Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Liebe. Hertz gantz und zumahlen/ oder nichts. Wohlan dann meine Christliche Seel/wir wollen nun/ wie ein allerweisester Salomon das Urtheil sprechen. GOtt fordert das gantze Hertz; der Teuffel lasset sich mit der Halbscheid begnügen; so lasset uns das gantze und unzertheilte Hertz GOTT auffopfferen/ der selbiges durchden weisen Mann begehret: Sohn/ gebe mir dein Hertz. 12. Dieses wollen wir nun bekräfftigen mit der liebreichen Fabel oder Ge- mit G 2
Von der Liebe. Hertz gantz und zumahlen/ oder nichts. Wohlan dann meine Chriſtliche Seel/wir wollen nun/ wie ein allerweiſeſter Salomon das Urtheil ſprechen. GOtt fordert das gantze Hertz; der Teuffel laſſet ſich mit der Halbſcheid begnuͤgen; ſo laſſet uns das gantze und unzertheilte Hertz GOTT auffopfferen/ der ſelbiges durchden weiſen Mann begehret: Sohn/ gebe mir dein Hertz. 12. Dieſes wollen wir nun bekraͤfftigen mit der liebreichen Fabel oder Ge- mit G 2
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Von der Liebe.
Hertz gantz und zumahlen/ oder nichts. Wohlan dann meine Chriſtliche Seel/
wir wollen nun/ wie ein allerweiſeſter Salomon das Urtheil ſprechen. GOtt
fordert das gantze Hertz; der Teuffel laſſet ſich mit der Halbſcheid begnuͤgen;
ſo laſſet uns das gantze und unzertheilte Hertz GOTT auffopfferen/
der ſelbiges durchden weiſen Mann begehret: Sohn/ gebe mir dein
Hertz.
12. Dieſes wollen wir nun bekraͤfftigen mit der liebreichen Fabel oder Ge-
dicht eines beruͤhmten Poeten von dem Jgel. Dieſes Thierlein iſt rund
umbher mit ſpitzige Stachelen verſehen/ und weiß ſich dergeſtalt zuſammen
zu ziehen/ daß es auch einem kleinen Ballen gleich ſcheine. Nun hat ſich es zu-
getragen/ daß dieſes arme Thierlein einsmahls ſeiner Behauſung beraubt
worden/ indem die Jaͤger/ in Meinung/ einen groſſen Haaſen daſelbſt zu fan-
gen/ ſelbige zumahlen verwuͤſtet: derhalben da dieſer auß ſeiner Wohnung
vertriebene Jgel/ in Buͤſchen und Feldern herumb zu lauffen genoͤthiget wor-
den/ hat er endlich einen Fuchſen angetroffen/ und denſelben gebetten/ er moͤch-
te ihn doch in ſeine Herberg auffnehmen/ der Fuchs aber/ da er dem Jgel ſein
Begehren rund abgeſchlagen; hat dieſer ihn noch inſtaͤndlicher gebetten/ ihm
nur das geringſte und verwuͤrfflichſte Wincklein ſeiner Hoͤlen zu verguͤnſti-
gen/ mit dieſem Verſprechen/ daß er ſich daſelbſten im geringſten nicht bewe-
gen/ weder auch ſonſten ihme uberlaͤſtig ſeyn wolle: hierauff hat der Fuchs
in das demuͤthige Begehren deß Jgels verwilliget/ und da er zu Anfang den
allerengiſten Orth der Hoͤlen eingenommen/ hat er ſich nochmahlen dergeſtalt
außgebreitet/ daß der Fuchs/ damit er von ſeines eingenommenen Gaſtes ſpi-
tzigen Stachelen nicht verletzet wuͤrde/ dem Jgel die gantze Wohnung zu uͤ-
berlaſſen/ und davon zu lauffen gezwungen worden. Gleicher Weiß mit
dem Jgel macht es der boͤſe Feind; welcher anfaͤnglich uns umb ein eintziges
Huͤttlein unſeres Hertzens bittet/ und begehret demuͤtiglich von uns/ daß wir
doch umb dieſes oder jenes Ambt zu verwalten/ einigen Luſt und Affection
zeigen wollen; daß wir uns erfrewen ſollen; wann von anderen gelobt wer-
den; daß die Lieb erfordere/ ſeine Verwandten und gute Freund offt zu be-
ſuchen; daß man die von ihnen præſentirte Geſchenck nicht muͤſſe verſchmaͤ-
hen/ ſondern gern annehmen/ und dergleichen ihnen hinwiederumb verehren.
Dieſer iſt der ſaubere Rath deß allgemeinen Menſchen Feinds/ der uns
auch ſo gar verſicheren will/ daß wir auß ſolchem allein den gering-
ſten Schaden nicht leiden werden. Auch rathet dieſe hoͤlliſche
Schlang/ daß wir bißweilen nur obenhin dieſes oder jenes Weibsbild
mit
G 2
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