbiges mit ſonderbahren Vernunfft und Weißheit/ auch auß erheb- lichen Urſachen geſchehen ſeye; auff daß nemblich dieſe Baͤum wiſſen ſol- len/ daß ſie nicht wegen ihrer Verdienſten/ ſondern auß lauter Gnad und Guͤte ihres GOttes außerkohren ſeyn Nicht anders hat ſichs im Werck der Verordnung zugetragen. GOtt hat die Menſchen als unfruchtbare Baͤume zur Herrligkeit erwaͤhlet; welche auß ſich ſelbſten gaͤntzlich keine Fruͤchten der guten Wercke vorbringen wie der H. Apoſtel Paulus ſagt: Nicht/ daß wir deß Vermoͤgens ſeynd/ etwas von uns/ als von uns ſelbſt zugedencken; ſondern unſere Vermoͤgen- heit iſt auß GOtt. So hat dann GOtt dieſen unfruchtbaren Baum ſich außgeſucht/ und verpflantzet denſelben auß dem Teich deß Verderbens/ in die fruchtbare Erde deß Paradeiß; alwo er ſelbigen benetzet mit dem Waſ- ſer ſeiner himmliſchen Gnaden; damit er ſich nicht ruͤhmen ſolle/ daß auß ſeinen eigenen Kraͤfften und Verdienſten erwaͤhlet ſeye; ſondern vermoͤg der Gnaden GOttes allein: und daß er erkenne wahr zu ſeyn/ was der A poſte- Matt. 19. Rom. 9. v. 16. 2. Cor. 3. 5

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 676. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/704>, abgerufen am 22.11.2024.