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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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(I. Th.) Anatomisch-Medicinische
hen, sondern er stehet bloß vor GOtt da, so ver-
schwindet diese Scham? Jst dis eine billige Aesti-
mirung des allerhöchsten und allerseligsten GOt-
tes? Sollen schlechte und armselige Menschen
noch mehr respectiret werden, als der ewige
GOtt? Jst dis nicht um desto unverantwortli-
cher, da der, so aller Welt Richter ist, uns Men-
schen seine Allgegenwart und Allwissenheit gnä-
diglich kund gethan, (2 Chron. 7, 16.) ja der-
massen eingeschärfet hat, daß wirs wissen müs-
sen, er sey uns, wo wir uns auch befinden, weit
näher als die Luft, oder des Tages Licht, und um-
gebe uns allenthalben aufs innigste? Er, der
Allmächtige und Allsehende, der in aller Welt zu-
gleich wohnet, und aller Himmel Himmel erfül-
let, gibt so genau acht auf unser Jnwendiges, als
ob allenthalben, wo wir nur hinsehen, lauter
Augen wären, die uns observiren.

Darum könnens auch solche schändliche Leu-
te mit aller ihrer Bemühung nicht hindern, daß
sie ihr Gewissen über ihren auch verborgensten
Unflätereyen nicht gantz erschrecklich quälen sol-
te. Ein Wohllüstiger, "wenn er eben glaubte,
"in allen Arten der Freuden nach allen Kräften
"vergnügt zu seyn, bekommt plötzlich tausend
"Ursachen, sichs reuen zu lassen; und eben so viel,
"sich schmertzlich zu kümmern und zu betrüben.
"Das flüchtige und falsche Vergnügen fliegt da-
"von; die kümmerlichen Sorgen aber bleiben zu-
"rück: und eben diese müssen ihm seine Unflä-
"tereyen hart und unabweislich vorrücken; die-
"se müssen ihn nagen, oft auch, wie erbittert, mit

"hi-

(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
hen, ſondern er ſtehet bloß vor GOtt da, ſo ver-
ſchwindet dieſe Scham? Jſt dis eine billige Aeſti-
mirung des allerhoͤchſten und allerſeligſten GOt-
tes? Sollen ſchlechte und armſelige Menſchen
noch mehr reſpectiret werden, als der ewige
GOtt? Jſt dis nicht um deſto unverantwortli-
cher, da der, ſo aller Welt Richter iſt, uns Men-
ſchen ſeine Allgegenwart und Allwiſſenheit gnaͤ-
diglich kund gethan, (2 Chron. 7, 16.) ja der-
maſſen eingeſchaͤrfet hat, daß wirs wiſſen muͤſ-
ſen, er ſey uns, wo wir uns auch befinden, weit
naͤher als die Luft, oder des Tages Licht, und um-
gebe uns allenthalben aufs innigſte? Er, der
Allmaͤchtige und Allſehende, der in aller Welt zu-
gleich wohnet, und aller Himmel Himmel erfuͤl-
let, gibt ſo genau acht auf unſer Jnwendiges, als
ob allenthalben, wo wir nur hinſehen, lauter
Augen waͤren, die uns obſerviren.

Darum koͤnnens auch ſolche ſchaͤndliche Leu-
te mit aller ihrer Bemuͤhung nicht hindern, daß
ſie ihr Gewiſſen uͤber ihren auch verborgenſten
Unflaͤtereyen nicht gantz erſchrecklich quaͤlen ſol-
te. Ein Wohlluͤſtiger, „wenn er eben glaubte,
„in allen Arten der Freuden nach allen Kraͤften
„vergnuͤgt zu ſeyn, bekommt ploͤtzlich tauſend
„Urſachen, ſichs reuen zu laſſen; und eben ſo viel,
„ſich ſchmertzlich zu kuͤmmern und zu betruͤben.
„Das fluͤchtige und falſche Vergnuͤgen fliegt da-
„von; die kuͤmmerlichen Sorgen aber bleiben zu-
„ruͤck: und eben dieſe muͤſſen ihm ſeine Unflaͤ-
„tereyen hart und unabweislich vorruͤcken; die-
„ſe muͤſſen ihn nagen, oft auch, wie erbittert, mit

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[142/0162] (I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche hen, ſondern er ſtehet bloß vor GOtt da, ſo ver- ſchwindet dieſe Scham? Jſt dis eine billige Aeſti- mirung des allerhoͤchſten und allerſeligſten GOt- tes? Sollen ſchlechte und armſelige Menſchen noch mehr reſpectiret werden, als der ewige GOtt? Jſt dis nicht um deſto unverantwortli- cher, da der, ſo aller Welt Richter iſt, uns Men- ſchen ſeine Allgegenwart und Allwiſſenheit gnaͤ- diglich kund gethan, (2 Chron. 7, 16.) ja der- maſſen eingeſchaͤrfet hat, daß wirs wiſſen muͤſ- ſen, er ſey uns, wo wir uns auch befinden, weit naͤher als die Luft, oder des Tages Licht, und um- gebe uns allenthalben aufs innigſte? Er, der Allmaͤchtige und Allſehende, der in aller Welt zu- gleich wohnet, und aller Himmel Himmel erfuͤl- let, gibt ſo genau acht auf unſer Jnwendiges, als ob allenthalben, wo wir nur hinſehen, lauter Augen waͤren, die uns obſerviren. Darum koͤnnens auch ſolche ſchaͤndliche Leu- te mit aller ihrer Bemuͤhung nicht hindern, daß ſie ihr Gewiſſen uͤber ihren auch verborgenſten Unflaͤtereyen nicht gantz erſchrecklich quaͤlen ſol- te. Ein Wohlluͤſtiger, „wenn er eben glaubte, „in allen Arten der Freuden nach allen Kraͤften „vergnuͤgt zu ſeyn, bekommt ploͤtzlich tauſend „Urſachen, ſichs reuen zu laſſen; und eben ſo viel, „ſich ſchmertzlich zu kuͤmmern und zu betruͤben. „Das fluͤchtige und falſche Vergnuͤgen fliegt da- „von; die kuͤmmerlichen Sorgen aber bleiben zu- „ruͤck: und eben dieſe muͤſſen ihm ſeine Unflaͤ- „tereyen hart und unabweislich vorruͤcken; die- „ſe muͤſſen ihn nagen, oft auch, wie erbittert, mit „hi-

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/162>, abgerufen am 21.11.2024.