(+ Hielte man es z. E. nicht für unbillig, ja einfältig, wenn ein wilder Americaner, der erst nach Teutschland herkommt, und sein Tage nichts von Regierungs- formen gehöret und gesehen, oder wol gar sich nicht einmal einen Begriff davon zu machen capable ist, sich erst ausnehmen wolte, über die Staatsverfas- sung des Teutschen Reichs viel zu critisiren oder sich gar drüber aufzuhalten? Woher kann ihm denn das Vermögen folglich auch das Recht zu dieser Cri- tic kommen? Ja fiele es einem erfahrnen Statisten wol erträglich, dieses Jgnoranten seine Americanischen stumpfen, duncklen, verworrnen und seltsamen Ge- danken davon nur zu hören und zu dulden? Ein Blinder von der Farbe! Just so gemahnet mich das vermeinte Recht und Vermögen, in den Reichssa- chen GOttes zu wissen und zu critisiren, derer, die sichs unbillig anmassen, und haben davon ihr Tage nichts gehöret noch gesehen, das ist, in ihrem eignen Hertzen nichts erfahren oder empfunden, Joh. 3, 3. 6. nur daß der letztern ihre Einfalt und Unbilligkeit so viel höher seyn muß, als des Americaners seine unverständige Arrogantz, als viel höher göttliche Dinge seyn müssen, denn der kleinen Menschen klein Gemächte.)
Warum will man also einen Menschen mit zehen- fach schwereren Dingen plagen, und ihn von der Anhörung und Annehmung der Sache selbst durch den Vortrag derselben abhalten, da ihm das einfa- che schon zu viel und zu schwer ist? Warum den Ver- stand unnöthig abmatten, damit der Wille desto un- fähiger werde, sich resolut zu etwas zu neigen, und Ernst mit Eile zu brauchen? Wozu die Zeit verder- ben? Zu was Zweck sich und andern die Mühe ma- chen, Dinge zu erweisen, die kein Mensch leugnet, und um deßwillen nicht nur gantze Reihen von Syl- logismis, sondern gantze Gebäude von neuen, erwei- terterten, abstrackten, unfaßlichen Abhandlungen, Be- griffen und daraus hergeleiteten Schlüssen, auffüh-
ren?
G 3
Betrachtung der Unreinigkeit.
(† Hielte man es z. E. nicht fuͤr unbillig, ja einfaͤltig, wenn ein wilder Americaner, der erſt nach Teutſchland herkommt, und ſein Tage nichts von Regierungs- formen gehoͤret und geſehen, oder wol gar ſich nicht einmal einen Begriff davon zu machen capable iſt, ſich erſt ausnehmen wolte, uͤber die Staatsverfaſ- ſung des Teutſchen Reichs viel zu critiſiren oder ſich gar druͤber aufzuhalten? Woher kann ihm denn das Vermoͤgen folglich auch das Recht zu dieſer Cri- tic kommen? Ja fiele es einem erfahrnen Statiſten wol ertraͤglich, dieſes Jgnoranten ſeine Americaniſchen ſtumpfen, duncklen, verworrnen und ſeltſamen Ge- danken davon nur zu hoͤren und zu dulden? Ein Blinder von der Farbe! Juſt ſo gemahnet mich das vermeinte Recht und Vermoͤgen, in den Reichsſa- chen GOttes zu wiſſen und zu critiſiren, derer, die ſichs unbillig anmaſſen, und haben davon ihr Tage nichts gehoͤret noch geſehen, das iſt, in ihrem eignen Hertzen nichts erfahren oder empfunden, Joh. 3, 3. 6. nur daß der letztern ihre Einfalt und Unbilligkeit ſo viel hoͤher ſeyn muß, als des Americaners ſeine unverſtaͤndige Arrogantz, als viel hoͤher goͤttliche Dinge ſeyn muͤſſen, denn der kleinen Menſchen klein Gemaͤchte.)
Warum will man alſo einen Menſchen mit zehen- fach ſchwereren Dingen plagen, und ihn von der Anhoͤrung und Annehmung der Sache ſelbſt durch den Vortrag derſelben abhalten, da ihm das einfa- che ſchon zu viel und zu ſchwer iſt? Warum den Ver- ſtand unnoͤthig abmatten, damit der Wille deſto un- faͤhiger werde, ſich reſolut zu etwas zu neigen, und Ernſt mit Eile zu brauchen? Wozu die Zeit verder- ben? Zu was Zweck ſich und andern die Muͤhe ma- chen, Dinge zu erweiſen, die kein Menſch leugnet, und um deßwillen nicht nur gantze Reihen von Syl- logismis, ſondern gantze Gebaͤude von neuen, erwei- terterten, abſtrackten, unfaßlichen Abhandlungen, Be- griffen und daraus hergeleiteten Schluͤſſen, auffuͤh-
ren?
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Betrachtung der Unreinigkeit.
(† Hielte man es z. E. nicht fuͤr unbillig, ja einfaͤltig,
wenn ein wilder Americaner, der erſt nach Teutſchland
herkommt, und ſein Tage nichts von Regierungs-
formen gehoͤret und geſehen, oder wol gar ſich nicht
einmal einen Begriff davon zu machen capable iſt,
ſich erſt ausnehmen wolte, uͤber die Staatsverfaſ-
ſung des Teutſchen Reichs viel zu critiſiren oder
ſich gar druͤber aufzuhalten? Woher kann ihm denn
das Vermoͤgen folglich auch das Recht zu dieſer Cri-
tic kommen? Ja fiele es einem erfahrnen Statiſten
wol ertraͤglich, dieſes Jgnoranten ſeine Americaniſchen
ſtumpfen, duncklen, verworrnen und ſeltſamen Ge-
danken davon nur zu hoͤren und zu dulden? Ein
Blinder von der Farbe! Juſt ſo gemahnet mich das
vermeinte Recht und Vermoͤgen, in den Reichsſa-
chen GOttes zu wiſſen und zu critiſiren, derer, die
ſichs unbillig anmaſſen, und haben davon ihr Tage
nichts gehoͤret noch geſehen, das iſt, in ihrem eignen
Hertzen nichts erfahren oder empfunden, Joh. 3, 3.
6. nur daß der letztern ihre Einfalt und Unbilligkeit
ſo viel hoͤher ſeyn muß, als des Americaners ſeine
unverſtaͤndige Arrogantz, als viel hoͤher goͤttliche
Dinge ſeyn muͤſſen, denn der kleinen Menſchen klein
Gemaͤchte.)
Warum will man alſo einen Menſchen mit zehen-
fach ſchwereren Dingen plagen, und ihn von der
Anhoͤrung und Annehmung der Sache ſelbſt durch
den Vortrag derſelben abhalten, da ihm das einfa-
che ſchon zu viel und zu ſchwer iſt? Warum den Ver-
ſtand unnoͤthig abmatten, damit der Wille deſto un-
faͤhiger werde, ſich reſolut zu etwas zu neigen, und
Ernſt mit Eile zu brauchen? Wozu die Zeit verder-
ben? Zu was Zweck ſich und andern die Muͤhe ma-
chen, Dinge zu erweiſen, die kein Menſch leugnet,
und um deßwillen nicht nur gantze Reihen von Syl-
logismis, ſondern gantze Gebaͤude von neuen, erwei-
terterten, abſtrackten, unfaßlichen Abhandlungen, Be-
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/121>, abgerufen am 21.11.2024.
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