sich von andern nicht gerne was sagen; wolte bey Disputen und allen Gelegenheiten durchaus nicht nachgeben und seinem Eigensinn wehe thun. Mit einem Wort: die gantze vernünfti- ge Moralität wurde umgestürtzt und verkehret, und zwar, welches das schlimmste, alles per principia, unter dem Deckmantel der Philoso- phie. Klügere Leute hatten dis zwar zeitlich genug eingesehen, aber konten den ausgetrete- nen Strom nicht mehr aufhalten.
Allein: alles währet nur eine Weile. Nach gerade wurde es auch unter den andern benach- barten Heiden offenbar, daß es Dunst und Schande war. Ja, welches merckwürdig: so viel Ruhms und Ehre Corinth gesucht, auch an- fangs zum Schein erhalten; so viel Schmach und üblen Rufs hat es endlich davon getragen. Diese Stadt ward endlich ein in gantz Orient ver- ruffener Hurenstall; dergestalt, daß die Heiden selbst, wenn sie einen unflätigen Buhler und Ve- nusknecht mit aller seiner übrigen Lasterhaftig- keit auf einmal beschreiben wolten, sprichworts- weise nur zu sagen pflegten: [fremdsprachliches Material - fehlt], das ist: Er lebet auf gut Corinthisch. Der gerechte GOtt kann zusehen und warten, denn es ent- läuft ihm niemand. Er ließ dis Unwesen des Corinthischen Volckes einige hundert Jahre so fortgehen; ließ es übrigens an scharfen Zuchtru- then, Erinnerungen und Zurechtweisungen nicht fehlen. Aber wie können superkluge Leute hö- ren? Nach vielerley Revolutionen kam ihr gäntzliches Ende. Sie kontens nicht lassen, je-
der-
(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
ſich von andern nicht gerne was ſagen; wolte bey Diſputen und allen Gelegenheiten durchaus nicht nachgeben und ſeinem Eigenſinn wehe thun. Mit einem Wort: die gantze vernuͤnfti- ge Moralitaͤt wurde umgeſtuͤrtzt und verkehret, und zwar, welches das ſchlimmſte, alles per principia, unter dem Deckmantel der Philoſo- phie. Kluͤgere Leute hatten dis zwar zeitlich genug eingeſehen, aber konten den ausgetrete- nen Strom nicht mehr aufhalten.
Allein: alles waͤhret nur eine Weile. Nach gerade wurde es auch unter den andern benach- barten Heiden offenbar, daß es Dunſt und Schande war. Ja, welches merckwuͤrdig: ſo viel Ruhms und Ehre Corinth geſucht, auch an- fangs zum Schein erhalten; ſo viel Schmach und uͤblen Rufs hat es endlich davon getragen. Dieſe Stadt ward endlich ein in gantz Orient ver- ruffener Hurenſtall; dergeſtalt, daß die Heiden ſelbſt, wenn ſie einen unflaͤtigen Buhler und Ve- nusknecht mit aller ſeiner uͤbrigen Laſterhaftig- keit auf einmal beſchreiben wolten, ſprichworts- weiſe nur zu ſagen pflegten: [fremdsprachliches Material – fehlt], das iſt: Er lebet auf gut Corinthiſch. Der gerechte GOtt kann zuſehen und warten, denn es ent- laͤuft ihm niemand. Er ließ dis Unweſen des Corinthiſchen Volckes einige hundert Jahre ſo fortgehen; ließ es uͤbrigens an ſcharfen Zuchtru- then, Erinnerungen und Zurechtweiſungen nicht fehlen. Aber wie koͤnnen ſuperkluge Leute hoͤ- ren? Nach vielerley Revolutionen kam ihr gaͤntzliches Ende. Sie kontens nicht laſſen, je-
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(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
ſich von andern nicht gerne was ſagen; wolte
bey Diſputen und allen Gelegenheiten durchaus
nicht nachgeben und ſeinem Eigenſinn wehe
thun. Mit einem Wort: die gantze vernuͤnfti-
ge Moralitaͤt wurde umgeſtuͤrtzt und verkehret,
und zwar, welches das ſchlimmſte, alles per
principia, unter dem Deckmantel der Philoſo-
phie. Kluͤgere Leute hatten dis zwar zeitlich
genug eingeſehen, aber konten den ausgetrete-
nen Strom nicht mehr aufhalten.
Allein: alles waͤhret nur eine Weile. Nach
gerade wurde es auch unter den andern benach-
barten Heiden offenbar, daß es Dunſt und
Schande war. Ja, welches merckwuͤrdig: ſo
viel Ruhms und Ehre Corinth geſucht, auch an-
fangs zum Schein erhalten; ſo viel Schmach
und uͤblen Rufs hat es endlich davon getragen.
Dieſe Stadt ward endlich ein in gantz Orient ver-
ruffener Hurenſtall; dergeſtalt, daß die Heiden
ſelbſt, wenn ſie einen unflaͤtigen Buhler und Ve-
nusknecht mit aller ſeiner uͤbrigen Laſterhaftig-
keit auf einmal beſchreiben wolten, ſprichworts-
weiſe nur zu ſagen pflegten: _ , das iſt:
Er lebet auf gut Corinthiſch. Der gerechte
GOtt kann zuſehen und warten, denn es ent-
laͤuft ihm niemand. Er ließ dis Unweſen des
Corinthiſchen Volckes einige hundert Jahre ſo
fortgehen; ließ es uͤbrigens an ſcharfen Zuchtru-
then, Erinnerungen und Zurechtweiſungen nicht
fehlen. Aber wie koͤnnen ſuperkluge Leute hoͤ-
ren? Nach vielerley Revolutionen kam ihr
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/136>, abgerufen am 21.11.2024.
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