Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

(I. Th.) Anatomisch-Medicinische
eine Menge auswärtiger Leute hinzulocken, die
ihr Vermögen bey ihr verzehreten: deßhalb kon-
te sie ihre weisen Leute, oder die unter dem so ge-
liebten Namen der Philosophen bekante Ge-
lehrte bey viel hunderten aufweisen. Dis nicht
genug: Schande und Greuel musten auch für
die wichtigsten Mittel reich zu werden geachtet
seyn. Man unterhielt in allen Winckeln der
Stadt viele hundert galante Huren, von denen
grosse Hauffen gleichgesinnter Leute nach Corinth
gelocket wurden, die ihr Geld da verthäten. Dis
war des Teufels seiner Staatsklugheit gantz ge-
mäß, und für eine Politique geachtet. Weils
aber doch einer gottlosen und sordiden Geld-
schneiderey ähnlich sahe, und die staatsklugen
Leute vor dem gemeinen Mann nicht gerne wol-
ten gar zu bald bloß gestellt und infam gemacht
werden: so muste die Religion zum Deckmantel
der Schalckheit herhalten. Venus, die weltbe-
rühmte Göttin der Liebe, muste einen der präch-
tigsten Tempel kriegen, in welchem über tausend
solcher solennisirten und canonisirten Huren er-
halten wurden, die mit ihrer viehischen Geilheit
und Büberey dieser Veneri dienen, und unter
dieser Schalckskutte, (ausser den andern privi-
legirten Huren) der Stadt unsägliche Reich-
thümer zuziehen solten. Damit gleichwol der
Greuel nicht allzu bestialisch aussehen möchte:
so muste sich alles auf allerley Galanteriekünste
und artige Manieren legen, damit es heissen
könte: Fremde junge Herren reiseten hin, artig,
galant, honnet und politisch zu werden. Dis

hat

(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
eine Menge auswaͤrtiger Leute hinzulocken, die
ihr Vermoͤgen bey ihr verzehreten: deßhalb kon-
te ſie ihre weiſen Leute, oder die unter dem ſo ge-
liebten Namen der Philoſophen bekante Ge-
lehrte bey viel hunderten aufweiſen. Dis nicht
genug: Schande und Greuel muſten auch fuͤr
die wichtigſten Mittel reich zu werden geachtet
ſeyn. Man unterhielt in allen Winckeln der
Stadt viele hundert galante Huren, von denen
groſſe Hauffen gleichgeſinnter Leute nach Corinth
gelocket wurden, die ihr Geld da verthaͤten. Dis
war des Teufels ſeiner Staatsklugheit gantz ge-
maͤß, und fuͤr eine Politique geachtet. Weils
aber doch einer gottloſen und ſordiden Geld-
ſchneiderey aͤhnlich ſahe, und die ſtaatsklugen
Leute vor dem gemeinen Mann nicht gerne wol-
ten gar zu bald bloß geſtellt und infam gemacht
werden: ſo muſte die Religion zum Deckmantel
der Schalckheit herhalten. Venus, die weltbe-
ruͤhmte Goͤttin der Liebe, muſte einen der praͤch-
tigſten Tempel kriegen, in welchem uͤber tauſend
ſolcher ſolenniſirten und canoniſirten Huren er-
halten wurden, die mit ihrer viehiſchen Geilheit
und Buͤberey dieſer Veneri dienen, und unter
dieſer Schalckskutte, (auſſer den andern privi-
legirten Huren) der Stadt unſaͤgliche Reich-
thuͤmer zuziehen ſolten. Damit gleichwol der
Greuel nicht allzu beſtialiſch ausſehen moͤchte:
ſo muſte ſich alles auf allerley Galanteriekuͤnſte
und artige Manieren legen, damit es heiſſen
koͤnte: Fremde junge Herren reiſeten hin, artig,
galant, honnet und politiſch zu werden. Dis

hat
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0134" n="114"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">I.</hi> Th.) <hi rendition="#b">Anatomi&#x017F;ch-Medicini&#x017F;che</hi></fw><lb/>
eine Menge auswa&#x0364;rtiger Leute hinzulocken, die<lb/>
ihr Vermo&#x0364;gen bey ihr verzehreten: deßhalb kon-<lb/>
te &#x017F;ie ihre wei&#x017F;en Leute, oder die unter dem &#x017F;o ge-<lb/>
liebten Namen der Philo&#x017F;ophen bekante Ge-<lb/>
lehrte bey viel hunderten aufwei&#x017F;en. Dis nicht<lb/>
genug: Schande und Greuel mu&#x017F;ten auch fu&#x0364;r<lb/>
die wichtig&#x017F;ten Mittel reich zu werden geachtet<lb/>
&#x017F;eyn. Man unterhielt in allen Winckeln der<lb/>
Stadt viele hundert galante Huren, von denen<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Hauffen gleichge&#x017F;innter Leute nach Corinth<lb/>
gelocket wurden, die ihr Geld da vertha&#x0364;ten. Dis<lb/>
war des Teufels &#x017F;einer Staatsklugheit gantz ge-<lb/>
ma&#x0364;ß, und fu&#x0364;r eine Politique geachtet. Weils<lb/>
aber doch einer gottlo&#x017F;en und &#x017F;ordiden Geld-<lb/>
&#x017F;chneiderey a&#x0364;hnlich &#x017F;ahe, und die &#x017F;taatsklugen<lb/>
Leute vor dem gemeinen Mann nicht gerne wol-<lb/>
ten gar zu bald bloß ge&#x017F;tellt und infam gemacht<lb/>
werden: &#x017F;o mu&#x017F;te die Religion zum Deckmantel<lb/>
der Schalckheit herhalten. Venus, die weltbe-<lb/>
ru&#x0364;hmte Go&#x0364;ttin der Liebe, mu&#x017F;te einen der pra&#x0364;ch-<lb/>
tig&#x017F;ten Tempel kriegen, in welchem u&#x0364;ber tau&#x017F;end<lb/>
&#x017F;olcher &#x017F;olenni&#x017F;irten und canoni&#x017F;irten Huren er-<lb/>
halten wurden, die mit ihrer viehi&#x017F;chen Geilheit<lb/>
und Bu&#x0364;berey die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Veneri</hi> dienen, und unter<lb/>
die&#x017F;er Schalckskutte, (au&#x017F;&#x017F;er den andern privi-<lb/>
legirten Huren) der Stadt un&#x017F;a&#x0364;gliche Reich-<lb/>
thu&#x0364;mer zuziehen &#x017F;olten. Damit gleichwol der<lb/>
Greuel nicht allzu be&#x017F;tiali&#x017F;ch aus&#x017F;ehen mo&#x0364;chte:<lb/>
&#x017F;o mu&#x017F;te &#x017F;ich alles auf allerley Galanterieku&#x0364;n&#x017F;te<lb/>
und artige Manieren legen, damit es hei&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ko&#x0364;nte: Fremde junge Herren rei&#x017F;eten hin, artig,<lb/>
galant, honnet und politi&#x017F;ch zu werden. Dis<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hat</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0134] (I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche eine Menge auswaͤrtiger Leute hinzulocken, die ihr Vermoͤgen bey ihr verzehreten: deßhalb kon- te ſie ihre weiſen Leute, oder die unter dem ſo ge- liebten Namen der Philoſophen bekante Ge- lehrte bey viel hunderten aufweiſen. Dis nicht genug: Schande und Greuel muſten auch fuͤr die wichtigſten Mittel reich zu werden geachtet ſeyn. Man unterhielt in allen Winckeln der Stadt viele hundert galante Huren, von denen groſſe Hauffen gleichgeſinnter Leute nach Corinth gelocket wurden, die ihr Geld da verthaͤten. Dis war des Teufels ſeiner Staatsklugheit gantz ge- maͤß, und fuͤr eine Politique geachtet. Weils aber doch einer gottloſen und ſordiden Geld- ſchneiderey aͤhnlich ſahe, und die ſtaatsklugen Leute vor dem gemeinen Mann nicht gerne wol- ten gar zu bald bloß geſtellt und infam gemacht werden: ſo muſte die Religion zum Deckmantel der Schalckheit herhalten. Venus, die weltbe- ruͤhmte Goͤttin der Liebe, muſte einen der praͤch- tigſten Tempel kriegen, in welchem uͤber tauſend ſolcher ſolenniſirten und canoniſirten Huren er- halten wurden, die mit ihrer viehiſchen Geilheit und Buͤberey dieſer Veneri dienen, und unter dieſer Schalckskutte, (auſſer den andern privi- legirten Huren) der Stadt unſaͤgliche Reich- thuͤmer zuziehen ſolten. Damit gleichwol der Greuel nicht allzu beſtialiſch ausſehen moͤchte: ſo muſte ſich alles auf allerley Galanteriekuͤnſte und artige Manieren legen, damit es heiſſen koͤnte: Fremde junge Herren reiſeten hin, artig, galant, honnet und politiſch zu werden. Dis hat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/134
Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/134>, abgerufen am 24.11.2024.